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Neue Solidarität
Nr. 29, 21. Juli 2010

Wenn der Wolf die Schafe hütet: Der Fall Klaus Regling

Wenn die EU es mit der Regulierung der Finanzmärkte ernst meint, muß sie sicherstellen, daß die Regulierer nicht diejenigen sind, die zuvor die Krise mit verursacht haben - wie im Falle von Klaus Regling beispielsweise, dem Leiter der neuen EU-Zweckgesellschaft, European Financial Stability Facility (EFSF). Diese Zweckgesellschaft mit einem minimalen Eigenkapital von 31.000 Euro soll im Bedarfsfall auf den Kapitalmärkten bis zu 440 Mrd. Euro aufnehmen, um sie an notleidende Euro-Länder verleihen zu können. Ihr Kredit wird von den Ländern der Euro-Zone garantiert, und Deutschland muß für mindestens 148 Mrd. Euro geradestehen. Nach der Erfahrung der letzten Jahre wird der Betrag allerdings sehr viel höher werden, da sich mit der Zahlungsunfähigkeit eines Staates die Bürde für die übrigen automatisch erhöht.

Regling ist ein ehemaliger „Hedgie“, der tatsächlich für viele führende, monetaristische Institutionen gearbeitet hat. Seine Stellung als Chef des EFSF verdankt er seiner langjährigen Rolle als einer der Chefunterhändler zwischen dem deutschen Finanzministerium, der EU in Brüssel und dem IWF. So war er bei der Gestaltung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes in den neunziger Jahren im Rahmen seiner Tätigkeit im deutschen Finanzministerium unter dem damaligen Finanzminister Theo Waigel führend beteiligt. Dieser Pakt, den Deutschland als Bedingung für die Aufgabe der starken D-Mark forderte, hatte die Absicht, ausufernde Staatsverschuldung der Euro-Länder und das Chaos, wie wir es jetzt erleben, zu verhindern. Regling verbrachte dann als Generaldirektor der EU-Kommission für Wirtschaft und Finanzen einen großen Teil der letzten zehn Jahre damit, den Stabilitätspakt durchzusetzen.

Zwei Jahre lang, 1998-2000, arbeitete er in einer führenden Position bei Moore Capital, einem der weltgrößten Hedgefonds, der sich Währungs- und Rohstoffspekulation spezialisiert hat. Die Financial Times berichtete, Regling habe seinem Kollegen Jörg „Bailout“ Asmussen, heute einer der Chefs des deutschen Bankenrettungsfonds SoFFin, bei seiner Karriere im Finanzministerium in Berlin geholfen.

Regling ist in seiner neuen Rolle mit einer Menge Fragen konfrontiert. Für einen derartig großen Fonds, der Steuergelder nutzt, besteht ein beachtenswerter Mangel an Transparenz über die Planung seiner Geschäfte. Wirtschaftswissenschaftler sind sich immer noch unsicher, ob er benutzt wird, um an notleidende Länder direkt Kredite zu vergeben, ihre Staatsanleihen zu kaufen, eine europäische „Bad Bank“ für die Aufnahme von schlechten Krediten zu gründen oder sogar direkt in Banken zu investieren, die in Kreditnot geraten sind.

Ist diese Intransparenz Absicht oder zufällige Begleiterscheinung in der Gründungsphase einer neuen Institution? Einiges spricht für erstere Vermutung. Vor zehn Jahren erzählte Regling auf einer Konferenz über die Reform des IWF, daß es zwischen Transparenz und Effizienz einen Kompromiß gäbe. Im Notfall müsse der Fonds fähig sein, schnell zu agieren, auch wenn es das Verständnis von Outsidern verringere. Dies ist auch die Philosophie, die beim deutschen Bankenrettungsfonds SoFFin vertreten wird, der bisher ebenfalls außerhalb jeglicher wirklichen parlamentarischen Kontrolle agiert.

Die andere Seite der Medaille zeigt sich in der zunehmenden Tendenz der Parlamentarier, über Vorlagen zu beschließen, die sie entweder nicht gelesen haben oder die in ausgearbeiteter Form noch nicht einmal vorliegen. Als der Deutsche Bundestag am 19. and 21. Mai das Bürgschafts- and Garantiepaket zur Gründung der EFSF beschlossen hat, wußte kein Abgeordneter, nicht einmal die Bundesregierung, worüber abzustimmen war: Der Vertrag über die Zweckgesellschaft, als private Gesellschaft, wurde nämlich erst am 7. Juni 2010 vor einem Notar beurkundet - und das ausgerechnet im Steuerparadies Luxemburg.

BüSo