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Neue Solidarität
Nr. 42, 19. Oktober 2011

„Zu einem gesunden Bankenwesen zurückkehren“

Der republikanische Abgeordnete Walter Jones, der den Glass-Steagall-Antrag (H.R. 1489) unterstützt, gab LPAC-TV am 6. Oktober das folgende Interview. Mit ihm sprach Ardena Jones.

LPAC-TV: Guten Morgen, ich bin Ardena mit einem Sonderbericht aus dem US-Kongreß. Ich sitze hier bei Walter Jones, Kongreßabgeordneter des 3. Wahlbezirks von Nord-Carolina. Vielen Dank, daß Sie sich die Zeit nehmen.

Walter Jones: Ich freue mich, heute in Ihrer Show sein zu dürfen, Ardena.

LPAC-TV: Sie werden in Kürze eine Pressekonferenz geben, in der Sie über die Möglichkeiten sprechen werden, wie wir unsere Soldaten aus Afghanistan nach Hause holen können. Außerdem ist heute der 10. Jahrestag des Krieges in Afghanistan. Sagen Sie uns doch, was Ihre Pläne sind.

Jones: Die Pressekonferenz wird überparteilich sein - bin ich ja ein Republikaner, aber Jim McGovern, der auch daran teilnimmt, ist Demokrat aus Massachusetts, und ein guter Freund von mir. Vor über einem Jahr begannen wir den Kongreß zu drängen, unsere Soldaten aus Afghanistan nach Hause zu holen. Die Konferenz soll also, genau wie Sie sagten, den Kongreß und das amerikanische Volk darin erinnern, daß wir am Freitag vor 10 Jahren unsere Truppen nach Afghanistan schickten. Wir sind heute noch da, und nichts hat sich wirklich verändert.

Aber lassen Sie es mich anders sagen: Bin Laden ist tot, und Al-Kaida ist über das ganze Land verstreut. Wir kämpfen jetzt gegen die Taliban, die eigentlich Afghanen sind. Und ändern werden wir dort nichts mehr. Unsere Jungs haben alles getan, sie erfochten einen Sieg nach dem anderen. Und wir geben jeden Monat 10 Milliarden Dollar aus, um Präsident Karzai zu stützen, einen korrupten Führer, und wir können noch nicht einmal Rechenschaft über die 10 Milliarden Dollar ablegen - die eigentlich Steuergelder sind -, denn wir können die Bücher in Afghanistan nicht überprüfen.

Am wichtigen aber ist: Unsere Truppen sind erschöpft; sie sind müde; die Selbstmordrate steigt, die Scheidungsrate steigt. Warum können wir als Land nicht aufwachen und vom Kongreß und dem Präsidenten der Vereinigten Staaten verlangen, nicht erst bis 2014 oder 2015 zu warten, um unsere Soldaten abzuziehen? Laßt sie uns innerhalb des nächsten Jahres nach Hause holen.

LPAC-TV: Das ist Ihr Zeitplan für das nächste Jahr?

Jones: Absolut. In meinem Wahlkreis liegen der Marines-Stützpunkt Lejeune und der Luftwaffenstützpunkt Cherry Point, und ich kann ehrlich sagen: Die Marines sind müde, sie wissen nicht, wo das enden soll. Und wenn man nicht weiß, wo es hingeht, hat man auch keine Strategie. Es geht nur weiter, immer weiter. Ich hoffe, daß die Menschen, die dieses Interview hier sehen, sich ans Telefon setzen und ihre Abgeordneten in beiden Häusern des Kongresses - dem Repräsentantenhaus und dem Senat - und das Weiße Haus anrufen und sagen: „Holt sie nach Hause - wir wollen nicht bis 2015 warten! Das wäre gegenüber unseren jungen Männern und Frauen nicht fair.“

LPAC-TV: Genau dazu habe ich eine weitere Frage. Ehemalige US-Militärs und die Außenministerin Hillary Clinton haben zu einer regionalen Sicherheitskonferenz für Süd- und Zentralasien aufgerufen - eingeschlossen die Vereinigten Staaten, Rußland, China, Indien, Pakistan, Iran -, um eine Sicherheitskooperation und eine Entwicklungsperspektive für Afghanistan zu entwickeln, die dem Rückzug des US-Militärs direkt folgen soll. Was halten Sie von so einem Vorschlag?

Jones: Ganz offen, ich denke nicht, daß das funktionieren würde. Ich kenne einen ehemaligen General der Marineinfanterie, der mich seit über 21 Monaten berät - ich kann seinen Namen nicht nennen, das ist eine Abmachung zwischen uns beiden. Aber seit mehr als 21 Monaten fragt er: „Warum hat Amerika nichts aus der Geschichte gelernt?“ Kein Land, kein einzelner Mensch hat Afghanistan jemals verändert, und auch wir werden es nicht schaffen. Und gleichzeitig debattiert der Kongreß in diesem Land darüber, Programme für Kinder und Rentner zu kürzen, nur damit wir Karzai stützen können und er mehr Straßen bauen und sich diese netten kleinen Hüte leisten kann, die er überall herumträgt.

