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Neue Solidarität
Nr. 39, 28. September 2011

Die Chance von 2011

Interview. Helga Zepp-LaRouche, die Bundesvorsitzende der Bürgerrechtsbewegung Solidarität, und Katarzyna Kruczkowski, die BüSo-Landesvorsitzende in Nordrhein-Westfalen, gaben LPAC-TV am 1. September ein Interview. Mit ihnen sprach Hector Rivas. Wir bringen Auszüge aus dem übersetzten englischen Original.

Zu Beginn des Interviews sprach Frau Zepp-LaRouche über die Lage vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum Euro-Rettungspaket und den bevorstehenden Zusammenbruch des britisch dominierten Weltfinanzsystems. Dann fuhr sie fort:

Helga Zepp-LaRouche: (...) Die Lage könnte also dramatischer nicht sein. Ich habe so etwas jedenfalls noch nicht erlebt. Und ich bin bekannt dafür, daß ich mich der Einführung des Euro widersetzt habe, bevor er kam, ich sagte, daß er gar nicht funktionieren kann. Man kann nicht Ländern mit einer so unterschiedlichen Wirtschaftsstruktur wie Griechenland, das ein wunderschönes Land ist, aber kaum Industrie hat, und hochindustrialisierten Ländern wie Deutschland und anderen Ländern, die völlig andere Strukturen haben, eine gemeinsame Währung geben. Das ist jetzt bewiesen. Der Euro ist ein gescheitertes Experiment, es ist vorbei. Es gibt Alternativen, und wir werden für ihre Durchsetzung kämpfen.

Hector Rivas: Greifen wir das auf, denn du hast ja eine sehr klare Vision vor Augen, und es ist sehr klar, soweit ich das verfolgt habe, seit der Einführung des Produktiven Dreiecks, wie der gesamte Planet organisiert werden sollte, denn deine Rolle geht ja weit über Deutschland hinaus. Es ist ein wunderschönes, weltweites Bild von dem, was werden muß. Und es ist außergewöhnlich - für diejenigen, die das nicht wissen, wir haben das hier oft diskutiert - wie dieses Projekt nach dem Fall der Sowjetunion entstanden ist. Ich hoffe, du kannst darüber etwas sagen, denn ich glaube, wir können daraus etwas sehr Interessantes lernen. Wir gingen damals durch eine Periode, in der die Chance für eine ganz andere Richtung bestand. Du hattest die Politik dafür auf dem Tisch, aber sie hat sich nicht durchgesetzt.

Und da kommt mir noch eine weitere Frage in den Kopf, denn du willst ja nicht bloß darüber reden, was geschieht, sondern intervenieren: Was ist es, das die Menschen unfähig macht, sich zu bewegen, wenn die Perspektive klar ist?

Bloß um ein Beispiel aufzugreifen: Du hast zusammen mit dem französischen Präsidentschaftskandidaten Jacques Cheminade erklärt, daß Europas Fähigkeit, aus dieser Hölle seines wirtschaftlichen Verfalls herauszukommen, in einer Mission zur Entwicklung Afrikas liegt. Das ist auffallend, das hört man kaum in den üblichen Diskussionen. Es gefällt mir sehr, daß du das auf den Tisch gebracht hast. Aber ich möchte es mal so sagen: Da geht es auch um etwas Höheres.

Deshalb würde mich interessieren, wie du diesen großen Mangel siehst. Wie du sagtest, ist überall bekannt, selbst in den Kreisen der EZB, daß das ganze nicht halten kann. Warum also halten die Leute trotzdem daran fest, und was ist dieser Blick, der ihnen fehlt? Was ist dieses Bild, das die Menschen wirklich sehen müssen, um die Bedingungen in eine völlig andere Richtung zu treiben?

