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Neue Solidarität
Nr. 1, 6. Januar 2010

Wie man Keplers „Neue Astronomie“ vermittelt:
Computeranimationen und pädagogische Techniken

Von Jason Ross, LaRouche Political Action Committee (LPAC)

Für die Kepler-Konferenz in Prag zum 400. Jahrestag des Erscheinens der Neuen Astronomie (wir berichteten, Neue Solidarität 40/2009) verfaßte Jason Ross den folgenden Bericht über die Kepler-Arbeit der LaRouche-Jugendbewegung.

Dieser Bericht verfolgt drei Zwecke. Erstens sollen pädagogische Techniken, besonders Computeranimationen, diskutiert werden, um eine große Zahl von Menschen mit Keplers Neuer Astronomie bekannt zu machen; zweitens soll erläutert werden, warum Mitarbeiter eines amerikanischen politischen Aktionskomitees damit beauftragt wurde, an diesem Projekt zu arbeiten, das scheinbar wenig mit politischer Ökonomie zu tun hat; und drittens dargestellt werden, wie bemannte Weltraummissionen zum Mars und darüber hinaus die menschliche Ökonomie, Kultur und Wissenschaft in einem gemeinsamen Prozeß entwickeln werden.

Die Aufgabe, einer Gruppe von mehr als 100 jungen Menschen, von denen die Mehrheit sich vorher noch nie mit Astronomie befaßt hatte, die wesentlichen Aspekte der Neuen Astronomie zu vermitteln, stellte besondere Herausforderungen und bot eine einzigartige Gelegenheit, mit pädagogischen Methoden zu experimentieren. Die Möglichkeit, sich in „natürlicher Selektion“ auf ein kleines Publikum zu beschränken, war nicht gegeben, und das Werk mußte einem gemischten Publikum verständlich gemacht werden, ohne dabei Abstriche an Gründlichkeit oder Wahrheit zu machen. Es wurden zwar viele pädagogische Unterrichtstechniken entwickelt, wie z.B. das „Durchspielen“ der Bewegung eines gleichförmig rotierenden Äquanten mit vier teilnehmenden Schülern, aber dieser Bericht wird sich vor allem mit der Entwicklung und dem Inhalt unserer Internetseite (www.wlym.com) befassen, die zu diesem Zweck geschaffen wurde und die dem Leser zum Studium empfohlen wird (Ross, 2006).

Besonders hervorgehoben werden hier die wichtigsten Konzepte von Keplers Buch: die Äquivalenz der Hypothesen, die die Unmöglichkeit aufzeigt, aus geometrischer Sicht zwischen relativer und absoluter Bewegung zu unterscheiden; das Versagen der „Stellvertreterhypothese“, woraus im Stile von Platons Sokrates hervorgeht, daß es unmöglich ist, die Bewegung des Mars auf rein geometrischem Wege zu verstehen; die Entstehung zunächst des Entfernungsgesetzes und dann des Flächengesetzes als mathematischer Methoden, die physikalische (solare) Ursache von Bewegung zu messen; und die Entwicklung der Ellipse mit Hilfe einer Reihe hypothetischer „Eier“.

Beispiele von Computeranimationen

Die Äquivalenz der Hypothesen läßt sich zwar auch auf statische mathematische Weise zeigen, aber eine wirklich überzeugende Darstellung ergibt sich aus der Bewegung, sei es in Form eines mechanischen Modells oder einer visuellen Darstellung. Die interaktive Animation, die auf der Internetseite zu finden ist, erlaubt es dem Schüler, sich frei zwischen den Systemen von Ptolemäus, Kopernikus und Brahe hin und her zu bewegen und sogar Systeme zu schaffen, die eine Mischung dieser drei Systeme darstellen. Denn aufgrund ihrer vollständigen geometrischen Äquivalenz ist es möglich, ständig zwischen den drei Systemen zu wechseln, auch wenn diese auf den ersten Blick völlig getrennt zu sein scheinen. Diese Animation erwies sich als besonders hilfreich für viele Studenten, die feststellten, daß sie mit Hilfe dieser und anderer Animationen auf der Internetseite anderen fast den gesamten Inhalt von Buch I erklären konnten. Die ersten, nicht-interaktiven Animationen entstanden 2006 mit dem Programm Mathematica, um eine Serie von Bildern zu erstellen, die dann zu einer animierten GIF-Datei verbunden wurden. Programmierung mit ActionScript als Teil des Adobe-Flash-Programms erlaubte es dann, interaktive (und visuell ansprechendere) Animationen zu entwickeln. Während Mathematica eine Serie feststehender Bilder erzeugt, reagieren die mit Flash erzeugten Dateien auf den Nutzer und können ihr Aussehen ständig ändern. Die interaktive Demonstration der Hypothesenäquivalenz wurde dann mit der ActionScript-Programmiersprache in Flash erstellt.

