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Neue Solidarität
Nr. 3, 20. Januar 2010

USA müssen sich mit China, Indien und Rußland zusammentun

Vier Mächte. Die Zusammenarbeit zwischen Rußland, China und Indien wird immer enger, von der Atomenergie bis zur Raumfahrt. Wann werden sich die Vereinigten Staaten endlich anschließen?

„Als erstes brauchen wir sofort ein Abkommen zwischen den Vereinigten Staaten, Rußland, China und Indien sowie anderen Ländern, die in dieser Region von Bedeutung sind. Man muß das tun, was kürzlich im Oktober mit dem Abkommen zwischen China und Rußland in begrenztem Umfang geschehen ist. Denn das ist der Anfang, das ist das Muster. Indien muß eingebunden werden, Südostasien muß eingebunden werden.

Wir müssen jetzt ein Entwicklungsprogramm starten. Die Vereinigten Staaten müssen das unterschreiben und ein Partner in seiner Umsetzung werden. Dann wir haben genug Macht, um den politischen Kurs dieses Planeten zu ändern. Und das ist auch der Weg, die Probleme der Vereinigten Staaten zu lösen.“ - Lyndon LaRouche

 

In dem Finanzkollaps, der 2007 begann und der Hunderte Millionen Familien in aller Welt in Verzweiflung stürzt, erscheint die Zusammenarbeit zwischen Rußland, Indien und China wie ein Leuchtturm der Hoffnung. Die drei Riesennationen der eurasischen Landmasse, auf der mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung lebt, sind dabei, ein Dreierbündnis zu schmieden, indem sie ihre Wirtschaftsbeziehungen stärken und ein regionales Netz von Sicherheitskooperation aufbauen. Der Vorreiter dieser Bemühungen ist Rußland, Ministerpräsident Wladimir Putin gilt als Hauptinitiator dieses trilateralen Dialoges zwischen China, Indien und Rußland, der jetzt in der asiatisch-pazifischen Region neue Realitäten schafft.

Diese Zusammenarbeit ist eine Kampfansage an die koloniale und imperiale Politik der Briten, die seit dem Kalten Krieg in den letzten 40 Jahren in wirtschaftlicher wie in strategischer Hinsicht vorherrschend war. Ein Erfolg ist dabei aber nicht möglich ohne die Beteiligung der Vereinigten Staaten, die sich unter Präsident Barack Obama leider immer noch in einem Zustand der Realitätsverweigerung befinden. Die USA betreiben immer noch die von den Briten stammende Freihandelspolitik, obwohl dadurch ein Großteil der Produktionskapazitäten der USA ruiniert und in der Wirtschaft eine Kultur hervorgebracht wurde, bei der auf illegale Weise skrupellos Geld gemacht wird - nicht zuletzt durch Produktion und Vertrieb von Rauschgiften, um die Finanzinstitute liquide zu halten.

Lyndon LaRouche verweist schon seit langem auf das wirtschaftliche Potential der asiatisch-pazifischen Region. Er betont, daß die fortgeschrittensten Technologien eingesetzt werden müssen, um die dort lagernden gewaltigen Rohstoffvorkommen zu erschließen und mit Infrastrukturbauten wie dem Beringstraßen-Tunnel die eurasischen Projekte zu interkontinentalen zu machen. Darüber hinaus böten die extremen geologischen und klimatischen Bedingungen in weiten Teilen dieser Region nützliche wissenschaftliche Herausforderungen. Wie Lyndon LaRouche betont hat, müssen die vier Mächte Rußland, Indien, China und USA ein Abkommen schließen, das bankrotte jetzige Weltfinanzsystem abzuschaffen, um sicherzustellen, daß genügend Kredit für einen solchen Wirtschaftsaufbau vorhanden ist.