Zepp-LaRouche: Ich denke, als erstes muß man feststellen, daß die meisten Leute glauben, man könne den Gang der Geschichte nicht ändern. Zum Teil stimmt das auch. Denn wir haben eine sehr träge Entwicklung, die Dinge entwickeln sich langsam. Aber dann kommt man in der Geschichte an Wegscheiden, wo sich alles ändert, und du hast 1989-91 erwähnt, als die Sowjetunion zerfiel. Damals konnte sich niemand vorstellen, daß der Kommunismus jemals verschwinden könnte! Tatsächlich war mein Ehemann der einzige, der 1984 sagte, wenn die Sowjetunion ihre damalige Politik fortsetze, werde sie in fünf Jahren zusammenbrechen. Und er war der einzige, von dem bekannt ist, daß er das gesagt hat. Selbst 1989 sagten die Leute in Deutschland immer noch, die Wiedervereinigung Deutschlands sei eine völlige Utopie, das werde nicht geschehen, das sei die Jahrhundertlüge - das waren alles verrückte Erklärungen.

Aber wir gingen von der Annahme aus, daß die Prognose meines Ehemanns von 1984 eintreten würde, und deshalb hatten wir, als die Mauer fiel, zwar noch nicht genau ausgeführt, aber doch einen Plan, wie das wiedervereinigte Deutschland mit Berlin als seiner Hauptstadt die Länder des Ostens wirtschaftlich entwickeln sollte. Und deshalb war es relativ leicht für uns, in den ersten beiden Wochen nach dem Fall der Mauer gleich an der Grenze zu sein, wir hatten Flugblätter, ich habe ein...

Rivas: Ich sehe hier dein Autogramm...

Zepp-LaRouche (lacht:) Ich habe ein Flugblatt geschrieben, „Weiter so, geliebtes Deutschland“, das eine gewaltige Resonanz hatte, denn es traf genau das, was die Menschen in diesem Moment dachten. Wir hatten also einen Plan, das Produktive Dreieck. Wir haben das dann 1991 nach dem Zerfall der Sowjetunion weiterentwickelt zur Eurasischen Landbrücke.

Wenn man auf dieses Programm zurückschaut, dann muß man bedenken: Es gab damals den Kalten Krieg, zwei Supermächte, und plötzlich verschwindet eine Supermacht - ohne Panzer. Es gab tatsächlich kein Blutbad, keine Katastrophe, sie haben mehr oder weniger einfach eingepackt, und an diesem Punkt gab es einen historischen Moment. Man hätte die Welt völlig verändern können!

Was wir mit der Eurasischen Landbrücke vorgeschlagen haben, war eine Friedensordnung für das 21.Jahrhundert. Man hätte die Entwicklungsländer völlig verwandeln können, man hätte ihren Charakter verändert. Sie würden nicht mehr von den Supermächten für Stellvertreterkriege benutzt, sondern man hätte gesagt: „Gehen wir in eine andere Richtung, schaffen wir einen Wissenschaftsmotor entlang der Eurasischen Landbrücke, machen wir einen gigantischen Technologietransfer nach Afrika und in andere Länder der Dritten Welt, und beenden wir Elend und Armut! Schaffen wir die Blöcke ab, schaffen wir die NATO und den Warschauer Pakt ab, und laßt uns einfach eine gerechte Welt haben, die geeint ist durch die gemeinsamen Ziele der Menschheit.“

Dieser Vorschlag fand damals wirklich Anklang, wir sprachen mit führenden Unternehmern, die sagten: „Jetzt ist der Staat gefordert, denn wir können nichts von uns aus tun, die Regierungen der Staaten müssen intervenieren.“

Aber dann gab es eine wirkliche Tragödie, und ich habe ein ganzes Buch darüber geschrieben, Die verpaßte Chance von 1989, denn wir hatten in den Vereinigten Staaten die Regierung von Bush senior, und die entschied sich dafür, der Doktrin des Neuen Amerikanischen Jahrhunderts zu folgen, sich mit Margaret Thatcher zu verbünden und ein neues Empire anzustreben. Und im Grunde wurde die Entscheidung getroffen, aus geostrategischen Gründen das Wirtschaftspotential der Länder des Warschauer Paktes und der Comecon-Staaten zu demontieren. Innerhalb von drei Jahren reduzierte man die industriellen Kapazitäten der Sowjetunion und dann Rußlands von 100% auf 30%. Das war die sogenannte „Reformpolitik“ von Jeffrey Sachs, und das war der Beginn der Globalisierung, denn diese Leute hatten das Gefühl, daß es keine Schranken mehr für sie gab, es gab keine Notwendigkeit mehr, technologisch konkurrieren zu müssen. Machiavelli hat darauf hingewiesen, daß oligarchische Herrschaftssysteme manchmal für technischen Fortschritt sind, weil sie ihn für militärische Zwecke brauchen. An diesem Punkt glaubte man, daß man das nicht mehr braucht, und dann kam dieses ganze grüne Paradigma der Globalisierung in Gang.

