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In ihrem wöchentlichen Radio-Interview auf www.bueso.de verurteilte die BüSo-Vorsitzende Helga Zepp-LaRouche den Beschluß von Merkel und Sarkozy, eine europäische Wirtschaftsregierung einzuführen, die die Aufsicht über die Wirtschafts- und Haushaltspolitik der Euro-Staaten führen soll, als völlig undemokratisch - aber auch nutzlos, da die Krise weiter voranschreite.
Helga Zepp-LaRouche kommentierte am 17. August in einem Interview mit dem Internetradio der Bürgerrechtsbewegung Solidarität (http://www.bueso.de/node/10110) das Ergebnis des Euro-Gipfeltreffens zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy. Diese Beschlüsse seien ungeheuerlich, ohne irgend etwas zu nützen.
Das Vorgehen der beiden Staatschefs sei ein Drahtseilakt, erklärte die BüSo-Bundesvorsitzende: „Die berühmten ‚Märkte’, die ja immer zitiert werden, wenn irgendetwas durchgesetzt werden soll, die hätten natürlich gerne gehabt, daß die Eurobonds, also Euro-Anleihen beschlossen worden wären. Denn das wäre praktisch der unbegrenzte Transmissionsriemen für die Transferunion gewesen, den die Märkte gerne gehabt hätten für die Refinanzierung ihrer Banken.“
Aber Merkel und Sarkozy hätten innenpolitische Rücksichten nehmen müssen: „Aus verschiedenen innenpolitischen Gründen vor allen Dingen in Deutschland war das der Frau Merkel offensichtlich nicht geheuer, weil sich in der Zwischenzeit in der CDU und in der FDP Riesenrevolten entwickelt haben. Und dann kam so ein merkwürdiger Kompromiß heraus - eben die Idee einer europäischen Wirtschaftsregierung, die aus den 17 Staatschefs der Eurozone und mit dem Herrn Rompuy mit einer besonderen Rolle bestehen soll, die sich zweimal im Jahr oder öfter treffen sollen, wo dann die einzelnen Länder ihre Haushalte vorher vorlegen sollen zur Begutachtung und Korrektur, und damit soll praktisch dann eine Vereinheitlichung der Wirtschaftspolitik erfolgen.“
Dieses Vorgehen sei ungeheuerlich, „denn es sind zwar nicht ganz die Euroanleihen, aber es ist auch kein Verbleiben bei dem, was das Karlsruher Verfassungsgericht in dem berühmten Lissabon-Urteil von 2009 ganz eindeutig als Grenzen festgelegt hat - nämlich, daß einerseits die Haushalts-Hoheit zu den absoluten Merkmalen der Souveränität und der Aufgaben des Parlaments gehört, und zum anderen eben, daß die EU kein Bundesstaat werden darf. Aber wenn man schon eine Wirtschaftsregierung hat, dann sind wir ja schon doch gefährlich nahe in dieser Richtung mindestens eines Bundesstaates. Und ich finde das überhaupt ganz ungeheuerlich, daß zwei Staatschefs einfach erklären, wir machen jetzt eine Wirtschaftsregierung, ohne daß die anderen Staatschefs - es sind ja immerhin noch 15 weitere in der Eurozone da - überhaupt gefragt worden sind, und ohne daß die Parlamente gefragt worden sind.“
Schon seit geraumer Zeit sei jeglicher Anschein von Demokratie und parlamentarischer Prozedur abhanden gekommen, „spätestens seit die Rettungspakete eingeführt wurden - eigentlich schon seit der Euro eingeführt worden ist, und natürlich auch seitdem die verschiedenen EU-Verträge von Maastricht bis Lissabon eingeführt worden sind. Aber das verschwindet immer mehr, und es geschieht immer mehr praktisch aus der Notsituation heraus - ein Schritt nach dem anderen in Richtung supranationaler EU-Struktur. Ich finde, das ist selbst eine Verletzung des Lissabon-Vertrags, aber das ist bestimmt eine Verletzung des Grundgesetzes, denn nach Artikel 146 GG, wenn man wirklich die Verfassung grundsätzlich ändert, dann muß man eine Volksabstimmung haben. Das hat ja auch das Karlsruher Lissabon-Urteil festgelegt, und hier wird einfach ein weiterer Schritt gemacht, der mit niemandem diskutiert wurde - weder mit den Parteien selbst, noch im Bundestag, und schon gar nicht mit dem Volk. Also ich finde das ist völlig unmöglich, alleine schon von diesem Standpunkt.“
