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Liliana Gorini, Präsidentin des italienischen Movimento Solidarietà, und der Eurokritiker Prof. Paolo Savona, Präsident der italienischen Einlagensicherungsbehörde, waren zu Gast beim Sender Radio Padania.
Am 7. November waren Prof. Paolo Savona, der Präsident der italienischen Einlagensicherungsbehörde (Fondo Interbancario di Tutela dei Depositi) und einer der wenigen, der einen Austrittsplan aus dem Euro gefordert hat, und Liliana Gorini, Präsidentin der italienischen Schwesterorganisation der BüSo, des Movimento Solidarietà (MoviSol), Gäste bei Radio Padania. In der Sendung ging es um die gegenwärtige Krise in Italien und die wilden Gerüchte über Berlusconis kommenden Rücktritt, die an diesem Nachmittag erstmals aufgetaucht waren (Tatsächlich trat Berlusconi dann am Abend des 12. November von seinem Amt zurück.). Beide, Gorini und Savona, warfen Licht auf die Pläne der EZB, die zur Zeit in Rom diskutiert werden, in Italien eine technokratische Regierung zu installieren. Sie sprachen auch über den Austritt aus dem Euro.
Mit freundlicher Genehmigung von Radio Padania stellen wir hier einige Schlüsselstellen aus dem Interview zum Nachlesen zur Verfügung.
Moderator: Sollen wir eine Regierung unter Leitung der Trilateralen Kommission (d.h. Mario Monti) haben?
Gorini: Leider ist das eine konkrete Gefahr. Eine von der EZB diktatorisch gebildete technokratische Regierung würde die parlamentarische Demokratie beenden und die Entscheidungsgewalt an die Banken abgeben. Italien kann dem nur entgehen, wenn es die Eurozone durch einen Schuldenschnitt wie Island verläßt, d.h. Ersparnisse garantiert, aber keine Garantie für international agierende Investmentbanken übernimmt, die gegen italienische Staatsanleihen spekuliert haben. Das hieße, eine Reform im Sinne des Trennbankensystems durchzuführen.
Moderator: Stimmt es, daß Berlusconi für die Hälfte der Divergenz zwischen den Zinsraten italienischer und deutscher Staatsanleihen verantwortlich ist?
Gorini: Sie und ihre Zuhörer wissen aus vergangenen Interviews, daß ich kein Fan von Berlusconi bin. In dieser Krise bräuchte Italien Staatsmänner wie einen De Gasperi, die in der Lage sind, der EZB ein klares „Nein” zu sagen - genauso wie Deutschland einen Adenauer, Frankreich einen de Gaulle und die USA einen Franklin Roosevelt bräuchten. Unsere Regierungen sind einfach zu schwach. Und wir bräuchten echte Regierungen und keine Technokraten. Die einzigen Ökonomen in Italien, die etwas von Wirtschaft verstehen, sind Giulio Tremonti, der LaRouches Vorschlag für ein Neues Bretton Woods unterstützt hat, Prof. Savona und Loretta Napoleoni, die beide gefordert haben, Italien solle aus dem Euro austreten.
Moderator: Sie nannten Prof. Savona, der bei uns in der Sendung ist. Ich werde ihm also dieselbe Frage stellen: Geht der hohe Zinsunterschied auf Berlusconis Konto? Und was denken Sie darüber, was Frau Gorini gerade sagte?
Prof. Savona: Ich denke nicht, daß dieser Zinsunterschied mit Berlusconi zu tun hat. Ich lehne die Forderungen der EZB an die italienische Regierung ab: Sie würden die Schwankungen der Zinsraten nur vergrößern, so daß diese erst weniger werden und dann wieder emporschnellen und damit einen Teufelskreis wie in Griechenland schaffen. Ich frage mich wirklich, ob es hier einen internationalen Komplott gegen unsere Wirtschaft gibt.
Moderator: Wäre es besser für Italien, den Euro zu verlassen?
Prof. Savona: Ich habe das vor einem Jahr gefordert und stand damals mit diesem Vorschlag allein da. In Griechenland soll es nun zu einem Referendum über diese Frage kommen1, was andeutet, daß das Spiel aus ist und der Euro auseinanderfällt. Das ist wie der Schlußpfiff beim Fußballspiel. Es wäre nicht ratsam, den Euro inmitten eines spekulativen Angriffs gegen italienische Staatsanleihen zu verlassen. Wir könnten das aber tun, wenn dieser Angriff vorüber ist.
Gorini: Es gibt auch noch eine dritte Möglichkeit, nämlich die Glass-Steagall-Reform, die von LaRouche vorgeschlagen wurde und die auch im US-Kongreß diskutiert wird. Italiens Ausstieg aus dem Euro sollte mit einer solchen Reform einhergehen. Es gibt auch in Deutschland Leute, die diesen Schritt unterstützen würden; auch in Deutschland gibt es die Forderung nach der Rückkehr zur D-Mark. Das Bundesverfassungsgericht hat Frau Merkels Unterstützung für die EFSF noch nicht zugelassen und verlangt, daß diese Frage im Finanzausschuß des Bundestages öffentlich diskutiert wird und nicht in einer Sonderkommission unter Ausschluß der Öffentlichkeit.
Prof. Savona: Mich interessiert die Position von MoviSol sehr. Ich kann bestätigen, daß es Alternativen gibt. Das eben gesagte ist eine korrekte Überlegung, tatsächlich sprachen sich bei einer jüngsten Umfrage 53% der Deutschen für den Euro und 47% dagegen aus. Ideal wäre es, den Derivatmarkt, der ja alle diese Probleme geschaffen hat, strengstens zu regulieren. Wir haben zwar die Leerverkäufe verboten, aber unsere Probleme gehen wieder von vorne los. Die Einschätzung der EZB ist sehr hart: Die EZB hat viele italienische Staatsanleihen gekauft. Natürlich müßte die EZB reformiert werden, denn wir haben gar keine „einheitliche Währung” mehr, sondern so viele Währungen, wie es Zinsraten gibt. Sobald die spekulativen Angriffe vorüber sind, wäre ich für den Ausstieg aus Euro und EU.
Moderator: Was sagen Sie als ehemaliges Mitglied einer technokratischen Regierung zu der Hypothese, eine technokratische Regierung könnte Berlusconi ersetzen?
Prof. Savona: Obwohl ich Teil einer solchen Regierung war, kann ich folgendes sagen: Wenn jetzt auch noch eine technokratische Regierung scheitert, wird die Bevölkerung nicht nur alles Vertrauen in Parteien, sondern auch noch in sämtliche Institutionen verlieren. Mir wäre also eine gewählte, politische Regierung lieber.
Gorini: Ich stimme Prof. Savona bezüglich der technokratischen Regierung absolut zu. Die Frage ist nicht, wer die Regierung anführt, sondern das Problem ist, wenn Entscheidungen nicht souverän getroffen, sondern anderswo gemacht werden, bei der EZB. Kein EZB-Plan wird aufgehen: Alle europäische Regierungen werden scheitern, die der Austeritätspolitik folgen. Eine Regierung unter Mario Monti (Trilaterale Kommission) würde mit einer Revolution auf den Straßen Italiens konfrontiert, ähnlich dem Massenstreik in den USA, weil die Menschen es einfach satt haben, Opfer zu bringen, um Investmentbanken zu retten.
Den Mitschnitt des Interviews finden Sie - im italienischen Original - auf der Internetseite der BüSo unterhttp://www.bueso.de/node/5064.
Anmerkung
1 Papandreou machte dann allerdings wieder einen Rückzieher, die Red.