Bilder: wlym.com
Die Äquivalenz der Hypothesen

Die „Stellvertreterhypothese“

Vier von Keplers „blinden Jungen“ aus den Kapiteln 46-49

Keplers Beweis für die Ungültigkeit der Stellvertreterhypothese ist von absolut entscheidender Bedeutung für das wissenschaftliche Denken. Kepler brauchte ein volles Jahr und mehr als 40 Versuche, um die Parameter zu errechnen, und die Berechnungen in den Kapiteln 16 bis 19 könnten auf einen Leser ohne mathematische Vorkenntnisse durchaus abschreckend wirken. Es wurde daher ein umfassender Leitfaden entwickelt, der nicht nur durch die Berechnungen der Stellvertreterhypothese führt, sondern auch durch die Korrekturen bei den Beobachtungen, die Kepler vornehmen mußte. Insbesondere in Kapitel 9 entwickelt Kepler, wie man eine Tierkreis-Position richtig auf die Ekliptik des Mars bezieht. Keplers Schwierigkeit bei diesen Berechnungen, die seine Vorgänger für leicht hielten, kam daher, daß er nicht davon ausging, daß das Zentrum der Mars-Umlaufbahn in gleichem Abstand vom Äquanten und dem Zentrum des Universums lag (für Kopernikus die Sonne, für Ptolemäus die Erde). Die interaktive Animation der Stellvertreterhypothese erlaubt es dem Studenten, zu sehen, warum lediglich drei Beobachtungen notwendig sind, wenn man von dieser Hypothese ausgeht, und warum Kepler vier Beobachtungen und ein iteratives (kein determiniertes) Verfahren wählen mußte, um die astronomischen Parameter des Modells zu entwickeln.

Daß die Stellvertreterhypothese die Entfernungen (gemessen in Breiten und Längen) nicht richtig angab, bedeutete nicht, daß Keplers Parameter falsch waren, sondern daß der Versuch, einen Orbit als Kreisbahn zu finden, die durch einen Äquanten bestimmt ist, zum Scheitern verurteilt war. Eine Denkmethode hatte sich als falsch erwiesen, und eine neue Methode war erforderlich. Das erlaubte es Kepler, den Äquanten in Kapitel 32 ganz aufzugeben, wo er zeigte, daß die Funktion eines Äquanten mit halbierter Exzentrizität die Wirkung hat, daß die Geschwindigkeit des Planeten an verschiedenen Stellen der Umlaufbahn umgekehrt proportional zur Entfernung von der Sonne ist. Tatsächlich hatte Kepler seit der Veröffentlichung seines Mysterium Cosmographicum geglaubt, daß die Sonne die Planeten bewegt und daß der Äquant lediglich als geometrische Imitation einer physischen Bewegung diente (Kepler 1596, Kap. 15). Nun zeigte er, daß die besondere Bewegung, die der Äquant imitiert, die Beziehung der Geschwindigkeit des Planeten zu seiner Entfernung von der Sonne ist. In den folgenden Kapiteln stellt Kepler seine physikalische Begründung dar, wie die Sonne eine solche veränderliche Geschwindigkeit bewirken kann, und verwies auch auf die wechselnde Geschwindigkeit des Mondes, um seine Theorie zu untermauern.

