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Neue Solidarität
Nr. 21, 26. Mai 2010

Patrioten mobilisieren für Glass-Steagall, Derivateverbot

US-Senat. Die Auseinandersetzung über das Finanzreformgesetz im Senat entwickelte sich zu einer heißen Schlacht zwischen den Patrioten und den Vertretern der Banken.

Die von Lyndon LaRouche angeführte Kampagne zur Wiedereinführung eines Glass-Steagall-Standards (Trennbankensystem) in den Vereinigten Staaten hat die Kontrolle der Banken über den amerikanischen Kongreß noch nicht beseitigt, aber erschüttert. Die Spekulantenlobby konnte mit Mühe und Not verhindern, daß die Wiedereinführung des Glass-Steagall-Gesetzes in Form des „McCain-Cantwell-Zusatzes“ in das Finanzreformgesetz von Senator Chris Dodd aufgenommen wurde.

Die Senatsführung verhinderte mit Verfahrenstricks eine Diskussion oder Abstimmung über den McCain-Cantwell-Antrag, und Dodd, der Chef des Bankenausschusses, macht weiterhin gemeinsame Sache mit den britischen Vorposten der Wall Street, um alle Maßnahmen gegen die Spekulanten abzuschwächen. So sorgte er dafür, daß Auflagen für Derivatgeschäfte in dem Gesetzentwurf nicht mehr zwingend vorgeschrieben, sondern nur noch unverbindlich „empfohlen“ werden. Die Regierung Obama, Dodd und der Sprecher der Senatsmehrheit, Harry Reid, sind offensichtlich fest entschlossen, den Willen der Wall Street durchzusetzen, und dafür ist ihnen jedes Mittel recht.

Zweimal stellte Reid im Senat einen Antrag auf Einstellung der Debatte, bevor Glass-Steagall und schärfere Maßnahmen gegen die Derivate in das Gesetz aufgenommen waren. Beim erstenmal am 19. Mai scheiterte er, weil die beiden demokratischen Senatoren Maria Cantwell (Bundesstaat Washington) und Russ Feingold (Wisconsin), die den Antrag zur Wiederherstellung des Rooseveltschen Bankgesetzes eingebracht bzw. unterstützt hatten, mit den Republikanern gegen Reids Antrag stimmten.

Um einen Abbruch der Debatte zu erzwingen, sind mindestens 60 von 100 Stimmen notwendig. Nach dem Wahlsieg des Republikaners Scott Brown als Nachfolger des verstorbenen demokratischen Senators Ted Kennedy haben die Demokraten noch 59 Stimmen im Senat, es muß also mindestens ein Republikaner mit ihnen stimmen. Reid konnte zwar ein oder zwei Republikaner gewinnen, scheiterte aber, weil Cantwell und Feingold gegen die Beendigung der Debatte stimmten. Als sich zeigte, daß er die Abstimmung verlieren würde, änderte Reid sein eigenes Votum von „Ja“ auf „Nein“, weil ihm das verfahrenstechnisch das Recht gab, den Antrag später erneut einzubringen.

An der Wall-Street herrschte offensichtlich Panik über die Möglichkeit, daß Glass-Steagall und das Derivateverbot beschlossen werden könnten. In einem Bericht auf der Finanzwebseite MarketWatch vom 20. Mai wurde beschrieben, welche Vorschläge für das Finanzreformgesetz die bedeutendesten Folgen für die Geschäfte an der Wall Street hätten: „Der dritte und wohl schwerwiegendste der Vorschläge, die Idee von Senator Feingold, Teile des Glass-Steagall-Gesetzes zurückzuholen, ist der drastischste Schritt. Die Trennung der Investment- von den Geschäftsbanken würde die finanzielle Landschaft gründlich verändern - Bank of America Corp. müßte sich beispielsweise von Merrill Lynch trennen - und damit die bisher vorherrschende Strategie der Großfinanz seit dem Jahr 2000, das Supermarkt-Banking, gegenstandslos machen. Die Wall-Street hält den Atem an...“

Im zweiten Anlauf gelang es Dodd und Reid dann, insgesamt drei Republikaner auf ihre Seite zu ziehen und mit 60:40 Stimmen ein Ende der Debatte über Dodds sogenanntes Finanzreformgesetz - ohne die Zusätze von McCain/Cantwell und Lincoln - zu erzwingen.

