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Dresden. Eine Demonstration von 17.000 Lehrern und Polizisten für höhere Löhne verwandelte sich in einen Protest gegen den sächsischen Finanzminister.
Wer immer noch auf das alte Gejammer einiger pessimistischer Bürger hört, daß „sich ja eh nichts ändert“ und daß „die Deutschen nie auf die Straße gehen“, der hat nicht nur verschlafen, daß gerade die halbe Weltbevölkerung auf den Beinen ist, um dieses bankrotte System loszuwerden, sondern der hat auch verpaßt, daß sich das Prinzip des weltweiten Massenstreiks jetzt auch in Sachsen durchgesetzt hat.
Am 10. März 2011 versammelten sich 17.000 Lehrer und sich solidarisierende Polizisten aus ganz Sachsen in Dresden vor dem Finanzministerium, um ihren Tarifverhandlungen Nachdruck zu verleihen. Das interessante war, daß es auf dieser Demonstration um viel mehr ging als nur um eine Lohnerhöhung oder Tarifverhandlung. Dies wurde ganz deutlich, als der sächsische Finanzminister, Herr Unland, ans Mikrofon trat, um sich zu den Problemen der Lehrer zu äußern.
Dazu ist zu sagen, daß Herr Unland sich seit Ausbruch der Krise stets auf die Seite der Banken und Finanzinteressen gestellt hat, so auch im Fall der Sachsen LB, die erste deutsche Bad Bank, die 2007 den Freistaat fast in die Insolvenz getrieben hat. Nachdem die Landesbank Baden-Württemberg die Sachsen LB aufgekauft hat, garantiert die sächsische Bevölkerung deren Verluste immer noch mit 2,72 Mrd. Euro. Der Sächsische Finanzminister setzte sich persönlich für eine Erweiterung der Garantien um 1,8 Mrd. Euro ein, um somit noch mehr Steuergelder ins „Schwarze Loch“ zu stopfen.
Nun kann man sich vorstellen, wie angespannt und erhitzt die Stimmung war, als er auf die Bühne trat. Um so größer war die Empörung, als sich herausstellte, daß er gar nicht vorhatte, auf das Anliegen der Lehrer einzugehen, sondern zusätzlich noch zynische Bemerkungen über Tarifverhandlungen machte. Als er dann mit der üblichen Leier anfing, daß „wir im Jahr 2009 die schlimmste Wirtschaftskrise in Deutschland gehabt“ haben, kippte die Stimmung der 17.000 Akademiker. Um ein klares Zeichen der Ablehnung und der Verachtung für die Haltung des Finanzministers zu geben, drehten die Lehrer ihm demonstrativ den Rücken zu und wendeten sich von der Bühne ab. Immer wieder waren Ausrufe zu hören wie: „Ja, die Banken hast du gerettet, aber nicht unsere Arbeitsplätze“, oder „Du hast das Geld bei der Landesbank verzockt“. Ansonsten halfen sich die Demonstranten mit Trillerpfeifen, Megafonen und Hupen aus, um Herrn Unland zum schweigen zu bringen.
Das Maß war voll, als der Finanzminister beteuerte, daß die Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst „krisensicher“ seien. Mehrere Tausend Lehrer bildeten einen Sprechchor und riefen: „Aufhören! Aufhören! Aufhören!“, was Herr Unland dann endlich auch tat, als er die Bühne zur Freude der Lehrer verließ.
Diese Demonstration hat ganz klar gezeigt, daß nicht nur der weltweite Massenstreik auch in Deutschland angekommen ist, sondern es bedeutet auch, das unsere Tradition der friedlichen Revolution von 1989 wiederbelebt werden kann. Dieses Mal ging es „nur“ darum, dem sächsischen Finanzminister das Wort zu verbieten, doch bei der nächsten Gelegenheit kann es sich schon um die Einführung eines Trennbankensystems handeln.
Es sollte allen Bürgern bewußt sein, daß die herrschende Ungerechtigkeit in der heutigen Zeit nicht einfach so weiter gehen kann. Das war auch die Botschaft der BüSo an die demonstrierenden Lehrer und Polizisten, an die mehrere Tausend Flugblätter verteilt wurden, auf denen gesagt wurde: „ Ägypten ist überall“ und „Eine Grenze hat Tyrannenmacht“.
Es hat sich auch bei dieser Demonstration herausgestellt, wie wichtig es war, daß wir die Probleme der Lehrkräfte in den größeren Kontext der Systemkrise stellen konnten. Denn nur, wenn alle Schichten und Berufsgruppen für die Reorganisierung des Finanzsystems kämpfen, kann das Trennbankensystem im Sinne Franklin Delano Roosevelt durchgesetzt werden. Faule Schulden im Bankensystem müssen aus unseren Geschäftsbanken rausgewischt werden, und man muß denen die Rechnung präsentieren, die als Zocker für die Kasinowirtschaft verantwortlich sind, nämlich der Wallstreet.
Silvia Heinel