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Neue Solidarität
Nr. 36, 7. September 2011

Frau „Doppelsprech“ Merkel vor dem Aus:
Demokratieverständnis à la Honecker!

Von Helga Zepp-LaRouche

In typisch Orwellscher Wortverdrehung erklärte Bundeskanzlerin Merkel, man werde Wege finden, das Budgetrecht des Bundestages „marktkonform“ zu gestalten - also der Diktatur der Finanzmärkte unterzuordnen. Aber diese Märkte können selbst mit riesigen Geldspritzen der Regierungen nicht überleben. Wenn die Zivilisation überleben soll, brauchen wir ein weltweites Trennbankensystem.

Wer die politische Lage in Europa und in den USA als Ganze betrachtet, muß zu dem erschütternden Ergebnis kommen, daß die gesamte transatlantische Welt ohne politische Führung dasteht, sondern von Personen geleitet wird, deren Agenda bis aufs I-Tüpfelchen von den Finanzinteressen diktiert wird. Man soll sich diesen im Deutschlandfunk übertragenen Satz von Bundeskanzlerin Merkel einmal auf der Zunge zergehen lassen:

Wie Frau Merkel es schafft, in einem einzigen Satz die Kernkompetenz des Budgetrechts des Bundestags in das genaue Gegenteil zu verwandeln, nämlich „Marktkonformität“, also Unterwerfung unter das Diktat der Finanzmärkte, das läßt schon erstaunen. Es wirft allerdings die Frage auf, ob sie George Orwells Roman 1984 für die Bestimmung der Richtlinien der Politik ausgewählt hat, oder ob sie einfach nur bei Erich Honecker abgeguckt hat, wie man Abstimmungskonformität erreicht.

„Doppelsprech“ oder „Doublespeak“ ist eine Verschmelzung der beiden Wortschöpfungen „Doppeldenk“ (doublethink) und „Neusprech“ (newspeak) aus 1984. Neusprech ist eine zu politischen Zwecken künstlich veränderte Sprache, und Doppeldenk ist in 1984 definiert als „die Fähigkeit, in seinem Denken zwei widersprüchliche Überzeugungen aufrechtzuerhalten und beide zu akzeptieren. Das schließt mit ein: Absichtlich Lügen zu erzählen und aufrichtig an sie zu glauben; jede beliebige Tatsache zu vergessen, die unbequem geworden ist, und dann, falls es wieder nötig ist, sie aus der Vergessenheit zurückzuholen; so lange wie nötig die Existenz einer objektiven Realität zu leugnen und gleichzeitig die Realität zu akzeptieren, die man verleugnet. Selbst der Gebrauch des Begriffes Doppeldenk macht die Verwendung des Doppeldenkens erforderlich. Denn schon allein indem man diesen Begriff verwendet, räumt man ein, die Realität zu manipulieren. Durch eine erneute Anwendung des Doppeldenkens jedoch löscht man diese Erinnerung aus, womit die Lüge der Wahrheit fortlaufend einen Schritt voraus ist.“

Orwell beschreibt, daß die „Partei” ihre Macht nicht behalten kann, ohne ihre Anhänger durch konstante Propaganda in Schach zu halten. Aber ein Wissen über diese brutale Irreführung, selbst innerhalb der inneren Führung der Partei, könnte zum Zusammenbruch des Staates von innen her führen. Obwohl 1984 am berühmtesten ist für die vollkommene Überwachung des täglichen Lebens, liegt die eigentliche Bedeutung dieser Überwachung darin, daß die gesamte Bevölkerung, einschließlich der herrschenden Elite, kontrolliert und manipuliert werden kann durch die tägliche Verdrehung der Gedanken und der Sprache. „Doublespeak“ soll eine Assoziation zwischen Begriffen schaffen, die völlige Gegensätze bedeuten, vor allem solche fundamentalen Begriffe wie Gut und Böse, richtig oder falsch, Wahrheit oder Lüge, Gerechtigkeit oder Ungerechtigkeit. Bei Frau Merkel sind es eben Budgetrecht des Parlaments und Marktkonformität.