Und ich bin auch bekannt dafür - ich habe vor kurzem noch einmal einige der Reden gelesen, die ich damals gehalten habe -, daß ich sagte: Wenn man den Fehler macht, einem bankrotten kommunistischen System ein ebenso bankrottes Freihandelssystem überzustülpen, dann kann man vielleicht durch primitive Akkumulation und Plünderung einige Jahre lang einen gewissen Profit machen, aber es wird der Punkt kommen, an dem es zu einem Kollaps kommt, der noch viel, viel schlimmer sein wird als der Kollaps des Kommunismus. Und wir sind jetzt an diesem Punkt! Wir sind jetzt an dem Punkt, an dem das ganze globale Finanzsystem in einer viel schrecklicheren Weise zu kollabieren droht als damals bei der Sowjetunion.

Die jetzige Chance

Und ich denke, wir müssen daraus die Lehre ziehen, daß man bei einem Systemzusammenbruch entweder in eine schreckliche Richtung gehen kann, und das hat man nach dem Kollaps des Kommunismus getan, oder man kann sagen: Dies ist der Moment, wo alte Strukturen zerfallen und ich wirklich eine neue Agenda auf den Tisch bringen kann.

Genau das schlagen wir vor: Wir haben Glass-Steagall, wir wollen ein Neues Bretton Woods mit festen Wechselkursen, ein neues Kreditsystem, und dann wollen wir die Produktion ankurbeln. Es ist jetzt z.B. offensichtlich, daß Griechenland, Portugal, Spanien und Süditalien industriell wirklich nicht entwickelt sind. Deshalb müssen wir zunächst einmal die Eurasische Landbrücke in die Länder Südeuropas ausweiten und entscheiden, welche Technologien für die Entwicklung Griechenlands, Portugals, Spaniens gut wären. Spanien hat eine Jugendarbeitslosigkeit von 50%! Es gibt dort keine Industrie! Die Immobilienblase dort fällt in sich zusammen! Man muß also eine wirkliche industrielle Entwicklung hineinbringen, und man will eine Arbeitsteilung, in der sich ein Land auf einen Bereich konzentriert, ein anderes auf einen anderen, usw.

Aber dann ist die absolut dringende Aufgabe die Entwicklung Afrikas. Unsere Zuschauer haben sicherlich diese schrecklichen Bilder von den Menschen gesehen, 20 Millionen allein in Ostafrika, die dort zu Tode hungern. Es gibt mehrere Millionen weitere in Niger und Mali. Das Elend ist unglaublich! Tausende und Abertausende von Flüchtlingen kommen jeden Monat oder ertrinken, wenn sie versuchen in Booten nach Griechenland, nach Malta, nach Italien zu kommen.

Wenn es zu einem Kollaps des Systems kommt, wie er sich jetzt entfaltet, dann werden es nicht mehr Tausende, sondern Millionen von wandernden Menschen sein, die vor Tod und Hunger fliehen. Und es wird ein finsteres Zeitalter sein! Es fällt mir nicht schwer, mir vorzustellen, wie ein finsteres Zeitalter unter diesen Umständen aussähe. Deshalb sind wir derzeit überall in Europa in einer Mobilisierung, wie die, die ihr hier für das NAWAPA-Projekt habt: Wir wollen ein Entwicklungsprogramm für Afrika.

