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Neue Solidarität
Nr. 24, 15. Juni 2011

Die Revolution kommt nach Schweden

In Solidarität mit Griechenland und Spanien, aber auch für die eigene Zukunft demonstrieren jetzt auch in Stockholm regelmäßig junge Menschen, die sehr offen für grundlegende Ideen sind.

Am Sonntag, dem 5. Juni, fand auf dem zentralen Platz von Stockholm, dem Sergelstorg, eine Demonstration junger Leute statt, die sich „Europäische Revolution in allen Städten Europas - Stockholm“ nennt. Die Gruppe, die ihre Mitglieder über das Internet und soziale Netzwerke mobilisiert, ist Teil einer europaweiten Revolte junger Menschen, die dagegen protestieren, daß ihre Regierungen sich dem Diktat der globalen Finanzoligarchie unterwerfen, ein Diktat, das über solche supranationalen Institutionen wie den Weltwährungsfonds, die EU-Kommission und die Europäische Zentralbank ausgeübt wird. Zunächst wollen sie vor allem Solidarität mit der Jugend in Griechenland und Spanien demonstrieren, doch die schwedischen Demonstranten, mit denen EIR sprach, klagten sehr ähnlich über ihre eigene Lage, denn auch in Schweden ist die Jugendarbeitlosigkeit sehr hoch (25%), und ihre Zukunftsaussichten sind unter der gegenwärtigen „Bankendiktatur“, wie sie es nennen, genau so trübe wie anderswo auch. Diese Gruppe in Schweden ist Teil der übernationalen Protestbewegung der „empörten“ Jugend, die über Facebook und andere Internet-Netzwerke lose zusammenhängt. Die gemeinsame Facebook-Seite dieser Bewegungen nennt sich „European Revolution, All Cities of Europe“, dort werden Dutzende von Demonstrationen angekündigt und koordiniert, die jede Woche in europäischen Städten stattfinden.

Wenn man mit diesen jungen Menschen redet, bleibt kein Zweifel, daß diese Revolte Teil des großen Massenstreikprozesses ist, der in Tunis und Ägypten begann, weil die jungen Menschen erkennen daß ihre Regierungen sie verraten, um ein bankrottes Finanzimperium zu retten. Sie sind in aller Regel keine Mitglieder irgendwelcher Parteien oder Organisationen, und sie haben nur wenig Erfahrungen mit politischen Aktivitäten, aber sie sind, wie die Tunesier und Ägypter, geübt darin, das Internet zu nutzen, um miteinander zu kommunizieren und sich zu koordinieren. Die einzige politische Gruppe, die bei der Demonstration vertreten war, war die LaRouche-Jugendbewegung, deren Ideen und Vorschläge zur Lösung der Wirtschaftskrise von vielen Teilnehmern der Demonstration begrüßt und diskutiert wurden. Aber diese jungen Leute wollen - aus verständlichen Gründen - nicht, daß sich etablierte politische Parteien in ihre Bewegung einmischen.

Diese jungen Leute, sie sind meist zwischen 19 und 30 Jahren, haben einiges gemein:

Das folgende Zitat von der Facebook-Seite der schwedischen Gruppe, aus dem Beitrag eines Teilnehmers, der sich Adjent Hendrix nennt, veranschaulicht einige dieser Punkte:

„Beendet die Finanzspekulation und trennt sie von der realen Wirtschaft. Wenn wir beispielsweise heute anfangen wollen, eine Magnetbahn zu bauen, dann können wir das! Die größte Herausforderung ist, daß man die Preise nicht vorhersagen kann, weil es Spekulationen auf diese Preise gibt. Hätten wir feststehende Preise (für die Dauer eines solchen gigantischen Projektes, also 20-25 Jahre), könnten wir das tun.

Die Schwedische Reichsbank druckte aus dem nichts 400 Mrd. Kronen (ca. 45 Mrd. Euro), um die Banken zu retten. Wenn wir sagen, wir wollen ein Magnetbahnnetz für ganz Schweden, das 200 Mrd. Kronen kosten würde, sagen sie, dafür sei kein Geld da.“

Vom selben Verfasser (der kein Aktivist der LaRouche-Bewegung ist) stammt ein interessanter Diskussionsentwurf für eine Erklärung der Gruppe. Darin heißt es:

„1. Die Zentralbank eines souveränen Staates sollte der Regierung unterstehen und deshalb auch zum Nutzen des Allgemeinheit und nicht bloß privater Interessen arbeiten.

