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Neue Solidarität
Nr. 4, 26. Januar 2011

Patientenselektion in dänischen Krankenhäusern

Eine Sendung des dänischen Fernsehens TV2 am Abend des 15. Januar hat die Öffentlichkeit schockiert. Das Fernsehteam dokumentierte, wie in einem dänischen öffentlichen Krankenhaus medizinisches Personal einen großen Teil von Patienten selektiert, indem sie ohne deren Wissen Vermerke in den Krankenakten anbrächten, wie z.B. die Anweisung, bei Herzstillstand nicht wiederzubeleben.

Eine 82jährige Patientin, Lilly Hünemørder war 2008 im Krankenhaus der Gemeinde Herlev bei Kopenhagen mit „chronisch obstruktiver Lungenerkrankung“ diagnostiziert worden. Sie erhielt zwei Code-Einträge „nicht wiederbeleben“ und „nicht zur Intensivstation zulassen“, obwohl sie ihrem Arzt gegenüber im Krankenhaus das genaue Gegenteil gesagt hatte. Der Arzt notierte ihren Wunsch in ihrer Akte, aber zwei Tage später fügte ein anderer Arzt den entsprechenden gegenteiligen Code hinzu, und zwar ohne ihre Zustimmung, und ohne sie zu fragen. Die Journalisten der Nachrichtensendung berichteten, sie hätten in den Listen derselben Abteilung bei einem Viertel der Patienten ähnliche Vermerke gefunden.

Wie TV2 berichtete, schrieb die Wochenzeitung der dänischen Ärzte bereits 2007, daß auf einem Drittel aller medizinischen Abteilungen solche Geheimcodes eingesetzt würden. Es sei aber nicht bekannt, wie viele es heute sind.

Diese Praxis verstößt gegen das dänische gesetzliche Patientenrecht, das besagt, daß lebensverlängernde Maßnahmen nur nach Konsultation mit dem Patienten oder der Familie unterlassen werden dürfen. Aber wenn die schiefe Bahn der „Kostenersparnis“, nach der das Menschenleben nicht mehr unantastbar ist, einmal beschritten wird, dann geht es eben bergab. (Nicht nur) in Dänemark begann der „Umbau“ des eigentlich gemeinwohlorientierten Gesundheitssystems mit einer großen Kampagne, daß es „unmöglich“ sei, soviel Geld auszugeben für die Lebensverlängerung chronisch Kranker, wie sie durch die modernen medizinischen Errungenschaften möglich wurde. Begleitet wurde das mit der Kampagne für ein „würdiges Leben“, was - ganz liberal - bedeutete,  man solle den unwillkommenen Tod akzeptieren und in einem Hospiz oder Krankenhaus sterben, ohne sich weiter gegen die Krankheit aufzulehnen.

Etwas später gehörte es schon „natürlich“ zur Behandlung dazu, mit den Patienten zu diskutieren, ob sie wirklich eine anstrengende und (für den Staat) teure Behandlung wünschten, bloß um ihr Leben um ein weniges zu verlängern. Gleichzeitig nahm der Druck auf das Gesundheitssystem zu, den Haushalt zu reduzieren. Und mittlerweile ist man offenbar bei einem System angekommen, in dem die Patienten, von denen die Ärzte meinen, daß es sich nicht lohnt ihr Leben zu verlängern, selektiert werden

Das dänische Schiller-Institut erklärte dazu, der Schock, den die Sendung in der Bevölkerung und bei den Politikern hervorgerufen hat, müsse „zu einer Revolte gegen die utilitaristische und liberale britische Ideologie führen, bevor wir wieder bei Todescamps à la Hitler angelangt sind.“

eir