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Der letzte Flug eines Space Shuttle beendet außerordentliche 30 Jahre der bemannten Raumfahrt, während derer mit mehr als 135 Flügen 355 Menschen aus 15 Nationen in eine Erdumlaufbahn befördert wurden. Mehr als 2000 wissenschaftliche Experimente wurden dabei durchgeführt, Satelliten in die äußeren Bereiche des Sonnensystems geschickt, andere, wie das Hubble-Teleskop, repariert und die Internationale Raumstation (ISS) aufgebaut und versorgt. Kein für die Zukunft geplantes Raumfahrzeug wird über die Kapazitäten dieser phantastischen Flugmaschine verfügen.
Das Space Shuttle wird nicht außer Betrieb gestellt, weil es unsicher, zu teuer oder technisch veraltet ist. Vielmehr ist es die gescheiterte Politik zweier Regierungen, die die USA dahin gebracht hat, über keinerlei Kapazitäten für die bemannte Raumfahrt mehr zu verfügen. 2004 hatte Präsident George W. Bush die NASA angewiesen, ein Programm zu entwickeln, um wieder Amerikaner auf den Mond zu bringen. Das dafür benötigte Geld sollte allerdings nur dann zur Verfügung stehen, wenn es aus den „Einsparungen“ durch die außer-Betrieb-Setzung des Space Shuttle aufgebracht werden könnte. Die NASA begann zwar mit dem Constellation-Programm, doch bewilligte die Regierung Bush der Raumfahrtagentur nie die Mittel, mit denen sie die Entwicklung fristgerecht hätte durchführen können.
2010 ging die Regierung Obama noch einen Schritt weiter und stellte das gesamte Constellation-Programm ein, das eine Rückkehr zum Mond und darüberhinaus den Flug zum Mars und weiteren Zielen vorgesehen hatte. Stattdessen sollen die USA für die bemannte Raumfahrt von nun an von privaten, gewinnorientierten Unternehmen abhängig sein. Diese unerfahrenen Unternehmen sind bereits jetzt in zeitlichem Verzug. Dadurch entsteht wahrscheinlich eine Lücke von mindestens fünf Jahren, in denen es keine bemannte Raumfahrt der USA geben wird.
Amerikaner und andere werden auf die russischen Sojus-Kapseln angewiesen sein, um Astronauten zur Internationalen Raumstation zu bringen. Während die Abhängigkeit von Sojus keine Gefahr beinhaltet - es handelt sich um das verläßlichste bemannte Raumfahrzeug der Welt -, so besteht doch keinerlei Rückgriffmöglichkeit auf andere Raumfahrzeuge für den Fall, daß die Sojus-Kapseln aus irgendeinem Grund nicht starten können. Es gibt jetzt keinerlei Möglichkeit zur Versorgung der Raumstation mit schwerer oder großräumiger Fracht, genauso wenig wie ein entsprechender Rücktransport von der Station zur Erde.
China ist dabei, sein Programm für die bemannte Raumfahrt, das auf der Shenzou-Raumkapsel beruht, weiter zu entwickeln, aber der US-Kongreß hat jede Zusammenarbeit mit China bei der Raumerkundung verboten.
Eine große Nation stellt sich großen Herausforderungen. Seit den sechziger Jahren waren die Vereinigten Staaten führend in der Raumerkundung, als sie mit dem Apollo-Programm die ersten Menschen auf den Mond brachten. Mit dem Space Shuttle als Nachfolgeprogramm wurden die technischen und wissenschaftlichen Grenzen weiter ausgedehnt und die Menschheit kam in die Lage, nächste, jenseits der Erdumlaufbahn liegende Schritte ins Auge zu fassen. Es entstand eine hochqualifizierte und engagierte Belegschaft, die sich jetzt in das mehrere zehn Millionen Menschen umfassende Arbeitslosenheer der Vereinigten Staaten einreihen wird.
Fast eine Million Amerikaner aus dem ganzen Land kamen am 8. Juli nach Cape Canaveral in Florida, um Zeuge des letzten Starts eines Space Shuttle zu sein. Sie zeigten damit ihre Unterstützung und Begeisterung für das bemannte Raumfahrtprogramm. Gleichzeitig beschloß der Kongreß, das Budget der NASA weiter zu verringern.
Eine bemannte Weltraumerkundung durch die USA wird es nicht mehr geben, außer es kommt zu einem grundsätzlichen Wandel in der amerikanischen Wirtschaftspolitik. Dieser Wandel müßte auf Investitionen fußen, die sich an wissenschaftlichen und technischen Durchbrüchen orientieren, die die Menschheit über die Grenzen der Erde hinausbringen und damit einen extraterrestrischen Imperativ verwirklichen, in dem die Zukunft der Menschheit liegt. Es liegt nun an den Bürgern, dafür zu kämpfen.
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