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Im Vorfeld der Generalversammlung der Europäischen Geowissenschaftlichen Union Anfang April in Wien traf Prof. Pier Francesco Biagi, Physiker an der Universität von Bari und führender Forscher über Erdbeben-Frühwarnsysteme in Italien, eine wichtige Feststellung: Kollegen von ihm in Japan hätten schon am 1. März eindeutige Hinweise dafür vorgelegt, daß binnen 10 Tagen mit hoher Wahrscheinlichkeit ein großes Erdbeben auftreten würde. Obwohl entsprechende Meßwerte vorlagen und Warnungen ausgesprochen waren, gab es in der Regierung keine Behörde mit entsprechender Zuständigkeit, die darauf hätte reagieren können. Tatsächlich ist das Erdbeben, vor dem Biagis Team gewarnt hat, genau zehn Tage später mit tödlicher Wucht eingetroffen.
Prof. Biagi und seine Mitarbeiter arbeiten bereits seit mehreren Jahren daran, wie man aufgrund von Veränderungen im Bereich langer und sehr langer Radiofrequenzen mögliche Orte seismischer Aktivität ermitteln kann. Biagi berichtet, daß er mit seiner Methode mit 80%iger Wahrscheinlichkeit vorhersagen könne, wo sich innerhalb von zehn Tagen ein potentiell großes Erdbeben im Umkreis von 100 km ereignen werde.
Durch die Analyse von Radiosignalen, die von Sendeanlagen auf der Erde abgegeben und vom französischen Demeter-Satelliten empfangen werden, ermittelt Biagi Veränderungen niederfrequenter Radiowellen im Bereich von 3-300 KHz in der Ionosphäre. Biagis Team hat daraus eine Methode entwickelt, aus diesen Messungen Störungen natürlicher Radioquellen herauszufiltern und die normalisierten Ausgangsamplituden für einzelne Regionen der Erde zu isolieren. Daraus lassen sich spezifische Veränderungen ableiten.
In den letzten Jahren haben Biagis Mitarbeiter zu ganz bestimmten Zeitpunkten auffällige Senkungen in den Amplituden dieses Tiefspektrums festgestellt.
Diese Anomalien, deren Ursache nach wie vor ungeklärt sind, wurden direkt mit großen seismischen Ereignissen in Verbindung gebracht. Das zeigt, daß die Vorhersage von Erdbeben in der Tat wissenschaftlich möglich ist, und unterstreicht, wie dringlich es ist, die Wechselwirkung zwischen dem radiativen und elektromagnetischen Umfeld der Erde und seismischen Aktivitäten weiter zu erforschen - woraus sich in der Zukunft auch ein viel besseres Verständnis der Kopplung zwischen Lithosphäre und Ionosphäre entwickeln dürfte.
Biagi fühlt sich durch seine Forschungsergebnisse bestätigt, das Auftreten von Erbebenvorzeichen dieser und ähnlicher Art noch intensiver zu erforschen, um rechtzeitig vor großen Katastrophen warnen zu können. Es waren genau solche Vorzeichen, die Biagis Mitarbeiter am 1. März darauf aufmerksam machten, daß sich in Japan ein potentiell großes Erdbeben anbahnte.
Im Gespräch mit einem Vertreter der LaRouche-Bewegung in Italien sagte Biagi, wenn es in Japan eine Regierungsbehörde mit entsprechenden Befugnissen gäbe, die auf die Warnung seiner Arbeitsgruppe hätte reagieren können, dann hätte man die Bevölkerung rechtzeitig vor Einsetzen des tödlichen Erdbebens und Tsunamis evakuieren können. Auch die Situation am Kernkraftwerk von Fukushima hätte durch eine rechtzeitige Abschaltung der Reaktoren - 10 Tage statt nur 10 Minuten vor der Naturkatastrophe - verhindert werden können.
Unklar bleibt, ob japanische Wissenschaftler die Regierung gewarnt haben und nichts unternommen wurde, oder, was wahrscheinlicher ist, ob ihre Warnungen von der etablierten Wissenschaft in den Wind geschlagen wurden, weil die herrschende Wissenschaftsoligarchie Forschungsansätze wie die Biagis generell ablehnt.
In der Konsequenz heißt es auf jeden Fall, daß wir zur Koordinierung solcher Anstrengungen eine internationale Organisation nationaler Regierungsbehörden brauchen, damit die erkennbaren Vorboten von Erdbeben ausgewertet und adäquate Evakuierungspläne erstellt werden können.
In einem Interview mit der österreichischen Zeitung Der Standard hatte Prof. Biagi zuvor erklärt:
„Es gibt große Fortschritte in der Erforschung von Erdbebenvorzeichen. Wir haben gute Parameter und verschiedene Phänomene, die auf bevorstehende Erschütterungen hinweisen. Doch das ist alles nur in wissenschaftlichen Studien dokumentiert. Es gibt noch nirgendwo eine staatliche Organisation, die diese Möglichkeiten konsequent für die Vorhersage von Erdbeben nutzt. Das ist nicht die Aufgabe von Unis, sondern von Behörden. Bislang werden eben nur Daten gesammelt. Aber es wäre möglich. Wir sind bereits in der Lage, Vorhersagen machen zu können.”
Biagi sagte, wenn er der Chef der NASA wäre und über die Finanzierung von Erdbeben-Frühwarnsystemen bestimmen könnte, würde er sofort ein spezielles Programm mit Minisatelliten beginnen, die jeweils nur eine Million US-Dollar kosten. Verglichen mit den Rettungspaketen für die Wallstreet wären also selbst die Kosten für den Bau einer ganzen Flotte solcher Satelliten sehr gering. Aber es werden keine öffentlichen Gelder bereitgestellt. Wie Biagi meint, finanzieren Regierungen heute lieber Programme über „das Paarungsverhalten von Eisbären“. Biagi mußte seine Forschungsarbeiten selbst mit Krediten der örtlichen Sparkasse finanzieren. In Japan sei die Situation ähnlich.
eir