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Am 18. Juni dieses Jahres kündigte David Cabas, ein aktives Mitglied der von Jacques Cheminade angeführten Solidarité et Progrès in der Bretagne, seine Kandidatur für die Wahlen zur Nationalversammlung an, die fast unmittelbar nach der Präsidentschaftswahl im kommenden Frühjahr stattfinden werden. Der 18. Juni ist in Frankreich in Erinnerung als der Tag, an dem General de Gaulle von London aus das französische Volk aufrief, Widerstand gegen die Besetzung des Landes durch die Nazis zu leisten. David Cabas forderte die Bevölkerung auf, sich nun der neuen Bedrohung zu widersetzen, nämlich der Gefahr eines finanziellen Faschismus. David hatte in dieser Region bei der Kantonalwahl im Frühjahr 7,5% der Stimmen gewonnen, ein erstaunliches Ergebnis für einen Kandidaten, der zum ersten Mal antrat. Im folgenden Artikel erläutert er seine Strategie: Mit Glass-Steagall die Oligarchie bekämpfen, aber gleichzeitig viel Kontakt zu den Wählern halten.
Am 20. März dieses Jahres hatte ich die große Freude, nach einer langen politischen Kampagne das Ergebnis der Kantonalwahl von Ploërmel zu sehen. Es lautete 7,56%, d.h. eine Stimme mehr als der erste stellv. Bürgermeister von Ploërmel, der größten Stadt des Kantons.
Ende August 2010 hatte ich meinen Wahlkampf begonnen, in dessen Mittelpunkt drei Themen standen: erstens, die Notwendigkeit des sofortigen Rücktritts von Nicolas Sarkozy, zweitens die sofortige Einführung des Glass-Steagall-Trennbankengesetzes, und drittens die Stützung der lokalen und regionalen Verwaltungen durch produktiven Staatskredit.
Ich war sehr präsent auf den Marktplätzen und Hauptstraßen von Ploermel. Gleichzeitig lud ich einen Freund ein, sonntags zusammen mit mir Flugblätter und unsere Zeitung Nouvelle Solidarité in die Briefkästen der Wähler des Kantons zu verteilen. Im Dezember begann ich, jeden Tag von Tür zu Tür zu gehen, um mich den Wählern persönlich vorzustellen und die Ideen bekanntzumachen, für die ich mich einsetze. Die Leute waren freudig überrascht über diese Aktivität, weil sie die gewählten Abgeordneten fast niemals treffen, und alle anderen Kandidaten sich auf öffentliche Veranstaltungen beschränken.
Im Januar verstärkten wir mit Unterstützung anderer Mitglieder der Solidarité et Progrès und lokaler Sympathisanten das Verteilen der Flugblätter, sodaß wir insgesamt auf 4000 Flugblätter kamen. Um die Menschen an den Geist des Kampfes für die Gerechtigkeit zu erinnern, der früher in der Region herrschte, organisierte ich dann im Februar ein Treffen im Museum des Widerstands in Saint Marcel. Dort errangen die Resistance der Bretagne und die Armee des Freien Frankreich - eine Armee, die aus einfachen Bürgern bestand und angeführt wurde von Führern des Widerstands, die aus London eingeflogen und mit dem Fallschirm abgesprungen waren - einen ersten Sieg über die Nazis. Seither habe ich diesen Geist des Widerstands aufrecht erhalten, um einen neuen Widerstand gegen die Welt des Geldes zu organisieren.
In dieser Zeit verstärkten wir mit einem Team von vier Aktiven unsere Besuche bei den Bürgern des Kantons und verteilten vor den großen Läden und beim Schichtwechsel vor den großen Firmen eine CD mit einer Wahlkampfrede. Die Supermärkte waren der einzige Ort, wo wir Sonntags alle Schichten der Bevölkerung trafen, und viele Wähler sagten uns dort bereits, daß sie für uns stimmen würden.