Da die Zeit, die der Planet braucht, um einen bestimmten Bogenwinkel zu durchlaufen, durch seinen Abstand von der Sonne gemessen wird, mißt man die Zeit, in der der Planet einen bestimmten Abschnitt seiner Umlaufbahn durchläuft, indem man den ganzen Weg in kleine Abschnitte unterteilt, die Entfernung jedes dieser Teile von der Sonne feststellt und diese Abstände aufsummiert, um die erforderliche Gesamtzeit zu erhalten. Dabei dient die Gesamtsumme der Abstände für die gesamte Umlaufbahn als Orientierung. Da dies mit einigen Schwierigkeiten verbunden ist, betrachtete Kepler die von der Bewegung des Planeten überstrichene Fläche als vorläufiges Zeitmaß. Diese Konzepte sind auf der Internetseite nur relativ grob dargestellt, da sie sich - abgesehen von den Kapiteln 39 und 40 - nicht durch Animationen darstellen lassen. Es war schwierig, neue pädagogische Mittel für diese Kapitel zu entwickeln; der beste Weg, sie zu verstehen, ist immer noch, selbst nachzurechnen.

Nachdem die Ursache der Umläufe vorläufig geklärt war, nimmt sich Kepler in Teil IV die Bahn des Planeten vor. Hier wurden die Computer-Animationen sehr nützlich, um die Äquanten mit der Flächen-Zeit zu vergleichen und insbesondere die verschiedenen „Eier“ zu untersuchen, die Kepler erzeugt.

Das erste Oval (oder das „blinde Junge“, wie er es bezeichnet) wird in Kapitel 45 erzeugt, indem er zuläßt, daß die Abstände von der Sonne durch eine gleichförmige Kreisbewegung auf einem Epizyklus entstehen. Diese Hypothese führt zu vier verschiedenen Ovalformen, die in den Kapiteln 46 bis 49 betrachtet werden. Wir entwickelten die erste Animation für den Ablauf dieser vier verschiedenen Eiformen, wobei es möglich war, die Exzentrizität interaktiv zu verändern. Wie bei den anderen interaktiven Animationen auf der Internetseite wurde hierfür die ActionScript-Programmiersprache in Flash verwendet.

Neben den Abbildungen der einzelnen Eiformen enthält die Internetseite Anleitungen zur Berechnung der schwierigeren ovalen Bahnen, u.a. Excel-Tabellen, in denen Keplers Berechnungen Grad für Grad nachvollzogen werden. Der Leser sei aufgefordert, die Internetseite zu konsultieren, die einzelne Seiten für fast jedes Kapitel von Teil IV enthält. Dabei ist zu bemerken, daß bei der detaillierten Untersuchung dieser verschiedenen Eiformen die Entwicklung der Ellipse - wie leider sehr oft - gar nicht dargestellt wird, wenn Kepler bestimmte Formen „ausprobiert“. Bei der Darstellung der Konstruktionen, die Kepler auf seinem Weg verwendet, werden auf der Webseite die geometrischen Konstruktionen auf Grundlage seiner angenommenen physikalischen Prinzipen dargestellt, die zur Ellipse führen - aber diese wird als Konstruktion gezeigt, nicht als Form. Die Ellipse ist nicht die Ursache der Bewegung, sondern die Bewegung erzeugt die Ellipse.

Wir hoffen, daß die Präsentationen auf der Internetseite dem Leser insgesamt dabei helfen, zu verstehen, wie sich Keplers Herangehensweise an die Astronomie grundlegend von der seiner Vorgänger unterscheidet. Während sie Modelle erzeugten, erzeugte Kepler physikalische Hypothesen.

Kepler und politische Ökonomie

Es kam etwas überraschend, daß der Verfasser und sein Team damit beauftragt wurden, ein Bildungsprogramm für die Neue Astronomie zu entwickeln. Der Verfasser arbeitet in einer politischen Organisation, dem LaRouche-Aktionskomitee (LPAC), dessen Vorsitzender der frühere US-Präsidentschaftskandidat Lyndon H. LaRouche jr. ist. LaRouche ist vor allem als Wirtschaftswissenschaftler bekannt, und seine langfristigen Wirtschaftsprognosen haben sich als zutreffender erwiesen als die jedes anderen bekannten Ökonomen. Der Verfasser und sein Team waren zusammengekommen, um an einem Wirtschaftsforschungsprojekt zu arbeiten, und gingen davon aus, daß frühere Untersuchungen über die Entwicklung der Infrastruktur und Technologie in den Vereinigten Staaten fortgesetzt werden sollten. Statt dessen gab ihnen LaRouche eine andere Aufgabe, nämlich „Johannes Keplers mißverstandene Entdeckung der universellen Gravitation korrekt darzustellen“.

