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Aus der Neuen Solidarität Nr. 9/2009

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Weltfinanzkrise wird zur Existenzkrise des Euro

Nicht nur das Verfassungsgericht stellte kritische Fragen zum Lissabon-Vertrag, die Euro-Kritiker kommen nun auch prominent in den massenmedien zu Wort.

Bei den Anhörungen beim Bundesverfassungsgericht am 10. und 11. Februar über den Lissaboner Vertrag hatte die Bundesregierung Mühe, nicht nur den Klägern, sondern auch den sehr intensiv nachfragenden Richtern Rede und Antwort zu stehen. Es wurde deutlich, daß wohl eine Mehrheit der Richter dem Vertrag mit großer Skepsis begegnet, und ganz plötzlich wird auch von den Medien, die früher die Regierung propagandistisch unterstützten, die Möglichkeit nicht mehr ausgeschlossen, daß der Gerichtshof eine Volksbefragung anordnet oder zumindest den Vertrag nicht ohne erhebliche Zusatzauflagen durchgehen lassen will. Die Lage ist also ganz anders, als es sich die Regierung gewünscht hatte, und einige prominente Kritiker des Vertrags, die auch schon den Vertrag von Maastricht kritisierten, finden auf einmal offene Türen bei den Medien.

In der Neuen Zürcher Zeitung vom 14./15. Februar zum Beispiel legten die vier Professoren Wilhelm Hankel, Wilhelm Nölling, Karl Albrecht Schachtschneider und Joachim Starbatty, deren Klage aus dem Jahr 1997 vom BVG im Frühjahr 1998 abgewiesen wurde, in einem ganzseitigen Artikel die fatalen Folgen des Euro-Systems dar. In ihrem Artikel dokumentieren sie ausführlich, warum die Europäische Währungsunion heute vor einer Zerreißprobe steht, warum die „Stabilitätsphilosophie der D-Mark“  nicht, wie damals vom BVG in seiner Entscheidung für das Euro-System noch erhofft, in die übrigen EWU-Länder übertragen wurde, sondern umgekehrt die zunehmenden Unterschiede zwischen den Ländern der Eurozone jetzt sogar dabei seien, die Währungsunion zu zerstören. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern seien durch die EZB noch verstärkt worden durch Unterlassung einer tatsächlichen soliden Koordination der Wirtschaftspolitik einerseits und durch Bereitstellung von Beistandskrediten zum „Ausgleich“ der Defizite. Das konnte nur solange funktionieren, wie außereuropäisches Kapital nach Europa floß, besonders in die deregulierten osteuropäischen, baltischen und südeuropäischen Länder, wo in den vergangenen Jahren ein riesiger spekulativer Boom entstand. Jetzt aber, da Kapital in großem Umfang aus Europa abfließt, sei dies System nicht länger aufrechtzuerhalten.

„Am stärksten bedroht die Finanzkrise jene Euro-Staaten, die sich in der Vergangenheit zu hoch in ausländischen Währungen verschuldet haben und deren Leistungsbilanzen seit der Euro-Einführung chronisch defizitär gewesen sind“, also vor allem die ost- und südeuropäischen Staaten, stellen die vier Autoren des Artikels fest. Die sich verschärfende globale Finanzkrise drücke die finanzschwachen Staaten nach unten, diese wiederum zögen die stärkeren mit herunter, da die Eurozone als Haftungsgemeinschaft mit Beistandskrediten einspringen müsse. Die deutsche Wirtschaft sei also durch den Euro nicht stabiler, sondern instabiler geworden, und die chronischen Defizitländer stünden nun vor der Entscheidung, entweder durch harte Austeritätspolitik den Lebensstandard an das realwirtschaftliche Potential anzupassen oder die Wechselkurse ihrer Währung anzugleichen - und das hieße nicht anderes, als aus der Währungsunion auszutreten.

