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Von Island bis Italien, von Schweden bis Frankreich melden sich Stimmen zu Wort, die die Trennung der Geschäftsbanken von den spekulierenden Investmentbanken fordern.
Auch wenn die Massenmedien derzeit versuchen, die Bevölkerung mit Schauergeschichten über Fukushima oder schwärmerischen Berichten von königlichen Hochzeiten von den eigentlich wichtigen Themen abzulenken, mehren sich die Stimmen in Europa, die eine gründliche Neuordnung des Bankensektors auf der Grundlage eines Trennbankensystems fordern, wie es in den Vereinigten Staaten 1933 durch das Glass-Steagall-Gesetz eingeführt wurde. Von Island bis Italien, von Schweden bis Frankreich, in Belgien und der Schweiz melden sich Persönlichkeiten zu Wort, die die Trennung der Geschäftsbanken von den spekulierenden Investmentbanken fordern - und nutzen dafür z.T. die Organe der LaRouche-Bewegung.
Das Problem der Bankinstitutionen, die „zu groß sind, um scheitern zu dürfen”, sei bisher noch nicht gelöst, schrieb Vaciago am 21. April. „1999 wurde das Glass-Steagall-Gesetz, das seit den dreißiger Jahren das Bankengeschäft nach Kredit und Finanzspekulation eindeutig getrennt hatte, endgültig abgeschafft. Schon in den vorhergehenden Jahren waren Ausnahmen akzeptiert worden. Das Gesetz war als Schutz für die Einleger gedacht. Es sollte verhindern, daß die Banken schlechte Kredite verbriefen und diese in die Portfolios von Kunden stecken.” Das habe wesentlich zur Stabilität des Weltfinanzsystems beigetragen.
Den Banken wäre eine bankeninterne Trennung im Sinne der sog. Volcker-Regeln und der Vorschläge der britischen Vickers-Kommission lieber. Aber Parlamente und Regierungen hätten die Aufgabe, ein Finanzsystem zu schaffen, das stabiler ist als das, welches im August 2007 zusammenbrach und nur dank der „exzessiven Liquidität, die die Zentralbanken seither hineinpumpen”, noch über Wasser gehalten werde. Man solle das nicht den „Insidern” überlassen, so Vacagio: „Wir werden die notwendige Ausstiegsstrategie aus der gegenwärtigen Notstands-Finanzpolitik nicht finden, solange wir nicht festlegen, welche neuen Regeln für einen Neubeginn gelten sollen.”
Saewen zitiert Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt, der im Januar beschrieben hatte, in wie großer Bedrängnis die schwedische Regierung in der lettischen Finanzkrise im Juni 2009 war. Schweden wäre beinahe „gezwungen gewesen, zwei der größten vier Banken Schwedens - die Swedbank und die S-E-Bank - zu übernehmen. Sechs Stunden lang war alles möglich. Wenn es nicht zu einer Einigung zwischen Lettland und der G-7 gekommen wäre, hätte Lettland die Schulden abschreiben müssen. Für die großen schwedischen Banken, die dort die dramatische Ausweitung der Kredite finanziert hatten, hätte dies große Schwierigkeiten bedeutet. Und auch für Schweden”, schreibt Saewen.
Er verweist dann auf die Lage in Irland und Island und darauf, daß in Europa nur noch die Schweiz, Großbritannien und die Niederlande im Verhältnis zur Bevölkerungszahl größere Bankensektoren haben als Schweden. Saewen: „Wie groß ist dann die Gefahr einer neuen Finanzkrise?”
„In Lettland wurden die Letten und Russen gezwungen, die ganze Wucht des Schlages auf sich zu nehmen. Das war ein Glück für die schwedischen Steuerzahler. In Island müssen die Steuerzahler für das Versagen einiger großer Kapitalisten einstehen. Das kann so nicht weitergehen. Fangt an, die Banken aufzuspalten. Trennt die normalen Bankaktivitäten, ohne die die Gesellschaft nicht funktionieren kann, von der spekulativen Wirtschaft des Finanzsektors. Dann können ihre Aktionäre die Schläge der kommenden Krise auf sich nehmen, statt wie jetzt die Steuerzahler.”
Dieser Kommentar wird - zusammen mit dem Einsatz der finnischen Sozialdemokraten gegen die Euro-Rettungspakete - einen wichtigen Einfluß auf die sozialdemokratischen Politiker im schwedischen Parlament haben, die derzeit unter einer neuen Führung nach einer neuen Orientierung suchen.
In den letzten Wochen gaben drei führende Ökonomen und Unternehmer aus Frankreich und Belgien der französischen Zeitung der LaRouche-Bewegung Nouvelle Solidarieté Interviews bzw. lieferten Beiträge, in denen sie sich für die Rückkehr zum Glass-Steagall-Gesetz aussprachen.
