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Neue Solidarität
Nr. 42, 20. Oktober 2010

Massenstreik gegen die Rentenreform

Demonstrationen. Die französische LaRouche-Bewegung interveniert erfolgreich in die Millionenproteste gegen die sozialen Kürzungen.

Seit Anfang September gehen Millionen Franzosen auf die Straße gegen die Rentenreform, die Präsident Sarkozy der Bevölkerung aufnötigen will, um die Ansprüche unbelehrbar weiterzockender Banker zu befriedigen. Die Schwesterpartei der BüSo, Jacques Cheminades Solidarité et Progrès, hat sich in ganz Frankreich in dieses Massenstreikferment eingeschaltet, um ihm Inhalt und Richtung zu geben.

Durch eine gutorganisierte Serie nationaler Demonstrationen und Aktionstage, die in immer kürzeren Abständen aufeinander folgen, wollen die großen Gewerkschaften die Regierung zur Aufgabe der Reform bewegen, die gegenwärtig von der Nationalversammlung beraten wird. Die Zahl der Demonstranten, die an vier landesweiten Demonstrationstagen im September und Oktober auf die Straße gingen, erhöhte sich dabei von zwei auf drei Millionen, und bei den jüngsten Demonstrationen wurde dank einer massiven Teilnahme von Studenten und Schülern ein neuer Grad an kämpferischer Energie erreicht. Obwohl es nominell um die Rentenreform geht, liegt der tieferliegende Grund für die Demonstrationen in der Erkenntnis, daß Sarkozy wieder die alte „Feudalordnung“ des Geldes errichten will, wie sie einst von F.D. Roosevelt und in Frankreich Charles de Gaulle und den Nationalrat der Résistance nach dem Zweiten Weltkrieg beendet worden war.

Das französische Rentensystem befindet sich in einem schlechten Zustand, wie die übrige Wirtschaft und aus den gleichen Gründen, aber das ist nicht der eigentliche Grund für die Rentenreform, die die „Märkte“ und ihr Finanzarm, der Internationale Währungsfonds, von der Regierung fordern. Massive Bankenrettungsaktionen haben seit Beginn des Finanzkrachs 2007 riesige Defizite und Verschuldungen in den Staatshaushalten entstehen lassen, und die Banken verlangen jetzt tiefe Einschnitte bei den Sozialausgaben, um die AAA-Bewertung ihrer Staatsschuldenpapiere nicht zu gefährden. Der IWF-Direktor Dominique Strauss-Kahn und sein Berater Olivier Blanchard riefen in den vergangenen Monaten wiederholt in der französischen Öffentlichkeit nach brutalen Sparmaßnahmen, ganz besonders in zwei Bereichen: soziales Netz und Renten!

Mit dem Argument, das Defizit in der Rentenkasse werde 2018 bei 43 Mrd. und 2050 bei 100 Mrd. Euro liegen, will die Regierung das Rentenalter für diejenigen, die 40,5 Jahre lang eingezahlt haben, von 60 auf 62 Jahre hochsetzen. Wer nicht so viele Beitragsjahre erreicht, soll statt bis zum 65. bis zum 67. Lebensjahr arbeiten. Das ist nicht nur eine empörende Ausplünderung der Bevölkerung, um die Banken mit öffentlichen Geldern über Wasser zu halten, es ist auch besonders ungerecht gegen die Schwächsten. Das sind insbesondere Frauen, die wegen der Kindererziehung nicht auf genügend Beitragsjahre kommen, sozial Schwache, die häufig arbeitslos waren, und Frührentner, deren Verhältnisse sich verschlechtern. Hinsichtlich der Frauen sollte man bedenken, daß ihre durchschnittliche Monatsrente 850 Euro beträgt, nur 62% der Rente ihrer männlichen Kollegen, und ihr durchschnittlicher Monatslohn nur 80% der Entlohnung der Männer!

Die Regierung macht für das Defizit in der Rentenkasse die Umkehrung der Bevölkerungspyramide verantwortlich (zu viele Alte, zu wenig Junge), aber der wahre Grund liegt in der verrückten Ideologie der regierenden 68er-Generation, die durch die Aufgabe von Wissenschaft, Hochtechnologie und industrieller Orientierung die Volkswirtschaft zerstört und dem Finanzkapital ausgeliefert hat.

Mobilisierung der S & P

Die Gewerkschaften mobilisieren zwar erfolgreich die Bevölkerung, aber solange sie sich auf die Rentenfrage beschränken, werden sie - auch kurzfristig - so gut wie gar nichts lösen, selbst wenn sie einige Kompromisse oder sogar die Ablehnung des Rentengesetzes erreichen. Denn, wie LaRouche nicht müde wird zu betonen: es ist das gesamte Finanzsystem, das zusammenbricht, und niemand wird sich eine warme Nische schaffen können, wo er sich vor der Krise verstecken kann.

Das ist die Botschaft, welche die Solidarité et Progrès (S & P) in diesem Massenstreik erfolgreich verbreiten konnte. In einem Flugblatt, von dem seit September mehr als 200.000 im ganzen Land verteilt wurden, macht sich S & P über die Ausreden der Regierung lustig, indem gezeigt wird, daß man mit großen Infrastrukturprojekten zwei Millionen Arbeitsplätze schaffen und den Nationalreichtum um 3% steigern kann, was nicht nur die enormen Ausgaben für die Arbeitslosigkeit signifikant verringern, sondern auch die Lösung der sogenannten Rentenkrise bedeuten würde.

Allerdings wird nur eine völlige Neuordnung des internationalen Bankensystems durch die Wiederinkraftsetzung des Glass-Steagall-Gesetzes, dessen Pendant in Frankreich 1984 von Jacques Delors abgeschafft wurde, eine derartige Veränderung ermöglichen. Große, von S & P bei den Demonstrationen mitgeführte Banner für eine weltweite Glass-Steagall-Lösung und den Kampf gegen finanziellen Faschismus erregten ziemlich viel Aufsehen bei den Demonstranten, die froh waren, daß S & P mit eigenen Slogans präsent war. Andere wiederum wollten unbedingt wissen, was Glass-Steagall eigentlich ist.

Besonders begeistert die Tatsache, daß mit dem sich entwickelnden Massenstreikprozeß immer mehr Sympathisanten von S & P aus allen Generationen mit der Situation wachsen und dabei sind, ihrem Land Führung zu geben. In der Pariser Region haben sich 20 Sympathisanten den langjährigen Mitgliedern bei diesen Demonstrationen aktiv angeschlossen und sind bereit, die Verantwortung für weitere Aktivitäten zu übernehmen. Ein ähnliches Phänomen gab es in der Bretagne, wo S & P bei allen Demonstrationen in den größeren Städten präsent war, wie auch in der Region Rhone-Alpes. Weitere Sympathisanten wurden in ihrer jeweiligen Gegend aktiv, darunter Lothringen, der Normandie, Süd- und Südwestfrankreich.

Christine Bierre

Lesen Sie hierzu bitte auch:
„Reagieren wir auf diese Krise, indem wir eine neue Renaissance machen!“
- Neue Solidarität 29/2010
Die Stunde der Wahrheit ist gekommen
- Neue Solidarität 27/2010
Internetseite von Jacques Cheminade
- in französischer Sprache
Internetseite der Solidarité et Progrès
- in französischer Sprache