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Neue Solidarität
Nr. 37, 14. September 2011

Das Massenaussterben an der KT-Grenze

Eine Gruppe des LaRouche-Basementteams mit Creighton Jones, Peter Martinson, Benjamin Deniston und Sky Shields haben am 19. August in einer Diskussionsendung von LPAC-TV über die anti-entropische Entwicklung des Universums gesprochen. Insbesondere beschäftigten sie sich mit dem Massenaussterben von Arten an der Kreide-Tertiär-(KT)Grenze vor etwa 65,5 Millionen Jahren als einer Fallstudie in der erdgeschichtlichen Entwicklung. Das Video in englischer Sprache finden Sie unter http://www.larouchepac.com/node/19129.

Creighton Jones: Heute wollen wir über eine ganz einfache Frage diskutieren: Das Schicksal bzw. die Zukunft der Menschheit. Vor 65 Millionen Jahre erlebte die Erde das jüngste sogenannte Massenaussterben oder Massenextinktion von Lebewesen. Die Hauptopfer damals waren die Dinosaurier, die bis dahin die dominantesten Lebewesen waren, die je auf der Erde lebten. Die Zeit, in die dieses Massenaussterben fällt, deckt sich mit einer spezifischen Phase des sogenannten 62-Millionen-Jahre-Zyklus.

Bild: LPAC
Abb. 1: Die bekannten bisherigen Massenextinktionen erfolgten in einem 62-Mio-Jahres-Zyklus.

Anders gesagt, man kann feststellen, daß die Artenvielfalt auf der Erde ein Auf und Ab durchläuft und dieser Prozeß auf einen speziellen Punkt des 62-Millionen-Jahre-Zyklus zuläuft. Nicht jeder 62-Millionen-Jahre-Zyklus ist mit einer Massenextinktion verbunden, doch bei den fünf Ereignissen, wo dies der Fall war, gibt es einen klaren Zusammenhang zwischen dem Zeitablauf des Zyklus und der Periode des Massenaussterbens.

Viel wurde über den Mechanismus und die Ursachen dieses Massensterbens von Arten gesagt. Eines scheint aber gewiß: Angesichts der Zeitskala, mit der wir es zu tun haben - 62 Millionen Jahre plus oder minus einiger Millionen - muß sich dabei etwas auf galaktischer Ebene abgespielt haben. Nur etwas in dieser Größenordnung ließe sich als Prozeß vorstellen, der sich auf die Länge von 62 Millionen Jahre projizieren könnte.

Man kann außerdem als sicher annehmen, daß der Vorgang, der den Ausrottungsprozeß vermittelte, die kosmische Strahlung ist, über die wir schon an anderer Stelle diskutiert haben. Wir haben es also mit einem durch kosmische Strahlung vermittelten galaktischen Prozeß zu tun, der einen 62-Millionen-Jahre-Zyklus der Zu- und Abnahme der Artenvielfalt antreibt, unterbrochen an spezifischen Punkten von dem Ereignis des Massenaussterbens.

Wir befinden uns gegenwärtig wieder an einem Phasenpunkt, der sich mit jenem früherer Massenextinktionen deckt. Die Frage, die wir uns heute stellen müssen, lautet: Ist dies unausweichlich? Wird unsere Gattung als nächste untergehen? Was läßt sich dagegen tun? Wie werden wir mit dem Problem fertig?

Wir wollen unsere Aufmerksamkeit heute insbesondere auf das jüngste Massenaussterben richten, das auch als „KT-Extinktion“ bekannt ist.

Ich möchte hiermit das Wort an Peter Martinson weitergeben, der etwas Genaueres über die KT-Grenze sagen kann, und welche Folgerungen wir aus den Erkenntnissen für heute ziehen müssen.

Die Kreide-Tertiär-Extinktion

Peter Martinson: Betrachten wir zunächst die Entwicklung der Gesteinsablagerungen. An der sogenannten KT-Extinktion sieht man dabei einen schnellen Wechsel der Gesteinsarten, die sich damals als unbelebte Materie abgelagert hat.

  Bild: Wikipedia/Eurico Zimbres/cc-by-sa 3.0

Abb. 2: Gesteins- probe mit der wenige Millimeter dicken Iridiumschicht, die den Übergang von der „Kreidezeit” zum „Tertiär” markiert, der mit dem Aussterben der Dinosaurier verbunden war.

Die KT-Grenze selbst stellt sich durch die rote Schicht dar, die man überall auf der Welt in Gesteinsproben findet. Sie ist 2 mm dick und rot, weil sie sehr reich an Iridium ist, einem ansonsten sehr seltenen Element. In dieser Schicht ist es aber besonders angereichert. Auch in Schichten darunter findet man zunehmend Iridium, aber diese spezielle Schicht ist sehr reich an Iridium.

Darüber befindet sich eine 50 mm dicke Schicht dunklen organischen Tons. Darunter liegen in schneller Abfolge Schichten kalkreichen Gesteins, durchsetzt mit dünnen Schichten sogenannter Microbreccia und Mikrokugeln, die aus den Überresten von ein bis vier Meteoriteneinschlägen zu stammen scheinen, welche sich mindestens 300.000 Jahre vor Bildung der eigentlichen Iridiumschicht ereignet haben müssen. In der Iridiumschicht selbst befinden sich keinerlei Microbreccia oder Mikrokugeln. Das alles hat sich vorher ereignet.

Man kann auf verschiedene Weisen die damalige Temperaturveränderung messen. In der Zeit vor Bildung dieser Schicht ist die Temperatur gesunken, es wurde kälter und immer kälter. Etwa 200.000 oder 300.000 Jahre vor Bildung der Schicht schnellte die Temperatur noch einmal 3 oder 4 °C nach oben, und fiel dann erneut ab. Dann bildete sich die Iridiumschicht.

