|
|
Bei den Bürgerprotesten gegen die Bankenrettungspakete soll offenbar vom Thema Trennbankensystem abgelenkt werden.
Als vor einigen Wochen Tausende von Bürgern nach dem Vorbild der „Occupy Wall Street“-Demonstrationen in den USA in Frankfurt, Berlin und anderen Städten auf die Straße gingen, um gegen die Euro-Rettungspakete zu protestieren und eine Neuordnung des Bankensystems zu fordern, sahen sich die Berliner Politiker von Gabriel bis Seehofer veranlaßt, schnell auf den bereits fahrenden Zug aufzuspringen und sich wenigstens verbal Unterstützung für ein Trennbankensystem zu äußern. Auf einmal sprach die ganze Republik von diesem System, für das sich seit Jahren im politischen Spektrum nur die Bürgerrechtsbewegung Solidarität eingesetzt hat. Und in der internationalen Finanzwelt schrillten offenbar alle Alarmglocken.
Nun, wenige Wochen später, berichtete der Hessische Rundfunk in einer Sendung vor der Großdemonstration im Frankfurter Bankenviertel am 12. November, die Occupy-Bewegung sei zwar ein buntes Gemenge aller möglichen Strömungen und Gruppen, aber in einem Punkt seien sich alle einig: Man brauche - eine Transaktionssteuer.
Wer die Sendung hörte, mußte zwei Eindrücke davon behalten:
1. Die Großdemonstration sei von der Occupy-Bewegung veranstaltet worden - tatsächlich wurde sie von den Organisationen ATTAC und campact.de und dem Verein Naturfreunde organisiert; „Occupy“ - oder wer immer für diese Organisation spricht - hatte sie lediglich unterstützt.
2. Das Thema Trennbankensystem, das vor wenigen Wochen noch ganz im Mittelpunkt der Forderungen stand, sei durch das Thema Transaktionssteuer verdrängt worden - tatsächlich wurde es in der HR-Sendung nicht einmal mehr erwähnt.
Nun, diese Änderung, die wahrscheinlich in den Köpfen der eigentlichen Occupy-Demonstranten noch nicht angekommen ist, weil man ihnen davon gar nichts mitgeteilt hat, hat wohl vor allem damit zu tun, daß zu den tatsächlichen Veranstaltern der „Menschenkette um das Bankenviertel“ zwei Organisationen - ATTAC und campact.de - gehörten, die man richtigerweise als Frontorganisationen der Finanzwelt einschätzen muß, und die natürlich nichts fordern werden, was den Banken wirklich weh tut - dies dafür aber um so lauter, könnte man hinzufügen, um Medien wie dem Hessischen Rundfunk solche Berichte zu ermöglichen.
Wir haben in der Neuen Solidarität - lesen Sie dazu bitte unser „Dossier: Heißer Herbst“ (http://www.solidaritaet.com/neuesol/herbst.htm) - bereits im Zusammenhang mit den Ausschreitungen gegen das Projekt Stuttgart 21 ausführlich die engen personellen und finanziellen Beziehungen zwischen campact.de und der Finanzwelt dargestellt, beispielsweise die Finanzierung der Gruppe durch die European Climate Foundation (ECF), die ihrerseits eine Durchlaufstation ist für Stiftungsgelder britischer und anderer Hedgefonds, oder die Tatsache, daß im Aufsichtsrat der ECF der Vizepräsident der Deutschen Bank, Caio Koch-Weser, sitzt, dessen Ehefrau Maritta Rogalla von Bieberstein Koch-Weser dann wiederum als Beiratmitglied von campact.de (siehe http://www.campact.de/campact/about/beraterkreis) dafür sorgt, daß die Stiftungsgelder von campact.de auch im Sinne der Stifter verwendet werden.
Die Gruppe campact.de in Verden/Aller besteht im Kern aus der gleichen, kleinen Clique, die schon im Jahr 2000 dazu eingesetzt wurde, die Organisation ATTAC zu gründen, der sie 2004 campact.de folgen ließen. Diese „Bewegungs-Profis“ arbeiten seit Jahren im Interesse der Finanzwelt daran, völlig berechtigte Bürgerproteste in Richtungen zu lenken, die dem „Establishment“ nicht weiter gefährlich werden. Zwei Beispiele:
Nun also fordern ATTAC und campact.de eine Transaktionssteuer, während das Thema Trennbankensystem unauffällig vom Tisch genommen wird. Was ist der Unterschied?
Wenn eine Aktivität besteuert wird, dann wird sie offensichtlich als legal angesehen, und wenn der Staat über eine Steuer an den Erträgen dieser Aktivität mitverdient, dann wird er - gerade in Zeiten großer Finanzknappheit - kein großes Interesse zeigen, diese Aktivitäten zu unterbinden. Tatsächlich ist die Transaktionssteuer nur der Knochen, den die Banken der wütenden Bevölkerung zum Fraß vorwerfen, um sie von anderen, folgenreicheren Forderungen abzulenken.
Bei einem Trennbankensystem würde der Finanzwelt durch eine strikte Trennung zwischen den verschiedenen Bankenaktivitäten der Zugriff auf normale Kundengelder für ihre Spekulationen verweigert. Eine Geschäftsbank, die Kundengelder verwaltet, darf sich in diesem System in keiner Weise an Spekulationen beteiligen, und eine Bank, die sich an Spekulationen beteiligt, darf keine normalen Kundeneinlagen annehmen. Die entsprechenden Abteilungen müssen durch ein Aufspaltungsverfahren komplett in separate Banken getrennt werden.
Der Staat kann es sich in einem solchen System leisten, die Spekulanten untergehen zu lassen, eben weil es dann nur um die Gelder der Spekulanten geht - haben sie sich verzockt, dann müssen sie die Verluste schlucken und gegebenenfalls ihren Laden dichtmachen. Die Kundengelder hingegen werden in einem Trennbankensystem vom Staat geschützt. Das ist für den Staat nicht nur viel billiger, als wenn er für die Verluste der Spekulanten einstehen muß, diese Kundengelder stehen auch, weil sie nicht in Spekulationen gelenkt werden dürfen, der realen Wirtschaft zur Verfügung, um dort Investitionen zu ermöglichen und Arbeitsplätze zu schaffen. Und genau da brauchen wir dieses Geld.
Die Spekulanten können in einem Trennbankensystem den Staat nicht mehr erpressen mit der Drohung: Wenn ihr uns nicht stützt, verliert der kleine Mann seine Ersparnisse. Und umgekehrt gilt: Solange diese Trennung nicht erfolgt ist, ist der Staat erpreßbar, und es wird weitere staatliche Rettungspakete geben, die dann wiederum zum Ausgleich Sparmaßnahmen nach sich ziehen, die uns immer tiefer in die Krise hineinführen.
Eine Transaktionssteuer würde daran wenig ändern - und die Hedgefonds in der Karibik wären davon sowieso nicht betroffen. Und wenn sich durch die Transaktionssteuer der Finanzbedarf der Banken vermehrt, müßte der Staat den Banken mit der einen Hand das Geld zurückgeben, was er ihnen mit der anderen Hand genommen hat.
Wir brauchen also keine Transaktionssteuer, sondern ein Trennbankensystem, und wir brauchen eine breite Debatte in der Occupy-Bewegung über den Unterschied und die unterschiedlichen Konsequenzen. Nur so kann man verhindern, daß diese Bewegung von interessierter Seite auf eine Schiene gelenkt wird, die nirgendwohin führt.
Alexander Hartmann,
Landesvorsitzender BüSo Hessen