Denkbar wäre für die vier Professoren auch eine Spaltung der Währungsunion in einen „Starkwährungsblock“ (oder „karolingische Währungsunion“, wie sie die vier Autoren auch nennen) mit Deutschland, Finnland, den Niederlanden, Österreich und eventuell Frankreich einerseits, und einem „Schwachwährungsblock“ mit den Ländern Südeuropas andererseits. Die vier Autoren lassen die Frage offen, ob solch ein Konstrukt in Zeiten der Weltwirtschaftsdepression überhaupt funktionieren könnte, ob vor allem der Euro dies überleben würde und dann nicht ohnehin die Rückkehr zu den nationalen Währungen wie der D-Mark auf der Tagesordnung stünde. Der Artikel faßt jedoch ganz gut zusammen, wie gerade einmal zehn Jahre nach der Geburt des Euro es ungefähr so gekommen ist, wie die vier Professoren 1997 in ihrer  Klage mit Recht befürchtet hatten.

Dies war auch Thema bei den jüngsten Anhörungen vor dem BVG, dessen Richter angesichts der Lage, die sich in der Eurozone entwickelt hat, genaugenommen gar nicht anders können als die Entscheidung des Gerichts vom Frühjahr 1998 für den Euro zurückzunehmen und sich gegen den Nachfolgevertrag von Lissabon, der ja das derzeit auseinanderfallende Euro-System beibehalten will, auszusprechen.

„Der Euro blockiert den Kampf gegen die Krise“

Kurz vor dem Erscheinen dieses Artikels in der führenden Schweizer Tageszeitung wurde Hankel von der Frankfurter Rundschau interviewt, und dort ging er einen wichtigen Schritt weiter, indem er die „Rückabwicklung des Euro“ und Rückkehr zur D-Mark forderte: „Die EZB könnte als eine Art internationaler Währungsfonds in Europa wirken, der Euro bliebe, wie früher der ECU, die unabwertbare Recheneinheit für die wieder nationalen Währungen. Diese wiederum hätten in Bandbreiten atmende, also anpaßbare Wechselkurse untereinander. Wir hätten ein Europäisches Zentralbanksystem (EZBS), wie es die Verträge vorsehen,  mit einem Sprecher nach außen, der EZB.“

Eins jedenfalls ist für Hankel klar: „Der Euro blockiert den Kampf gegen die Krise.“ Die Krisenbekämpfung muß seiner Meinung nach auf zwei Beinen stehen, nämlich der Finanzpolitik und der Geldpolitik, die aber  bei der EZB angesiedelt ist. „Die EZB kann nur eine Politik für die Eurozone insgesamt betreiben. Nationale Sonderinteressen sind ausgeschlossen. Aber auch die Fiskalpolitik ist blockiert durch den (Maastrichter) Wachstums- und Stabilitätspakt; er schränkt die Spielräume nationaler Haushaltspolitik stark ein.“ Schlimm sei aber auch, „daß die Geldpolitik bei der Krisenbewältigung ausfällt, ja diese sogar blockiert. Die krisengeschüttelten Euroländer müßten jetzt abwerten können. Aber im Euro geht das nicht. Dadurch funktioniert auch das Zusammenspiel zwischen Zinsen und Wechselkurs nicht mehr. Die Zinsen für die Defizitländer steigen, statt zu fallen! Das verstärkt die Krise und den Druck auf die Steuerzahler.“

„Man darf eben nicht Staat und Währung trennen“, fährt Hankel fort, „Länder mit eigener Währung werden mit der Krise wesentlich besser fertig als die Länder der Eurozone.“

Leider bekommt Hankel in den Interview keine Frage gestellt, die in Richtung eines Neuen Bretton Woods ginge, und von sich aus bringt er das Thema leider auch nicht auf. Aus dem, was er gegenüber der Rundschau zur Notwendigkeit der Existenz nationaler Währungen sagte, muß jedoch konsequent die Forderung nach einem globalen System fester oder zumindest weitgehend stabiler Wechselkurse kommen, und vor allem die Forderung nach einem Ausschluß finanzspekulativer Aktivitäten von jeglicher Währungspolitik. Die Anhörungen beim BVG und die Äußerungen Hankels und der anderen drei Professoren in der Neuen Zürcher Zeitung und der Frankfurter Rundschau unterstreichen auf ihre Weise alles, was die LaRouche-Bewegung seit dem Fall der Mauer immer wieder gegen die Maastrichter Variante des Monetarismus vorgebracht und in breiten öffentlichen Kampagnen zum Thema gemacht hat.

            Rainer Apel

Lesen Sie hierzu bitte auch:
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