Ich habe schon oft gesagt, daß dies der moralische Test für Europa sein wird: Können wir Dinge ändern, die man so leicht ändern könnte? Wir haben ja schon 1976 das erste Buch über die Entwicklung der Infrastruktur in Afrika veröffentlicht. Was man braucht, sind Häfen, Eisenbahnen, Nahrungsmittelverarbeitung, Industrialisierung der Landwirtschaft, Industrialisierung, neue Städte. Dann könnte man die Katastrophe in Afrika stoppen. Man könnte den Hunger innerhalb eines halben Jahres beenden, man könnte die Armut in ein oder zwei Jahren beenden - ich meine eine Armut, in der die Menschen sterben -, und man könnte in wenigen Jahren eine blühende Renaissance haben! Alles mit den bestehenden Technologien, man braucht gar keine neuen Erfindungen, nur Dinge, die wir bereits haben!

Die grüne Krankheit

Rivas: Ja! Kasia, dieses Bild, diese Mission für Afrika ist ja sehr klar dargelegt worden. Ich möchte dich dazu etwas fragen, denn da fällt mir und wahrscheinlich jedem eine seltsame Sache ein, nämlich, diese üble, aber starke grüne...

Kasia Kruczkowski: ... Krankheit!

Rivas: (lacht:) ... ja, die grüne Krankheit, in der deutschen Bevölkerung. Das sieht wirklich so aus. Ich habe einige dieser Proteste gegen dieses Verkehrsprojekt in Stuttgart gesehen, und ähnliches. Und es scheint mir wie ein Paradox, wenn sich Leute für diese Mission der Entwicklung Afrikas begeistern - wie kommen sie damit zurecht, daß man das mit einer Umweltschutzpolitik nicht machen kann?

Kruczkowski: Das ist etwas, was künstlich aufgebaut wurde. Es reichte offenbar nicht aus, Europa nach dem Fall der Mauer in die Zwangsjacke des Euro zu stecken, sie mußten auch die Idee des Faschismus wiederbeleben - diesmal nicht in brauner Farbe, sondern in giftgrüner Farbe.

Diese Einstellung der Europäer und besonders der Deutschen, an der Entwicklung anderer mitzuwirken, sie durch Infrastrukturprojekte zu entwickeln usw., die Kapazitäten in der Industrie, der wissenschaftlich-technische Ansatz in der ganzen Gesellschaft - all das zu zerstören, war etwas ganz Entscheidendes.

Denn als Deutschland wieder ein geeintes Deutschland wurde, war das eine Bedrohung für das Britische Empire und seine üblen Absichten. Deshalb mußten sie jede Chance zunichte machen, zu einem Kreditsystem überzugehen, um diese Projekte zu finanzieren, und den starken Willen und die starken Gefühle unter den Deutschen zerstören. Und das läuft so, daß es inzwischen seit Jahrzehnten eine Medienkampagne für diese Idee „zurück zur Natur“ gibt - man soll Ressourcen sparen, Energie sparen, Müll einsparen, das eigene Gehirn schonen, indem man es nicht zuviel gebraucht, vor allem in den Parlamenten. Das ist die Stoßrichtung.

Nur ein Beispiel, um eine Vorstellung davon zu geben: Die „grünen Technologien“ sind der beste Ausdruck dieses Wahnsinns, zum Beispiel Desertec: Man soll überall in Afrika Solaranlagen hinstellen, angeblich wäre es gut für die Afrikaner, dort Strom zu erzeugen und nach Europa zu exportieren!

Aber es gibt zunehmend Widerstand dagegen. In den Parteien, in den Institutionen, aber vor allem in der Bevölkerung: Sie nehmen das nicht mehr hin. Sie nehmen die Bankenrettungsaktionen nicht mehr hin und sie nehmen dieses grüne Zeug nicht mehr hin. Das ist interessant, denn wenn man die Medien betrachtet, hat man den Eindruck, der größte Wunsch der Deutschen sei der Ausstieg aus der Kernkraft, aber das stimmt gar nicht. Selbst die Abschaffung der Bürokratie ist ihnen wichtiger als der Ausstieg aus der Kernkraft!

Jedenfalls gab es diese riesige Kampagne direkt nach Fukushima - vergleichbar mit dem, was nach dem 11. September 2001 in den US-Medien geschah. Da gab es lauter Interviews mit sogenannten „Experten“ von Greenpeace und ähnlichen Institutionen, die Angst wurde als Mittel benutzt, um eine rationale Diskussion zu verhindern. Und jetzt sagen sie, u.a. dieser Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung: „Es reicht nicht, aus der Kernkraft auszusteigen, wir müssen auch aus den fossilen Energieträgern aussteigen.“

Zepp-LaRouche: Sie nennen das die „Dekarbonisierung der Weltwirtschaft“.