LaRouches Aufruf

In diesem Umfeld veröffentlichte Lyndon LaRouche einen weiteren dringlichen Aufruf zur absoluten Notwendigkeit der Kombination einer Abschaffung der Derivatmärkte und einer Wiedereinführung der Glass-Steagall-Brandmauer zwischen Geschäftsbanken und den spekulierenden Finanzinstituten. LaRouche schrieb:

„Während der US-Kongreß und insbesondere der Senat sich weiterhin mit allem möglichen Unsinn beschäftigen, ist Tatsache, daß bereits ein Warnschuß abgefeuert wurde, der die Auflösung des gesamten Weltfinanzsystems signalisiert. Die ganze Welt steht vor einem plötzlichen Kollaps, praktisch über Nacht, neben dem der 1000-Punkte-Absturz des Dow Jones vom 6. Mai wie ein kleiner Ausschlag erscheinen wird. Wir könnten eines morgens aufwachen und feststellen, daß wir kein Finanzsystem mehr haben - und dafür einen plötzlichen Absturz in ein neues finsteres Zeitalter.

Der direkte Schlüssel in dieser Lage sind die Derivate. Die Derivatmärkte müssen stillgelegt werden.

Die deutsche Kanzlerin Merkel hat mit ihrem souveränen Verbot von Teilen des Derivatgeschäfts das richtige getan und gehandelt, um ihre Nation vor der Verheerung durch die Spekulanten zu schützen. Die US-Regierung muß gezwungen werden, jetzt sofort das gleiche zu tun.

Lassen Sie den US-Senat wissen, daß wir Patrioten die Politik der US-Regierung bestimmen werden, nicht eine Bande räuberischer britischer Lakaien, die an der Wall Street herrschen. Verlangen Sie, daß das Vernünftige durchgesetzt wird: Stoppt die Derivate und setzt Glass-Steagall in Kraft!“

Für Glass-Steagall und gegen Derivate

Senatorin Cantwell hat in zahlreichen öffentlichen Erklärungen das Thema Derivate besonders hervorgehoben. Sie wies darauf hin, daß die Mechanismen zur Durchsetzung der Vorschriften über den Derivatehandel, die ihre Kollegin Blanche Lincoln aus Arkansas formuliert hatte, aus der Dodd-Vorlage wieder gestrichen wurden. Cantwell unterstützte einen Zusatzantrag Lincolns zur Wiederaufnahme dieser Bestimmungen in das Gesetz.

In einer Erklärung vor dem Senatsplenum sagte Cantwell am 20. Mai, sie habe bewußt mit dazu beigetragen, daß die Debatte weitergeht, weil man unbedingt Transparenz und Aufsicht über die derzeit unregulierten Derivatmärkte herstellen müsse. Selbst scheinbar kleine Schlupflöcher könnten Strukturfehler im Finanzsystem und langfristig verheerenden Schaden verursachen, wenn sie von der Wall Street ausgenutzt werden.

Das sei mit einem Staudamm vergleichbar. „Selbst so etwas wie der Hoover-Damm mit all seinem Beton und all seiner großartigen Ingenieursarbeit wird zum Problem, wenn jemand an seinem Fuß ein Loch hineinbohrt“, sagte Cantwell. „Das ist eine grundsätzliche Frage. Es wird keine Reform geben, wenn Handel und Clearing nicht über die Börsen laufen, wenn wir die Derivate nicht den gleichen Mechanismen wie andere Produkte der Finanzmärkte unterwerfen. Und wenn wir das nicht haben, dann weiß ich nicht, was wir hier überhaupt sollen, bedenkt man den Kontext, was uns erst in diese Krise hineingebracht hat.“

Cantwells Mitstreiter im Kampf für Glass-Steagall, Senator Feingold, gab bei seiner Stimmabgabe am 19. Mai die folgende Erklärung ab:

