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Den Ton für den weiteren Verlauf der Konferenz setzte zunächst der Chor des Schiller-Instituts mit Mozarts „Ave Verum Corpus“. Die Vorsitzende des Schiller-Instituts, Helga Zepp-LaRouche, eröffnete dann die Konferenz, indem sie zunächst eine Grußbotschaft des Vorsitzenden der US-Gewerkschaft IAM (International Association of Machinists and Aerospace Workers), Thomas Buffenbarger, verlesen ließ, worin dieser seine Unterstützung für die Wiedereinführung des Glass-Steagall-Gesetzes und für den Einsatz des Schiller-Instituts hierfür zum Ausdruck brachte (den Text dieser Grußbotschaft finden Sie auf Seite 6). Die IAM vertritt in den USA rund 730.000 Metallarbeiter vor allem in den wichtigsten verbliebenen Industriesektoren - der Automobilindustrie und der Luft- und Raumfahrtindustrie.
In ihrem Vortrag über die „Die größte Krise in der Geschichte und die Frage ist: Können wir sie lösen?“ beschrieb Helga Zepp-LaRouche dann eingehend die weltweite Krisenlage. „Es gibt eine Lösung“, sagte sie. „Sie ist, relativ gesehen, sogar ziemlich einfach, wenn in den Vereinigten Staaten die Bevölkerung mobilisiert werden kann, so daß der Kongreß und Senat den Mut finden, Glass-Steagall umzusetzen, damit man Billionen Dollar Spielschulden abschreibt und zu einem Kreditsystem in der Tradition der Amerikanischen Revolution zurückkehrt. Dann gibt es Hoffnung für Europa. Wenn die Vereinigten Staaten mutig handeln und Glass-Steagall beschließen, dann bliebe Europa nichts anderes übrig, als analog zu handeln und das gleiche zu tun - einfach wegen der Interaktion der Marktsegmente der Derivatmärkte, wegen der Kombination des globalen Systems.“ Aber wenn das nicht geschehe, werde überall auf dem Globus gewalttätiges Chaos ausbrechen, wie man es in Griechenland sehen konnte. (Den Wortlaut ihrer Rede finden Sie auf den Seiten 4-6.)
Nach ihr sprach Eric De Keuleneer, Professor für Ökonomie an der Solvay Business School und ehemaliges Mitglied des Aufsichtsrates der belgischen Finanzaufsichtsbehörde, zum Thema „Vom Big Bang zum Schwarzen Loch: Wie aus dem Weltfinanzsystem zuerst ein Parasit, dann ein Vampir wurde, und wie wir das rückgängig machen können“. De Keuleneer beschrieb, wie das Finanzsystem, das nach dem Finanzkrach der zwanziger Jahre streng reguliert und in spezialisierte, voneinander getrennte Sparten (Geschäftsbanken, Investmentbanken, Brokerhäuser, Versicherungen etc.) aufgespalten worden war, um es in den Dienst der Realwirtschaft zu stellen, in dem Maße, wie diese Vorschriften aufgeweicht und aufgehoben wurden, sich zunächst in einen „Parasiten“ verwandelte, der auf Kosten der Realwirtschaft lebt, und schließlich, infolge der „Bankenrettungspakete“ seit 2008, in einen „Vampir“, der der Realwirtschaft das Blut aussaugt, bis sie nicht mehr lebensfähig ist. Durch die Deregulierung seien sehr viele Interessenskonflikte entstanden, und das Gewissen der Bankiers werde durch riesige Boni und andere Vergünstigungen zum Schweigen gebracht. Nur durch die Wiedereinführung einer strikten Trennung zwischen den verschiedenen Sparten des Finanzsektors sei es möglich, wieder ein lebensfähiges System zu schaffen und einen erneuten Verfall der Moral im Finanzsektor zu verhindern.