Kruczkowski: Richtig, sie wollen die CO2-Emissionen um 95% oder mehr reduzieren, man soll also aufhören, zu atmen! Es ist wirklich verrückt. Und die Menschen erkennen inzwischen, nach vielen Interventionen, die wir bei Veranstaltungen machten, mit unseren vielen Demonstrationen usw., daß die Wirkung dieser Politik nicht bloß sein wird, daß wir auf die Glühbirnen zuhause verzichten sollen, sondern daß wir direkt daran gehen, Deutschland zu deindustrialisieren. Und das ist entscheidend: Die Kapazitäten, die wir immer noch in der Technologie haben, werden sehr bald zerstört werden, wenn wir wirklich diesen Ausstieg aus der Kernkraft und diese Dekarbonisierung machen. Doch wir brauchen diese Kapazitäten für sehr große Infrastrukturprojekte.

Die Menschen sind bereit, für diese höheren Ideen organisiert zu werden: Wozu sind wir da, was ist der Zweck unseres Lebens? Und wir sind auf den Straßen, mit großen Bannern mit der Eurasischen Landbrücke, mit den Afrika-Projekten wie Transaqua und anderen, wir informieren sie. Und man sieht, daß das wirklich der Punkt ist, wo sich die Leidenschaft zeigt. Wenn sie das verstehen: „Ja, ich will etwas dazu beitragen, daß das geschehen kann.“ Das haben sie immer noch, nach all diesen Jahren der Gehirnwäsche und der Angst als Mittel, die Leute ruhig zu halten. Viele, auch in den großen Parteien, sind gegen diesen Unsinn, aber sie haben nicht den Mut, zum Anfang zurückzugehen, sie haben nicht den Mut, das öffentlich zu sagen. Sie sagen uns: „Ja, dieses grüne Zeug, das ist das dümmste, was man tun kann.“ Sie geben zu, daß das nichts mit Umweltschutz zu tun hat. Es ist bloß eine politische Absicht des Britischen Empire.

Denkt an alle diese Leute, die von der Queen Titel bekommen haben - ich meine, diese Leute sind alle Verräter und wir sollten sie auch so behandeln. Das ist es, was sich jetzt im Wahlkampf entfaltet, den wir jetzt auch in Berlin führen, der im Grunde eine nationale Kampagne ist, um den Menschen ein Gefühl für die Zukunft zu geben. Denn die Änderung der Energiepolitik ist nicht bloß eine Änderung, welche Glühlampen wir verwenden oder so etwas, es ist wirklich eine Veränderung der Gesellschaft von einer starken, fortschrittlichen, produktiven, zukunftsorientierten Gesellschaft zurück zu einer Gesellschaft der „Jäger und Sammler“.

Wenn wir mit den Menschen über diese Projekte sprechen, dann sehen wir immer ein Funkeln in ihren Augen, dann werden sie froh und sie wollen mitmachen. Und 90% fragen dann: „Aber wie organisieren wird das? Wie finanzieren wir es? Wir hören aus den Medien immer nur über die Finanzkrise, die Banken und so weiter.“ Wir müssen dazu auf ein Kreditsystem setzen, und das ist die Verbindung zu den USA und dem, was hier geschieht. Denn wenn sie einwenden: „Wir können ja doch nichts machen“, weil kein Geld da ist, dann müssen wir uns auf die Mobilisierung der Bevölkerung konzentrieren - das, was hier in den Vereinigten Staaten geschieht, und das, worauf wir uns in Europa vorbereiten müssen.

Rivas: Nordrhein-Westfalen war das Industrieland in Deutschland, und ich denke, jeder hat gesehen, wie das in der Geschichte angegriffen und zerstört wurde, etwa nach dem Versailler Vertrag, der den Ersten Weltkrieg scheinbar beendete. Es ist erstaunlich, wenn du davon redest, daß den Leuten ein Funkeln in die Augen kommt, wenn du ihnen einen Eindruck gibst, was man tun kann, aber es ist auch klar, warum das geschieht. Denn ihre Phantasie wird geweckt. Richtig? Es ist keine pragmatische Politik - „wir geben euch ein paar Kekse und Decken, dann geht es euch besser“ -, sondern es weckt wirklich die Vorstellungskraft.

