|
|
Das völlige Chaos in der politischen Klasse Griechenlands und unter den politischen „Führern“ Europas steht im krassen Gegensatz zu der Selbstorganisierung der griechischen Bevölkerung in ihren Protesten gegen die brutale Sparpolitik, die ihr aufgezwungen werden soll.
Am 15. Juni umringten 150.000 Demonstranten, angeführt von den „Empörten des Syntagma-Platzes“, das griechische Parlament, während die Gewerkschaften des öffentlichen und des privaten Sektors einen 24stündigen Generalstreik einhielten. Angesichts dieser Demonstration der Wut der Bevölkerung auf die gesamte politische Klasse unternahm Premierminister Georgios Papandreou eine Reihe verzweifelter politischer Manöver, damit seine Regierung lange genug erhalten bleibt, um das revidierte Memorandum vom Parlament absegnen zu lassen. Nachdem sein Versuch, mit der Opposition, der Nea Dimokratia, eine Regierung der nationalen Einheit zu bilden, gescheitert war, bildete er seine Regierung um, um eine Rebellion in der eigenen Pan-Hellenischen Sozialistischen Partei (PASOK) abzuwenden, nachdem drei Mitglieder der Parlamentsfraktion aus der Partei ausgetreten waren. Angesichts der äußerst knappen Mehrheit von fünf Sitzen im 300köpfigen Parlament ist keineswegs sicher, daß das Parlament dem Memorandum zustimmen wird. Sämtliche Oppositionsparteien fordern Neuwahlen.
Faktisch gibt es, wie ein politischer Analyst gegenüber EIR erklärte, gar keine griechische Regierung mehr. Es säßen zwar Personen auf den Sitzen im Kabinett und im Parlament, aber diese hätten keinerlei Unterstützung mehr in der Bevölkerung. Jede Regierung, die das Bankenrettungspaket unterstütze, werde die Wut der Bevölkerung zu spüren bekommen.
Keines dieser Manöver konnte die Entschlossenheit der „Empörten“ dämpfen. Am Sonntag, dem 19. Juni, versammelten sich erneut 50.000, um sicherzustellen, daß das revidierte Memorandum vom Parlament abgelehnt wird. Die jüngste Umfrage von Kapa Research, die am gleichen Tag in der Zeitung To Vima veröffentlicht wurde, ergab, daß 47,5% der Befragten für die Ablehnung des 2. Memorandums durch das Parlament sind, damit es sofort zu Neuwahlen kommt. 34,8% waren für die Ratifizierung, 17,7% äußerten sich nicht. Unterdessen finden ständig Streiks der Gewerkschaften statt, während gleichzeitig ein 48stündiger Generalstreik am Monatsende vorbereitet wird, um die Ratifizierung des Memorandums zu verhindern.
Diese Entwicklungen in Griechenland trugen dazu bei, auch der Bewegung der „Indignados“ in Spanien neuen Schwung zu verleihen, wo in 100 Städten Demonstrationen stattfanden. In Madrid nahmen 150.000 Menschen an einem Sternmarsch zum Parlament teil, wo zum Abschluß des Tages mit vollem Orchester und Chor Beethovens 9. Sinfonie aufgeführt wurde. Wie Publico.es berichtete, war die Wirkung der nationalen Proteste in Spanien so groß, daß auch in Paris etwa 300 „Indignados“ beschlossen, vor der Kathedrale Notre Dame zu demonstrieren, von denen 100 von der Polizei verhaftet wurden.
eir