Auch Prof. Christen Sørensen, der frühere Vorsitzende des - den „fünf Wirtschaftsweisen“ Deutschlands vergleichbaren - dänischen Wirtschaftsrates zog „Lehren aus der Finanzkrise: Die Deregulierung des Finanzsektors muß wieder aufgehoben werden. Eckpunkte und mögliche Wege dorthin“. Sørensen berichtete über den sog. Angelides-Report der vom US-Kongreß eingesetzten Kommission zur Untersuchung der Finanzkrise, der zwar nur zeige, wie es zur Finanzkrise kam, und nicht sage, was zu tun sei, aber dennoch recht eindeutige Schlußfolgerungen nahelege. Der Bericht, so Sørensen, konzentriere sich vor allem auf zwei Punkte, nämlich die Arbeit der sog. „Rating-Agenturen“ und der Finanzaufsichtsbehörden. Er verglich die Arbeit der Rating-Agenturen mit der Methode, die der dänische Dichter Hans Christian Andersen in seinem Märchen „Des Kaisers neue Kleider“ beschrieben hat. Eine Rückkehr zu Glass-Steagall allein reiche nicht; es sei auch notwendig, die Rating-Agenturen der Aufsicht der Bankaufsichtsbehörden zu unterstellen. In Bezug auf letztere betonte Sørensen, daß sich das Verlassen auf die Selbstregulierungskräfte des Marktes als fatal erwiesen habe. Die Banken hätten sich selbst ihre Aufsicht ausgesucht. Leider sei seit dem Erscheinen des Angelides-Reports nichts getan worden, um irgend etwas zu ändern. Er habe daher vorgeschlagen, daß auch in Dänemark eine Kommission eingesetzt wird, um den Finanzsektor zu untersuchen.
Lyndon LaRouche sprach dann über „Die gegenwärtige Krise in den USA und ihre Bedeutung für Europa“. LaRouche betonte, er spreche für die „Europäer auf beiden Seiten des Atlantiks“. Tatsächlich reiche die Geschichte Amerikas zurück bis Platon, im engeren Sinne aber beginne sie mit Nikolaus von Kues, der dazu geraten hatte, das Beste der europäischen Zivilisation über die Ozeane zu retten, als er erkannte, daß der oligarchische, venezianische Einfluß in Europa zu stark war, um hier die Ideale des Konzils von Florenz verwirklichen zu können.
In Amerika wurde dann mit der Massachusetts Bay Colony erstmals ein Kreditsystem geschaffen, als Alternative zu dem monetären System der imperialen Tradition. Alexander Hamilton habe dann auf dieses Kreditsystem zurückgegriffen und dieses zur Grundlage der amerikanischen Bundesverfassung gemacht, um die durch den Unabhängigkeitskrieg bedingte Schuldenkrise der amerikanischen Bundesstaaten zu überwinden.
Die europäischen Staaten hingegen hätten sich nie von den imperialen monetären Systemen befreien können, weil es dem Britischen Empire immer wieder gelang, die europäischen Nationen in ruinöse Kriege gegeneinander zu stürzen, wie etwa den Siebenjährigen Krieg. „Wir Europäer auf beiden Seiten des Atlantiks müssen jetzt erwachsen werden. Wir müssen erwachsen werden, und unsere gegenseitigen Pflichten erkennen. Die Vereinigten Staaten müssen ihre historische Pflicht gegenüber Europa in dieser Frage erkennen, und umgekehrt. Zusammen können wir mit diesem Ansatz überleben, selbst in der dunklen Stunde, in der wir uns jetzt befinden!“
Dafür müsse man die Ideologie von Leuten wie Adam Smith überwinden, wonach der Mensch keine Wahrheiten erkennen, sondern nur wissen könne, was ihm Lust oder Schmerz bereite. Das sei die Doktrin des britischen Liberalismus. Aber mit dieser Haltung werde die Menschheit nicht überleben, sondern genauso aussterben wie fast alle Tierarten der Vergangenheit:
„Wir können uns nicht zurücklehnen und Wolle stricken und damit die Menschheit vor dem Aussterben bewahren. Uns ist eine Waffe gegeben: der bewußte Geist, der bewußte kreative Geist des menschlichen Individuums. Wir können unsere Fähigkeit, die Menschheit zu schützen, vergrößern und sichere Bedingungen für die Menschen schaffen. Wir können es. Wir haben Zugang dazu. Wir haben Entwicklungen in der Wissenschaft, die uns die Richtung zur Entwicklung dieser Fähigkeiten weisen. Wir können die Menschheit retten!“
Vor Beginn des zweiten Themenkreises, „Die Überlegenheit der Naturwissenschaft über die Ideologie“, wurde wiederum zunächst ein musikalischer Akzent gesetzt, mit dem 2. Satz aus Mozarts Flötenkonzert in D-Dur (KV 285).