In dem Dokument, in dem das Forschungsteam seine Anweisung erhielt, schrieb LaRouche:

„Da alle kompetente moderne physikalische Mathematik auf den bahnbrechenden Leistungen Johannes Keplers basiert, muß man zur Erklärung der Inkompetenz statistischer Mechanik in der Ökonomie das Bild einer Planetenbahn verwenden, wie sie Kepler in seiner ureigenen Entdeckung beschrieben hat, um die langfristige Vorhersagbarkeit echter Wirtschaftszyklen zu definieren. Die Lehre, die man für die heutige Ökonomie aus Kepler ziehen kann, ist die beste Quelle für die Korrektur der Fehler in den durchweg gescheiterten Methoden, die von den Wirtschaftsstatistikern in den letzten Jahrzehnten angewandt wurden.

Aus pädagogischen Gründen wollen wir hier langfristige Geschäftszyklen im weitesten Sinn mit der wissenschaftlichen Methode zur Bestimmung der Umlaufzyklen vergleichen, die Kepler entdeckt hat. Dabei lassen sich die beabsichtigten und tatsächlich erzielten Resultate eines Wirtschaftsprozesses über einen langen Zeitraum mit dem Unterschied zwischen einem berechneten und einem tatsächlichen astronomischen Umlaufzyklus vergleichen.“ (LaRouche, 2006, S. 17-18)

In diesem Papier „Wie reanimiert man eine reale Wirtschaft?“ diskutiert LaRouche die Fehler des Ansatzes von William D. Nordhaus in dessen Studie „Geography and Macroeconomics: New Data and New Findings“. Kurz gesagt, in Nordhaus’ wirtschaftsgeographischer Studie wird der Planet in geographische Einheiten von jeweils einem Grad Breite und Länge eingeteilt und eine Reihe von Wirtschaftsindikatoren für jede dieser geographischen Einheiten zusammengestellt, um dann Korrelationen zwischen den geographischen Bedingungen und der wirtschaftlichen Leistung herzustellen.

Das Problem an Nordhaus’ Bericht ist, daß er nicht versucht, die Ursachen für diese Unterschiede festzustellen, und er erweckt den falschen Eindruck, als führten die geographischen Bedingungen an sich zu unterschiedlichen wirtschaftlichen Ergebnissen. Die eigentliche Aufgabe sei es jedoch, schreibt LaRouche, „die entscheidenden Faktoren aufzuzeigen, die über Katastrophe oder Wiederaufschwung insbesondere der US-Wirtschaft entscheiden... Diese Aufgabe, das Entdecken des grundlegenden bestimmenden Faktors, ist genau die Anforderung, die in Nordhaus’ Bericht über die Definition der Animationen fehlt.“

Um diese Aufgabe zu erfüllen, rät LaRouche: „Die am besten geeignete pädagogische Herangehensweise an diese Schlüsselfrage der Studie liegt darin, die wesentlichen Punkte von Keplers Entdeckung anzuwenden: die Entdeckung des Prinzips des ,Infinitesimals’. Dieser Unterschied wird offenbar in der heutigen akademischen Lehre bzw. in entsprechenden Veröffentlichungen über die Prinzipien physikalischer wissenschaftlichen (und verwandter) Untersuchungen nicht verstanden.“ (LaRouche 2006, S. 18).

Das „Ganze“ füllen

Mit dieser Aufgabe im Kopf befaßte sich unser Team mit Keplers Werk. Da sich dieser Bericht nicht an Fachökonomen wendet, ist eine Zusammenfassung von LaRouches Wissenschaft der physischen Ökonomie an dieser Stelle angebracht. Nordhaus sucht, wie fast alle zeitgenössischen Ökonomen, nach Trends in der Entwicklung von Wirtschaftsindikatoren, um Korrelationen herauszufinden. Die Preistheorie der monetären Ökonomie geht von dem Axiom aus, daß die Methode von Angebot und Nachfrage, um den Komponenten der physischen Ökonomie einen Wert zuzuschreiben, entweder für die Menschheit nützlich oder zumindest eine unvermeidbare Praxis in der politischen Ökonomie ist.

