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Neue Solidarität
Nr. 32, 11. August 2010

Wernadskij über Biosphäre und Noosphäre

In seinem Buch „The Biosphere“ von 1926 (1986 auf englisch erschienen) äußerte sich der russische Geobiochemiker Wladimir Wernadskij zu den Eigenschaften lebender Materie und der Biosphäre:

„Infolge dieser Strahlungen dringt Energie in die Substanz der Biosphäre ein - sie wird aktiv, sie sammelt und verteilt die Energie in Form von Strahlung und verwandelt sie in den irdischen Lebewesen schließlich in freie Energie, mit der diese Arbeit leisten können...

Irdische Lebewesen sind das Ergebnis eines komplizierten kosmischen Prozesses - sie bilden einen regulären und notwendigen Teil eines harmonischen kosmischen Mechanismus, in dem, wie wir wissen, kein Platz für Zufall ist...

Es gibt in der Erdkruste kein nennenswertes Gleichgewicht, das vom Leben unbeeinflußt wäre, welches unauslöschliche Spuren in der gesamten Chemie der Erdkruste hinterläßt. Leben ist somit keine Zufallserscheinung außerhalb der Erdkruste. Es ist Teil der Struktur und des Mechanismus der Erdkruste, worin es wesentliche Funktionen erfüllt, die für die Existenz dieses Mechanismus notwendig sind...

Ein lebender Organismus der Biosphäre muß empirisch als ein besonderer Körper untersucht werden, der sich nicht vollständig auf uns bekannte physikalische und chemische Systeme reduzieren läßt... Diese von vielen Wissenschaftlern gestellte Aufgabe könnte sich als ebenso illusorisch herausstellen wie das Problem der Quadratur des Kreises. Im Bereich der Biologie sind wir mehr als einmal auf solche Probleme gestoßen...

Leben, das in die abstrakte Zeit und den abstrakten Raum der Mathematik übertragen wird, ist eine Fiktion, eine Schöpfung unseres Verstandes, welche nicht der Realität entspricht.“

Unter der Überschrift „Einige Worte über die Noosphäre“ wendet sich Wernadskij im Schlußteil des Buchs der einzigartigen Rolle zu, die der Mensch in der Noosphäre spielt:

„Besonders ein Mensch von Vernunft und klug gelenkter Entschlußkraft kann direkt oder indirekt Felder erreichen, die jedem anderen Lebewesen unzugänglich sind... Eine solche Eigenschaft des homo sapiens kann nicht als zufällig betrachtet werden.

Es gibt keinen einzigen Winkel auf der Erde, wo der Mensch notfalls nicht überleben könnte... Die Kraft des Menschen ist nicht mit seinem Körper, sondern mit seinem Gehirn, seinen Gedanken und seiner vom Geist gelenkten Arbeit verbunden. In der geologischen Geschichte der Biosphäre eröffnet sich dem Menschen eine große Zukunft, wenn er dies erkennt und seinen Verstand und seine Arbeit nicht in die Selbstzerstörung führt.

Der Mensch strebt über die Grenzen seines Planeten hinaus - ins Weltall. Und das wird ihm wahrscheinlich gelingen... Die Ideale unserer Demokratie entsprechen einem spontanen geologischen Prozeß, den Naturgesetzen - der Noosphäre. Deswegen können wir zuversichtlich in die Zukunft schauen... Sie liegt in unseren Händen. Wir sollten sie nicht vorbeigehen lassen.“