Dann zeigte Sky Shields vom Basement-Wissenschaftsteam der LaRouche-Bewegung, daß das Universum kreativ ist. Er provozierte seine Hörer mit der Erklärung, die meisten Menschen hätten eine falsche Vorstellung vom menschlichen Geist. Sie dächten, daß ihr Geist das Universum mithilfe der Sinnesorgane quasi „von außen“ betrachte, als wäre es etwas Objektives, vom menschlichen Denken Getrenntes. Konzepte wie Schönheit oder Moral halte man für eine Eigenschaft des Geistes, nicht des Universums. „Aber der Geist gehört zum Universum, und die Schöpferkraft des Geistes ist eine ontologische Eigenschaft. Die Idee, daß der Mensch nach dem Ebenbild Gottes geschaffen ist, ist keine Frage der Theologie, sondern ein wissenschaftliches Prinzip.“ Um dieses Prinzip zu illustrieren, beschrieb er dann ausführlich Wladimir Wernadskijs Untersuchung des Universums.
Prof. (em.) Friedrich Karl Ewert von der Universität Paderborn berichtete dann über den „Schwindel mit dem anthropogenen Klimawandel“. Er begrüßte, daß viele junge Menschen an dieser Konferenz teilnahmen, denn es sei deren Zukunft, die man gegen den Zeitgeist verteidigen müsse. Bei den Berichten, die Klimainstitute für die Politiker erstellen, um deren Ängste zu provozieren, erklärte Ewert, werde eine simple Tatsache übersehen, nämlich daß sich das Klima aus vielerlei Gründen ständig ändere - und von diesen Gründen seien nur sehr wenige vom Menschen verursacht. Über längere Zeiträume betrachtet, hängen Temperaturänderungen beispielsweise in der Regel sehr eng mit den Änderungen der elliptischen Bahn unseres Planeten und dem Anwachsen oder Nachlassen der Sonnenaktivität zusammen. So korrelierten beispielsweise die sogenannten „kleinen Eiszeiten“ der letzten 200 Jahre sehr eng mit der solaren Aktivität, aber diese Tatsache würde in den Berichten des Weltklimarates (IPCC) heruntergespielt. Diese seien statt dessen voller „Daten“ über die angebliche künftige Entwicklung, die jedoch nur auf der Extrapolation der Daten von nur 1500 ausgewählten (von existierenden 6000) Klimastationen beruhen. Nicht einmal die Tatsache, daß durch die Urbanisierung im Lauf der Jahrzehnte lokale Erwärmungseffekte eingetreten seien, die nichts mit einer Klimaerwärmung zu tun haben, sei in diesen Berechnungen berücksichtigt.
Einen ganz anderen Charakter als dieser wissenschaftliche Vortrag hatte die darauf folgende, mitreißende Rede von Erwin Schöpges, dem Präsidenten der belgischen Vereinigung der Milchbauern (MIG), die aus Zeitgründen vom Vormittag auf den Nachmittag verlegt worden war. Er berichtete anhand der Entwicklung des eigenen Hofes darüber, „Wie die Deregulierung unsere Landwirtschaft zerstört hat, und wie wir sie retten können“. Als er den Hof übernahm, habe man ihm gesagt, er müsse, um überleben zu können, seine Produktion verdoppeln. Nachdem er dies getan hatte, habe man ihm wieder geraten, seine Produktion zu verdoppeln. Nun wolle sein Sohn den Hof übernehmen, und man rate diesem wiederum, die Produktion zu verdoppeln. Aber die Erzeugerpreise decken die Kosten immer noch nicht. Durch diese Politik würden die Höfe immer tiefer in Schulden gestürzt, bis der Bauer nur noch für die Banken arbeitet. Daher hätten sich die Milchbauern zusammengeschlossen und demonstriert, um sich gegen die Politik der EU zu verteidigen.
