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Neue Solidarität
Nr. 39, 29. September 2010

Basel 3: Die Medizin ist schlimmer als die Krankheit

Banken. Die neuen „Basel-3-Richtlinien“ betreffen nur Banken, aber nicht sog. „Nichtbanken“ wie z.B. Hedgefonds, die den Großteil der Finanzspekulationen organisieren.

Die neuen Finanzregeln für Banken, die unter dem Namen „Basel 3“ erlassen wurden, erinnern an den Zimmermann, der, als er merkte, daß der Tisch ein kürzeres Bein hat, schließlich alle Beine absägt, um sie dem kürzeren anzupassen. Es wäre nur eine weitere Lektion über die Narretei der Banker, wäre das System nicht dabei, auseinanderzufallen. Und dieser Zerfallsprozeß wird durch Basel 3 noch beschleunigt.

Zunächst einmal lösen die Richtlinien von Basel 3 nicht das zentrale Problem, und das sind die Schulden. Finanzieller Giftmüll wird nicht entsorgt. Zweitens werden die Banken einem restriktiven System unterworfen, während der ganze Bereich des sogenannten „Schattenbankwesens“ nicht angerührt wird. Deshalb sind Finanzplätze wie die Londoner City, wo die Finanzaktivitäten im wesentlichen von Nicht-Banken betrieben werden, von den neuen Regeln überhaupt nicht betroffen. Drittens passen die neuen Regeln zur deflationären Haushaltspolitik, die zur Zeit den Mitgliedsstaaten der EU übergestülpt wird, und sie werden deflationäre Auswirkungen haben, denn die Banken werden weniger Geld ausleihen, damit sie dem geforderten Verhältnis von Kapital zu Anlagewerten gerecht werden. Und viertens werden die Banken durch die Verpflichtung zu einem höheren Prozentsatz „qualitativ hochstehender flüssiger Anlagen“ von den Zentralbanken dazu getrieben, mehr Staatsanleihen zu kaufen - vielleicht zur Verbesserung der Staatsbilanzen, nachdem diese mit den Schulden der Banken überfrachtet worden sind. Auf diese Art und Weise werden sie schließlich enden wie der berühmte Zimmermann.

All das sind monetäre Maßnahmen, die eine Schuldenkrise durch die Aufnahme von noch mehr Schulden heilen wollen. Die einzige Lösung - eine Trennung von Bankaktivitäten nach Glass-Steagall als Vorspiel zur Streichung der Derivateblase - wurde noch nicht einmal in Betracht gezogen. Der Journalist Massimo Mucchetti schrieb dazu in einem Kommentar für den Corriere della Sera vom 14. September: „Die internationale Bankenkrise ist ein Produkt der Schuldenwirtschaft, die ihre Entwicklung mit dem Geld anderer Leute aufpumpt. Banken waren Ursache, der Motor und die Wirkung dieser gedopten Wirtschaft. Das Heilmittel wäre die schrittweise (und schmerzliche) Reduzierung der Schulden, um morgen wieder zu wachsen, jedoch in einer gesünderen und fairen, ich möchte sagen, ehrlicheren Art und Weise. Es ist schwer, andere Wege zu beschreiten... aber gerade weil es schwierig ist, würde dieses Heilmittel eine große Reformanstrengung beinhalten und sich auf alle Aktivitäten erstrecken, nicht nur Finanzen. In den dreißiger Jahren trennte der New Deal nicht nur die siamesischen Zwillinge der Geschäftsbankenaktivitäten und des Finanzkredits - was die Wallstreet wütend machte -, er veränderte auch die westliche Lebensweise. Ist Basel 3 derart umfassend? Die Antwort darauf lautet nein.“

Da es „keine Erfordernisse an Kapitalrücklagen gibt, die der wirklichen Liquiditätskrise angemessen wären“, erforderte eine wirkliche „Lösung einige Roosevelts des neuen Jahrtausends, und keine Zentralbanken und Regierungen aus der Vergangenheit. Für die USA, das führende Land, fassen dies zwei Zahlen zusammen: die amerikanische Gesamtverschuldung betrug im Juni 2007, am Vorabend des Desasters, 47.000 Mrd.$, mittlerweile beträgt sie 52.000 Mrd.$. Nicht nur Italien, der ganze Westen ist am Schwimmen - in der Hoffnung, daß sich die Probleme von selbst lösen werden.“

Parallel zu den Regeln von Basel 3 hat EU-Kommissar Michel Barnier einen Plan zur „Regulierung der Derivate“ vorgelegt, um den eine Menge vernebelnder Propaganda gemacht wird. Barnier schlägt vor, alle OTC-Derivate „unter“ dem Bankschalter abzuwickeln und die Aufsichtsbehörden zu ermächtigen, Leerverkäufe und CDS zu blockieren, wenn sie die finanzielle Stabilität eines Landes gefährden. Das wird niemals funktionieren, denn mit Derivaten verhält es sich so wie mit einer Schwangerschaft - man kann nicht ein „bißchen“ schwanger sein. Seine Absichten formulierte Barnier recht deutlich in einem Interview mit Les Echos am 15. September. Auf die Frage „Warum nicht einfach die Leerverkäufe von hochspekulativen Produkten verbieten?“, antwortete er: „Weil wir Leerverkäufe brauchen! Diese Verkäufe vermehren die Liquidität. Das Verbot der Spekulation steht außer Frage. Sie ist seit undenkbaren Zeiten Teil des wirtschaftlichen Lebens gewesen. Es wäre so, als ob man den Regen verbieten wollte!“

sas

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