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Neue Solidarität
Nr. 22, 1. Juni 2011

Glass-Steagall-Kampagne trifft auf wachsendes Massenstreikferment

Angesichts weiterer massiver Einschnitte bei der Gesundheitsversorgung und verheerender Kürzungen bei lebenswichtigen Diensten wie Feuerwehr und Polizei mischen sich erneut wieder viel mehr Amerikaner in die Politik ein.

Es ist noch nicht wieder wie im August 2009, doch das Massenstreikferment in der amerikanischen Bevölkerung kommt mit Macht zurück. Angesichts weiterer massiver Einschnitte bei der Gesundheitsversorgung alter Menschen (Medicare) und verheerender Kürzungen bei lebenswichtigen Diensten wie Feuerwehr und Polizei verspüren viele US-Bürger erneut den Impuls, sich in die Politik einzumischen, was sich u.a. im wachsenden Zulauf bei Wahlveranstaltungen von Kongreßabgeordneten und in Massenkundgebungen in mehreren Städten im Staat Wisconsin zeigt.

Man muß sich die Überraschung der Abgeordneten vorstellen, die Wahlkreisversammlungen während der Kongreßferien im Mai ansetzten und plötzlich ein Vielfaches der üblichen Besucher vorfanden - überfüllte Säle mit 500 Bürgern und mehr. So geschehen Mitte Mai bei den Abgeordneten Brad Sherman, Demokrat aus Kalifornien, und Jamie Herrera, Republikanerin aus dem Bundesstaat Washington - und das waren nicht die einzigen derartigen Veranstaltungen. Die meisten Bürger bringen ihre Wut mit und lassen sie ihre lokalen Vertreter deutlich spüren.

Doch wie jeder gute Historiker weiß, liegt das entscheidende Element jedes Massenstreikprozesses nicht in Anzahl oder Intensität von Aktionen des Volks, sondern in der Qualität der Führung. In dieser Hinsicht ist die steigende Präsenz von Mitgliedern und Unterstützern von Lyndon LaRouches politischem Aktionskomitee LPAC der wesentliche Faktor bei dieser neuen Welle von Massenprotesten - nämlich mit der kompromißlosen Forderung, den Abgeordneten „Feuer unter dem Hintern“ zu machen, damit sie das jetzt dem Kongreß vorliegende Glass-Steagall-Gesetz (H.R. 1489) durchzusetzen.

Bei einigen Veranstaltungen gelang es den LPAC-Aktivisten, die Diskussion so zu beeinflussen, daß am Ende die dringende Notwendigkeit von Glass-Steagall auf der Tagesordnung stand. Denn dieses Trennbankengesetz ist in der Tat die einzige Maßnahme, um weitere Haushaltskürzungen zu vermeiden: Dadurch würden Billionen an faulen Bankschulden aus den Bilanzen des Bundes gestrichen und so Mittel zur Rettung der Bundesstaaten und Kommunen freigesetzt. „Der einzige Haushaltsposten, der drastisch gekürzt werden muß, sind die Rettungsprogramme für Banken“, so lautet die Botschaft der LPAC-Aktivisten, darunter sechs Kongreßkandidaten, an die protestierenden Bürger.

Nicht links oder rechts, sondern Glass-Steagall!

Der 3. Kongreßbezirk des Bundesstaates Washington liegt langgestreckt in der südwestlichen Ecke des Staates in unmittelbarer Nachbarschaft zu Oregon. Die republikanische Kongreßabgeordnete Jamie Herrera Buetler gewann dort im letzten Jahr ihren ersten Wahlkampf um einen freigewordenen Sitz gegen den Demokraten Danny Heck, der sich offen für die Wiedereinführung von Glass-Steagall ausgesprochen hatte. Herrera ist als rechte Tea-Party-Republikanerin bekannt. Vor über 500 aufgebrachten Menschen verteidigte sie am 16. Mai in einer Oberschulen-Aula in Vancouver offen die drastischen Kürzungen des Haushaltsexperten der Republikaner, des „Kaputtsparers“ Paul Ryan.

Eine Gruppe von LPAC-Aktivisten verteilte am Eingang der Aula Flugblätter zum Thema Glass-Steagall. Die Atmosphäre war ziemlich aufgeladen: altgediente Linke hielten Schilder gegen Haushaltskürzungen hoch, und es kam zu manch verbaler Auseinandersetzung zwischen ihnen und konservativen Befürwortern von Kürzungen. Sowie sich allerdings die LPAC-Aktivisten einmischten, stellte sich heraus, daß beide „Lager“ für Glass-Steagall waren.