Professor Sergej Pulinez vom Institut für angewandte Geophysik Moskau schloß dann die Vortragsrunde des zweiten Themenkomplexes ab mit einem Bericht über den gegenwärtigen Stand der Erdbeben-Forschung und die Frage, ob es möglich ist, Erdbeben zu prognostizieren.
Ein weiterer Konferenzbeitrag zu diesem Themenkreis war ein auf Video aufgezeichnetes Interview mit dem „Vater der Laserfusion“, Jean Robieux, in dem dieser berichtete, wie Präsident Charles de Gaulle seine Arbeit gefördert hatte.
Zu Beginn des Musikabends, der die Sitzungen des ersten Konferenztages beschloß, verlas Katarzyna Kruczkowski eine Grußbotschaft von Liliana Gorini, die über die jahrzehntelange Kampagne des Schiller-Instituts für die Rückkehr zur wissenschaftlichen „Verdi-Stimmung“ (c’ = 256 Hz) berichtete. Dann spielte Matthieu Fontana eine Suite für Violoncello von Johann Sebastian Bach. Kwame Cole, Violine, und Uschik Chai, Klavier, präsentierten die Violinsonate Nr. 5 in F-Dur, die berühmte Frühlingssonate, von Ludwig van Beethoven. Die weltbekannte Sopranistin Antonella Banaudi, die auch zu den Unterstützern der Kampagne für die Rückkehr zur wissenschaftlichen Stimmung gehört und erst kürzlich an einem Projekt der LaRouche-Jugendbewegung um Mozarts Oper Don Giovanni in den Vereinigten Staaten beteiligt war, sang dann, begleitet auf dem Klavier von Werner Hartmann, zwei Stücke aus Robert Schumanns Liederkreis Frauenliebe und -leben - „Seit ich ihn gesehen“ und „Er, der Herrlichste von allen“ - und die Arie „Morrò, ma prima in grazia“ aus Verdis Oper Un Ballo in Maschera.
Chor und Orchester des Schiller-Instituts beschlossen dann den Abend mit dem berühmten Chor der gefangenen Hebräer aus Verdis Oper Nabucco, „Va pensiero”, und, als Abschluß und Höhepunkt des Tages, Ludwig van Beethovens Phantasie für Klavier, Chor und Orchester in c-moll, op. 80.
Wie der Abend zuvor geendet hatte, so begann auch der zweite Konferenztag - mit Musik, und zwar, wie Michelle Rasmussen zuvor erläuterte, mit einem Stück, an dem man die „Umkehrung der Zeit“ sehr gut demonstrieren könne: So, wie sich Beethovens weltberühmter Schlußchor der 9. Sinfonie („Ode an die Freude“) aus der am Abend zuvor aufgeführten Chorphantasie entwickelte, gehe diese wiederum zurück auf das Lied Seufzer eines Ungeliebten und Gegenliebe, das Beethoven bereits mit 24 Jahren komponierte, und das dann von Feride Istogu-Gillesberg (Sopran) und Michelle Rasmussen (Klavier) vorgetragen wurde.
Dann folgte der dritte Themenkreis der Konferenz: „Die Industrialisierung Afrikas: der moralische Test für Europa”.
Jacques Cheminade, Bewerber für die französische Präsidentschaftswahl 2012, eröffnete die Diskussion mit seiner Sicht der „Wahl in Frankreich als kreative Herausforderung für die Perspektive einer allgemeinen Renaissance der Entwicklungspolitik“. In seinem Vortrag sprach Cheminade viele Paradoxa an: So sei es in der gegenwärtigen Lage in einer Hinsicht ziemlich sinnlos, für die Präsidentschaft zu kandidieren. Die französische Politik sei dominiert von einer oligarchischen Elite, die die Dinge steuert, indem sie die „Spielregeln“ festlegt.