Jones: Die Iridiumschicht markiert somit die KT-Grenze?

Martinson: Das ist der international akzeptierte Marker dieser Grenze.

Man hat diese Ereignisse nicht dadurch entdeckt, daß man sich die Steine angeschaut hat. Man hat sie entdeckt, indem Fossilien aus der ganzen Welt zusammengetragen wurden. Dabei wurde deutlich, daß die fossilen Lebewesen, die man unterhalb der Iridiumschicht fand, eine ganz andere Zusammensetzung aufwiesen als die, die man oberhalb der Schicht fand.

Zuvor gab es die riesigen Dinosaurier, aber auch Meeresreptilien wie die Plesiosaurier, die Ichthyosaurier usw. Es gab die Pterosaurier, jene riesigen fledermausartigen Tiere - wohl mit die größten flugfähigen Lebewesen. Auch gab es großschalige Kopffüßler wie die Nautilusmuschel, die als einzige bis heute überlebt hat.

Es gab aber auch Kleinstlebewesen wie den Foraminiferen-Plankton und andere Mikroorganismen, die es heute nicht mehr gibt. Heute leben andere Arten davon. Auch die Flora war anders. Es gab andere Pflanzenarten, vorwiegend Nacktsamer.

Über der Iridiumschicht gibt es keinerlei Hinweise auf Großreptilien mehr. Die Dinosaurier waren verschwunden, genauso die riesigen Meeresreptilien, die Kopffüßler. Am schlimmsten erging es wohl dem Foraminiferen-Plankton: 98-99% dieser Kleinstlebewesen gingen verloren.

Oberhalb der Schicht entstand nach einer Erholungsperiode eine ganz neue Lebenswelt. Die Säugetiere entwickelten erhebliche Körpergrößen, aber auch eine große Vielfalt. Bedecktsamer waren schon zuvor entstanden, verbreiteten sich jetzt aber massiv, genauso wie die Insekten.

Zweierlei wurde deutlich: Fossilienfunde zeigten zu dieser Zeit einen schnellen Wechsel, und die Ablagerungen zeigten eine veränderte geochemische Aktivität, die auf eine kosmische Veränderung schließen läßt, etwa eine veränderte Sonnenaktivität oder eine Veränderung im sogenannten innerplanetarischen Medium.

Jones: Du teilst also nicht die Idee, daß es sich um einen einfachen, zufälligen Meteoriteneinschlag gehandelt haben soll.

Martinson: Es gibt keine Hinweise darauf, daß die Erde genau an der KT-Grenze von einem Meteor getroffen wurde. Es gibt jedoch Belege dafür, daß es darauf hinführend eine zunehmende Zahl von Einschlägen überall auf der Welt gegeben hat - erst eine Zunahme und dann eine Spitze des Iridiums, was extraterrestrischen Ursprungs ist.

Jones: Es gibt auch viele Belege für Vulkanaktivitäten zu dieser Zeit.

Martinson: Genau an dem 62-Millionen-Jahre-Punkt kam es zum Aufbrechen des Dekkan-Trapps, einer magmatischen Großprovinz direkt an der Westküste des heutigen Indien. Der Vulkanismus dort war mindestens mehrere hunderttausend Jahre aktiv und bedeckte die Erde über Hunderttausende von Quadratkilometern mit Lava, wobei auch die begleitenden Chemikalien in die Atmosphäre gepumpt wurden - Schwefel und ähnliche Stoffe.

Jones: Wir haben bereits an anderer Stelle darüber gesprochen, daß die Vulkanaktivität selbst durch eine Zunahme der bis zur Erde vordringenden kosmischen Strahlung gesteuert wird. Es gibt auch ganz unterschiedliche Belege dafür, welche diese Periode mit erhöhter kosmischer Strahlung und möglicherweise auch Änderungen des magnetischen Umfeldes in Verbindung bringen. Ganz offensichtlich hatte das galaktische Ausmaße bzw. war eine Funktion kosmischer Prozesse und nicht eine zufällige Einwirkung der Götter oder ähnliches.

Martinson: Nein, Asteroideneinschläge waren sicher nicht die Ursache der Ausbreitung von Säugetieren.

Schnelle Veränderungen der Biosphäre

Jones: Ben, vielleicht kannst du auch noch etwas dazu sagen. Das war ja ein sehr selektiver Ausrottungsprozeß, oder? Wenn es lediglich ein einzelner massiver Einschlag gewesen wäre, würde man erwarten, daß in einem bestimmten Umkreis des Einschlags alles Lebende ausgelöscht worden wäre, doch die Ausrottung war ziemlich selektiv. Kannst du das aufgreifen und auch etwas über die qualitativen Unterschiede in der Biosphäre vor und nach der KT-Grenze sagen?

Ben Deniston: Das ist das Merkmal bei vielen dieser Ausrottungsprozesse: Sie sind sehr selektiv. Bestimmte Lebewesen verschwinden völlig, während selbst einige, die sich sehr ähneln in ihren Freßgewohnheiten oder ihrer Wirkung auf die Biosphäre, von dem Massenaussterben völlig unberührt zu sein scheinen.

Wenn man alles zusammennimmt, ist das schon sehr gewaltig. Das beste Beispiel ist meines Erachtens die Massenextinktion am Übergang vom Trias zum Jura, als die Dinosaurier und die dinosaurierähnlichen Reptilien lebten, die in ihrem Freßverhalten, ihrer Größe und ihrer Wechselwirkung mit der Biosphäre u.ä. sehr, sehr ähnlich waren. Das war, bevor die Dinosaurier wirklich groß wurden.

