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Neue Solidarität
Nr. 35, 1. September 2010

Projekt „Beringstraße“ wieder auf der Tagesordnung

Neben NAWAPA steht jetzt ein zweites Jahrhundertprojekt auf der Tagesordnung: Die Untertunnelung der Beringstraße. Aslambek Aslachanov, Mitglied des russischen Föderationsrates, kündigte in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Novosti an, daß das Tunnel-Projekt im November beim G20-Gipfel in Süd-Korea behandelt werde. „Soweit wir wissen, werden unsere südkoreanischen Kollegen dieses Projekt auf die Tagesordnung setzen.“ Es seien allein politische Gründe gewesen, die den Bau bisher verhindert hätten.

Aslachanov, der die sibirische Region Omsk repräsentiert, führte weiter aus, daß das Projekt in der russischen Regierung mehrheitlich befürwortet werde: „Der primäre Vorteil wird die Schaffung von Hunderttausenden Arbeitsplätzen sein.“ Es schaffe die Gelegenheit, neue Häuser, sogar ganz neue Städte zu bauen und die Industrie in der gesamten Region zu entwickeln. Es werde auch Zugang zu neuen Mineralvorkommen sicherstellen.

1997 habe die Russische Regierung zu diesem Thema eine Konferenz abgehalten; damals sei beschlossen worden, das Projekt aktiv zu verfolgen, und alle relevanten Dokumente bereits unterzeichnet worden. Aber die „politische Wende“ versperrte den Weg, sagte Aslachanov. Nun sei es wieder auf der Tagesordnung. „Wir müssen jetzt den politischen Willen zeigen, das Projekt in der Realität umzusetzen.“

Es gäbe auch Widerstand: Einige Ökonomen bezweifelten die Realisierbarkeit, „aber sie sind zu jung, um das ganze Bild zu sehen; sie verstehen das Projekt nur als solches, ohne an die industrielle und regionale Entwicklung zu denken, den dieses Projekt bringen könnte.“ Die meisten der führenden russischen und internationalen Wirtschaftswissenschaftler und Experten glauben, das Projekt sei vielversprechend. Es würde 10-12 Jahre bis zur Fertigstellung brauchen und in weiteren 10-12 Jahren die Kosten wieder hereinholen.

Behauptungen, es werde zu einem Nettoverlust kommen, seien ihm unverständlich, weil der Tunnel „vier Kontinente verbinden und die Entwicklung mehrerer Regionen in diesem Land beflügeln wird“. Viele Länder hätten bereits Interesse gezeigt, dieses Projekt zu bauen.

Alexander Bgatow, ein anderer Experte, erinnerte daran, daß die Idee des Tunnelbaus über 100 Jahre alt ist und dieser zuerst durch den japanisch-russischen Krieg, dann durch die Oktoberrevolution und andere Ereignisse verhindert wurde. 1990 habe eine Gruppe von Spezialisten aus den USA, Rußland und Großbritannien eine gemeinnützige Gesellschaft gegründet, um das Projekt zu studieren und habe die seit 1902 bestehende Erkenntnis bestätigt, daß es machbar sei.

Das Projekt habe großes Potential, das Konzept gehe weit über einen Eisenbahntunnel hinaus. Es gehe um den Bau einer großen Transportroute, welche Hochgeschwindigkeitszüge, eine achtbahnige Autobahn, Stromnetze, Öl- und Gaspipelines, Glasfaserleitungen und andere Infrastruktur mit einschließen würde.

Den größten Einfluß, so Bgatov, werde nicht die Eisenbahn selber haben, sondern der Einfluß dieses Projektes auf die Entwicklung der ganzen Region. „Wir können die ganze Dimension nur erahnen, aber zur Zeit nicht genau beziffern. Nur soviel ist klar: Die Auswirkungen werden enorm sein.“

eir