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Am 6. Januar veröffentlichte die Universität Innsbruck die folgende Presseinformation, in der die Ratlosigkeit der Forscher angesichts der völlig unerwarteten gewaltigen Gammastrahlungs-Explosionen des Krebsnebels sehr deutlich wird.
Die Strahlung des Krebsnebels gilt über das gesamte elektromagnetische Spektrum als so konstant, daß sie seit jeher als Vergleichsnormal herangezogen wurde. Nun berichten Wissenschaftler, darunter Olaf Reimer von der Universität Innsbruck, im Fachmagazin Science von drastischen Intensitätsveränderungen in der Gammastrahlung des Krebsnebels...
Zumindest am höchsten Ende des Spektrums, der Gammastrahlung, muß die nützliche Eigenschaft des Krebsnebels als Standardkerze nun revidiert werden: Im September 2010 haben das AGILE-Teleskop der Italienischer Raumfahrtagentur und das Fermi-Gammastrahlen-Weltraumteleskop der NASA dramatische Intensitätsveränderungen in der Gammastrahlung des Krebsnebels beobachten können. Fermi konnte ein ebensolches Aufleuchten bereits im Februar 2009 verzeichnen...
Der Krebsnebel ist Überrest einer stellaren Explosion, die vor 957 Jahren etwa 6500 Lichtjahre von der Erde entfernt stattfand und auch den berühmten Krebsnebelpulsar hinterließ. Dieser rotierende Neutronenstern im Zentrum des Krebsnebels ist Quelle von hochenergetischen Elektronen und Positronen und wird folglich auch als energetisches Reservoir für die dramatischen Gammastrahlenausbrüche vom Krebsnebel angesehen. Gigaelektronenvolt-Gammastrahlung bedeutet aber, daß die zugrundeliegenden Elektronen und Positronen bei den typischen Magnetfeldstärken im Krebsnebel mindestens auf Petaelektronenvolt (PeV = 1015 eV)-Energie beschleunigt worden sein müssen. Dies ist ein neuer Superlativ - es sind damit die höchstenergetischen geladenen Teilchen, die mit einem bekannten astronomischen Objekt in Beziehung gebracht werden können.
Die in den Gammastrahlungsausbrüchen freigesetzte Energie beschert aber auch Probleme, wie Univ.-Prof. Olaf Reimer vom Institut für Astro- und Teilchenphysik der Universität Innsbruck erläutert, der in der Fermi Large Area Telescope (LAT) Kollaboration forscht. Da die beobachteten Intensitätsschwankungen innerhalb von nur wenigen Tagen stattfanden, muß die Energie aus einem verhältnismäßig kleinen Gebiet im Krebsnebel entstammen. „Unsere Vorstellungen, wie ein derart immenser Energiegewinn in solch kleinen Gebieten realisiert werden können, müssen jetzt neu hinterfragt werden“, verdeutlicht Reimer. „Die Zeitskalen der Strahlungsausbrüche sind dergestalt, daß die Elektronen einfach nicht genug Zeit hatten, auf ihrer Bewegung entlang der Magnetfeldlinien zu derartigen Energien beschleunigt zu werden.“ Ein weiteres Problem stellt sich in dann in den rapiden Energieverlusten dar - in Konsequenz nur möglich, wenn die Magnetfeldstärke im Krebsnebel deutlich höher als bisher angenommen ist.
Was bleibt, ist nun die Suche nach besseren Modellen, wie Teilchen im Krebsnebel zu den beobachteten Energien gelangen können. So kann davon ausgegangen werden, daß der Krebsnebelpulsar mit seinem intensiven Magnetfeld mit zur Beschleunigung beiträgt, so daß im inneren Teil des Krebsnebels derart hochenergetische Gammastrahlung freigesetzt werden kann. Somit verbindet sich die Suche nach dem Verständnis der Gammastrahlenausbrüche vom Krebsnebel mit der Untersuchung von Beschleunigungsprozessen im Krebsnebelpulsar selbst. „Der Übergang des Paarplasmas aus der Umgebung des Neutronensterns in die inneren Bereiche des Krebsnebels stellt das bestmögliche Laborexperiment dar, das uns die Natur zur Untersuchung derartiger Beschleunigungs- und Verlustprozesse präsentiert“, bemerkt Olaf Reimer.