Aus welchen Gründen auch immer wurden die dinosaurierähnlichen Reptilien völlig ausgelöscht, während die anderen nicht einmal angerührt wurden. Vorher waren diese Reptilien die vorherrschende Lebensform, aber dann nahmen die Dinosaurier überhand.

Insgesamt ergibt sich ein stark nichtkinetischer Prozeß, den man nicht einfach einem Asteroiden anlasten kann, der auf die Erde knallte und alles im Chaos versinken ließ - oder wie immer man sich das vorzustellen versucht.

Man muß einfach einmal anfangen, sich die Dinge ohne die falschen kinetischen Annahmen nach Art des Zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik zu betrachten. Wenn man das alles weg läßt, muß man sich einfach die Fossilienvorgeschichte anschauen, und man muß schon arg gehirngewaschen sein, um den wirklichen Prozeß nicht zu sehen, der sich aus den Fossilienfunden ergibt.

Jones: Man sieht definitiv eine Menge Gehirnwäsche.

Deniston: Ja, das ist genau das Problem. Das Problem liegt nicht in den Belegen, es liegt darin, daß man dem Universum den Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik übergestülpt hat, wonach Veränderungen wie diese nur durch große kinetische Einwirkungen entstehen können. Die Ursache sei immer ein schrittweiser Prozeß, wobei der vorherige Zustand, von welcher Art auch immer, den nächsten Zustand bestimmt.

Es macht viel mehr Spaß, dagegen die Biosphäre als ganzes System zu betrachten. Man muß nur die Zeit vor und nach der KT-Grenze miteinander vergleichen und sich fragen, was man sieht. Dabei sollte man vom Standpunkt Wladimir Wernadskijs ausgehen, mit dessen Werk wir uns intensiv beschäftigt haben, und von ihm ist einiges Material auf unserer Webseite zu finden.

Er hat als erster ein sehr klares Konzept der Biosphäre vorgelegt, das sich ziemlich von dem unterscheidet, wie heute darüber diskutiert wird. Er erkannte, daß sich das ganze System - die Hülle um die Erde mit der Atmosphäre, den Ozeanen und dem Festland - im Vergleich zu nichtlebenden Prozessen in einem ständigen Ungleichgewicht befindet. An verschiedenen Stellen schreibt er, daß sich die gesamte Biosphäre völlig verwandeln würde, wenn es plötzlich kein Leben mehr gäbe.

Das beste Beispiel hierfür ist der freie Sauerstoff, eine sehr reaktionsfreudige Substanz. Der einzige Grund, warum man es ständig in freier Form in der Atmosphäre findet, ist, weil Lebewesen es ständig aufnehmen und dabei seine molekulare Zusammensetzung ändern. Es wird aufgenommen und wieder abgegeben.

Biogenetische Wanderung der Atome

Jones: Somit wird die Biosphäre von den Lebewesen aktiv aufrecht erhalten.

Deniston: Ja genau, und das überall. Wernadskij sagt, daß diese Prozesse im Vergleich zur geologischen Zeitskala unglaublich schnell sind. Könnte man die Erde und den Mars vom Standpunkt der geologischen Zeit betrachten, erschiene die Erde „irre aktiv“.

Wernadskij geht auch auf das Konzept der biogenetischen Wanderung der Atome ein; wie Lebewesen ständig Stoffe in sich aufnehmen, ihre Form verändern und wieder ausscheiden. Die gesamte Atmosphäre, die Ozeane, der Erdboden usw. sind so. Es herrscht ein ständiger Stoffzyklus, der auf der geologischen Zeitskala extrem schnell verläuft. Und es ist ein qualitativer Prozeß.

Lebewesen tun dies ständig: Sie atmen, sie nehmen ständig Stoffe in sich auf, verändern deren Form und scheiden sie aus. Sie erhalten sich so am Leben und schaffen dabei eine Umwelt, die anderes Leben erhält.

Jones: Was waren einige der wichtigsten qualitativen Merkmale der Biosphäre vor der KT-Grenze?

Deniston: Insgesamt herrschte von Anfang an ganz deutlich eine niedrigere Energiedichte. Wenn dann davon geredet wird, das Universum bewege sich auf ein Gleichgewicht mit minimalem Energieverbrauch zu, so ist das einfach lächerlich. Man braucht sich nur die Lebewesen anzusehen: Es ist absolut klar, daß die Biosphäre und die Lebewesen vor der KT-Grenze weniger energiereich waren.

Man kann Aspekte wie den Stoffwechsel von Lebewesen untersuchen und diese Fragen von Wernadskijs Standpunkt aus betrachten, was meines Erachtens ein besseres Bild ergibt. Ein Organismus ist im Grunde eine Singularität in der Biosphäre, wo er beständig Stoffe aufnimmt und abgibt, so daß man sich die Organismen vorstellen kann, wie sie mit unterschiedlichen Aktivitätsgraden die Umwelt transformieren.

So liefen die Stoffwechselprozesse in den Lebewesen nach der KT-Extinktion viel schneller ab. Sie brauchten mehr Energiezufuhr, um sich am Leben zu erhalten. Etwas genauer gesagt, kann man den Stoffwechselbedarf eines Reptils und eines Dinosauriers miteinander vergleichen. Wir wissen zwar nicht genau, wie der Stoffwechsel der Dinosaurier funktionierte, aber offenbar lag er irgendwo zwischen dem der heutigen Reptilien und der Säugetiere. Er erreichte nicht die Höhe der Säugetiere, lag aber nicht so niedrig wie bei den Reptilien.

Vergleicht man aber die Säugetiere mit allem, was vor der KT-Grenze war, so ist klar, daß sie einen viel höheren Stoffwechselbedarf hatten. Sie brauchten mehr Nahrung und mehr Sauerstoff, nur um sich als Lebewesen zu erhalten.