Auf Glass-Steagall angesprochen, antwortete Verhaeghe: „Glass-Steagall wird oft reduziert auf eine Trennung von Geschäfts- und Investmentbanken, aber man vergißt meist die Notwendigkeit, die Banken auch von den Versicherungen zu trennen... Tatsächlich werden wir nicht in der Lage sein, die Welt nach 2008 wieder aufzubauen, ohne das Bankensystem gründlich zu reorganisieren. Ohne Glass-Steagall können die großen Banken den Steuerzahler zwingen, die Scherben zu kitten, die die Banken zerbrochen haben... Eine Rückkehr zum Glass-Steagall-Gesetz ist offensichtlich eine fundamentale Voraussetzung für die Lösung dieser Frage.”
Auf die Frage nach den Vorschlägen von Lyndon LaRouche und Jacques Cheminade antwortete er: „Die Vorschläge von LaRouche und Cheminade machen eine Menge Sinn, aber dafür haben sie kein Monopol, denn das Prinzip von Glass-Steagall wird von einer bestimmten alternativen Welt zur neoliberalen Wirtschaft geteilt. Wir sollten LaRouche und Cheminade aber das Verdienst zuerkennen, daß sie am längsten und ausdauerndsten für diese Positionen gekämpft haben.”
Auf die Frage, ob das System überleben könne, antwortete de Keuleneer: „Das gegenwärtige System kann nicht überleben, so wie es von der Finanzwelt karikiert und deformiert wurde. Das ist ein System, das gerade eine große Menge an Werten vernichtet.”
Auch aus dem System heraus erhöben sich immer mehr Stimmen, wie Phil Angelides von der US-Kommission zur Untersuchung der Finanzkrise (FCIC) oder der Gouverneur der Bank von England, Mervyn King, welche die Notwendigkeit strengerer Vorschriften auf den Tisch brächten. Dazu gehöre sogar „ausdrücklich die Rückkehr zu den Prinzipien, die das Glass-Steagall-Gesetz definierte”, wofür LaRouche und Cheminade sich seit Jahren einsetzen. Nouvelle Solidarieté fragte Keuleneer, ob er deren Vorschläge unterstütze, und er sprach sich sogar für eine noch strengere Trennung im Finanzsektor aus: „Ich unterstütze diese Ansichten voll und ganz, aber wir müssen die Lehren ziehen aus dem, was auf den Kapitalmärkten geschieht. Ich denke, ein ,einfaches’ Glass-Steagall, wie wir es in den achtziger und neunziger Jahren hatten, d.h. eine bloße Trennung der Geschäftsbanken von den Investmentbanken, wird nicht ausreichen. Wir müssen weiter gehen und eine weitere Trennung durchsetzen, die in den dreißiger Jahren noch nicht eingeführt wurde, nämlich die Trennung der Marktoperationen von den Brokergeschäften... Deshalb denke ich, daß wir mindestens ein ,doppeltes Glass-Steagall’ brauchen, das die Geschäftsbanken und Sparkassen auf der einen Seite vollkommen abtrennt von den Banken, die Marktrisiken auf sich nehmen, auf der anderen Seite.”
„In diesem Artikel vertreten wir die Ansicht... daß das System der Universalbanken, das in Frankreich Unterstützung findet, nicht nur der Hauptmotor der Finanzkrise ist, sondern auch, und dies ist weit schlimmer, ein destruktiver Faktor der Ungleichheit im zivilen Leben, ein perverses Monopol, das von der Tatsache der verminderten Rückzahlungsfähigkeit der Staaten zu einer neuen Finanzkrise führt, deren Ausgang noch weit unsicherer ist.”
In dem Interview schildert Jónsdóttir, mit welchem Druck Island dazu gebracht werden sollte, für Privatschulden von „Bankstern” aufzukommen, die ein kettenbriefartiges Schwindelgeschäft („Ponzi-Schema”) betrieben hatten. Sie lobte Präsident Grimsson, der diese Pläne zweimal durchkreuzte, und die isländische Bevölkerung, die diesem Druck nicht nachgab. Präsident Grimsson hatte sich geweigert, das Gesetz zur Autorisierung der Bankenrettung zu unterzeichnen, und am 10. April lehnten die Isländer in einer Volksabstimmung das Gesetz ab.
Jónsdóttir betonte, alle Länder der Welt und besonders in der EU hätten genau das gleiche Problem. Sie hoffe, daß die isländische Entscheidung „eine Inspiration für andere sein wird”.
Jónsdóttir unterstützte LaRouches Forderung nach der Wiedereinführung des Trennbankensystems und den Gesetzesantrag zur Wiedereinführung von Glass-Steagall in den USA, den die Abgeordnete Marcy Kaptur am 12. April im US-Repräsentantenhaus eingebracht hat. Auch für Europa sollte ein solches Prinzip gelten, erklärte Jónsdóttir.
Bei so vielen guten Vorbildern sollten nun auch in Deutschland endlich Politiker und Ökonomen den Mut finden, sich klar und deutlich und öffentlich der Bewegung für ein solches Glass-Steagall-Trennbankensystem anzuschließen. Nur so kann der Marsch in den Staatsbankrott durch immer neue Rettungspakete für die Spekulationsbanken gestoppt werden.
Alexander Hartmann