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Neue Solidarität
Nr. 11, 16. März 2011

Französische Bürgermeister mobilisieren gegen „Gift-Kredite”

Der französische Präsidentschaftskandidat von Solidarité et Progrès,  Jacques Cheminade, hatte am 1. März die Gründung einer „Kommission zur Untersuchung toxischer Kredite” gefordert, die bereits auf verschiedenen Webseiten betroffener Kommunen veröfentlicht wurde.

Am 8. März wurde nun im französischen Parlament die Gründung einer neuen Vereinigung mit dem Namen „Öffentliche Akteure gegen giftige Kredite” angekündigt. Diese für französische Verhältnisse sehr ungewöhnliche überparteiliche Initiative geht von Mandatsträgern aus verschiedenen politischen Lagern aus: Claude Bartolone, dem sozialistischen Präsidenten des Generalrats des Départements Seine-Saint-Denis, dem früheren Staatssekretär Henri Plagnol, einem Parlamentarier der Regierungspartei UMP, der jetzt Bürgermeister von Saint-Maur-des-Fossés ist, sowie von Christophe Faverjon, dem kommunistischen Bürgermeister des Ortes Unieux (bei Saint-Etienne). Alle drei öffentliche Verwaltungseinheiten sind von Bankkrediten mit flexiblen Zinsen betroffen, die mit Swaps oder anderen Derivatinstrumenten zusammenhängen. Bei den Banken, um die es in diesem Zusammenhang geht, handelt es sich um die Royal Bank of Scotland, Deutsche Bank, Depfa, Crédit Agricole, Dexia und Natixis. Sie stehen vor Gericht, weil sie ihre Position als Berater mißbraucht haben sollen, als sie ihre Produkte verkauften, ohne „vollständige” Informationen zu liefern.

Ein Beispiel dafür ist Dexia, deren Kredit an die Stadt Unieux sich in Gift für die Kommune verwandelte, als die Zinsrate auf einen ihrer Kredite am 31. Dezember 2010 von 3,68% auf 11,97% kletterte, was jährliche Zusatzkosten von 325.000 € bedeutet. Diese Zinsrate ist an die Entwicklung der Umtauschrate des Euro zum Schweizer Franken gekoppelt. Nachdem Dexia sich weigerte, den Kredit mit Unieux neu zu verhandeln, entschied der Stadtrat einstimmig, ab Januar 2011 nur noch einen Zinssatz von 3,99% zu zahlen.

In der Erklärung Cheminades vom 1. März hatte der französische Präsidentschaftskandidat betont, nicht nur diese Kredite seien „giftig” geworden, sondern das ganze System. Um mit der Krise umzugehen, seien folgende fünf Maßnahmen als integrierte, kohärente Politik notwendig:

- Erstens müsse eine wirkliche Untersuchungskommission zur Finanzkrise gegründet werden, die über die nötige Unabhängigkeit und das rechtliche Instrumentarium verfügen müsse, um die Bankiers zu befragen und sie nötigenfalls strafrechtlich zu verfolgen;

- zweitens solle die Bündelung und der Weiterverkauf von Schuldtiteln verboten werden, so wie dies auch die Angelides-Kommission fordert;

- drittens müsse ein Moratorium auf Wucherzinszahlungen erklärt werden, während reale Schulden beglichen werden sollen;

- viertens müsse das „Glass-Steagall”-Prinzip angewendet werden, um Dexia und Natixis zu zerschlagen, wobei die Einlagen von den Investmentbanken-Aktivitäten getrennt würden;

- und fünftens: die französische Crédit Local und die belgische Crédit Communal (deren Zusammenschluß zur Gründung von Dexia führte) sollten erneut der Kontrolle ihrer jeweiligen Länder unterstellt werden und wieder die öffentliche Finanzierung der Kommunen und anderer öffentlicher Einrichtungen übernehmen, wie vor der Ära der Deregulierung. Die Caisse des Dépôts et des Consignations (die als öffentliche Finanzierungsinstitution Frankreich 1816 gegründet worden war) sollte ebenfalls zu ihrer ursprünglichen Aufgabe zurückkehren, nämlich Einlagen zu schützen, indem damit Projekte öffentlichen und allgemeinen Interesses finanziert werden, statt zu spekulieren.

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