Säugetiere hätten sich wahrscheinlich vor dem KT-System nicht behaupten können. Es gab damals zwar schon erste Formen von Säugetieren, aber die heutige, von Säugern und Vögeln dominierte Biosphäre hätte im Mesozoikum vor der KT-Grenze nicht getragen werden können.

Jones: Was bringt dich zu dieser Aussage?

Deniston: Vor allem der Energiebedarf. Sie brauchen einfach viel mehr Energie, um leben zu können.

Jones: Man kann insbesondere die Hauptnahrungsquellen betrachten, die damals verfügbar waren. Sie scheinen in dieser früheren Periode vom nutzbaren Energiegehalt eine viel geringere Dichte gehabt zu haben. Du sagtest ja schon, daß Reptilien und dann auch die Dinosaurier offenbar eine viel niedrigere Stoffwechselrate gehabt haben, was sich in den Mengen Nahrung ausdrückt, die sie täglich aufnehmen mußten, nur um ihre Körperfunktionen aufrechtzuerhalten, und auch ihre durchschnittlichen Aktivitäten waren deutlich geringer. Zur Nahrung standen ihnen als vorwiegende Pflanzenform Nacktsamer zur Verfügung, die eine erheblich geringere Energiedichte hatten. Für die weniger lebhaften Tiere genügte das, aber nach Überschreiten der KT-Grenze starben die Dinosaurier aus, und es entstanden die Säugetiere, die einen viel höheren Stoffumsatz hatten: Sie sind viel aktiver, sie halten ihre Körpertemperatur konstant, sie können in sehr unterschiedlichen Klimazonen vom Nordpol bis zum Äquator leben, ihr täglicher Aktionsradius ist erheblich größer. Es entwickelte sich also nach der KT-Grenze bei den Lebewesen ein viel größerer Energiedurchsatz als vorher.

  Bilder: Wikipedia/MPF bzw. Hans Hillewaert/cc-by-sa 3.0

Abb. 3a, b: Gleich- zeitig mit dem Aussterben der Dinosaurier änderte sich auch die Pflanzenwelt: zu den „Nacktsamern“ - typisches Beispiel sind Nadelhölzer wie die Tanne (a) - kamen die nährstoffreicheren „Bedecktsamer“ hinzu, für die z.B. der Apfelbaum (b) typisch ist.

Deniston: Genau. Die Voraussetzung dafür, daß all dies möglich wurde, war letztlich der Beginn der Photosynthese in den Meeren wie auf dem Land. Dadurch entstand neue organische Substanz, die von den Lebewesen gefressen werden konnte und die Grundlage für die allermeisten Nahrungsketten wurde, von bestimmten Ausnahmen abgesehen.

Im Zusammenhang mit der Selektivität des Massenaussterbens - was verschwindet und was bleibt -, sieht man außerdem vor und nach der KT-Grenze eine deutliche Erhöhung photosynthetischer Aktivität auf der Erde.

Du erwähntest die Nacktsamer, die im Mesozoikum und der Zeit der Dinosaurier die vorherrschenden Pflanzen waren. Könnt ihr euch vorstellen, daß jemand überlebt, wenn er nur auf Tannennadeln oder ähnlichem herumkaut?

Sky Shields: Es soll einige Leute geben, die das versuchen. Sie wohnen, glaube ich, in Seattle und auch anderswo.

Deniston: Die können einem wirklich leid tun. Diese Pflanzen enthalten viel mehr unverdauliche Harze und andere Stoffe. Mit der Entwicklung der Bedecktsamer kamen Blütenpflanzen auf, es gab Früchte und es gab Nüsse. Selbst deren Blätter waren insgesamt nährstoffreicher. Wenig später entwickelten sich auch Gräser, die wichtig waren, damit sich Weideflächen für Säugetiere entwickeln konnten.

Aber es ist kein Zufall, daß sich all das in der Zeit um die KT-Grenze abspielte. Das ist schon an sich ungeheuer bedeutsam, wenn man nur die Veränderungen bei den Pflanzen von den Nacktsamern zu den Bedecktsamern und das Verschwinden der Dinosaurier und das Aufkommen der Säugetiere bedenkt. Das allein ist schon interessant. Wenn man dann aber die Ozeane betrachtet, sieht man genau das gleiche. Die allermeiste photosynthetische Aktivität in den Meeren findet in einzelligen Lebewesen, dem Phytoplankton, statt, die einfach im Wasser schweben. Auch dort erkennt man genau den gleichen typischen Wechsel. Neben den Cyanobakterien, die eine Art beständiges Arbeitspferd in der Biosphäre sind, dominierten zwei Phytoplanktonformen die Ozeane. In der Dinosaurier-Ära waren jedoch zwei andere Formen tonangebend. Bis zur KT-Grenze hatte sich ihre Artenvielfalt und allgemeine Aktivität aufgebaut, doch dann gerieten sie an der KT-Grenze gewaltig unter die Räder. Peter erwähnte eine dieser Formen, die am schlimmsten betroffen waren, und wie viele Arten davon an der KT-Grenze ausgelöscht wurden.

Jedoch schon vor der KT-Grenze hatte sich eine andere Form von Phytoplankton, die sogenannten Kieselalgen (Diatome), herausgebildet, und diese verbreiteten sich nach der KT-Grenze explosionsartig - sehr ähnlich, wie es auch mit den Säugetieren und den Bedecktsamern geschah.

Kieselalgen, die andere Form des photosynthetischen Planktons, beherrschten seither vollständig die Ozeane. Sie sind aber ebenfalls eine höherentwickelte Form, die mehr wirbellose Wassertiere und andere Lebewesen erhalten kann, die sich von ihnen ernähren. Sie können Nährstoffe besser speichern, und aus Untersuchungen geht hervor, daß der generelle Energieverbrauch von Meeresbewohnern aufgrund der Kieselalgen zugenommen hat. Durch sie entstand eine breitere Basis für eine entwickeltere Nahrungskette und höhere Lebensformen, die davon leben.