Aber diese Politik sei nicht nur undemokratisch, sie sei auch völlig ungeeignet, die bestehenden Probleme zu lösen, weil sie die reale Wirtschaft ruiniere und dadurch das Schuldenproblem noch verstärke:
„Die wollen ja die Schuldenbremse in allen Verfassungen haben, und das ist natürlich vollkommen falsch. Das ist die inkompetenteste Politik überhaupt, denn wenn man jetzt die Sparbremse in sowieso schon gebeutelten Wirtschaften anzieht, dann bedeutet das eine weitere Zerstörung von produktivem Potential. Denn jedesmal, wenn man den Haushalt kürzt, zerstört man wiederum industrielle Kapazitäten, Arbeitsplätze, und das Steueraufkommen wird weiter schrumpfen. Das ist also ein Totsparen, und genau das Gegenteil wäre notwendig, nämlich, daß man sagt, wir machen eine Re-Regulierung der Märkte, und dann machen wir eine klare, wachstumsorientierte Politik.
Denn es gibt zwei Methoden, wie man einen Haushalt ausgleichen kann. Das eine ist durch Sparpolitik, und damit schrumpft alles und wird alles abgetötet. Oder man macht eine absolut an Hochtechnologie orientierte Wachstumspolitik und vergrößert damit das Steueraufkommen und kriegt das Defizit durch Wachstum weg. Das wäre die andere Alternative.
Aber das würde natürlich bedeuten, daß man von diesem Wahnsinnskurs, den man mit der ,Energiewende’ beschritten hat, daß man von dem ablassen müßte, und man müßte wieder versuchen, wirklich wettbewerbsfähig zu werden, mit Hochtechnologie. Und das geht eben nur mit hohen Energieflußdichten, und nicht mit Wind und Sonne. Also mit anderen Worten, das ist ein Weg, der führt ins Desaster.“
All das werde auch überhaupt nichts nützen, denn während diese Schritte gemacht würden, sei die Desintegration des Weltfinanzsystems bereits im vollen Gang. „Ich finde, es ist eine der großen Ironien der Geschichte, daß jetzt gerade in dem Bereich, wo am meisten Profit gemacht werden sollte und auch gemacht wurde, nämlich dem ganzen Bereich der Schattenbanken, der ja größer ist als der legitime oder den Regulierungen zugängliche Bankensektor, daß diese Schattenbanken - d.h. vorwiegend Hedgefonds und Vehikel aller Art - in einem Prozeß des sogenannten ,Deleveraging’ sind. Durch die Herabstufung der USA durch die Ratingagentur Standard & Poor’s ist genau in diesem Bereich ein solches Deleveraging in Gang gekommen.“
Das müsse man sich so vorstellen: „Wenn eine solche Entwicklung im Gang ist - das war z.B. so im sekundären Immobilienmarkt 2007, da ist diese Sache eingebrochen, dann haben viele Leute ihr Haus verloren, dann gab es eine Schwemme im Immobilienmarkt, die Häuserpreise sind verfallen, und dann saßen die Leute schließlich auf Hypotheken, die höher waren als das Haus noch wert war. Das war so ein typisches Beispiel von diesem Deleveraging.“
Und das sei nun im Gang in dem gesamten Derivatemarkt, „und das ist nicht zu stoppen, denn da ist keine Kontrolle. Und ich finde, es ist wirklich, wie ich schon sagte, eine Ironie, daß die Achillesferse des Systems gerade in dem Bereich eben auftritt, wo die Gier und die Profitsucht am allergrößten war.“