Rußland und China sind aufeinander angewiesen

Das Dreiecksbündnis zwischen Rußland, Indien und China hat vor vielen Jahren zaghaft begonnen, und es waren Jahre notwendig, um es zu konsolidieren. Im letzten Quartal 2009 zeigte sich schließlich, daß diese drei großen und mächtigen Nationen beschlossen haben, ihre politischen Differenzen ad acta zu legen und ihre Kräfte gegen die Feinde des wirtschaftlichen Fortschritts zu bündeln. Dieses Phänomen erlebte man bei Konferenzen der Welthandelsorganisation (WTO), wo die Vertreter des Freihandels versuchten, Regeln im Sinne des Britischen Empires durchzusetzen, und zuletzt beim Weltklimagipfel in Kopenhagen im Dezember. In diesen beiden globalen Foren haben China und Indien sich geweigert, Zugeständnisse an eine Politik zu machen, die sie völlig zu recht als menschen- und souveränitätsfeindlich betrachten. Darüber hinaus haben Rußland und China mit ihrem Bremsen im UN-Sicherheitsrat mit der Unterstützung Indiens außerhalb des Rates eine weitere Isolierung des Iran und möglicherweise sogar einen Luftangriff auf das Land verhindert.

Zu einem Durchbruch kam es am 13. Oktober, als beim Besuch des russischen Ministerpräsidenten Wladimir Putin in China ein sehr umfangreiches Paket langfristiger Abkommen, vor allem zu Schlüsselbereichen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit, unterzeichnet wurde. In einem der bedeutendsten davon verpflichtet Rußland sich, beim Ausbau des Kernkraftwerks Tianwan bei Lianyungang zu helfen, und erstmals zwei natriumgekühlte Reaktoren nach China zu exportieren. Vorher hatten beide Länder schon beim Besuch von Präsident Dmitrij Medwedjew in China ein 1-Mrd.$-Geschäft abgeschlossen, unter dem Rußland eine Uran-Anreicherungsanlage in China bauen und im nächsten Jahrzehnt Chinas schnell wachsender Atomindustrie schwach angereichertes Uran liefern wird.

Die Chinesen ihrerseits beteiligen sich am Bau wichtiger Hochgeschwindigkeits-Eisenbahnstrecken in den unterentwickelten und unterbevölkerten Regionen Ostrußlands.

LaRouche, der sich seit langem für derartige Abkommen einsetzt, lobte diese als wichtigen Schritt hin zur Idee eines neuen Weltkreditsystems auf der Grundlage von Investitionen in Hochtechnologie-Infrastruktur insbesondere in den unterbevölkerten Regionen im Inneren Eurasiens. Mit den Abkommen wurde das übliche Schema „Rohstoffe gegen Konsumgüter“ durchbrochen, bei ihnen steht die technische Zusammenarbeit zum Nutzen beider Nationen im Mittelpunkt. Gerade auch die Tatsache, daß die Chinesen, die bekanntlich über die größten Dollarreserven der Welt verfügen, ihr Geld damit in die Schaffung realer Werte stecken, ist ein Durchbruch in Richtung des von LaRouche geforderten Kreditsystems.

Wie die amtliche chinesische Zeitung People’s Daily am 13. Oktober berichtete, betrafen fünf der zwölf Abkommen, bei deren Unterzeichnung Putin und der chinesische Regierungschef Wen Jiabao anwesend waren, den Energiesektor - Öl und Gas, aber auch Zusammenarbeit bei der Kernenergie. Weitere wichtige Bereiche waren Verkehr sowie Luft- und Raumfahrt. (Gleichzeitig schlossen russische und chinesische Unternehmen bei einem Wirtschaftsforum zwei Dutzend weitere Abkommen.) Zu Putins Delegation gehörten u.a. der Chef der staatlichen russischen Eisenbahnen Wladimir Jakunin und Andrej Perminow, der Leiter der russischen Raumfahrtagentur Roskosmos.

Jakunin und der chinesische Eisenbahnminister Liu Zhijun unterzeichneten eine Absichtserklärung, über die „Organisation und Entwicklung von Hochgeschwindigkeits-Eisenbahndiensten auf dem Territorium der Russischen Föderation“. AK&M News zufolge betrifft diese Zusammenarbeit die Linien Chabarowsk-Wladiwostok (im russischen Fernen Osten), Moskau-Sotschi und Moskau-Nischnij Nowgorod (im europäischen Teil Rußlands). Diese Hochgeschwindigkeitsbahnen sind bereits Bestandteil der 2007-08 beschlossenen Entwicklungsstrategie für den Eisenbahnverkehr in der Russischen Föderation bis 2030, die auch eine Bahnverbindung zur Beringstraße und die Option eines Tunnels nach Alaska vorsieht.

