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Finanzminister Schäuble und andere kuschen dermaßen vor den „Märkten“, daß sie nicht einmal mehr vorgeben, sich an demokratische Regeln halten zu wollen.
Nichts von alledem, was die Regierungen von Griechenland, Irland, Portugal und Italien getan und versprochen haben, und was die deutsche Bundesregierung bisher zur „Stabilisierung des Euro“ versucht hat, reicht aus, um die Finanzkrise zu lösen. Und auch all das, was die Regierungen noch an weiteren Plänen haben, wird die Probleme nicht lösen können - sie sind so unlösbar in diesem System wie die unmögliche Quadratur des Kreises. Die zunehmende Hysterie der Politiker, zumal der Finanzminister, hat genau dort ihren Grund.
Was dazu kommt, ist die verzweifelte Suche der Banken und Fonds nach jedem neuen Euro, den man irgendwo noch zusammenraffen kann. Demokratie? Parlamentarische Kontrolle? Das war gestern, sagen die „Märkte“, heute werde schnelles Handeln innerhalb von Minuten gebraucht (um die weltweite Spekulationsblase weiter aufzupumpen), da seien Bedenken von gewählten Abgeordneten nur hinderlich. Und genauso brutal drückt es Wolfgang Schäuble auch aus: Seit Tagen bombardiert sein Ministerium, von den großen Medien assistiert, die Kritiker der Bankenstützungsaktionen im Bundestag mit der Warnung, sie dürften zwar gewisse Leitlinien für parlamentarische Aufsicht und Mitsprache bei künftigen „Rettungspaketen“ aufstellen, aber nichts davon dürfe neue, angeblich „alternativlose“ Rettungsaktionen verzögern oder gar aufhalten. Eigentlich reiche es völlig aus, wenn statt des Bundestags der Haushaltsausschuß, oder gar nur ein kleines Gremium von ausgewählten Abgeordneten, regelmäßig informiert werde.
So ähnlich klang es schon bei der Anhörung vor dem Bundesverfassungsgericht am 5. Juli, als Schäuble selbst dort seine Ansichten vortrug, und mittlerweile geht er sogar noch einen Schritt weiter, indem er, wie am vergangenen Mittwoch geschehen, den Mitgliedern des Bundestags-Haushaltsausschusses aufzutischen versucht, seine Politik habe die „Märkte“ beruhigt, aber die ganze Diskussion gewisser Leute über die Rettungspakete schaffe nur neue Unruhe und stachele lediglich die Spekulanten zu neuen Attacken gegen den Euro an. Angela Merkel stößt ins gleiche Horn, um die innerparteilichen Kritiker ihrer Politik zum Schweigen zu bringen: Man könne ja über vieles diskutieren, aber es müsse alles „marktkonform“ sein, das sei nun wirklich „alternativlos“. Und am Donnerstag, einen Tag nach seinem unglaublichen Auftritt vor dem Haushaltsausschuß, setzte Schäuble noch eins drauf und sagte auf der Klausurtagung der CDU-Fraktionsführung, es helfe alles nichts, man müsse weitere Souveränitätsrechte der Wirtschafts- und Finanzpolitik an die EU oder zumindest die Eurozone abgeben, sonst fehle die „Flexibilität“ für die kommenden Interventionen des Rettungsfonds EFSF und seines geplanten Nachfolgers ESM.
Hier ist nun endgültig der Punkt erreicht, an dem die Alternativen überdeutlich auf dem Tisch liegen: entweder gilt das Grundgesetz, oder es gilt nicht, entweder wird Politik für die Bürger gemacht, oder für die Spekulanten! Und zumindest einige der Regierungskritiker sehen es auch so. Er werde die Verfassung nicht brechen, sagte Frank Schäffler von der FDP und bekräftigte, er werde im Bundestag nicht am 29. September für die Rettungspakete stimmen, er sei als Abgeordneter der Verfassung verpflichtet. Peter Gauweiler von der CSU, über dessen Klage ja das Verfassungsgericht am 7. September sein Urteil verkünden wird, sagte, er sei empört, daß die Regierung den Bundestag behandele wie eine Schülervertretung oder einen Elternbeirat, und er hoffe nur, daß die Verfassungsrichter diesem Treiben einen Riegel vorschieben. Wilhelm Hankel, ebenfalls einer der Kläger, über dessen Sache das Verfassungsgericht am 7. September urteilen wird, bezeichnete die Rettungspaketpolitik einschließlich der von Schäuble angestrebten „europäischen Wirtschaftsregierung“ als „Finanzdiktatur“, die es zu verhindern gelte.