Wenn man sich insgesamt die Lebenssysteme vor und nach der KT-Grenze anschaut, so sieht man immer wieder die gleichen Besonderheiten: Die Nacktsamer entwickeln sich erst, dann beginnen sie sich zurückzubilden, und die Bedecktsamer nehmen zu. Das KT ist die Trennlinie. Man sieht es bei dem Phytoplankton in den Meeren und auch bei den Fischen. Das Mesozoikum war durch bestimmte Fische bestimmt, und erst nach dem Kollaps an der KT-Grenze begannen sich die heutigen Fischarten - Lachs, Forelle, Goldfisch - zu entwickeln. Genauso bei den Säugern und den Vögeln.

Läßt man all die verrückten Annahmen über die Funktion des Universums beiseite, sieht man ganz klar, daß insgesamt der Energiebedarf steigt, die Energiedichte steigt, die Aktivität steigt, die Umwelt und die gesamte Biosphäre sich schneller ändert.

Zeitliche Gerichtetheit

Jones: Nach dem, was du sagst, erscheint es absurd und wie ein Gehirnwäscheprodukt, wenn man erklärt, das Massenaussterben sei lediglich eine Art Schicksalsschlag, ein Zufallsereignis gewesen, so daß zwar alles Bisherige zerstört wurde, aber die Dinge dann sich wie zuvor weiterentwickelt hätten. In dem Prozeß hat sich ein eindeutiger Phasenwechsel ereignet, und offenbar ist das bei allen sogenannten Massenextinktionen der Fall gewesen. Sie bezeichnen einen Übergangspunkt.

Viele Leute scheint daran zu stören, daß die Entwicklung des Lebens und auch das Universum damit eine eindeutige Gerichtetheit hätte, was natürlich viele Fragen über die Natur der Zeit, des Raums, der Raumzeit usw. aufwirft. Sky, vielleicht kannst du etwas über dieses Zeitparadox und die zeitliche Gerichtetheit sagen.

Shields: Das ist schon lustig. Ben präsentierte ein ziemlich klares Bild davon, daß das, was an der KT-Grenze und in der Evolution insgesamt geschah, die Entwicklung von Systemen ist. Es geht hier um den Gesamtprozeß. Wernadskij beschreibt in diesem Zusammenhang die biogenetische Wanderung der Atome, d.h. man kann ein Lebewesen nicht als getrenntes Ding betrachten. Das geht wirklich nicht.

  Bild: LPAC

Abb. 4: Es ist eigentlich unsinnig, ein Lebewesen als etwas von der Biosphäre getrenntes zu betrachten. Die gesamte Biosphäre ist ein gigantisches, hochkompliziertes System zahlloser ineinander verwobener Materialflüsse.

Jedes Lebewesen besteht aus einem Materialfluß, den es aufnimmt, aber das ist kein Materialfluß, der in ein Objekt hinein- und wieder hinausgeht. Es gibt ja den alten Spruch: „Man ist, was man ißt“. Ein Materialfluß wird aufgenommen und wird zu dem Objekt, doch das, was dann ausgeschieden wird, ist überwiegend Material, das einmal das Objekt selbst gewesen ist. Wir haben dafür ganz wirksam, auch wenn der Vergleich etwas hinkt, das Beispiel eines Wasserwirbels benutzt. Man kann einen Wirbel nicht aus dem Wasser herausnehmen, ohne daß er aufhört, Wirbel zu sein. Man kann ihn nicht einfangen und irgendwo hinbringen.

Jones: Man kann es versuchen, aber es wird nicht gelingen.

Shields: Man kann es immer wieder versuchen. Es ist ein wenig kafkaesk und wird nur Chaos anrichten.

Nimmt man das Bild eines Wirbels, ist das, was man als Evolutionsprozeß behandelt, nicht etwas Isoliertes, das sich entwickelt. Man kann den Wasserwirbel nicht herausnehmen und dann sehen, wie er sich verhält und wie er unter den neuen Bedingungen fortbesteht. Statt dessen stellt man sich den gesamten Materialfluß, die gesamte biogenetische Wanderung der Atome vor, d.h. alles, was sich da so hin- und herbewegt und verschiedene Zyklen bildet: den Kohlenstoffzyklus, den Stickstoffzyklus, den Wasserzyklus - alles, was sich im Kreise bewegt. Und wenn sich dann der ganze Prozeß gewissermaßen ineinander verdreht, sieht man, wie sich bestimmte Knoten auflösen und sich andere Knoten wieder aufspulen. Bestimmte kleine Wirbel oder Strudel verschwinden und lösen sich auf, während andere sich im Zuge der neuen Flüsse erneut verdichten.

So sieht das Verschwinden und Wiedererscheinen von Arten aus. Wenn man sich die Vernetzung des Ganzen vergegenwärtigt, erkennt man, daß es gar nicht anders sein kann. Damit verschwinden all die Probleme der Chaostheorie, mit der versucht wird, all das ins Große zu übertragen.