Als Antwort auf die Frage, was da zu tun sei, präsentierte er die „doppelläufige Flinte“: Glass-Steagall und die industrielle Entwicklung Afrikas. Die imperiale Politik habe seit der Zeit der Amerikanischen Revolution stets darin bestanden, einen Keil zwischen Europa und Amerika zu treiben. Daher müsse man in Europa den Kampf für Glass-Steagall aufgreifen, um „eine transatlantische Brücke zwischen den USA und Europa“ zu schaffen. Mit Glass-Steagall und einer Kreditpolitik nach Art des Amerikanischen Systems, die eine neue Plattform der Entwicklung schaffe, könnten die souveränen Staaten Afrikas zu einer weiteren Waffe gegen das Empire werden, und dies werde wiederum die europäisch-amerikanische Partnerschaft für das „Wohl des anderen“ stärken.
Cheminade griff dann in humorvoller Weise die übliche Politik an, in der LaRouches Ideen als „utopisch“ oder „unpopulär“ abgelehnt würden. „Unpopulär sein ist die Voraussetzung für meinen Präsidentschaftswahlkampf“, denn um eine Bewegung aufzubauen, die in der Lage sei, Frankreich zu ändern, „ist meine Aufgabe weder, mich von unten anzubiedern, noch Befehle von oben zu erteilen, sondern in den Bürgern die Leidenschaft für die Wahrheit zu erwecken.“ Wenn man hört, daß man die Traditionen zu respektieren habe, „dann sollte man die Faust ballen“, denn das sei Frankreichs schlechte Tradition von Ludwig XIV. und Napoleon. Eine Nation bestehe nicht in ihrer „Tradition“, sondern im Prozeß ihrer Entwicklung, und so habe auch de Gaulle Frankreich gesehen.
Die Unabhängigkeit und industrielle Entwicklung der afrikanischen Staaten sei der moralische Test für Europa. Heute bombardiere Europa Libyen, statt den Maghreb zu entwickeln. Es sei ein Fehler gewesen, die sozialen Bewegungen der sechziger Jahre in Europa nicht mit der Entwicklung Afrikas zu verbinden.
Anschließend wurde eine Grußbotschaft des belgischen Abgeordneten John Crombez verlesen, der sowohl dem nationalen Parlament Belgiens als auch, als Senator, dem Parlament der flämischen Region angehört und derzeit Fraktionsvorsitzender der flämischen Sozialisten ist. Crombez hat kürzlich einen Gesetzesvorschlag eingebracht, der die Banken verpflichten würde, eine Art „Testament“ für den Fall des Konkurses zu machen, das die Kundengelder von den Spekulationen trennen und vor Spekulationsverlusten schützen würde.
Eric Verhaeghe, ehemals Vorstandsmitglied des französischen Arbeitgeberverbandes, sprach dann über „Ein Glass-Steagall-Gesetz für Frankreich“. Die Rückkehr zu einer Trennbankenpolitik sei in Frankreich ein schwieriges politisches Unterfangen, weil der Übergang zum System der sog. „Universalbanken“ auf Entscheidungen zurückgehe, die bis in die sechziger Jahre zurückreichen, insbesondere aber auf das Jahr 1984, als die französische Oligarchie die Ansicht durchsetzte, daß Frankreich ein „Weltklasse-Bankensystem“ brauche. Verhaeghe beschrieb dann den historischen Prozeß der Deregulierung. Diese Politik ging aus von den „Aristokraten der staatlichen Bürokratie“, die eng verfilzt seien mit den Finanzinteressen; die übliche Karriere laufe so, daß man zunächst nach Abschluß der Ausbildung an der Nationalen Verwaltungsakademie (ENA) ins Finanzministerium eintrete, sich dort bis zum Generalinspekteur hocharbeite, um dann Direktor einer privaten Bank zu werden - wofür er einige prominente Beispiele anführte. In der Folge seien gigantische Banken entstanden - so habe die BNP ein „Vermögen“ von 3,3 Billionen Dollar, während Frankreichs BIP nur 2,6 Billionen Dollar betrage.
