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Neue Solidarität
Nr. 4, 26. Januar 2011

Was bedeutet Mobilität im 21. Jahrhundert?

Verkehrstechnik. Mehr Individualverkehr ist keine Lösung - auch nicht mir Elektroautos. Was wir brauchen, sind effiziente Massenverkehrsmittel auf der Grundlage neuer Technologien.

Im November 2010 verkündete Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) bei einer Pressekonferenz, Deutschland müsse bei der Entwicklung und beim Einsatz von Elektroautos die Weltspitze übernehmen. Es dürfe nicht sein, daß deutsche Erfindungen wie das Faxgerät oder der mp3-Player vorwiegend im Ausland kommerzialisiert werden, ohne daß der deutsche Wirtschaftsstandort davon profitiere.

Auch die CDU Berlin kündigte großspurig an, daß sie die Bundeshauptstadt zur „E-tropolis“ entwickeln wolle, der weltweit führenden Metropole für die Herstellung und den Betrieb von Elektroautos. Die ADAC-Motorwelt berichtete in ihrer Dezemberausgabe über die neue „Wunderbatterie“, die den Bundeswirtschaftsminister zu euphorischen Prognosen über die Elektromobilität bewogen habe. Der ADAC schenkt den Prognosen der Batteriehersteller und des Ministeriums zwar wenig Glauben, hinterfragt aber die Förderung der Batterieautos nicht grundsätzlich.

Doch was bewegt die Politik und einige Unternehmen, Elektroautos voranzutreiben? Ist es die Angst, daß das Öl knapp wird? Vielleicht wird das Öl nicht knapp, führt aber, indem man es als Otto- oder Dieselkraftstoff verfeuert, zu globaler Erwärmung? Wie beruhigend wäre es da für das Gewissen, ein Elektroauto zu haben, vielleicht mit einer Photovoltaikanlage auf dem Autodach, so daß man schließlich auch auf den bösen Atomstrom verzichten kann!

Aber was bringt das ganze wirklich? Ist es nicht egal, ob ich mit einem Elektroauto oder einem konventionellen PKW im täglichen Berufsverkehr im Stau stecke? Was ist dann der Gewinn an Lebensqualität? Diejenigen, denen die Umwelt besonders am Herzen liegt, müssen sich die Frage stellen, was passiert, wenn Millionen hunderte kg schwere Batterien, die giftige Chemikalien enthalten, auf dem Schrott landen. Was für eine Infrastruktur braucht man, um Millionen Batterien ständig neu zu laden, die letztlich doch durch Kernkraft oder Kohle betrieben werden müssen?

Wenn man diese Fragen konsequent zu Ende denkt, sehen wir, daß die Ökoträume von „E-tropolis“ und „Wunderbatterien“ nichts taugen. Überhaupt ist die Vorstellung, in einer modernen Großstadt auf Individualverkehr zu setzen, Schwachsinn hoch zehn, den sich nur 68er oder deren verzogene Nachkommenschaft ausdenken können, die zwar „alternativ“ und „öko“ sein wollen, sich aber doch lieber abgeschottet von ihren Mitmenschen fortbewegen möchten.

Eine Großstadt, die Lebensqualität bieten möchte, muß auf öffentliche Massentransportsysteme setzen. Das gilt nicht nur für den Personen-, sondern auch für den Güterverkehr. Die bestehenden Transportsysteme haben ihre Kapazitätsgrenze erreicht oder oft schon überschritten, wie der tägliche Verkehrskollaps eindrucksvoll beweist. Jeder Bewohner Berlins, des Ruhrgebiets oder eines beliebigen anderen Ballungsraums kann sich ja einmal fragen, was der tägliche Autobahnstau übertragen auf chinesische Verhältnisse bedeuten würde.