Dieses System sei nicht zu retten, und schon gar nicht durch die Politik, „die jetzt durch die EU gemacht wird und in Amerika von der Obama-Regierung gemacht wird, die im übrigen ganz ähnlich ist. Was der Obama mit dem ,Über-Kongreß’ macht, wo auch die verfassungsmäßigen Rechte des Kongresses ausgeschaltet werden und jetzt die Kürzungen von erstmal zweieinhalb Billionen, in der ersten Runde - die sollen von diesem Super-Kongreß von sechs Abgeordneten und sechs Senatoren gemacht werden. Also insgesamt zwölf Personen sollen entscheiden, wo gekürzt wird, und der Rest des Kongresses kann nur noch abnicken, ja oder nein, aber sie können nicht mehr eigene Gesetzesvorlagen machen, sie können keine Zusätze machen. Das ist eine Aushebelung der Demokratie und sogar der Verfassung. Und in gewisser Weise ist das Äquivalent zu diesem ,Über-Kongreß’ diese komische Wirtschafts-Regierung, die dann genauso undemokratisch bestimmt, was gekürzt wird. Das ist exakt dasselbe.“
Ebenfalls exakt dasselbe sei die Politik von Bernanke, das sogenannte quantitative easing 3: „,Quantitative easing’, also ,quantitative Erleichterung’, heißt nichts anderes als Gelddrucken. Und was die EZB hier macht, mit dem Aufkaufen von Staatsanleihen, das ist exakt dasselbe. Die EZB ist inzwischen eigentlich auch schon eine ,bad bank’, das wird ja heute von der Bild-Zeitung auf Seite 2 berichtet - da haben sie ein Bild von der EZB in Frankfurt und zwei Lunten brennen schon, und dann sagen sie, da braucht nur ein einziger Staat pleite zu gehen, und schon stürzt das ganze ein, und der Dumme wird der deutsche Steuerzahler sein.
Also ich finde das ungeheuerlich, was da passiert, und deshalb ist das, was wir machen, im Grunde die einzig vernünftige Sache, nämlich, für ein Trennbankensystem zu mobilisieren.“
Es gebe zwar gegen diese Bankenstützungspolitik der Kanzlerin auch starke Widerstände in der CDU, insbesondere dagegen, daß alle Entscheidungen an der Parteibasis vorbei gefällt werden, „aber ich habe auch den Eindruck, daß über die Ernsthaftigkeit der Finanzkrise und darüber, daß es in der Tat andere Optionen gibt - da sind die wirklich Monate hinterher. Ich habe mit einigen Leuten gesprochen, die wußten weder vom Angelides-Bericht noch vom Levin-Coburn-Bericht, wo ja vom amerikanischen Kongreß und Senat die Gründe für die Finanzkrise im großen Detail - in beiden Studien über 600 Seiten - aufgezeigt worden sind, und wo im Grunde der Ansatz wäre, wie man eine Re-Regulierung der Märkte machen müßte: Das kennen die alle gar nicht... Aber wenn man das nicht weiß, dann kann man natürlich auch nicht die richtige Strategie entwickeln, denn diese Globalisierung, die funktioniert nun einmal international, und die Finanzströme, die rasen um den Globus, ohne Pause. Wenn man sich damit nicht wirklich vertraut macht, dann kann man auch nichts tun, um das Gemeinwohl zu verteidigen.“
Als Beispiele, an denen sich die europäischen Politiker orientieren sollten, verwies sie auf die wachsende Bewegung in den USA für die Wiedereinführung des Glass-Steagall-Gesetzes, die inzwischen von mehr als 30 Abgeordneten, dem Gewerkschaftsdachverband AFL-CIO und zahlreichen Vertretern von Kommunen und Bundesstaaten unterstützt werde. „Mit anderen Worten: Wir brauchen auch hier eine Debatte um Glass-Steagall, um das Trennbankensystem. Es sind ja inzwischen zwei schwedische Parlamentarier herausgekommen und haben sich offen für ein Trennbankensystem ausgesprochen, die sind von einem breiten Spektrum der schwedischen Presse unterstützt worden, es gibt in Italien eine ähnliche Debatte, in Frankreich, und wir müssen das einfach in ganz Europa auf die Tagesordnung bringen. Denn das wäre der beste Weg, wie man diese Finanzkrise beendet, und wie man wieder Kredite für die Realwirtschaft zur Verfügung hätte.“
alh