Kannst du dazu etwas sagen? Denn es würde mich interessieren, was du als Spitzenkandidatin der BüSo in dieser Region sonst noch darüber sagen kannst? Wie waren die Reaktionen? Was für Reaktionen bekommt ihr, wenn ihr in dieser früheren Industrieregion für diese Aufgabe organisiert? Es gibt verschiedene Projekte; mir fallen jetzt die Namen nicht ein, aber ich erinnere mich, einige Animationen gesehen zu haben und Wahlkampfmaterial, das ihr herausgebracht habt, in dem die Rede von Eisenbahnstrecken war, die möglicherweise unterirdisch verlaufen sollen, für mich ganz erstaunliche Dinge.

Und ich würde gerne hören, wie du Deutschland siehst, wenn Amerika eine andere Präsidentschaft hat. Was würde es beitragen, wie siehst de insbesondere den Beitrag des Ruhrgebiets zu einer wirklichen Industrialisierung des Planeten, natürlich auch Deutschlands?

Kruczkowski: Nun, ich denke, mit am wichtigsten ist die Frage der Investitionen. Denn es gibt jetzt eine Menge Unternehmen, die gezwungen sind, das Land zu verlassen. Auch weil die Energiepreise steigen! Aber viele hängen sich auch an die Idee dieser grünen Technologien. Da müssen wir erst gründlich aufräumen! (Lacht.)

Aber wir haben immer noch Kapazitäten, für die wir Investitionen brauchen. Wir brauchen eine Menge Investitionen auf Landesebene, aber auch lokal, damit die Leute ein Gefühl dafür bekommen, wieviel noch zu tun ist, und wir müssen viele Menschen beschäftigen, insbesondere junge Menschen, die Ausbildungsprogramme brauchen werden. Denn das Wissen um diese Technologien und diese Wissenschaftsmotoren ist im Grunde gar nicht mehr vorhanden. Die Leute gehen oft auf Universitäten und Schulen, für alles mögliche, aber auch für nichts. Jedenfalls ist es nichts, was zum Wohlstand der Gesellschaft beiträgt. Das ist etwas, was wir wirklich anpacken müssen.

Dabei ist gar nicht so entscheidend, was für Schritte man auf lokaler Ebene tut, sondern das wichtigste ist wirklich das, was du vorhin über die Vorstellungskraft gesagt hast.

Das beste im NRW-Wahlkampf war wirklich, was den Menschen auch nach dem Wahlkampf in Erinnerung blieb, daß wirklich deutlich gemacht haben, was es bedeuten würde, die ganze Region auf der Grundlage des Verkehrssystems, der Energieversorgung etc. zu entwickeln, auf einer produktiven Grundlage, von der immer noch etwas aus der Vergangenheit übrig ist. In der ganzen Region, besonders dem Ruhrgebiet, wo ich herkomme, war erst nichts, alles wurde während der Industrialisierung aufgebaut, und deshalb haben die Menschen eine starke Beziehung dazu.

Jetzt gibt es überall Bergbaumuseen und ähnliches, wo man hingehen kann, oder sie haben diese riesigen Industriegebiete zu Einkaufszentren und ähnlichem umgebaut, es ist total verrückt! Und die Leute wissen das.

Aber sobald man ihnen eine wirkliche Idee vermittelt, daß das nicht der Gang der Geschichte sein muß, wenn sie nicht sterben wollen - das ist etwas, worauf insbesondere auch die jüngeren Generationen reagieren, auch wenn sie damals noch gar nicht gelebt haben und selbst mit diesem Unsinn aufgewachsen sind. Vor allem reagieren sie auf diesen wissenschaftlichen Ansatz.