Unter Top-Finanzkreisen herrscht totale Panik. Auf der Jahrestagung der Zentral- und Spitzenbanker in Jackson Hole/Wyoming herrschte dieses Mal Grabesstimmung, alle waren sich einig: Das globale Finanzsystem ist hoffnungslos bankrott, eine lange Reihe der Großbanken, die „too big to fail“ sind, sind faktisch insolvent. Bank of America z.B., die soeben eine von der US-Regierung garantierte Geldspritze durch Warren Buffett von 5 Mrd.$ erhalten hat, braucht laut New York Times in Wirklichkeit 200 Milliarden. Die neue IWF-Chefin Christine Lagarde läutete in Jackson Hole die Alarmglocke: Die Regierungen müßten die Banken direkt rekapitalisieren - also mit anderen Worten, die Steuerzahler sollen direkt, ohne Umwege über Rettungspakete oder Eurobonds, für die verzockten Billionen der Banken aufkommen!

Die Lage in den USA und Europa ist gleichermaßen am Ende der Fahnenstange angekommen. Die Kombination aus katastrophalen Arbeitsmarkzahlen in den USA und der Klage der US-Hypothekenaufsicht FHFA (Federal Housing Finance Agency) gegen mehrere Großbanken, darunter Bank of America, J.P. Morgan Chase, Goldman Sachs und Deutsche Bank führte zu einem erneuten Absturz der Börsen am Freitag.

Generalstaatsanwälte mehrerer US-Bundesstaaten, u.a. New York, Delaware und Kalifornien, halten sich zusammen mit der FHFA nicht mehr an die bisher geltenden Absprachen, daß keiner der Top-Banker ins Gefängnis wandern würde. Unter dem Druck der beispiellosen sozialen Spannung, die sich in Amerika gegen die Obama-Administration und die Wallstreet aufbaut, erheben sie jetzt Anklage gegen diese Banken wegen deren Falschangaben über Hypotheken und darauf basierte Wertpapiere, die sie zur Zeit der großen Immobilienblase verkauft hatten. Die Kosten, die dadurch den staatsnahen größten Hypothekenhändlern Freddie Mac und Fannie Mae entstanden, seien dann an den Steuerzahler weitergereicht worden, nachdem eine riesige Anzahl von Hausbesitzern ihre Hypotheken nicht mehr bedienen konnten und diese als Folge des Kollapses an Wert verloren. Freddie Mac und Fannie Mae alleine verloren dadurch über 30 Mrd.$.

Aber auch dieser Betrug ist nur die Spitze des Eisbergs, das ganze globale Finanzsystem ist ein einziger „Madoff-Schwindel“.

Im Weißen Haus herrscht zusätzlich Panik über die jüngsten, bisher nicht veröffentlichen Umfragen, die so schlecht sind, daß Wahlkampfstrategen davon ausgehen, daß es unmöglich sein wird, sie bis zur Wahl 2012 aufzuholen. Die Medien machen sich lustig darüber, daß Obama für eine dreiminütige Rede anläßlich der Einführung des neuen Vorsitzenden des Wirtschaftsrats, Alan Krueger, zwei Teleprompter benötigte. Die Enttäuschung der Obama-Anhänger, denen er einen völligen Bruch mit der Politik der Bush-Administration versprochen hatte, die in ihm einen neuen Messias gesehen hatten und inzwischen feststellen mußten, daß er alle Aspekte der Bush-Politik fortsetzt und sogar noch übertrifft, was die Interessen der Wall Street angeht, ist vielleicht der wichtigste Faktor in der amerikanischen Politik der Gegenwart.

In Europa spekulieren die Medien von Les Echos bis zur Bild-Zeitung über den möglichen Sturz der Merkel-Regierung vielleicht noch in diesem Monat. Die Revolte in den Koalitionsparteien über die Ausweitung des Euro-Rettungsfonds EFSF oder schon vorher die Bundeswehrreform, die Schulreform oder die sogenannte Energiewende, die Deutschland kurzfristig in das wirtschaftliche und soziale Chaos treiben wird - alles immer ohne öffentliche oder Parlamentsdebatte -, hat solche Formen angenommen, daß Frau Merkel bei der Abstimmung über den EFSF die Kanzlermehrheit fehlen könnte. In diesem Fall könnte die Opposition ein konstruktives Mißtrauensvotum anstrengen, bei dem z.B. Peer Steinbrück als Nachfolger Merkels benannt wird, oder es könnten Neuwahlen ausgerufen werden. Der Finanzoligarchie wäre dies mehr als recht, denn die SPD und die Grünen haben sich entschieden für alles ausgesprochen, was den Banken nützt, von der Verwirklichung einer europäischen Wirtschaftsregierung über Eurobonds bis zur im Interesse der Hedgefonds liegenden völligen Vergrünung der Industrie.