Das Beringstraßen-Projekt, für das Lyndon und Helga LaRouche sowohl in Rußland als auch in den Vereinigten Staaten als Teil des Projekts der Eurasischen Landbrücke nachdrücklich geworben haben, hatte sich zwar wegen der Wirtschaftskrise in Rußland verzögert, doch nun steht es offenbar wieder auf der Tagesordnung. Das signalisierte Jakunin kürzlich in einem Interview im Londoner Daily Express. Er betonte dort, Rußland habe ein großes Interesse daran, die beiden Hemisphären durch einen Eisenbahnkorridor miteinander zu verbinden, so daß man in Zukunft mit der Eisenbahn von London nach New York fahren könne.

Rußland-Indien: Meilenstein für die Kernkraft

Einen weiteren Meilenstein des Ausbaus der bilateralen Beziehungen innerhalb der drei Nationen brachte der jüngste Besuch des indischen Ministerpräsidenten Manmohan Singh in Rußland: Am 7. Dezember unterzeichnete er ein umfassendes Abkommen mit Rußland, das einen Technologietransfer und die kontinuierliche Lieferung von Uranbrennstoff für Indiens Kernreaktoren sicherstellt. Außerdem wurden drei Abkommen im Rüstungsbereich geschlossen.

„Wir haben heute eine Vereinbarung unterzeichnet, die den Umfang unserer Zusammenarbeit über die Lieferung von Kernreaktoren hinaus auf den Bereich von Forschung und Entwicklung und eine ganze Palette von Gebieten bei der Kernenergie ausweitet“, sagte Singh bei einer gemeinsamen Pressekonferenz im Kreml. Das Atomabkommen sein ein „großer Fortschritt bei der Stärkung unserer bestehenden Zusammenarbeit auf diesem Gebiet“.

Nach dem Gipfeltreffen sagte der Leiter der russischen Atomenergiebehörde Rosatom Sergej Kirijenko vor Journalisten, Rußland könne bis zu 20 Kernreaktoren nach Indien liefern. „Wir werden insgesamt sechs Reaktoren in Koodankulam bauen, weitere vier bis sechs an einem neuen Standort in Westbengalen, und möglicherweise erhalten wir einen weiteren Standort, um weitere Reaktoren zu bauen“, erklärte Kirijenko. Nach dem Wunsch Indiens werden die zusätzlichen vier Reaktoren in Koodankulam vom gleichen Typ (VVER-1000) sein wie die beiden dort bereits installierten, an den anderen Standorten wird Rußland möglicherweise Reaktoren vom Typ VVER-1200 bauen, die eine Leistung von 1200 MW erreichen.

Dieses Abkommen mit Rußland ist für Indien viel vorteilhafter als das entsprechende Abkommen mit den Vereinigten Staaten, welches die Einstellung der Zusammenarbeit und die Rückgabe bereits gelieferter amerikanischer Ausrüstung und Brennstoffe vorsieht, falls das Atomabkommen gekündigt wird. Präsident Medwedjew machte deutlich, daß Rußland keine Beschränkungen seiner nuklearen Zusammenarbeit mit Indien durch das Ausland hinnehmen wird. Er wurde gefragt, ob Rußland die Zusammenarbeit mit Indien uneingeschränkt fortsetzen werde, obwohl eine Resolution der G-8 den Verkauf von Wiederaufbereitungs-Technik an Länder, die den Atomwaffensperrvertrag nicht unterzeichnet haben, einschränkt; Medwedjew antwortete: „Das ändert nichts an unserer Zusammenarbeit, sie hat eine großartige Zukunft.“