Wir machen das in ganz Deutschland, denn das ist der einzige Weg, die Deutschen zu organisieren und zu mobilisieren - im Grunde dafür, daß sie Kameraden Schillers als schöne Seelen werden. Ich denke, sobald die Vereinigten Staaten ins richtige Gleis kommen, indem sie Obama absetzen und Glass-Steagall wiedereinführen, wird Deutschland zusammen mit Frankreich eine sehr starke Achse bilden, wie es de Gaulle und Adenauer mit einem „Europa der Vaterländer“ beabsichtigten, um mit den Kapazitäten, die wir haben, Europa wirklich wiederaufzubauen, Afrika aufzubauen - es wurde ja noch nie aufgebaut! Seit Jahrhunderten spricht man von der Entwicklung Afrikas, aber was ist geschehen?

Solche Fragen müssen wir uns jetzt sehr ernsthaft stellen.

Rivas: Ja, und das gibt uns eine sehr klaren Hinweis darauf, warum dieser Kampf geführt werden muß. In gewissem Sinne können wir sagen, vergeßt die Bürokraten, die werden tun, was sie nicht lassen können. Sie wollen sich einfach selbst kaputtmachen. Das macht die Lage auch etwas komisch, denn wenn sie den Bailout versuchen - und da ist noch sehr die Frage, ob es dazu kommt, denn es ist gar kein Geld dafür da -, erreichen sie in Wirklichkeit nur, daß sie sich selbst in den Fuß schießen. Aber sie scheinen es nicht zu merken und werden wohl weitermachen, bis sie keine Beine mehr haben.

Die Bedeutung der Schönheit

Aber damit kommen wir zu dem anderen Punkt, denn, wie du gesagt hast, wollen wir uns ja nicht nur mit ihnen beschäftigen. Wir wollen auch alle auf uns selbst schauen, und das erinnert an etwas - es mag etwas ungewöhnlich erscheinen, das anzusprechen, aber ich denke, es geht wirklich um die Frage von Leben und Tod. Damit hat sich ein Dichter sehr beschäftigt, mit dessen Werk ihr sehr vertraut seid, nämlich Friedrich Schiller, und ich meine hier speziell die Ästhetischen Briefe. Soweit ich weiß, stammen sie aus der Periode, in der die Französische Revolution stattfand. Es gab einen großen Moment, hier in den Vereinigten Staaten, wo die Revolution gelang. Sie gelang dank der intellektuellen Stärke hinter den Anführern der Amerikanischen Revolution; sie setzten sich durch, nicht bloß irgendein Mob.

Aber in Frankreich gab es das nicht. Da kam etwas anderes heraus. Und ich würde gerne hören, was du, Helga, dazu zu sagen hast, denn du forderst im Grunde, daß die Menschen sich dem Ästhetischen verpflichten, dieser Qualität des Menschen, die ihm angeboren ist. Die Menschheit strebt von Natur aus nach Schönheit. Und wie du weißt, behandelt das Schiller, mit dem du ja sehr vertraut bist. Seit ich dich 2004 kennengelernt habe, hast du das in vielen Reden immer wieder hervorgehoben. Ich möchte gerne hören, was du dazu zu sagen hast.

Denn das sind Dinge, die die Leute wirklich hören müssen - die Leute, die etwas tun wollen, die Leute, die diese wirtschaftliche Herabwürdigung nicht hinnehmen wollen. Sie müssen verstehen, daß das etwas ist, wonach sie wirklich streben müssen.

Zepp-LaRouche: Ich denke, das ist eine Frage der moralischen Entschlossenheit, eine „schöne Seele“ zu sein, wie Schiller sagen würde - das ist wirklich notwendig. Ich sage den Menschen immer wieder: Sehen Sie, wir sind in einer existentiellen Krise, das ist nicht bloß eine Finanzkrise. Es gibt Krisen in allen Institutionen, die man als für immer gegeben betrachtet hat, es gibt eine moralische Krise, eine kulturelle Krise. Es gibt eine schreckliche Krise der Jugendkultur! Ich weiß nicht, wie das hier in den Vereinigten Staaten ist, aber in Deutschland wird das Leben der Kinder zerstört! Es gibt da zehnjährige Kinder, die sich auf dem Schulhof gegenseitig pornographische Videos oder Emails oder SMS schicken! Ich glaube, diese Kinder werden niemals in der Lage sein, eine menschliche Beziehung zu jemandem vom anderen Geschlecht zu entwickeln. Sie werden kaputtgemacht.