Die Merkel-Regierung ist eine Katastrophe, die nicht nur die Unionsparteien, sondern ganz Deutschland ruiniert, aber ein Wechsel zu Rot-Grün wäre der Absturz ohne Wiederkehr. Die Wähler sollten nicht vergessen, daß es die rot-grüne Regierung war, die 2004 die letzten Barrieren im Finanzsektor abgebaut und damit den „Heuschrecken“ - ein Wort, das Müntefering übrigens nur ein einziges Mal in den Mund genommen hat - Tür und Tor geöffnet hat. Eine rot-grüne Regierung mit ihrer Zustimmung zur europäischen Wirtschaftsregierung und Eurobonds würde die EU zur 100prozentigen Transferunion machen, den deutschen Steuerzahler betrügen und eine Hyperinflation befördern, wie wir sie in Deutschland 1923 schon einmal hatten, d.h. sie würde die brutalste Enteignung der Bevölkerung durch die Geldentwertung bedeuten.

Die Menschheit hat sich noch niemals in einer vergleichbaren Gefahr befunden. Es gibt einen Ausweg, eine Lösung für die Krise. Diese besteht in der Einführung eines globalen Trennbankensystems und einem New Deal für die Weltwirtschaft, in der Tradition Franklin D. Roosevelts, der die USA in den dreißiger Jahren mit den Methoden des amerikanischen Systems der physischen Ökonomie aus der Depression herausgeführt hat. In Amerika wächst täglich die Liste der Organisationen, die diese Politik, die heute von Lyndon LaRouche angeführt wird, unterstützen - von einer wachsenden Zahl von Abgeordneten des Kongresses, führenden nationalen Gewerkschaften, Farmorganisationen, Organisationen ethnischer Minderheiten bis hin zu lokalen Bankern, Bürgermeistern, Stadträten etc. Aber ob diese Lösung rechtzeitig verwirklicht werden kann, und ob wir in den europäischen Staaten analog das gleiche tun können, ist eine offene Frage.

Es geht längst nicht mehr darum, ob die Personen, die im noch existierenden System der Globalisierung ihren vermeintlichen Reichtum durch Hochrisikospekulation angehäuft haben, „ihr Geld“ durch die Krise retten können, wie alle möglichen heute als „Goldbugs“ auftretenden Kriegsgewinnler vorgaukeln. Es wird in der unmittelbar bevorstehenden Zeit nur noch darum gehen, ob das physische Wohlergehen der Bevölkerung verteidigt werden kann, ob das Recht der Menschen auf Wohnung, Nahrungsmittel und Gesundheitsversorgung verteidigt werden kann.

Es kommt zurück auf die Frage, die Friedrich Schiller nach dem Scheitern der französischen Revolution in den Ästhetischen Briefen gestellt hat: Woher soll die Lösung kommen, wenn die Regierungen korrupt und die Massen degeneriert und erschlafft sind? Die Antwort ist einfach: Nur wenn genug Menschen den Mut haben, sich entschlossen für das Gemeinwohl und für das Trennbankensystem und das von der BüSo seit langem vorgeschlagene Programm für den Wiederaufbau der Weltwirtschaft durch den Ausbau der Weltlandbrücke einzusetzen, kann verhindert werden, daß die Zivilisation gegen die Wand fährt. Und dies erfordert eine Zivilcourage, die nur aus einem erhabenen Menschenbild kommen kann.

Es ist eine Sekunde vor Zwölf. Schließen Sie sich uns an!

Lesen Sie hierzu bitte auch:
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Stellungnahmen und Reden der BüSo-Vorsitzenden
- Internetseite der Bürgerrechtsbewegung Solidarität (BüSo)