Rußlands und Indiens Beziehungen im Rahmen der trilateralen Zusammenarbeit erhielten kurz vor Weihnachten weiteren Auftrieb, als am 23. Dezember bekanntgegeben wurde, daß Rußland im Rahmen eines Zehn-Jahres-Abkommens Indien helfen wird, ein bemanntes Raumschiff zu bauen, um einen indischen Astronauten in den Weltraum zu schicken. Neu-Delhi hat Moskau gebeten, seine Technologien für den Bau eines solchen Raumschiffs für eine bemannte Weltraummission zur Verfügung zu stellen. Sie soll 2015 durchgeführt werden. Vorbild dafür soll das russische Sojus-Raumschiff sein, jedoch eine kleinere Version, damit man die kleineren indischen Trägerraketen verwenden kann. Der Leiter der Abteilung für bemannte Raumfahrt bei Roskosmos, Alexej Krasnow, sagte Journalisten: „Es überrascht nicht, daß Indien sich wegen der Kooperation im Raumfahrtprogramm an Rußland gewandt hat, denn wir arbeiten schon seit den achtziger Jahren zusammen. Unser neues Programm reicht bis 2020.“

China und Indien: verzwickte Probleme lösen

Die Zusammenarbeit zwischen den drei Nationen im Verkehrs-, Energie- und Technologie-Bereich wurde zwar von Rußland in Gang gebracht, aber inzwischen werden auch die indisch-chinesischen Beziehungen enger. Eine der Hauptschwierigkeiten bei der Ausweitung der chinesisch-indischen Zusammenarbeit war neben den jahrelangen Grenzstreitigkeiten, daß beide Länder ähnliche Stärken und Schwächen aufweisen und einander daher wenig anzubieten hatten. Mit Rußland ist das anders: Es hat wissenschaftliche Kapazitäten auf höchstem Niveau und hochentwickelte Raumfahrt- und Atomanlagen, von denen Indien und China immens profitieren können, gleichzeitig fehlt es Rußland an Arbeitskraft, und es benötigt qualifizierte Kräfte aus China und Indien, um den Osten des Landes zu entwickeln und der riesigen Bevölkerung Indiens, Chinas und der eurasischen Landmasse insgesamt die notwendigen Rohstoffe zu liefern.

Andererseits mangelt es sowohl China als auch Indien an Rohstoffen und an elektrischem Strom. Beide haben eine große Bevölkerung, aber ihre wissenschaftlichen und technischen Kapazitäten erreichen in den Spitzen etwa ein gleiches Niveau. Mit anderen Worten, es gibt kaum Bereiche, in denen eine Nation durch die Hilfe der anderen Seite große Fortschritte machen könnte. Außerdem stört die unausgeglichene Handelsbilanz, denn China ist eine exportorientierte Nation, was für Indien nicht gilt.

Beide Länder haben jedoch begonnen, diese Schwierigkeiten zu überwinden, und sie suchen jetzt ihren Vorteil, indem sie im Bereich der Sicherheit und Außenpolitik zusammenarbeiten.

Einige der Ähnlichkeiten zwischen Indien und China sind für ihre bilateralen Beziehungen auch eine Stärke. So hat beispielsweise keines der beiden Länder koloniale Ambitionen, so daß deshalb auch keine Feindschaften aus der Vergangenheit bestehen. Selbst der Grenzkrieg von 1962 und Chinas Sicherheitsbeziehungen zu Pakistan, die lange Zeit die indisch-chinesischen Beziehungen belasteten, sind kein Erbe irgendwelcher kolonialer Konflikte.

China paßt nun schrittweise seine Außenpolitik an, um Indien als primus inter pares in Südasien anzuerkennen. Chinas veränderte Haltung zu Kaschmir, seine herabgestufte Zusammenarbeit mit Pakistan im Atomsektor und die Tatsache, daß es Pakistans Wunsch nach Aufwertung seines Beobachterstatus’ in der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) auf die lange Bank geschoben hat, sind substantielle Schritte Chinas zur Verbesserung seiner Beziehungen mit Indien.