So legte ein Mann, sowie er die Anwesenheit der LaRouche-Vertreter bemerkte, das mitgebrachte Schild mit seinen Sonderforderungen beiseite und begann für Glass-Steagall einzutreten. Er legte sich sofort ins Zeug, als eine Frau vorbeikam, die das LPAC-Flugblatt zurückgab, als sie darauf den Namen LaRouche sah. Der Mann herrschte sie an mit den Worten: „Nein, dieses Flugblatt sollten Sie nehmen; darin geht es um Glass-Steagall, das ist wichtig!“ Die Frau kam zurück und nahm das Flugblatt. Ähnliches geschah mit einem Linken, der anfangs Obama gegen den Vorwurf eines LPAC-Aktivisten, Obama würde die Sozialversicherung privatisieren, in Schutz nahm: Als er hörte, daß die LPAC-Aktivisten von Glass-Steagall sprachen, schloß er sich ihnen an und forderte die Teilnehmer auf, die LPAC-Literatur zu lesen.

Bei einem Folgetreffen mit 150-200 Teilnehmern am 18. Mai in Centralia (Bundesstaat Washington) war die Atmosphäre ähnlich geladen. Bei der Frageperiode bildete sich hinter dem Mikrofon eine lange Schlange von Teilnehmern - keineswegs nur Linke -, die ein Ende der Kürzungen bei der Gesundheitsversorgung forderten. Zu Wort meldete sich auch der LaRouche-Kongreßkandidat Dave Christie. Als er sich als Anhänger LaRouches vorstellte, stöhnten einige im Saal - doch als er davon sprach, daß man Glass-Steagall brauche, um die Bail-outs der Banken zu beenden, verwandelte sich die Ablehnung in allgemeinen Applaus.

Massenaktionen notwendig

Aber noch führt die wachsende Mobilisierung für Glass-Steagall zu zuwenig konkreten Resultaten. Die von der Demokratin Marcy Kaptur aus Ohio eingebrachte „Resolution 1489“ hat bisher nur sechs Mitinitiatoren - wobei mehrere weitere Kongreßabgeordnete beteuern, sie hätten unterzeichnet, ihre Namen seien nur noch nicht aufgeführt. Einige Stadtparlamente und nationale Organisationen, besonders Gewerkschaften, sowie Landtagsabgeordnete sind aktiv geworden.

Die bedeutendste aktive Kraft für Glass-Steagall neben LPAC ist die International Association of Machinists (IAM), eine der größten Industriegewerkschaften in den USA, die sich während ihrer Lobbytage in Washington am 10. und 11. Mai für ein Trennbankensystem einsetzte.

Auch andere Gewerkschafter haben sich zu Wort gemeldet. Am 9. Mai erreichte ein LPAC-Anhänger, daß die Baugewerkschaft von Columbia Pacific (Oregon) uneingeschränkt die Resolution von LPAC für Glass-Steagall unterstützte. Zwei Tage später folgte der Gewerkschaftsrat von Nordwest-Oregon.

Am 12. Mai verabschiedete die Demokratische Partei des Kreises Multnomah, in dem die größte Stadt Oregons Portland liegt, eine Resolution für die sofortige Wiederinkraftsetzung von Glass-Steagall. Der Verantwortliche dieser Aktion - die mit Lobbyarbeit bei Oregons Landtag fortgeführt wird - hatte zuvor sehr genau die LPAC-Webseite durchgearbeitet und eine Gruppe von Demokraten um sich geschart, um sie über geschichtliche und wirtschaftliche Hintergründe zu informieren.

Unter den gegenwärtigen Bedingungen der Zusammenbruchskrise und angesichts von Massenentlassungen, durch die bereits Zigtausende auf die Straße gesetzt wurden, kann der Weg zum Sieg nicht in einem langsamen Gang durch die Institutionen bestehen. Vielmehr müssen alle jene Bürger, die sich zu einer Führung dieses Massenstreiks entwickeln, zu außergewöhnlichen Maßnahmen greifen, um ihre Mitbürger unter das Glass-Steagall-Banner zu bringen. Es bleibt keine Zeit für den üblichen, zähen parlamentarischen Weg, bei dem das neue Gesetze erst endlos in den Ausschüssen beraten wird, dann ins Plenum kommt und irgendwann zur Abstimmung aufgerufen wird. Die Bürger müssen ihre Abgeordneten ohne Unterlaß unter Druck setzen, H.R. 1489 jetzt zu unterschreiben, mit der Forderung, das Gesetz ohne jede weitere Verzögerung in Kraft zu setzen.

Nancy Spannaus