In den zwanziger Jahren, als Autos noch relativ selten waren, fuhr auf den meisten Hauptverkehrsstraßen Berlins eine elektrisch betriebene Straßenbahn. Damals setzte man klar auf Massentransportmittel. Viele der Gleise wurden später entfernt, man erkennt sie nur noch an den vielen Grünstreifen in der Straßenmitte. Elektromobilität gab es also schon vor etwa 100 Jahren im großen Stil. Allerdings erkannte man damals, daß der öffentliche Verkehr den unbedingten Vorrang haben muß. Das hat man übrigens geschafft, ohne die Eigentümer von Pferdefuhrwerken durch Pferdeapfelverbotszonen oder Ökoplaketten das Leben zu vermiesen.

Wenn wir heute mit der Straßenbahn, der S-Bahn, U-Bahn, dem Autobus oder dem privaten PKW fahren, so nutzen wir eine technologische Basis, die in ihrer Grundstruktur schon über 100 Jahre alt ist. Heute stehen uns ganz andere Technologien zur Verfügung, die, werden sie im großen Stil angewandt, neue Schlüsselindustrien ermöglichen. Durch eine neue Basisinfrastruktur kann die gesamte Volkswirtschaft eine neue, höhere Entwicklungsstufe erreichen. Folgende Beispiele  sollen das verdeutlichen.

CargoCap

Das CargoCap ist ein an der Ruhr-Universtät Bochum entwickeltes Gütertransportsystem, das den vollautomatischen, unterirdischen Transport von Gütern auf Europaletten und deren Verteilung ermöglicht. LKWs, die überwiegend Europaletten laden, um Betriebe oder Supermärkte zu beliefern, können so von der Straße verschwinden. Da LKWs meist Wege auf vorhersehbaren Strecken fahren, etwa zwischen einem Warenlager und einem Supermarkt, kann man diesen Verkehr auch so organisieren, daß er unsichtbar, unterirdisch und vollautomatisch stattfindet. Das führt zu weniger Staus und mehr Sicherheit, Geschwindigkeit und Komfort im restlichen Straßenverkehr. In der Praxis wird man erst einige Strecken wählen, auf denen der Betrieb des CargoCaps sich besonders eignet und von diesen einzelnen Strecken ausgehend, ein Verkehrsnetz für ganze Ballungszentren aufbauen. Typische Ausgangspunkte eines solchen Netzes stellen die diversen Güterverkehrszentren (GVZ), Güterbahnhöfe, Flughäfen und Zielpunkte, wie Industriebetriebe oder Gewerbegebiete dar.

Transrapid

Der Transrapid  ist ein in den siebziger Jahren entwickletes Magnetbahnsystem für hohe Geschwindigkeiten und große Entfernungen. Leider wurde der Transrapid in Deutschland bisher sabotiert, stattdessen setzt die Deutsche Bahn auf den ICE. Ein Argument gegen den Transrapid war, daß man ein komplett neues Netz bauen müßte, während sich die diversen Güter- und Personenzüge das gleiche Netz teilen können. Daß dieses Netz an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit stößt, kann jeder Bahnfahrer täglich am eigenen Leib erfahren. Für viele Milliarden wurden sündhaft teure ICE-Strecken gebaut, auf denen nun sowohl der ICE, als auch altmodische Güterzüge fahren. Die Hochgeschwindigskeitszüge können auf dem bestehenden Netz ihre Vorzüge nicht zur Geltung bringen. Insgesamt bleibt das deutsche ICE-Netz Stückwerk. In Frankreich hingegen war man klüger, für den TGV wurde ein eigenes Netz gebaut, getrennt vom Güterverkehr. Somit erreicht der TGV viel höhere Durchschnittsgeschwindigkeiten als der ICE.

In Deutschland sollten wir aus der Not eine Tugend machen und durch die Errichtung eines Transrapidnetzes für den Personenfernverkehr die Gleise dem Güterverkehr überlassen und so die Autobahnen von den LKWs befreien. Ín ein paar Jahren wird kein Mensch den ICE vermissen. Nostalgiker können dann in Frankreich TGV fahren. Die Leute, die dann noch Auto fahren, können sich über freie Straßen freuen. Somit ist der Transrapid ein Gewinn für alle Verkehrsteilnehmer.