LaRouche hingegen betont, daß der Wert irgendeiner Sache in der Wirtschaft sich nicht danach bestimmt, was jemand dafür zu bezahlen bereit ist (man denke an all die sinnlosen und nutzlosen Dinge, für die die Menschen ihr Geld verschwenden oder ihre Ersparnisse „investieren“), sondern vielmehr in ihrem Wert für die Zukunft liegt, die noch entstehen muß. Der fundamentale Unterschied zwischen der Menschheit und jeder anderen lebenden Gattung auf dem Planeten ist der, daß in der lebenden Welt zwar auch evolutionäre „technologische“ Entwicklungen stattfinden (wie z.B. die Entwicklung der Warmblüter, die Ausbildung des Schädels und die Überlegenheit der Säugetiere gegenüber den Beuteltieren), aber nur bei der menschlichen Gattung ist die Lebensweise Gegenstand bewußter, absichtlicher Änderungen. Das wird erreicht durch die Entdeckung universeller Naturprinzipien, welche den Charakter unserer Gattung grundsätzlich ändern, was sich in der Zahl der Menschen ausdrückt, die auf einer bestimmten Landfläche leben und prosperieren können. Diese potentielle Bevölkerungsdichte (relativ zu den geographischen Bedingungen) ist in erster Annäherung das Maß für den Erfolg und die wirtschaftliche Entwicklung einer Fähigkeit.

Keplers Infinitesimal, das sich „zwischen den Ritzen“ des Äquanten als physikalische Ursache der Bewegung zeigt, ergibt eine völlig neue Vorstellung einer Planetenbahn. Im ontologisch primären Sinne gibt es die Umlaufbahn gar nicht; sie ist vielmehr das Resultat einer Absicht, die sich ständig äußert. Die umfassende Darstellung des Keplerschen Prinzips der universellen Gravitation findet man in seiner Weltharmonik, wo er darstellt, wie die harmonischen Bedingungen des Sonnensystems als System die lokalen Merkmale der Umlaufbahn bestimmen.

Genauso muß es sich auch in der wirtschaftlichen Praxis verhalten, wo die Zukunft die Gegenwart bestimmt und der Wert sich nicht danach richtet, was ist, sondern danach, was sein wird. Der gleiche Gegenstand oder die gleiche Tätigkeit - wie etwa die Arbeit eines Klempners - hat einen unterschiedlichen Wert, wenn sich der Kurs der Gesamtwirtschaft und der Kultur verändert. Die Installation von Wasserrohren in einer wissenschaftlichen Forschungseinrichtung hat einen anderen Wert für die Menschheit, als wenn die Rohre in einem Spielkasino verlegt werden, selbst wenn die Tätigkeit des Klempners ansonsten in beiden Fällen genau die gleiche ist.

Mars, Keplers Gefangener: 400 Jahre später

Die richtige Wirtschaftswissenschaft erfordert, genauso wie die richtige Ausübung der Medizin, daß der Wissenschaftler nicht nur den künftigen Zustand seines Forschungsgegenstands prognostiziert, sondern auch Vorschläge macht, wie der beste zukünftige Zustand herbeigeführt werden kann. Man kann kein wirklicher Ökonom sein, ohne die Wirtschaftspolitik zu gestalten. Gegenwärtig ist das Weltwirtschaftssystem hoffnungslos bankrott, und nur seine Ablösung durch ein neues System mit Hilfe einer Konkurssanierung kann das weitere Überleben der physischen Wirtschaft und der Mehrheit der Menschheit möglich machen. Der Schlüssel hierzu ist die wissenschaftliche und kulturelle Mission der bemannten Raumfahrt.