Dieser Prozeß trägt nun Früchte. So unterzeichnete China beispielsweise im November 2007 ein Abkommen zur zivilen Zusammenarbeit bei der Kernenergie, um die Beziehungen der beiden Länder im Sicherheitsbereich zu unterstützen. Die nukleare Zusammenarbeit zwischen Indien und China hat zwar nicht den gleichen Umfang wie die russisch-indischen Abkommen, aber die Vereinbarung half Indien 2008, die Hürden der 45 Nationen umfassenden Gruppe der Nuklearlieferanten (NSG) in so wesentlichen Bereichen wie dem Nuklearbrennstoff zu überwinden.

Inzwischen hat China die Vereinigten Staaten als Indiens größter Handelspartner überholt, und die beiden Staaten treffen jetzt die Vorbereitungen zum 60. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen. Präsident Pratibha Patil, der wesentlich zu dem Durchbruch der indisch-russischen Beziehungen vom Dezember beigetragen hat, wird im April China besuchen.

Man sieht bereits deutliche Schritte zur Verbesserung der Atmosphäre. Indiens Botschafter in China, S. Jaishankar, setzte dies mit einer Rede vor der Universität von Sichuan in Gang, als er Neu-Delhis Wünsche an Beijing aufzählte: „Was erwartet Indien derzeit von China? Ich würde das so zusammenfassen: Sensibilität zeigen in den Fragen, die den Indern am wichtigsten sind, und gleichzeitig akzeptieren, daß wir noch nicht in allen Fragen einer Meinung sein können... Es ist auch wichtig, sich daran zu erinnern, daß zwischen den Interessen Indiens und Chinas auch weiterhin eine substantielle Übereinstimmung besteht.“

Fast gleichzeitig schrieb der Südasien-Korrespondent der chinesischen Zeitung Wen Hui, Wang Yaodong, in einem Kommentar: „Indien und China müssen zusammenarbeiten. Es gibt keinen anderen Weg. Es gibt globale und multilaterale Fragen, in denen die beiden Länder zusammenarbeiten müssen und nicht zulassen dürfen, daß irgendwelche Differenzen den Hauptimpuls der bilateralen Beziehung behindern.“ Das ist ganz auf einer Linie mit dem, was Ministerpräsident Singh im Januar 2009 vor indischen Industriekapitänen sagte, als er China besuchte: „Es gibt für Indien keine Alternative dazu, sich mit China zu beschäftigen und bei China ein Interesse an Indien zu wecken.“ Das Wirtschaftswachstum der beiden Länder sei „ein internationales öffentliches Gut“, meinte er. „In einer Zeit, in der die Welt sich Sorgen über die globale Rezession macht, kann ein anhaltendes Wachstum in Indien und China der Weltwirtschaft helfen.“ Seine Botschaft laute, die Zusammenarbeit mit China sei „eine historische Notwendigkeit“.

Rußland, China und Indien brauchen die USA

Es besteht kein Zweifel, daß Rußland sich aktiv bemüht, die Beziehungen zwischen Indien und China in Richtung einer gegenseitigen Freundschaft zum Nutzen aller zu treiben. Rußland erfreut sich weiterhin des größten Vertrauens der indischen Politik, was in der langen Geschichte freundschaftlicher Zusammenarbeit in den Bereichen der Verteidigung, der Raumfahrt und der Kerntechnik wurzelt. Diese guten früheren Beziehungen wurden neu bekräftigt, als Rußland unter Putin und Medwedjew wieder zum Faktor der Weltpolitik aufstieg. Infolgedessen weitet Rußland heute nach einer langen Pause seinen technischen und wirtschaftlichen Einfluß in Indien wieder aus. Indien wiederum erwartet russische Hilfe bei der Entwicklung seiner verfallenden Infrastruktur und bei der Sicherung der Krisenherde auf der eurasischen Landmasse.