Wenn man die Dinge aber so sieht, wird es lustig. Denn wenn man dies räumlich betrachtet, erkennt man ganz ähnlich auch einen zeitlichen Zusammenhang. Nehmen wir die Entwicklung der Säugetiere als Beispiel für eine solche Neuerung. Es ist keineswegs so, daß sich dies zufällig entwickelt hat und dann nach einer Katastrophe wie KT plötzlich aufzublühen begann. Man findet in der Fossilgeschichte schon früh vielfache Versuche, Säugetiere zu erzeugen. Das ist massiv. Dabei geht es nicht bloß um die Bildung von Fell oder um einfache Innovationen im Äußeren. Es kommt hierbei zu kompletten inneren Veränderungen, um etwa die Fähigkeit zu entwickeln, lebende Junge zu gebären, um die Entwicklung von Milchdrüsen und um spezifische Veränderungen in der Skelettstruktur, wobei sich zum Beispiel der Kieferknochen früherer Lebewesen zum Innenohr von Säugetieren verwandelt hat, was ein erstaunlich komplexer Vorgang ist.

Deniston: Das passierte als Zufallsmutation, die wiederholt immer wieder vorgekommen ist?

Shields: Immer wieder.

Deniston: Alles mehr oder weniger in der gleichen Zeit?

Shields: Und das bei Lebewesen, die gar nicht miteinander verwandt sind. Das sind keineswegs irgendwelche Familieneigenschaften. Es ist so, als wenn etwas in dem System danach verlangte, daß so etwas entsteht.

Jones: Das ist nicht nur eine Punktmutation in irgendeinem Gen. Ein Reptilien-Gen mutierte, und nun wurden seine Knochen, die bisher den Kiefer bildeten, zum Innenohr.

Shields: Richtig. Man erkennt jedoch, daß sich das so gar nicht erklären läßt, oder nur, wenn man ein verblendeter Ideologe ist. Verblendete Ideologen werden mit allen Mitteln dafür kämpfen und alles mögliche in ihr System hineinstecken, damit es funktioniert. Es funktioniert natürlich irgendwie - zumindest in der Theorie kann man sich vorstellen, daß es funktioniert.

Im Grunde aber bekommt man dadurch einen Eindruck von Gerichtetheit, man sieht, daß sich der gesamte Prozeß entwickelt und bewegt. Damit ergeben sich aber auch ganz lustige Fragen über die Zeit. Wenn man nämlich eine Vorstellung von Gerichtetheit im Sinne einer Intention bekommt, nicht als eine Art Dominoeffekt von unten nach oben, sondern so, als wenn es einen zukünftigen Zustand gäbe, der bestimmt, was in der Vergangenheit geschieht, und einen so ein Hindernis umgehen läßt, definiert man ständig neu, was man zum Erreichen eines groben Endziels tun wird.

Eine solche Vorsätzlichkeit läßt sich jedoch nicht mit dem Zeitkonzept vereinbaren, wie es von Newton vorgegeben und dann von Laplace im Detail entwickelt wurde. Danach kann es keine Zeit geben, die aus festen Augenblicken besteht, so daß man sagen könnte, es gibt ein Jetzt, es gibt einen bestimmten Zustand jetziger Dinge und es wird einen bestimmten Zustand von Dingen in der Zukunft geben. Denn wenn man je sagen kann, es gibt einen jetzigen Zustand der Dinge, dann ist der zukünftige Zustand bereits bestimmt, wie Laplace behauptet. In einem solchen System gibt es keinen freien Willen; es gibt keine Möglichkeit für irgendein willentliches, gerichtetes Handeln.

Daher kommt auch das Argument, natürlich erscheine es so, als wenn man etwas tut, aber tatsächlich sei es nur eine Zufälligkeit deiner Wahrnehmung, daß du meinst, willentlich etwas entscheiden zu können.

Die Idee von Kreativität erfordert jedoch eine andere Zeitstruktur, denn ansonsten schneiden wir uns im Grunde ins eigene Fleisch. Was geschieht denn in der Paläontologie? Man gräbt im Boden und bekommt Massen an Material, das auf manchmal bizarre, verschlungene Weise miteinander in Beziehung steht. Dann stellt man es künstlich auf eine Art Linie, als wenn dadurch ein Fortschreiten in einem künstlichen Umstand namens Zeit ausgedrückt würde. Die Vorstellung eines Zeitstrahls an sich ist ziemlich kriminell.

Jones: Nehmen wir einmal an, wir hätten vor der KT-Grenze gelebt und wüßten sehr genau, was damals los war. Wir würden alle damaligen Tiere kennen, alles, was sie fressen und die unterschiedlichen Verhältnisse. Nichts von all dem, was man über die damalige Gegenwart wüßte, würde einem eine Vorstellung davon geben, wie die Zukunft aussehen würde oder könnte. Die Entwicklung entfaltet sich nicht linear, wobei sich das eine in das andere, dieses in jenes verwandelt usw. Man durchläuft immer einen Übergang. Die Zukunft ist qualitativ grundsätzlich anders als das Vorangegangene, so daß nichts aus der Vergangenheit einem eine genaue Vorstellung der nächsten Entwicklung geben kann. Nur die Zukunft bestimmt, was sein wird, woraus sich eine ganz andere Sicht ergibt, in welche Richtung sich die Zeit tatsächlich wenden wird.

Shields: Ja, und genau hier erkennen wir, daß wir nicht weiter kommen, weil wir nur über eine begrenzte sprachliche Palette verfügen, um diese Dinge zu beschreiben.

Ein Beispiel aus der Tonkunst

Ich glaube, es gibt viele andere Beispiele, wo uns die Sinneswahrnehmung ein Bein stellt, und letztlich projiziert man etwas sehr Komplexes auf etwas ganz Einfaches. Ein nützliches Beispiel ist die Frage der Tonhöhe in der Musik. Nicht jeder mag damit vertraut sein, aber jeder, der singen will, kennt das Problem, besonders wenn man beim Singen wirklich die korrekte Tonhöhe treffen muß. Das spielt bei irgendwelcher komischen automatisierten Elektronikmusik keine Rolle, wohl aber für den Belcanto-Gesang eines geübten Opernsängers.