Diese Region ist auch von strategischem Interesse, weil sie die neue Hochburg von François Guéant ist, dem Sohn des früheren Generalsekretärs des französischen Präsidentenstabes Claude Guéant, der wahrscheinlich der engste Verbündete von Nicolas Sarkozy ist. Sarkozy hat ihn inzwischen ins Innenministerium entsandt, um ihn in den kommenden Wahlen die Rolle des „Bösen” spielen zu lassen, nämlich, die Stimmen der rechtsextremen Wähler für Sarkozy zu gewinnen, indem er die Haltung und Vorschläge der rechtsextremen Politiker kopiert.
15 Tage vor der Kantonalwahl hatte François Guéant einen Besuch Sarkozys im Kanton organisiert! Wir verteilten dazu ein Flugblatt, um die mafiaartigen politischen Netzwerke in der Bretagne anzugreifen, die die regionale Kultur dazu ausnutzen, die Region noch erfolgreicher zu plündern. Wir griffen auch François Guéant an, weil er von Geldern des Parlaments profitiert, die sein Vater organisiert, während diese Gelder eigentlich den Abgeordneten helfen sollen, ihre Aktivitäten und lokale Projekte zu finanzieren. Obwohl er bloß ein stellv. Abgeordneter ist, gibt er mehr Geld für seine Aktivitäten aus als sein Abgeordneter, mit dem Ziel, sich einen Abgeordnetensitz bei der kommenden Wahl „zu kaufen”. Dazu nutzt er auch die Verbindungen seines Vaters, um sich Unterstützung in der Region zu sichern. Aber im Kontext der globalen Krise ist all das sinnlos, und diese „Barone”, die aus Frankreich kommen und nur ein Sprungbrett für ihre nationalen Karrieren suchen, werden von der Bevölkerung immer weniger toleriert.
Unmittelbar vor der Kantonalwahl schrieben einige lokale Zeitungen, mein Ergebnis werde vernachlässigenswert sein und die anderen Kandidaten würden mich in den Schatten stellen. So war es eine große Überraschung, als ich mein Wahlergebnis erfuhr. Die Art, wie mich die Bevölkerung sah, änderte sich sehr schnell: Jetzt war ich der Mann, der den stellvertretenden Bürgermeister geschlagen hatte - also eine anerkannte politische Kraft.
In diesem Geiste kündigte ich am 18. Juni meine Kandidatur für die Wahl zur Nationalversammlung im Juni 2012 an, wobei ich wieder drei Themen in den Mittelpunkt stelle: erstens, eine parlamentarische Kommission zur Untersuchung der Finanzkrise nach dem Vorbild der Pecora-Kommission einzusetzen, zweitens, sofort das Glass-Steagall-Gesetz zu übernehmen und in Kraft zu setzen, und drittens durch produktiven staatlichen Kredit große Projekte zu starten. Diese Themen bedeuten einen Bruch mit dem ansonsten allgemein verbreiteten Pessimismus.
Der 83jährige derzeitige Amtsinhaber wird seinen Sitz aufgeben und ihn François Guéant überlassen. Aber abgesehen von einigen Kriechern, die ihn wegen des Geldes, das er aus Paris bekommt, umschwärmen, betrachten ihn die meisten Menschen als einen von außen hereingebrachten Politiker, der von der Tatsache profitiert, daß die Rechten schon immer die Wahlen in der Region gewonnen haben. Die Bevölkerung weiß, daß die Politik dieses Mannes eine Katastrophe für das Land sein wird. Die Menschen wollen einen Wandel, aber wir müssen ihnen vor allem Selbstvertrauen geben, denn dieser Wandel wird nicht von der politischen Elite kommen.
Seit der Kantonalwahl war ich politisch nur begrenzt sichtbar, weil ich nur in einem Zehntel des Wahlkreises bekannt bin, aber ich benutze die Gelegenheit, den Menschen zu zeigen, daß sie erstaunliche Erfolge erringen können, wenn sie sich organisieren.
Ich werde daher meine Tür-zu-Tür-Besuche verstärken, in der Absicht, bis zur Wahl mindestens 10.000 Menschen persönlich anzusprechen. Dank dieser Kampagne werden wir die Mauer zwischen uns und der Bevölkerung durchbrechen, denn sie wartet wirklich auf eine Führung.
David Cabas