„Nach 30 Jahren, in denen er den Wünschen der Wall-Street-Lobbyisten nachgegeben hat, muß der Kongreß endlich nachdrückliche Reformen in Kraft setzen, um zu verhindern, daß die Wall Street unsere Wirtschaft wieder in den Graben fährt. Wir müssen die Risiken für unsere Wirtschaft durch Finanzfirmen, die ,zu groß zum Scheitern’ sind, aus dem Weg räumen und wieder eine schützende Brandmauer zwischen den ,Main-Street-Banken’ und den Wall-Street-Firmen errichten. Leider sind diese wichtigen Reformen in diesem Gesetz nicht enthalten. Die Bewährungsprobe für dieses Gesetz ist einfach - nämlich, ob es eine neue Finanzkrise verhindert. So wie das Gesetz jetzt lautet, besteht es diese Probe nicht. Die Debatte über dieses Gesetz einzustellen, hieße aufhören, bevor die Arbeit getan ist.“

Schließlich stimmte der Senat beim zweiten Anlauf dem Dodd-Gesetz ohne die beantragten Änderungen mit 59:39 Stimmen zu. Auch hier stimmten Cantwell und Feingold mit den meisten Republikanern dagegen.

Nach der Abstimmung gab Präsident Obama dann eine Erklärung ab, in der er wieder einmal die Wahrheit völlig verdrehte: Es sei der Wall Street nicht gelungen, die Reform „durch Schlupflöcher für spezielle Interessengruppen und Ausnahmen zu verwässern, die darauf abzielten, eine wirkliche Änderung zu unterlaufen“.

In Wirklichkeit ist der Gesetzentwurf in der jetzigen Form selbst ein einziges großes Schlupfloch, denn es enthält weder Glass-Steagall noch den Cantwell-Lincoln-Zusatz zur Schließung der von Dodd geschaffenen Schlupflöcher im Abschnitt über Derivate.

Fürs Volk oder für die Banken?

Bei all dem riskieren die Banken, daß ihr politischer Druck letztendlich das Gegenteil von dem bewirkt, was sie wollen. Die Senatoren kennen die Massenstreikstimmung in der Bevölkerung nur zu gut, und ihre Büros werden von Anrufen ihrer Wähler überschwemmt, die eine Glass-Steagall-Politik verlangen - eine Wirkung der Kampagne des LaRouche-Aktionskomitees. Zehntausende von Bürgern haben sich dieser Kampagne angeschlossen, rufen ihre Senatoren an, schicken ihnen und anderen E-Mails und verteilen Flugblätter oder veranstalten Treffen, um über die notwendige Reform der Wirtschaftspolitik zu diskutieren.

Der Patriotismus der mobilisierten Bürger zeigt sich daran, daß nicht wenige Wähler sogar alle hundert Senatoren angerufen haben, um auf die Verabschiedung von Glass-Steagall zu dringen. Auf die Ausrede eines Senators, er rede bloß mit Wählern aus seinem eigenen Bundesstaat, antwortete ihm einer dieser Bürger: „Es geht um das ganze Land. Ich rede mit meinem Senator, wenn es um meinen Bundesstaat geht. Aber wenn es um eine nationale Frage geht, rufe ich alle Senatoren an!“

In einer Erklärung nach der Abstimmung kündigte Senatorin Cantwell an: „Ich gebe diesen Kampf noch nicht verloren!“ Sie habe gegen das Gesetz gestimmt, weil es „möglicherweise gefährliche Schlußlöcher“ bei der Regulierung von Derivaten enthält. Unregulierte Derivate hätten entscheidend dazu beigetragen, „die schlimmste Finanz- und Wirtschaftskrise seit der Großen Depression herbeizuführen... Wir müssen diese gefährlichen Aktivitäten stoppen. Wir brauchen strengere Verbote für die Banken, mit dem Geld ihrer Sparer zu spielen. Wir brauchen klare Linien - wie Glass-Steagall -, die die riskanten Aktivitäten vom traditionellen Bankensystem trennen. Wir müssen unser Finanzsystem von den synthetischen Wetten wegbringen und mehr Kapital in die Hände der Main-Street-Firmen bringen, die die Arbeitsplätze schaffen.“

Tatsächlich garantiert Dodds Nichtreform der Wall Street, daß sich die Krise verschärfen wird. Damit bleibt das Thema Glass-Steagall weiter auf der Tagesordnung.

            nbs/alh

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