Man wird dabei häufig erleben, daß man manchmal scheinbar etwas zu hoch oder zu tief liegt, doch in dieser Situation ändert man einfach die sogenannte Klangfarbe. Man läßt seine Stimme einfach dunkler oder heller klingen, was direkt mit der Tonhöhe nichts zu tun hat, doch es führt dazu, daß sich die eigene Tonhöhe praktisch selbst korrigiert.

Indem man das Spektrum der sogenannten Tonhöhe in gewisser Weise auseinanderzieht, bliebe man bei einem linearen Spektrum, doch wenn man erkennt, daß es mehr Möglichkeiten gibt, ergeben sich vielfältige Freiheitsgrade, und das, was man Klangfarbe nennt, ist ein solcher zusätzlicher Freiheitsgrad. Der Zusammenhang spielt somit eine Rolle. Mit welcher anderen Stimme man zusammensingt, hat Einfluß darauf, wie die eigene Tonhöhe klingt, ob sie tiefer oder höher klingt.

Plötzlich ergibt sich eine vieldimensionale Mannigfaltigkeit, doch man projiziert diese auf etwas Lineares, genannt Tonhöhe; und seine gesamte Sprache ist dann auf höher, tiefer usw. begrenzt. Das gleiche bei der Farbe, wobei es um Farbe und Helligkeit geht. Dabei kann man ganz allgemein sagen, daß einem Grün heller erscheint als Blau, denn man sieht nie ein wirklich helles Blau. Das hat nichts damit zu tun, wie hell die Farbe wirklich ist, sondern es hat damit zu tun, wie man die Farben Grün und Blau sieht. Es gibt einen Grund dafür, daß Textmarker beispielsweise bestimmte Farben haben, denn ein grüner oder gelber Textmarker erscheint einem heller. Jeder, der einen blauen Textmarker verwendet, wird im Vergleich dazu oft Probleme feststellen.

Die sogenannte Helligkeit versteht man gewöhnlich auch als lineares Spektrum, weil man sie tatsächlich als etwas Lineares wahrnimmt, was nur ein höher oder niedriger hat. Doch der eigentliche Raum, der linear abgebildet wird, ist viel ausgedehnter. Die Sinneswahrnehmung sagt einem aber nichts anderes außer heller oder dunkler. Für alles andere braucht man Instrumente.

Genau das gleiche Problem stellt sich bei der Zeit, denn im Sprachgebrauch beschränken wir uns auf die Aussage vorwärts, rückwärts, schneller, langsamer, vorher, nachher - alle Begriffe, um Zeit zu beschreiben, beruhen auf linearen Vorstellungen. Um aber die nötige Kausalität zu erreichen, von der wir sprechen, brauchen wir etwas viel Komplexeres. Diese Komplexität hat dann den Effekt: Oh, das fließt ja rückwärts, fließt vorwärts o.ä. Man versucht das mit Paradoxien zu umschreiben, um die Terminologie zu durchbrechen, aber das, womit man es zu tun hat, ist von ganz anderem ontologischem Charakter.

Häufig drückt sich beim Menschen diese Wahrnehmung von Zeit beim Erleben, Aufführen oder Komponieren klassischer Musik aus, worin das, was man Zeit nennt, ganz substantiell benutzt wird. Genauso auch in der Poesie.

Bild: LPAC
Abb. 5: „Wenn man das scheinbar lineare Fortschreiten von Ereignissen - etwa über die letzten 540 Millionen Jahre - betrachtet, sieht man gleichzeitig, wie sich die periodischen Extinktionsereignisse in der Zeit fortbewegen.“

Jones: Das ist interessant, denn damit kommen wir in gewisser Weise auf unser Grundproblem zurück, d.h. wenn man das scheinbar lineare Fortschreiten von Ereignissen - etwa über die letzten 540 Millionen Jahre - betrachtet, sieht man gleichzeitig, wie sich die periodischen Extinktionsereignisse in der Zeit fortbewegen. Wir sagen immer, daß dies nicht einfache Ereignisse, sondern Umwandlungspunkte sind. Nach allem, was wir bis heute wissen, nähern wir uns derzeit einem weiteren solchen Zeitpunkt, wie wir ihn bei dem letzten Massenaussterben gesehen haben. Denn dieses Massenaussterben war immer Teil eines zyklischen Prozesses von 62 Millionen Jahren, wie wir bereits dargestellt haben.

Bedeutet das von einem linearen oder einfachen Standpunkt, daß wir heute die dominierende Gattung sind? Viele, insbesondere die Grünen, reiten darauf gern von einem sehr negativen Standpunkt herum. Bedeutet das, daß wir zwangsläufig eine weitere Extinktionsphase erleben werden? Läßt sich das einfach linear projizieren?

Oder kann man sagen, daß im Menschen potentiell etwas ganz anders ist, als man es in anderen Lebensformen findet, die entstanden und untergegangen sind? Dabei kommt man zu Fragen, die meines Erachtens sehr eng mit einem tieferen Verständnis von Zeit verbunden sind, wie man sie gewöhnlich nennt.

Deniston: Was primär ist, ist der Entwicklungsprozeß, und nicht die Art und Weise, wie man ihn im Sinne von Raum und Zeit mit der eigenen Sinneswahrnehmung zu verstehen meint. Der Entwicklungsprozeß des Lebens hat eine sehr klare Eigenart, und wenn bestimmte Lebewesen das Massenaussterben nicht überleben, so liegt das meines Erachtens daran, daß sie in der nun energiedichteren und energieintensiveren Umwelt nicht zurechtkommen.