Heavy Metal und andere satanische Formen der Musik - das ist Krach, das ist keine Musik. Seht euch an, was bei dieser „Love Parade“ in Duisburg geschehen ist - ich weiß nicht, ob das hier bekannt ist. Da kam es bei einem Rockkonzert zu einer Panik, die Leute trampelten aufeinander herum.

Wie ich schon sagte, wir sind in einer Krise der Zivilisation, die weit über eine Finanzkrise hinausgeht. Es gibt einen völligen Zusammenbruch der Kultur! Ich meine, das ist schon ein finsteres Zeitalter. Viele junge Leute haben noch nie von den Schätzen der großen klassischen Kunst gehört.

Wir hatten vor kurzem eine Konferenz in Rüsselsheim. Die Hälfte des Publikums waren junge Leute, und viele von ihnen waren in ihrem ganzen Leben noch nie bei einem klassischen Konzert gewesen! Sie sagten: „Ich hatte gar keine Vorstellung davon, wie schön das ist!“ Und das beweist, daß man die Schönheit zu den Menschen bringen kann, selbst wenn sie in einer bestialischen Umgebung leben.

Nun, Schiller wußte sehr gut, daß die Französische Revolution scheiterte, weil, wie er es sagte, „ein großer Moment ein kleines Geschlecht fand“. Die objektive Möglichkeit für eine Änderung war zwar gegeben, aber die subjektive Möglichkeit, die moralische Möglichkeit fehlte. „Ein großer Moment fand ein kleines Geschlecht.“ Das ist meine größte Sorge, daß es nicht wieder so kommt. Denn objektiv, denke ich, können wir die Lage grundsätzlich verändern! Objektiv gibt es die Programme, den historischen Bezugspunkt mit dem Programm, wie Roosevelt die Vereinigten Staaten aus der Depression holte. Wir wissen das alles, es ist alles da. Es kann also niemand sagen, daß es keinen Ausweg gäbe.

Aber die Frage ist: Haben die Menschen auch das subjektive, moralische Rückgrat, die notwendigen Schritte zu tun, in einem Moment, wo alles davon abhängt - man kann sagen, nicht bloß ihr Leben, sondern auch das Leben ihrer Kinder und das Leben vieler kommender Generationen auf der ganzen Welt! Nicht bloß in den Vereinigten Staaten, in Deutschland oder einigen anderen Ländern: Wenn unsere gegenwärtige Bevölkerung nicht handelt, um diese völlig unmoralische Welt zu überwinden, dann werden viele Generationen in der Zukunft darunter leiden.

Ich kann deshalb nicht verstehen, wie jemand abends einfach ins Bett gehen und sagen kann: „Mir geht es gut, ich habe fünf Kaviarbrötchen gegessen, und das war mein Tag.“ Man braucht - wie soll ich sagen - man braucht ein hehres Ziel, was man mit seinem Leben anfängt, für das man alles tut, was man kann, damit diese Welt für alle Menschen auf dieser Welt ein besserer Ort zum Leben wird.

Und wenn man diese Entscheidung trifft, dann ist es wirklich eine Freude. Schiller ist wirklich gut. Er sagte über Kant - ihr kennt ja Kant und seinen „kategorischen Imperativ“: das sind die Leute, die sagen: „Ich muß meine Pflicht tun! Grrrr!“, und schneiden eine saure Grimasse und fühlen sich elend, und sie machen alle um sich her elend, weil sie ihnen zu verstehen geben, wie furchtbar es ist, moralisch zu sein. (Lachen.) Und Schiller sagte: Dieser Kant hat nur für die Knechte geschrieben, im Sinne von Sklaven: Er hat nicht für uns geschrieben, für die schönen Seelen, denn eine schöne Seele tut mit Freuden, was notwendig ist, und man findet seine Freiheit in der Notwendigkeit. Man tut, was richtig ist, und ist froh darüber. Es ist eigentlich ganz einfach...

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- Neue Solidarität 37/2011
Stellungnahmen und Reden der BüSo-Vorsitzenden
- Internetseite der Bürgerrechtsbewegung Solidarität (BüSo)