Daniel Heydt, Bürgermeister des Ortes Bellange (Moselle) berichtete dann über „Die Auswirkungen der Finanzkrise auf die Kommunen in Frankreich“. Er sagte, französische Bürgermeister gäben ihre Unterschrift, um Jacques Cheminade die Präsidentschaftskandidatur zu ermöglichen, weil der als einziger ein Programm habe, das sich am Besten der Geschichte Frankreichs orientiere, während die rechten und linken Kandidaten nur das System unterstützen. Außerdem sei Cheminade am glaubwürdigsten, weil er schon 2007 vor einer schweren Finanzkrise gewarnt hatte. Heydt polemisierte gegen die Pariser Bürokratie, die auf die Bemühungen der Bürger um Fortschritte keinerlei Rücksicht nehme. Sie wüßten nicht einmal, wo sie sein Dorf auf der Landkarte suchen sollten. Der Wohlstand seines Ortes beruhe auf dem Engagement der Bürger, die sich um die Sauberkeit, die Verbesserung und Verschönerung des Ortes bemühen. Heydt verurteilte dann die gegenwärtige Kommunalreform, die darauf abziele, unter dem Vorwand der Rationalisierung die Zahl der selbständigen Kommunen drastisch zu verringern. Tatsächlich werde nur der Privatsektor davon profitieren, was man an der Müllabfuhr in seinem Ort sehen könne, wo die Gebühren für die gleiche Dienstleistung von 29 Euro auf 92 Euro pro Jahr angehoben wurden.
Der Nachmittag begann dann wieder mit Musik, mit dem 2. Satz aus Mozarts Klavierquartett in g-moll (KV 478).
Dr. Marcello Vichi berichtete dann über den „Wassertransfer vom Kongo zum Tschad: Das Transaqua-Projekt“, das er in den siebziger und achtziger Jahren als Mitarbeiter des zum damals staatlichen IRI-Konzern gehörenden italienischen Ingenieurbüros Bonifica ausgearbeitet hatte. Zunächste zeigte Vichi einen Film, mit dem Bonifica vor 30 Jahren für das Transaqua-Projekt geworben hatte. Schon damals sei klar gewesen, daß der Tschadsee immer mehr austrocknen werde und daß man dagegen etwas tun müsse. Da es rund 1500 km weiter südlich im Kongo-Becken mehr als genug Wasser gebe, mußte man einen Weg finden, einen Teil dieses Wassers ins Becken des Tschadsees umzulenken.
Die Lösung, die man fand, war ein Kanal, der unter Nutzung des natürlichen Gefälles Wasser aus den nördlichen Zuflüssen des Kongo/Zaire bis zur Wasserscheide zwischen den beiden Becken leite. Dadurch entstünde nicht bloß eine Wasserzufuhr, die genug Wasser zum Tschadsee leiten könne, um diesen wieder aufzufüllen, sondern auch eine Wasserstraße, durch die die bisher weitgehend unerschlossene zentralafrikanische Region zu einem Knotenpunkt der Verkehrswege und zu einem Umschlagplatz für Güter aller Art werde. Aber niemand habe sich für diese Idee interessiert; Europa habe dadurch dreißig kostbare Jahre verloren, und es werde schwer werden, diese Zeit wieder aufzuholen, weil Europa inzwischen die ideologische Ausrichtung, die Glaubwürdigkeit und die finanziellen Mittel, die es noch vor einigen Jahrzehnten hatte, verloren habe. Im Gegenteil scheine Europa auf dem Weg zurück in ein „kommendes Mittelalter“ zu sein.