Keplers Entdeckung des physikalischen Infinitesimals ermöglichte es wirtschaftlichen Denkern nicht nur, in der Absicht etwas Primäres zu sehen. Die tatsächliche Möglichkeit, zum Mars zu reisen, um dort wissenschaftliche Einrichtungen und die für ihren Betrieb und die Versorgung der Bewohner notwendige Infrastruktur aufzubauen, würde unserem Freund, dem Verfasser des Somnium, sehr gefallen. Die Weltraumforschung bietet eine Vielzahl von Vorteilen; um ein Ziel zu erreichen, das derzeit die Möglichkeiten der Menschheit überschreitet, ist ein höherer Stand der Produktionstechnik und des wissenschaftlichen Grundlagenwissens notwendig, wie z.B. die Beherrschung der Kernfusion, um ein Raumschiff mit Menschen an Bord auf dem Weg zum Mars so zu beschleunigen und zu bremsen, daß nur wenige Reisetage erforderlich sind. Bei einer übergreifenden Aufgabenorientierung läßt sich die wirtschaftliche Produktion richtig bewerten.

Die potentiellen wissenschaftlichen Fortschritte, die eine bemannte Forschungsstation auf dem Mars bewirken könnte, sind atemberaubend. Wie werden sich lebende Prozesse in einem Umfeld verhalten, das sich hinsichtlich seiner Lage zur Sonne, ihres Gravitations- und Magnetfeldes von dem unterscheidet, was wir hier auf der Erde kennen? Wie wird das Universum auf die Schaffung eines „künstlichen“ 1-G-Schwerefeldes durch ein sich ständig beschleunigendes Raumfahrzeug reagieren? Welche Wunder werden wir im tiefen Weltraum beobachten und studieren können, wenn wir die ungeheure Parallaxe nutzen, die uns Observatorien auf den Umlaufbahnen von Erde und Mars bieten?

Der Dichter

Anstatt auf einen monetären Gewinn zu hoffen (auch wenn die amerikanischen Erfahrungen mit dem Apollo-Projekt zeigen, daß Raumfahrt enorme Gewinne abwirft), sollten wir uns lieber kurz mit den kulturellen Implikationen einer solchen Mission beschäftigen. Welch eine Quelle des Optimismus wird diese Reise in den Himmel bieten, wenn die Menschheit aus ihren Kinderschuhen zu einer wirklich menschlichen Entdeckerfreiheit heranwächst!

Wissenschaftliche Entdeckungen sind wahrhaft universell, und die Fähigkeit, zu entdecken, ist allen Menschen gemein. Die Zusammenarbeit in Richtung auf ein Ziel, das unsere Menschlichkeit in einzigartiger Weise umfaßt, schafft einen Moment in der Geschichte, in dem, um aus Shelleys Verteidigung der Poesie zu zitieren, „leidenschaftliche Gedanken über Mensch und Natur“ aufgenommen und mitgeteilt werden können.

Wir können eine solche Zukunft für unsere Gattung sicherstellen, aber das erfordert scheinbar unmögliche schnelle Änderungen. Jedoch stellen sich der Menschheit keine anderen Schranken als die, sie sie sich selbst setzt, und jede Neuerung erfordert eine Entschlossenheit von seiten wirklicher Wissenschaftler, dafür zu sorgen, daß die Gesellschaft in der besten Weise organisiert ist. Ein wirklicher Wissenschaftler muß deswegen auch ein Dichter sein.


Zitierte Werke:

Kepler, Johannes, Mysterium Cosmographicum, 1596

Kepler, Johannes, Astronomia Nova, 1609

LaRouche, Lyndon, „Wie reanimiert man eine reale Wirtschaft?“, in Im Strudel des Systemkollapses, EIRNA-Studie, 2006.

Ross, Jason, Redakteur, „Johannes Kepler’s New Astronomy“, wlym.com/~animations/newastronomy.html, 2006.

Da der Verfasser mit der Sekundärliteratur über Kepler nicht vertraut ist, bittet er jene Autoren um Entschuldigung, die er zitiert hätte, wenn er ihre Werke besser kennen würde.

Lesen Sie hierzu bitte auch:
Wie ein politischer Aktivist Wissenschaftler neu begeistert
- Neue Solidarität 40/2009
Ein Wochenende mit Kepler, Bach, Schiller und Mendelssohn
- Neue Solidarität Nr. 18/2007
Dokumentation des Kepler-Projektes der LaRouche-Jugendbewegung
Internetseite der internationalen LaRouche-Jugendbewegung- in englischer Sprache