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Neue Solidarität
Nr. 47, 24. November 2010

Der Euro ist gescheitert! Zurück zur D-Mark!
Souveränität statt „Governance-Diktatur“!

Von Helga Zepp-LaRouche

Mit dem Ausbruch der Irland-Krise ist das Euro-Experiment vollständig gescheitert. Nur durch die Rückkehr zur wirtschaftspolitischen Souveränität und die Einführung eines Trennbankensystems kann eine Hyperinflation verhindert werden. Die deutsche Regierung muß jetzt von ihrem völkerrechtlich verbrieften Recht Gebrauch machen und den Lissaboner Vertrag kündigen.

Wie absolut vorauszusehen war, ist das Euro-Experiment mit dem Ausbruch der Irland-Krise und den schwelenden Krisen in Portugal, Spanien, Griechenland und Italien vollständig gescheitert. EU-Präsident Van Rompuy hat recht, die Euro-Krise ist die Existenzkrise der EU. Wenn sich EZB-Chef Trichet und die EU-Kommission mit ihren Plänen durchsetzen, Europa der „Governance“ - sprich: der Kontrolle durch IWF, EZB und der EU - zu unterwerfen, dann wird sich Europa binnen kürzester Zeit in ein Leichenschauhaus verwandeln. Nur die sofortige Etablierung der nationalen Souveränität und die Kontrolle über die eigene Währung kann Europa retten - als Europa der souveränen Republiken!

Nur wenn umgehend ein Trennbankensystem in der Tradition des von Roosevelt eingeführten Glass-Steagall-Standards durchgesetzt wird, bei dem die Geschäftsbanken unter staatlichen Schutz gestellt und mit frischen Krediten ausgestattet werden, während die insolventen Teile des Bankensektors geschlossen werden, kann der Absturz in das politische, wirtschaftliche und soziale Chaos verhindert werden. Denn der Grund, warum es zu diesen beispiellosen Exzessen der Kasino-Wirtschaft kam, liegt in der Auflösung des Glass-Steagall-Standards 1999 in den USA und der folgenden Deregulierung des Bankensektors in Europa.

Dies bedeutet auch, daß die Nationen Europas ihre Souveränität und die Kontrolle über die eigene Währung und Kreditschöpfung erneut bekräftigen müssen. Denn innerhalb der Vorstellungswelt der EU, der EU-Kommission und der EZB gibt es keine Lösung, die mit den Interessen der Mitgliedsstaaten und dem Gemeinwohl in Übereinstimmung zu bringen wären.

Wenn Vertreter dieser supranationalen Gremien von einer „neuen Governance“ in einem „integrierten globalen Finanzsystem“ sprechen, dem „die souveränen Staaten der Westfälischen Ordnung“ nicht mehr entsprächen, wie dies kürzlich Trichet tat, dann meinen sie damit nichts anderes, als daß private Finanzinteressen die Welt regieren sollen. Und dies bedeutet in Wirklichkeit die Rückkehr zum Feudalismus, in dem auch private Interessen die Welt zu ihrem Vorteil unter sich aufgeteilt hatten. Der Westfäliche Frieden hingegen schuf dagegen die Grundlage für das internationale Völkerrecht und die Verteidigung des Gemeinwohls durch souveräne Staaten. Und genau dies wollen Trichet, Barroso, Van Rompuy und Co. durch die uneingeschränkte Macht des Finanzsektors ersetzen, damit dieser die Kosten für die verzockten Hochrisiko-Spekulationen auf den Lebensstandard der Bevölkerung abwälzen kann.

Im Fall von Irland weigerte sich die Regierung zunächst zu Recht, ein sogenanntes „Rettungspaket“ seitens des European Financal Stability Fund in Anspruch zu nehmen, mit dem Argument, daß die Regierung bis Mitte nächsten Jahres über ausreichende Finanzmittel verfüge. Da aber mit der drohenden Pleite der beiden mit 650 Milliarden Euro verschuldeten irischen Privatbanken vor allem Banken in Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und den USA betroffen wären, eilte die Troika von IWF, EZB und EU-Kommission nach Dublin, um die irische Regierung zu zwingen, das Rettungspaket in Anspruch zu nehmen.

Auch wenn bei Redaktionsschluß das genaue Ergebnis der Verhandlungen noch nicht feststeht, so ist doch aufschlußreich, was die Irish Times am 18. November unter Bezugnahme auf den irischen Unabhängigkeitskampf gegen das Britische Empire schrieb: „Einigen mag es befremdlich vorkommen, daß die Irish Times die Frage stellt, ob es das ist, wofür die Männer des Jahres 1916 ihr Leben gaben: ein finanzielles Rettungspaket von der deutschen Kanzlerin, flankiert mit einigen Sympathie-Schillingen von seiten des britischen Kanzlers. Darin liegt die Schande des ganzen Vorgangs. Nachdem wir unsere Unabhängigkeit von Großbritannien errungen hatten, um Herr unserer eigenen Angelegenheiten zu sein, übergaben wir unsere Unabhängigkeit jetzt der Europäischen Kommission, der Europäischen Zentralbank und dem Internationalen Währungsfonds. Heute ziehen ihre Repräsentanten in die Merrion Street ein...“

Was auch immer das Ergebnis sein mag, selbst wenn sich die irische Regierung dem Druck beugen sollte, und damit den irischen Bürgern die Medizin dieser Troika in Form von brutalen Haushaltskürzungen zu verabreichen sucht: am 7. Dezember wird Finanzminister Lenihan seinen Sparhaushalt dem Parlament präsentieren müssen. Wie lange die Regierung sich danach halten kann, ist eine offene Frage.