Was wirklich auffällt - und man muß schon ein gehirngewaschener Ideologe sein, um es nicht zu sehen -, ist, daß Lebewesen, die sich unter diesen Bedingungen entwickeln und vermehren, energiedichter sind. Vielleicht verwende ich diesen Begriff hier etwas frei, aber Lyndon LaRouche benutzt den Begriff „Energieflußdichte“ sehr spezifisch für menschliche Wirtschaftsprozesse, und ich meine, er ist auch hierfür anwendbar. Vielleicht sollte man nicht genau den gleichen Begriff verwenden, aber die Lebewesen erreichen eine höhere Energiedichte, je höher sie in diesem System steigen. Die Aktivität des gesamten Biosphärensystems erreicht eine höhere Energiedichte.

An den Massenextinktionen sieht man somit, daß Lebewesen wie die Dinosaurier zwar Veränderungen in der Biosphäre bewirkt haben mögen, so daß darin jetzt höhere Lebensformen existieren können, doch sie selbst können ihr Verhalten nicht ändern, damit sie in dem energiedichteren System weiterleben können.

Jones: An einem bestimmten Punkt bedeuteten die Dinosaurier tatsächlich eine Art Höherentwicklung. Sie verkörperten eine höhere Ordnung als das, was vor ihnen war. Aber sie blieben dann offenbar auf einen bestimmten Zeitpunkt fixiert bzw. waren auf diesen Zeitpunkt überangepaßt. Genau das will man uns ja auch heute einreden! Denn was die grüne Bewegung sagt bzw. was die Politik Obamas bedeutet, läuft darauf hinaus, daß wir eine Tragfähigkeitsstufe erreichen müßten; wir müßten uns an unseren jetzigen Seinszustand anpassen, d.h. wir sollten den augenblicklichen Zeitpunkt irgendwie festhalten. Doch jedesmal, wo dies in der Erdgeschichte geschehen ist, d.h. jedes Lebewesen, das sich an einen solchen Zeitpunkt fixiert hat, ist ausgestorben.

Die Expansion der Noosphäre

Martinson: Noch etwas ist interessant hierzu: Um 1800 hat ein amerikanischer Geologe namens James Dwight Dana festgestellt, daß die gesamte Gruppe der Säugetiere schon vor mehreren hunderttausend Jahren den Höhepunkt ihrer Vorherrschaft erreicht hätte und sich seither im Abstieg befinde. Heutzutage regt sich jeder darüber auf, daß der Mensch alle möglichen Tierarten ausrotten würde, doch nach Danas Feststellung gehen die Säugetiere ohnehin auf einen Punkt der Auslöschung zu. Der Mensch hingegen, so sagt er, habe seinen Höhepunkt noch nicht erreicht, sondern wachse weiter an.

Auch Wernadskij ist hierfür wichtig. Die Erde, so sagt Wernadskij, verwandle sich immer mehr von einer Biosphäre in einen Zustand der Noosphäre, worin sich die willentliche Kreativität des Menschen in einer Veränderung der gesamten biogenetischen Wanderung der Atome ausdrückt. Man sieht das daran, welche neuen Arten heute entstehen. Überwiegend sind dies Arten, die unter der Herrschaft des Menschen stehen, wie sämtliche Haustiere und die von uns verwendeten Pflanzen. Man kann fast sagen, sie sind die stattlichsten Vertreter ihrer Art, die es je gab, denn sie wurden gezüchtet, um uns am nützlichsten zu sein.

Es wurde also ein ganzes neues System geschaffen, das jedoch leider in den nächsten Jahren mit einer häßlichen Schleifspur zum Stillstand kommen könnte. Wenn wir jedoch das derzeitige Hindernis überwinden können, werden wir erleben, wie die Noosphäre sich in den Weltraum ausbreitet und wie sich dadurch die Biosphäre vollständig in die Noosphäre verwandelt.

Jones: Der Mensch hat somit das wirkliche Potential, die Biosphäre zu übernehmen, so daß wir der Biosphäre selbst oder anderen Entwicklungsprozessen wie dem Entstehen und Vergehen von Arten nicht notwendigerweise mehr untertan sind. Der Mensch hat das Potential hierzu erwiesen, um tatsächlich zum singulären Ausdruck zu werden, der den gesamten Entwicklungsprozeß der Biosphäre umschließt, und ihn über die Erde hinaus trägt und andere Teile der Galaxis besiedelt. Es ist im Menschen sozusagen auf einzigartige Weise angelegt, so handeln zu können.

Nur handeln wir häufig nicht so. Es gibt sogar eindeutig die Tendenz, dem entgegen zu handeln, und das ist heute die größte Gefahr. Wir stehen zwar womöglich vor einem dieser Wendepunkte in der Entwicklung der Biosphäre im Verhältnis zu galaktischen und anderen kosmischen Faktoren, aber es ist nicht unbedingt unser Schicksal, den Verheerungen zu erliegen, die sich daraus ergeben könnten. Wir können vielmehr als der lebende, aktive Mittler des Wandels auftreten und zur Verkörperung des Prinzips evolutionärer Höherentwicklung werden.

Ich meine, wir sollten dieses Thema erneut aufgreifen und eine weitere Diskussionsrunde planen. Dann können wir mehr über die Eigenschaften der Noosphäre und der menschlichen Ökonomie sagen und etwas genauer auf LaRouches Politik eingehen. Die Frage liegt auf dem Tisch und wir haben eine klare Vorstellung von dem Problem, was die Merkmale der galaktischen und biosphärischen Prozesse sind. Sind wir die nächsten, die untergehen, oder haben wir eine Zukunft, die wir bestimmen können?

Vielen Dank fürs Zuschauen, wir sehen uns bald wieder.

Lesen Sie hierzu bitte auch:
Die Ökonomie der Noosphäre: Jenseits der Meere - die Hypersea-Plattform
- Neue Solidarität 25/2011
Sein oder Nichtsein - eine galaktische Frage
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