In seinem zweiten Konferenzbeitrag sprach Lyndon LaRouche dann über „Kreativität an sich”. Diese sei heute die wichtigste aller strategischen Fragen. Mehr als 95% aller bekannten Gattungen seien im Verlauf der Erdgeschichte ausgestorben, also gescheitert. Warum sollte man also annehmen, daß nicht auch die Menschheit aussterben könne, so wie die Dinosaurier?
Die meisten Leute hätten keine Ahnung, was die Menschheit von den übrigen bekannten Lebewesen unterscheide. Die heutige Gesellschaft werde auf dieser Grundlage regiert, daß die Menschen keine Ahnung haben, was die Menschheit eigentlich ausmacht - nämlich die Kreativität. Nur diese Kreativität könne ein Aussterben der Menschheit verhindern, aber dazu müsse man sie auch anwenden.
Die gesamte Existenz des Lebens auf diesem Planeten beruhe auf einer aufwärts strebenden Evolution. Aber in der Erdgeschichte sei das Leben immer wieder an einen Punkt gekommen, wo entweder bestimmte natürliche Ressourcen aufgebraucht waren oder aufgrund galaktischer Einflüsse neue Bedingungen entstanden seien. Wenn die Menschheit solche Bedingungen überleben wolle, müsse sie die Energieflußdichte steigern, um den Charakter ihrer Umgebung zu verändern. Deshalb sei eine Gesellschaft, die von Kernkraftwerken zu Windmühlen zurückkehre, zum Untergang verurteilt. „Eine Windmühlen-Gesellschaft ist eine Selbstmord-Gesellschaft“, sagte LaRouche. Zum Überleben der Menschheit brauche man heute Kernspaltung und Kernfusion.
Die Idee der „Grenzen des Wachstums“ sei verrückt. Es gebe keine Grenze für die Fortschritte der Menschheit. Das ganze Universum sei kreativ. Aber was ist das, diese „Kreativität“? Kreativität bestehe sicher nicht darin, die Hose verkehrt herum anzuziehen.
Nur der Mensch sei in der Lage, jenseits seiner sprichwörtlichen „fünf Sinne“ Naturprinzipien zu erkennen und sich nutzbar zu machen.
Aber das geschehe oft nicht. „Wir haben da ein Problem. Was macht uns dumm? Warum verhalten wir uns die meiste Zeit dumm? Weil wir an unsere Sinneswahrnehmungen glauben. Wir glauben, daß die Erfahrungen unserer ,fünf Sinne’ der Test für die Realität sind. Aber das ist etwas für Affen, nicht für Menschen. Affen glauben so etwas. Aber wenn Menschen so etwas glauben, machen sie sich zu Affen.“
Es gebe viele Dinge, die vom Menschen mit seinen fünf Sinnen nicht wahrgenommen werden können, vor allem im Bereich der kosmischen Strahlung. Tatsächlich sei die Menschheit aber schon lange über ihre fünf Sinne hinaus. „Wir sind in der Lage, Instrumente zu entwickeln, die uns zeigen, was geschieht.“ Trotzdem glauben viele Menschen in einer schlecht informierten Gesellschaft immer noch, daß die Wahrheit definiert sei durch das, was uns unsere fünf Sinne sagen.
Einer der wesentlichen Gründe hierfür sei der Einfluß des Kongresses für kulturelle Freiheit, der die Ideologie verbreitete, klassisch komponierte Musik sei nicht das Richtige, man solle zu den Instinkten zurückkehren. Aber damit mache sich die Menschheit nur anfälliger für ihr Sterben, so LaRouche: „Wir sind in einem Teil der Galaxis, einer Periode, in der wir sehr viel mehr Erdbeben und ähnliches erleben werden. Wenn wir nicht erkennen, daß es uns möglich ist, die Wahrscheinlichkeit solcher Erdbeben vorherzusehen und uns zu mobilisieren, um die Menschheit davor zu schützen..., dann werden wir erleben, wie Kulturen zerstört werden, dann können wir nicht überleben...