Anstatt den Giftmüll der diversen Derivatkontrakte, die auf dem offenen Markt nach August 2007 nur noch zu einem Bruchteil des nominellen Wertes zu verkaufen gewesen wären, abzuschreiben, haben die „unabhängigen“ Zentralbanken seitdem auf den Druck der City of London und der Wall Street zweistellige Billionenbeträge in Form von Rettungs- und Stimuluspakten, Kreditfenstern zu Null-Zinsen etc. in das System gepumpt. Dahinter steht die unverhohlene Absicht, den großen Bluff so lange wie möglich weiterzutreiben - und dabei weiter gigantische Profite einzustreichen.

Aber diese enorme Umverteilung von arm zu reich, die Verwandlung privater Schulden in Staatsschulden, diese wunderbare Vermehrung der Millardäre und Millionäre zu Lasten des Steuerzahlerns und des Gemeinwohls - sie hat ihren Preis. Es droht eine globale Hyperinflation, diese brutalste Form der Enteignung der Bevölkerung, die wir in Deutschland 1923 schon einmal erlebt haben, deren Vorgeschmack in der Form gestiegener Rohstoff- und Agrarrohstoffpreise schon jetzt Menschenleben kostet. Wer nur eine Mahlzeit pro Tag essen kann, für den kann ein Preisanstieg beim Weizen von 40% schon zu viel sein.

Natürlich sind die Profiteure der Hochrisiko-Spekulation gegen ein Trennbankensystem. Sie bestehen darauf, daß ihre Investitionen vollständig honoriert werden, auch wenn es in Wirklichkeit Investitionen in ein System sind, das bereits gestorben ist. Aber sollen wir die Zivilisation wirklich zugrunde gehen lassen, nur damit eine kleine Schicht von Leuten ein exklusives Leben voller Privilegien führen kann, während alle sozialen Systeme wegen Personal- und Geldmangel vor unseren Augen zusammenbrechen? Und weit über eine Milliarde Menschen täglich hungert? Die Katastrophe der Cholera-Epidemie in Haiti ist das Menetekel, das der ganzen Zivilisation als Warnung dienen sollte, denn das wird auch ihr Schicksal sein, wenn wir die „Global Governance“ der postwestfälischen Weltordnung, die uns Trichet verordnen will, akzeptieren.

Mit einem Trennbankensystem würden einige Leute etwas Geld verlieren, das aber ohnehin nur virtuell ist. Statt dessen würden die produktiven Aktivitäten finanziert, wie Industrie, Landwirtschaft und Handel, von denen die Existenzgrundlage der gesamten Bevölkerung abhängt. Alle Bereiche des Gemeinwohls, wie Renten, Löhne, Spareinlagen bis zu einer bestimmten Höhe, Mittelstand, Einzelhandel, Sozialeinrichtungen usw. würden unter staatlichen Schutz gestellt. Die Geschäftsbanken könnten alle produktiven Bereiche sofort mit ausreichenden Krediten versehen, und nach kurzer Zeit könnte eine ähnliche Erholung der Wirtschaft erreicht werden, wie wir es mit dem Wirtschaftswunder in der der Nachkriegszeit erlebt haben.

Die europäische Währungsunion ist gescheitert, weil sie von vornherein von üblen Motiven gespeist war, nämlich der bewußten Schwächung der deutschen Wirtschaft. Wie Jacques Attali in seiner Biographie über Mitterand beschreibt, drohte dieser Deutschland sogar mit Krieg, falls Kohl die D-Mark nicht als Preis für die Wiedervereinigung aufgegeben hätte. Und Margaret Thatcher versuchte bekanntlich mit allen Mitteln, die Wiedervereinigung zu verhindern - einschließlich der perfiden „Viertes-Reich“-Kampagne gegen Helmut Kohl. Der Maastrichter Vertrag war von vornherein als Knebelung Deutschlands gedacht und ist maßgeblich an der jetzigen Katastrophe schuld.

Wir müssen zur Produktion von realen Gütern zurückkehren. Die vollkommene Überblähung des Finanzsektors war eine historische Absurdität, ein Irrweg. Warum sollen Banker Millionen verdienen? Sie müssen wieder die Diener der Industrie werden. Wir müssen durch Gesetze das befördern, was der Allgemeinheit dient: wissenschaftliche und technologische Innovation und Investitionen in reale Produktion.

Die deutsche Regierung muß jetzt in dieser Krise von dem ureigensten völkerrechtlich verbrieften Recht Gebrauch machen, daß ein Staat aus einem Vertrag austreten kann, wenn er die existentiellen Interessen dieses Staates verletzt. Der Lissaboner Vertrag sieht explizit die Möglichkeit der Aussetzung des EU-Rechts über Nacht und die Einleitung des Austritts vor. Die Bundesregierung hat den Amtseid geschworen, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden. Dieser Eid muß jetzt eingehalten werden.

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