Deshalb verlangt es das Gemeinwohl, daß die Zentralbank Kredit für Individuen, Projekte, Organisationen, Gemeinden und Unternehmen ausgibt, der dem Gemeinwohl der Bevölkerung des souveränen Staates Schweden dient. Dieser Kredit wird von der Zentralbank ausgegeben, und die Rolle der Banken ist es, diesen Kredit an die genannten Einrichtungen zu verteilen. Den Banken ist nicht gestattet, in irgendeiner Form Zinsen auf diese Kredite aufzuschlagen.

Es ist sofort eine Änderung des Gesetzes über die Bank- und Finanzierungsregeln anzustreben, um den Zweck einer Bank folgendermaßen zu beschränken:

a) als Vermittler zur leichten Vergabe von Kredit zwischen dem Vergeber des Kredits (der Zentralbank) und den Empfängern solcher Kredite (Individuen, Projekte, Organisationen, Gemeinden und Unternehmen, die dem Gemeinwohl dienen).

b) als Ort sicherer Verwahrung solcher Kredite ausschließlich für den Zweck der unter Punkt a) beschrieben ist.

c) die völlige Gewinnlosigkeit bei der Vermittlung und Verwahrung, sodaß lediglich die Kosten der Belegschaft und der für die oben unter a) genannten Zwecke erforderlichen Infrastruktur gedeckt sind.

2. Das Gemeinwohl erforderte eine Änderung der Gesetze und der allgemeinen Politik des souveränen schwedischen Staates in der Weise, daß Finanzspekulationen auf irgendwelche physischen Ressourcen völlig von dem oben beschriebenen Kreditsystem getrennt werden.

Der Reichstag soll versichern, daß er seine Innen- und Außenpolitik stets so ausrichten wird, daß Rohstoffspekulation auf den Finanz- oder anderen Märkten der realen, physischen Wirtschaft nicht schaden kann.

Das wäre die offizielle Position des souveränen Staates Schweden und seiner Bevölkerung.

3. Das internationale Bankensystem hat durch seine Politik eine Finanzblase geschaffen, für welche die Banken selbst keine Lösung wissen. Deshalb betteln sie in allen Ländern darum, daß der souveräne Staat sie rettet.

Durch dieses unverantwortliche Handeln entstand künstlich eine große Gefahr, die das Gemeinwohl aller souveränen Staaten dieser Welt und damit auch ihrer Menschen bedroht.

Das Gemeinwohl des souveränen Staates Schweden verlangt, daß kompromißlos die Verantwortung denjenigen auferlegt wird, die so unverantwortlich gehandelt haben, und die Menschen hinter diesem finanziellen Verrat - Diebstahl, wenn man so will -, zur Rechenschaft gezogen werden.

Des weiteren soll keine Bank erwarten, daß sie irgendwelche weitere finanzielle Hilfe von der Öffentlichkeit erhalten wird. Der Standpunkt des Gemeinwohls des souveränen Staates Schweden gilt für einheimische und ausländische Banken gleichermaßen.

Wenn eine private Bank vor dem Bankrott steht, verlangt das Gemeinwohl, daß man diese Bank entweder

a) ohne irgendwelche finanziellen Hilfen seitens der Allgemeinheit in Konkurs gehen läßt, oder

b) wenn es der Staat Schweden es als notwendig betrachtet, die Bank vom Staat in Besitz genommen und ihr Vorstand durch Personen ersetzt wird, die geeignet erscheinen, ihre Geschäfte in der unter Punkt 1 beschriebenen Weise zu führen.“

Hussein Askary

Lesen Sie hierzu bitte auch:
Das unverstandene, mächtige Prinzip des Massenstreiks
- Neue Solidarität 11/2011
Vom Maghreb bis Madison
- Neue Solidarität 9/2011