Nicht zuletzt weil sich die Dinge mit Blick auf das Gerichtsurteil und die Abstimmung im Bundestag enorm zuspitzen, verschärfen die Kritiker ihren Ton. So attackierte Hankel in einem Leserbrief den früheren Finanzminister Waigel, einen der aufgeblasensten Euro-Propagandisten, für dessen am vorletzten Wochenende in der Süddeutschen Zeitung veröffentlichte Ansichten als „einen Politiker, wie er offenbar zur Folklore dieses schönen Bundeslandes gehört: eitel, inkompetent, christlich, aber letztlich nur ein sich demaskierender Pharisäer“. Mit dem von Waigel in seiner Amtszeit eingeführten Euro habe die deutsche Wirtschaft den Abfluß von zwei Dritteln seiner Ersparnisse, das Absacken der Inlandinvestitionen auf ein historisches Tief und eine drastische Entwertung des verdienten Geldes erlebt, schrieb Hankel. „Das zu verstehen überfordert entweder Herrn Waigels und vieler seiner Kollegen Verstand, oder er weiß es und behauptet das Gegenteil.“
Es drohe die „Ausuferung des Wirtschaftskrieges aller gegen alle und die gemeinsame Verarmung von Euro-Rettern und -Geretteten“, warnte Hankel. „Wenn die jungen Leute auf den Straßen Athens, Madrids, Londons, demnächst in Paris und Berlin nach einem Gesicht für ihre Proteste suchen: Es gibt genug Waigels und Co.“, schloß Hankel seinen Leserbrief.
Nun, die Dinge sind soweit gediehen, daß die Bundesregierung über ihre Politik, die von der großen Mehrheit der Bürger nicht unterstützt wird, schon bald stürzen kann. Stimmenverluste für CDU und FDP bei den Wahlen in Mecklenburg (4. September) und Berlin (18. September), das Urteil des Verfassungsgerichts (7. September), das Fehlen einer eigenen Regierungsmehrheit in der Bundestagsdebatte (29. September) können ganz schnell das Ende der Regierung Merkel-Schäuble einleiten. Merkel könnte durch eine innerparteiliche Revolte und/oder ein Mißtrauensvotum im Bundestag gestürzt werden, wie damals Helmut Schmidt im Herbst 1982; es kann zu vorgezogenen Neuwahlen und so oder so zur Bildung einer rot-grünen Regierung kommen - womit eine weitere Verschlechterung der Lage vorprogrammiert wäre. Die Finanzmärkte würden natürlich eine solche Regierung, mit der Eurobonds und dergleichen ohne Verzögerung eingeführt werden könnten, begrüßen, wie man seit Wochen aus allen möglichen Kanälen hören kann. Peer Steinbrück als neuer Bundeskanzler? Ist er der richtige Mann für die „Märkte“?
Es scheint darauf hinzulaufen, aber es ist keineswegs „alternativlos“. Es gibt die Alternative, und es wäre, um mit dem berühmten „Spät kommt Ihr, doch Ihr kommt“ aus Schillers Wallenstein zu reden, an der Zeit, daß die Kritiker der Regierung endlich die entscheidende Waffe in diesem Kampf einsetzen, und das ist die Initiative für ein Trennbankensystem (Glass-Steagall) und das Programm der BüSo. Alles, was durch die gravierenden wirtschafts- und finanzpolitischen Fehlentscheidungen der letzten 40 Jahre seit 1971 an Arrangements in den USA und Europa geschaffen wurde, muß ersatzlos gestrichen und aufgelöst werden. Es muß ein neues Bretton Woods geben, ein neues Bankensystem, das der Realwirtschaft dient, und es muß ein Europa ohne Euro geben (in dem man dann auch nicht mehr einen Euro retten muß, der gar nicht zu retten ist). Dies System ist unrettbar, es muß weg! Das LaRouche-Programm, die Vorschläge der BüSo sind wirklich alternativlos, es sei denn, man hielte irgend etwas, das dahinter zurückbleibt, für eine angebliche „Alternative“. Und hier ist etwas, das die deutsche politische Lage entscheidend zum Positiven verändern kann: ein Wahlresultat für die BüSo in Berlin, das die Öffentlichkeit aufhorchen läßt und die Medien zwingt, dem BüSo-Programm den Raum zu geben, der ihm gebührt. Debatte und Abstimmung im Bundestag elf Tage nach der Berliner Wahl würden anders verlaufen, wie vieles andere auch.
Man kann angeblich nichts ändern, in diesem Land? Doch man kann: indem man BüSo wählt, am 18. September in Berlin!
Rainer Apel