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Neue Solidarität
Nr. 46, 17. November 2010

Aus Wirtschaft und Technik

Chinesischer Fusionswissenschaftler: Deutschland ist viel zu langsam!

Von dem in Deutschland typischen Technikpessimismus hebt sich wohltuend ab, was ein chinesischer Spitzenforscher jetzt in einem Interview mit der Wochenzeitung Die Zeit sagte. Jiangang Li, Leiter des nationalen chinesischen  Kernfusionsprojekts auf der Forschungshalbinsel in Hefei, erklärte: „Alternative Energien, wie Solar- oder Windkraft, werden die steigende Nachfrage in den nächsten Jahrzehnten nicht decken können. Da wäre die Energiegewinnung durch Kernfusion die ideale Lösung.“ Die für die Experimente am Tokamak-Reaktor in Hefei erforderlichen supraleitenden Magnetspulen zur Herunterkühlung auf den Minusnullpunkt von 269 Grad würden am dortigen  Institut für Plasma-Physik hergestellt, erläuterte Jiangang Li. „Die Forschung an Supraleitern ist auch unser Hauptbeitrag zum internationalen Kernfusionsprojekt ITER.“

Zur Frage der Kosten des ITER-Projekts - 15 Milliarden Euro - erklärte Jiangang Li, das sei längst nicht so teuer, wie oft behauptet werde: „Nach meiner Kenntnis entfallen auf jedes ITER-Mitglied rund 1,9 Milliarden Euro - und das auf zehn Jahre verteilt. Das ist wenig für ein solches Forschungsprojekt. Und obwohl Deutschland ein viel reicheres Land ist als China oder Indien, investieren wir und die Inder mehr Geld in die Fusionsforschung. Aus einem einfachen Grund: Wir brauchen diese neue Energie dringend für unser Wachstum und für die Zukunft. China und andere Länder, die in einer ähnlichen Lage sind, würden die Reaktorentwicklung sicherlich auch ohne Deutschland weiterführen.“ Dies sei auch notwendig, weil die Absicht der chinesischen Regierung, bis zum Jahr 2050 insgesamt 500 Atomkraftwerke zu bauen, dann voraussichtlich nur zehn bis zwölf Prozent des chinesischen Energiebedarfs decken wird.

Jiangang Li äußerte sich verwundert über die Trägheit der Politik in Deutschland: „Wenn die Regierung hier in China zum Beispiel ein Forschungsprojekt beschließt, kann es in einem Monat umgesetzt werden. Das ist ein Vorteil unseres Systems.“ Auch die Bevölkerung stehe hinter der nationalen Forschungspolitik: „Uns kennt hier in Hefei jeder Taxifahrer. Und ein Journalist nannte unseren Tokamak einmal ,künstliche Sonne’. Natürlich haben einige Leute Angst: Manche glauben, daß wir hier an einer Atombombe basteln. Aber die meisten sind begeistert. Wir hatten bisher zweimal einen Tag der Offenen Tür - viele Menschen sind sehr weit gereist, um den Reaktor zu sehen.“ Auf die Frage nach dem „Umweltbewußtsein“ unter der Bevölkerung sagte Jiangang Li etwas ironisch, das werde sich in China erst in 100 Jahren herausbilden, denn fürs erste wollten die Chinesen wirtschaftlich und lebensstandardmäßig vorankommen.

Unter deutschen Spitzenpolitikern, die ansonsten eher dem „Strom aus der Wüste“ hinterherlaufen und mit Atom wenig am Hut haben, stach jetzt einer hervor, der offenbar seinen Kopf zum Denken benutzt. Erwin Sellering,  SPD-Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, besuchte am 28. Oktober die nationale deutsche Fusionsforschungsanlage Wendelstein 7-x  in Greifswald und nahm dabei deutlich Position für die Kernfusion: „Am Standort Greifswald wird versucht, eines der wichtigsten Probleme zu lösen, denen sich die Menschheit in den nächsten Jahrzehnten gegenüber sieht: Wie stillen wir den immensen Hunger von Weltbevölkerung und Weltwirtschaft nach Energie?“

Eine neue Perspektive für die Eurasische Landbrücke: die Transformation Zentralasiens mit Meerwasser

In Chinas Autonomer Uigurenregion in Xinjiang wird ein neues Konzept zur Transformation der ausgedörrten Wüsten Zentralasiens ausgearbeitet, berichtet People's Daily am 8. November. Bei einem Forum in Urumqui diskutierten Experten am 5. November die Möglichkeit, Wasser aus der Bohai-Bucht über 3000 km nach Xinjian zu bringen. Die Bohai-Bucht liegt vor den Toren Pekings und gehört zum Gelben Meer.

Das zugrunde liegende Konzept besteht darin, Wasser von der Nordwestküste der Bohai-Bucht bis in eine Höhe von 1200 Meter zu transportieren, um es dann in den Südwesten der Autonomen Region Innere Mongolei und dann weiter von Osten nach Westen nach Xinjiang entlang des 42. Breitengrades zu leiten. Das Wasser würde in tiefgelegenen Trockenseen, Lagunen und Talbecken in der Wüste aufbewahrt werden.

Der im Überfluß vorhandene Sonnenschein in der nordwestlichen Region kann durch die natürliche Verdampfung des Meerwassers signifikant die Feuchtigkeit der andernfalls extrem trockenen Luft steigern und damit den Niederschlag erhöhen. Außerdem könnte man die Sand- und Staubstürme in den nördlichen und nordwestlichen Regionen Chinas in den Griff bekommen. Eine nützliche Anwendung der Sonnenergie...

„Experten des Forums kamen überein, daß der Sprung vorwärts in der Entwicklung von Xinjiang von strategischer Bedeutung für Ökologie, Energie, Geographie,  Kultur, und die Entwicklung der Kunststoff-Industrie ist.“ Ausgewogene Lösungen für die Schaffung von Wasser-Ressourcen in Xinjiang sind ihrer Ansicht nach aber besonders von sozialem und politischem Nutzen. „Der Transport von Wasser aus der Bohai-Bucht nach Xinjiang wird den strategischen Status Xinjiangs in der Eurasischen Landbrücke beträchtlich steigern.“

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