Aber das zeigt uns noch etwas weit Wichtigeres, und damit kommen wir zur klassischen Musik zurück, im Gegensatz zu all dem Müll, den man jetzt immer hört... Das Geheimnis der Musik, der musikalischen Komposition, liegt nicht in den Noten, sondern zwischen den Noten. Und das ist etwas, was uns Bach durch sein Werk demonstriert. Wir sind in der Lage, eine Form des Geistes zu entwickeln, die nicht auf ihre ,fünf Sinne’ beschränkt ist. Und wenn wir darüber hinausgehen auf die höhere Ebene, und wenn wir unseren Geist auf Experimente hin orientieren, die das tun, dann zeigt die Menschheit ihren wahren Unterschied zu den übrigen Gattungen, und demonstriert ein Potential, mit dem die Menschheit überleben kann...“
Im Anschluß an LaRouches Vortrag sprach die Opernsängerin und Gesangslehrerin Antonella Banaudi, die schon am Vorabend im Rahmen des Musikabends aufgetreten war und das Publikum begeistert hatte, über „Die musikalische Seele“. Sie verband viele wichtige Ideen aus Wissenschaft und dem Gesang, etwa die Frage der physischen Platzierung der Stimme, die nicht-mathematische Bestimmung des richtigen Zeitmaßes, aber auch, daß der Künstler in einer korrekten Interpretation seine oder ihre eigene Persönlichkeit hinanstellen muß.
Prof. Dr. Dieter Ameling, ehemaliger Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl und ehem. Präsident des Stahlinstituts VDEh, beschloß die Reihe der offiziellen Konferenzbeiträge mit dem Vortrag „Die Energiewende der Bundesregierung führt zur Deindustrialisierung der BRD“. Ameling demonstrierte anhand entsprechender Daten der letzten 100 Jahre, daß das Klima nicht vom CO2 abhängt; daher sei es auch nicht möglich, das Klima zu schützen. Die Kernkraftwerke und fossilen Kraftwerke könnten schon aus physischen Gründen nicht in dem Maße durch „erneuerbare“ Energien ersetzt werden, wie es vorgesehen sei. Aber die von der Bundesregierung beschlossenen Maßnahmen bedeuteten eine massive Verteuerung der Energie- und Stromkosten für die Industrie, die dadurch ihre Konkurrenzfähigkeit verlieren und zur Auslagerung der Produktion gezwungen werde - insbesondere die energieintensiven Branchen, wie Aluminium, Eisen, Stahl, Glas und Zement, Grundstoffchemie oder Papierindustrie. Dieser Niedergang der industriellen Wertschöpfung werde den Wohlstand vermindern und das soziale Netz schwächen.
Wie Helga Zepp-LaRouche in ihrer Moderation dieser Diskussionsrunde betonte, demonstriert der sehr unterschiedliche Charakter dieser vier letzten Vorträge - Amelings Vortrag über die Gefahr der Zerstörung der industriellen Grundlage Deutschland, Vichis Vortrag über das Aufbaupotential Afrikas, LaRouches Vortrag über das kreative Potential des Menschen und Banaudis Vortrag über die musikalische Seele - noch einmal den gesamten Spannungsbogen dieser Konferenz, von der existentiellen Gefahr für die weitere Existenz der Menschheit bis hin zu der kreativen Denkweise, die für die Überwindung dieser Krise notwendig ist und mithilfe der klassischen Kunst, insbesondere der Musik, entwickelt werden könne.
Und das ist die eigentliche Botschaft, die die Teilnehmer dieser Konferenz nachhause mitnehmen konnten - und, wie die begeisterten Reaktionen vieler Teilnehmer zeigten, auch tatsächlich mitgenommen haben: daß es möglich ist, die kreativen Fähigkeiten zu entwickeln, die wir brauchen, um die Existenzkrise der Menschheit zu überwinden.
Alexander Hartmann
In den kommenden Wochen werden wir die einzelnen Konferenzbeiträge, die hier im Rahmen dieses Berichtes nur knapp charakterisiert werden konnten, ausführlicher dokumentieren.