Trotz alledem ist offensichtlich, daß eine aktive Zusammenarbeit der Vereinigten Staaten mit diesen drei eurasischen Staaten von entscheidender Bedeutung sein wird, um das Britische Empire zu schlagen. Ein Kollaps des Dollar-Systems, der mit der britisch dominierten Politik unvermeidlich wird, würde weltweit verheerendes Chaos anrichten, gegen das keine der drei Mächte immun wäre. Außerdem brauchen sie den einzigartigen Beitrag des Amerikanischen Systems der Ökonomie, um ein Kreditsystem auf der Grundlage fester Wechselkurse zu schaffen, denn nur das kann die notwendige Zusammenarbeit bei Großprojekten finanzieren, um die Welt aus dem immer weiter voranschreitenden Kollaps der Realwirtschaft herauszubringen.

Die sogenannten RIC-Länder (Rußland, Indien, China), haben wiederholt betont, daß sie zusammen mit den USA eine neue Weltordnung souveräner Nationen schaffen möchten, die auch anderen Ländern offensteht.

Ihre trilaterale Zusammenarbeit sorgt jetzt schon für eine Gezeitenwende in der Investitionspolitik und der allgemeinen Ausrichtung der am meisten pro-amerikanischen Nationen Ostasiens - Japan und Südkorea. Nachdem Japan in den USA und in Europa viel investiert hat, will es nun stärker in China und Indien investieren als in Europa. Auch Südkorea sucht Investitionsmöglichkeiten auf der eurasischen Landmasse, und wenn das Vier-Mächte-Arrangement zustande kommt, die Sicherheit der Region sicherstellt und die Infrastruktur in der Region entwickelt, dann werden Japan und Südkorea mit Sicherheit sehr schnell industrielle Standorte in diesen Regionen aufbauen.

Die RIC-Länder haben auch angefangen, im großen Stil in Süd- und Südostasien zu investieren. Diese Investitionen erfolgten in einer ganzen Reihe von Sektoren, insbesondere Häfen, Straßen und Eisenbahnen, Kernkraftwerke und Forschungsreaktoren, Bergbau und industrielle Produktion. Vor allem China, aber auch Indien, hat breitgestreut investiert, während Rußland seine Investitionen mehr auf den Atomsektor beschränkt hat. Diese Entwicklung ist besonders auffällig, weil die Nationen Süd- und Südostasiens in der Zeit des Kalten Krieges vor Investitionsangeboten des kommunistischen China und der früheren Sowjetunion zurückschreckten.

Dennoch werden die Vereinigten Staaten dringend gebraucht. Trotz des Niedergangs der USA als Wirtschaftsmacht und ihres Vertrauensverlustes in aller Welt bilden die USA in Hinsicht auf die Energieressourcen immer noch mit Kanada zusammen die zweitreichste Region der Erde nach Südwestasien. Das Land besitzt riesige Vorkommen an Erdgas - es reicht für etwa 90 Jahre -, und es hat einen weit entwickelten Atomsektor.

Darüber hinaus haben die USA die Demographie auf ihrer Seite. Die meisten entwickelten Nationen, auch Japan und Südkorea, leiden unter einem Bevölkerungsrückgang. Studien zufolge könnte der Anteil der über 65 Jahre alten Personen in Deutschland, Japan und Südkorea bis 2050 fast doppelt so hoch liegen wie in den USA.

Noch dazu bleiben die USA die Agrar-Supermacht der Welt, sie haben die größte landwirtschaftliche Nutzfläche aller Nationen auf dem Planeten. Wenn die Weltbevölkerung bis 2050 um schätzungsweise drei Milliarden Menschen anwachsen wird, könnten die USA - vorausgesetzt, sie verfolgen eine Politik, die ihrer Verfassung entspricht - den größten Teil dieser zusätzlichen Bevölkerung ernähren.

Aber auch für die Amerikaner wird es keine brauchbare Zukunft geben, wenn die Vereinigten Staaten sich nicht der in Eurasien angestoßenen Entwicklungsdynamik anschließen, und wenn sie nicht große Investitionen in Eisenbahn, Kernkraft, Stromnetz, Wassersysteme und in die Qualifikation ihrer Arbeitskräfte unternehmen - also in die Zukunft ihrer Nation und des Planeten investieren. Dazu müssen die USA als historisch führende antikoloniale Nation der Welt sich bloß entscheiden, den Kampf gegen das Britische Empire ein für allemal siegreich zu beenden.

Ramtanu Maitra

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