M-Bahn, Export, Güterverkehr, Tagebau

In den siebziger Jahren wurde als kleiner Bruder des Transrapid die M-Bahn entwickelt, die bis zu 80 km/h Geschwindigkeit erreichte und als Ersatz für U- und S-Bahn diente. In den achtziger Jahren fuhr sie in Berlin (West) auf einer Teststrecke zwischen den Stationen Kemperplatz, Bernburger Straße und Gleisdreieck. Jeder normale Fahrgast konnte so die M-Bahn selbst erproben. Die Entwicklung der M-Bahn war so weit fortgeschritten, daß es kein Problem gewesen wäre, sie im großen Stil für das wiedervereinigte Berlin zu nutzen. Stattdessen kam sie in die Mottenkiste, was ein zusätzlicher Aspekt beim Verlust des Großteils seiner industriellen Kapazitäten war, den Berlin Anfang der neunziger Jahre erlitt.

Der jetzige, traurige Zustand der Berliner Infrastruktur ist bekannt. Es fehlen sogar die Kapazitäten, um den Betrieb im bestehenden S-Bahnnetz zu gewährleisten. S-Bahnchef Peter Buchner drückte es in einem Interview auf Spreeradio so aus: „Seit 18 Monaten arbeite ich in einem Umfeld, das ich vorher noch nie gekannt habe. Es wird nicht über Geld diskutiert, es wird wirklich nur über die Lösung der Probleme diskutiert. Ich habe jedes Geld, was ich brauche für die Lösung der Probleme - nur ich kann mir die Lösung nicht einfach kaufen.“

Hier zeigt sich, daß Realwirtschaft nichts mit Geld zu tun hat bzw. zu tun haben darf.

Seit Jahrzehnten wird mehr von der vorhandenen Infrastruktur abgenutzt, als durch neue Investitionen ersetzt wird. Statt zu produzieren, werden fast ausschließlich im Dienstleistungssektor Arbeitsplätze geschaffen. Mit Dienstleistungen und Handel werden aber keine Werte geschaffen, sondern nur anderswo produzierte Güter mehr oder weniger effizient verteilt. Daher ist eine Wirtschaft, die auf Dienstleistung als Teil der „Wertschöpfung“ setzt, per definitionem defizitär und in der Endkonsequenz pleite.

Der Befreiungsschlag für unser bankrottes Gemeinwesen kann nur darin bestehen, daß durch staatliche Investitionen in die öffentliche Infrastruktur Millionen Arbeitsplätze im Bausektor, in der Industrie und all den mittelständischen Zulieferbetrieben entstehen. Mit den drei oben beschriebenen Technologien wird sichergestellt, daß diese Investitionen auch einen langfristigen Vermögenszuwachs für die Volkswirtschaft bedeuten. Um die Möglichkeiten der Finanzierung und der praktischen Durchführung besser zu verstehen, empfehle ich das Buch Das Geheimnis der Wirtschaft. Hier werden sowohl die modernsten Konzepte der physikalischen Ökonomie und politischen Strategie von Lyndon LaRouche dargestellt, als auch ein reiches Repertoir an historischen Fallstudien der früheren Vertreter der Wissenschaft der physikalischen Ökonomie.

Daniel Buchmann, stellv. Landesvorsitzender BüSo Berlin


Quellenangaben

http://www.berliner-verkehrsseiten.de/m-bahn/

http://www.cargocap.de/

http://www.transrapid.de/cgi-tdb/de/basics.prg

„Planlos in die Zukunft“, ein Film von Günter Ederer

Lesen Sie hierzu bitte auch:
Verkehrssysteme für eine Industriegesellschaft
1. Teil: Deutschland als Teil des eurasischen Verkehrsnetzes
- Neue Solidarität 51/2002
2. Teil: Der Ausbau der Wasserstraßen
- Neue Solidarität 52/2002
3. Teil: Ein weltweites Transrapidnetz!
- Neue Solidarität 1-3/2003
4. Teil: Die Zukunft der Eisenbahnen
- Neue Solidarität 4/2003
5. Teil: Autobahnen und Flughäfen
- Neue Solidarität 5/2003
CargoCaps, ein neues Konzept des Gütertransports
- Neue Solidarität 4/2003