Und ich denke, wir, die amerikanische Bevölkerung und das Militär, haben die Nase voll. Noch einmal: Ich hoffe, daß die Zuschauer, die das Interview sehen, zum Telefon greifen und den Kongreß und das Weiße Haus anrufen und sagen: „Bringt sie nach Hause - bringt sie nach Hause.“

Glass-Steagall

LPAC-TV: OK, das bringt mich zur nächsten Frage. Sie sind auch Mitunterzeichner einer weiteren sehr wichtigen Gesetzesvorlage, die von Marcy Kaptur eingebracht wurde, die Glass-Steagall-Vorlage H.R. 1489. Wie ich gehört habe, hat der ehemalige französische Ministerpräsident Michel Rocard in einem ganzseitigen Zeitungsartikel die Einführung eines Trennbankensystems in Frankreich gefordert - und er hat sogar die UNO dazu aufgerufen, eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats abzuhalten, um die Einführung von Glass-Steagall zu beschließen. Dieser Aufruf findet Anklang in verschiedenen Kreisen Europas. Europa beobachtet ganz genau, was hier in den USA passiert, und sagt: die Vereinigten Staaten sollen die Führung dabei übernehmen.

Sie haben Führung bei einer Gesetzesvorlage übernommen, die inzwischen fast stündlich neue Unterstützung gewinnt. Können Sie uns bitte etwas zur Bedeutung dieses Gesetzes sagen? Was müssen wir tun, damit dieses Gesetz durchkommt?

Jones: Ich habe wiederholt gesagt, welche von meinen abgegebenen Voten die zwei schlechtesten waren. Erstens, das für den Irakkrieg. Die Geheimdienstinformationen waren manipuliert, um uns in den Irak zu locken. Ich hätte niemals meine Stimme dafür geben dürfen, Präsident Bush zur Entsendung unserer Truppen in den Irak zu ermächtigen. Und meine zweitschlimmste Entscheidung war für die Aufhebung von Glass-Steagall. Alles, was dadurch bewirkt wurde, war, daß die Banken sozusagen ihr Interessensgebiet erweitern durften. Das Glass-Steagall-Gesetz wurde nach der Großen Depression der dreißiger Jahre verabschiedet, um den Banken aufzutragen, lediglich Bankgeschäfte zu betreiben. Als wir Glass-Steagall aufhoben, ließen wir zu, daß Banken ins Immobilien- und Versicherungsgeschäft einsteigen und maßgeschneiderte Wertpapiere schaffen konnten, wenn man so will.

Die Probleme der Banken sind für jeden offensichtlich. Ich habe zwar nicht für die Rettungspakete gestimmt, denn die größten Banken hätten pleite gehen sollen, aber das ist jetzt Geschichte, denn der Kongreß hat die Banken gerettet.

Ich bin der Meinung, wenn wir ein starkes Bankensystem haben wollen, dann müssen wir Glass-Steagall wiedereinführen. Deswegen bin ich sehr dankbar, daß Marcy Kaptur aus Ohio - mit der ich wirklich gut befreundet bin - die Führung übernommen hat. Es ist mir eine Freude, sie als Republikaner zu unterstützen. Wie in der Afghanistan-Frage ist das ein Thema, bei dem die Zuschauer dieser Sendung ihren Kongreßabgeordneten anrufen sollten und sagen: „Sie müssen sich für das Gesetz zur Wiedereinführung von Glass-Steagall einsetzen.“

Ich glaube, Sie haben eingangs ganz richtig bemerkt, daß das Interesse steigt, weil wir verstehen, daß das Bankensystem zurechtgestutzt werden muß. Swaps, Derivate usw., all das gehört nicht zum gesunden Bankgeschäft. Wir müssen in Amerika zu einem gesunden Bankenwesen zurückkehren.

Recht auf den Rechtsstaat

LPAC-TV: Ich danke Ihnen dafür, daß Sie aktiv diese Gesetzesvorlage voranbringen, denn wir wollen, daß sie umgesetzt wird.

Meine letzte Frage bezieht sich auf Äußerungen Ihres Kollegen Ron Paul, der wegen des neulich vom Präsidenten angeordneten Mordes an Al-Awlaki die Amtsenthebung von Präsident Barack Obama gefordert hat. Viele sagen ja inzwischen, es gäbe auch ohne diesen Fall bereits vielerlei Gründe, Obama des Amtes zu entheben. Könnten Sie aber zu diesem spezifischen Fall etwas sagen?

Jones: Dazu kann ich folgendes sagen. Ron Paul und ich sind eng befreundet; er ist meine Wahl als Präsident der Vereinigten Staaten. Dennoch stimmen wir nicht in allen Punkten überein. Aber lassen Sie mich das klarstellen.

Ron ist ein echter Konstitutionalist. Wenn abgestimmt wird, steht an der Tafel manchmal 400 plus einige Stimmen dafür, einer dagegen. Und das ist Ron Paul. Wenn man Paul fragt, wird er sagen: „Das ist in der Verfassung nicht vorgesehen.“

Nun zurück zu Ihrer Frage. Ich stimme mit Ron Paul damit überein, daß jeder amerikanische Staatsbürger, ob gut oder böse, das Recht auf eine gerichtliche Anhörung hat. Ich glaube, das hat Ron Paul hier gemeint. Ich habe mich nicht soweit in die Materie vertieft wie er, aber er glaubt an die Verfassung. Er meint, jeder Amerikaner - und sei er noch so schlimm, es könnte [der Massenmörder] Charles Manson sein! - dennoch Anspruch auf ein rechtsstaatliches Verfahren hat. Das ist Rons Standpunkt, und den unterstütze ich auch. Amerikanische Bürger sollten dieses Recht haben.

Bezüglich Amtsenthebung in dieser Frage bin ich mir nicht so sicher. Aber ich stimme mit Ron Paul darin überein, daß jeder Bürger, ob gut oder schlecht, Anspruch auf ein Gerichtsverfahren hat.

LPAC-TV: Ich bedanke mich für Ihre Zeit, Herr Abgeordneter.

Jones: Es war mir ein Vergnügen, Ardena. Vielen Dank.