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Aus der Neuen Solidarität Nr. 8/2009

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Atommüll: Legende und Wahrheit

Energie. Der verbrauchte Brennstoff aus den Kernkraftwerken ist in Wirklichkeit ein wertvoller Rohstoff.

Genau genommen gibt es so etwas wie „Atommüll” gar nicht. Das häßliche Wort wurde nur erfunden, um den zivilen Ausbau der Atomkraft zu verhindern.

In Wirklichkeit ist der verbrauchte Brennstoff aus den Kernkraftwerken ein wertvoller Rohstoff: Ungefähr 96% davon können wieder zu neuem Kernbrennstoff verarbeitet werden. Keine andere Brennstoffquelle kann das vorweisen - ob Holz, Kohle, Öl oder Gas. Wenn diese Stoffe verbrannt sind, ist alles, was übrig bleibt, ein bißchen Asche oder luftverschmutzende Nebenprodukte, die bei der Kernkraft nicht entstehen.

Somit ist die Kernkraft eine wahrhaft „erneuerbare“ Energiequelle. Ein Kernreaktor kann sogar, anders als bei Wind- und Sonnenenergie oder anderen sogenannten alternativen Energiequellen, mehr Brennstoff produzieren, als er verbraucht.

In den Tagen der Bewegung „Atome für den Frieden“ in den fünfziger und sechziger Jahren ging man davon aus, daß verbrauchter Brennstoff zur Wiederverwendung aufbereitet wird. Die Pläne der USA und anderer Nationen sahen geschlossene Brennstoffkreisläufe vor, Brennstoff sollte nicht nur einmaligem Gebrauch dienen. In einem geschlossenen Kreislauf wird Uran abgebaut, angereichert und zu Brennstäben verarbeitet; dann wird es als Brennstoff verbrannt und anschließend zur erneuten Verwendung wieder aufbereitet.1

Verbrauchten Brennstoff zu vergraben, wie es jetzt z.B. in den Yucca-Bergen geplant ist, war in der Zeit von „Atome für den Frieden“ nicht vorgesehen. Warum sollte man auch Tausende Tonnen Uran-238, spaltbares Uran-235 und Plutonium-239 vergraben, wenn man sie als neuen Reaktorbrennstoff nutzen kann?

Aber wie wir weiter unten erklären werden, haben die USA in den siebziger Jahren wie andere Länder ihr Wiederaufbereitungsprogramm gestoppt und lagern statt dessen das verbrauchte Atommaterial ein, bis eine Endlagerstätte gefunden ist. Trotz der Angstmache in den Medien ist aber die Gesamtmenge der eingelagerten abgebrannten Brennstäbe gering. Das US-Energieministerium gab 2007 bekannt: „Wenn man den gesamten, bisher in den USA verbrauchten Brennstoff nähme und eng gepackt lagerte, so bedeckten die Behälter gerade einmal die Fläche eines Fußballfeldes bei weniger als 5 m Tiefe.“

Aber der noch verwertbare Anteil an Brennstoff auf diesem hypothetischen Fußballfeld wäre riesig. Wer 70.000 t verbrauchten Brennstoff vergräbt, vergeudet 66.000 t Uran 238, das man wiederverwenden könnte, und weitere 1200 t spaltbares Uran-235 und Plutonium-239, den energiereichen Teil der Brennstoffmischung. Oder anders betrachtet: Der wiederverwertbare verbrauchte Brennstoff in der 40jährigen Laufzeit eines 1000-MW-Kernreaktors entspricht 20 Mrd. Litern Öl oder 37 Mio. t Kohle. Würden Sie das wegschmeißen?

Nicht nur sind diese 96% wiederverwertbaren Materials des jetzt eingelagerten Atomabfalls mehrere Billionen Dollar wert, auch die restlichen 4% sogenannten hochradioaktiven Abfalls, etwa 2500 Tonnen, können wieder verwendet werden. Dr. Michael Fox, ein Physo-Chemiker und Nuklearingenieur, hat ausgerechnet, daß man jeweils 80 Tonnen an Cäsium-137 und Strontium-90 herausfiltern könnte, die sich für medizinische Anwendungen wie z.B. die Radioisotopen-Therapie oder die Sterilisierung von Ausrüstung verwenden ließen.

Mit Isotopen-Trennungsverfahren oder durch Beschuß mit schnellen Neutronen zur Transmutation könnte man andere wertvolle Radioisotopen herausfiltern, wie Americium, das weithin in Rauchdetektoren genutzt wird, oder das in Herzschrittmachern oder kleinen Reaktoren im All eingesetzte Plutonium-238. Krypton-85, Tritium und Promethium-147 lassen sich als selbstversorgende Lichtquellen über weite Entfernungen benutzen; Strontium-90 liefert Strom für entlegene Wetterstationen oder Überwachungsanlagen, Navigationshilfen und militärische Kommunikationssysteme.

Fortschritt contra Malthus

Um zu verstehen, warum solche wertvollen Rohstoffe heutzutage als „Atommüll“ abgetan werden, müssen wir an die Zeit von „Atome für den Frieden“ zurückdenken, als Mensch sich auch gerade daran machte, den Mond zu erobern. Überall herrschten wissenschaftlicher Optimismus und Fortschrittsbegeisterung. Die meisten Menschen waren fest davon überzeugt, daß es ihren Kindern und Enkeln besser gehen würde als ihnen.

Aber in der Nachkriegszeit erhob auch der bösartige Bevölkerungsfeind Malthus wieder sein häßliches Haupt. Der erste Direktor der UN-Organisation für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO), der Brite Sir Julian Huxley, kleidete 1945 die alte Nazi-Eugenik in das neue Gewand des Umwelt- und Naturschutzes.2 Der britische Prinz Philip und der frühere SS-Mann Prinz Bernhard der Niederlande organisierten eine oligarchische „grüne” Bewegung, um Rohstoffe und wilde Tiere für ihr Privatvergnügen zu bewahren und um die Bevölkerung zu reduzieren, weil es in ihren Augen zu viele Menschen gab.

1971 gründete Prinz Bernhard den exklusiven „1001 Club” - mit einer Aufnahmegebühr von 10.000 Dollar - zur Finanzierung der International Union for the Conservation of Nature (IUCN) und des World Wildlife Fund (WWF), den Prinz Philip 1961 (zusammen mit Huxley) ins Leben gerufen hatte. Prinz Philip stand dem WWF bis 1996 persönlich vor.

Hinter der IUCN und dem WWF und ihren Werbekampagnen mit den netten Pandabären und anderen Tierchen stand ein Haß auf die Zunahme der Weltbevölkerung, besonders der mit dunkler Hautfarbe. Wer meint, daß wir hier übertreiben, der sollte einmal einige von Prinz Philips eigenen Verlautbarungen lesen. 1981 sagte er z.B. gegenüber dem Magazin People: „Das Wachstum der Weltbevölkerung ist vielleicht die ernsthafteste, langfristige Bedrohung für das Überleben der Menschheit. Wenn wir es nicht aufhalten, steuern wir auf eine Katastrophe zu - nicht nur für die Natur, sondern für die Menschheit. Je mehr Menschen es gibt, desto mehr Rohstoffe verbrauchen sie, desto mehr verschmutzen sie die Umwelt und desto mehr bekriegen sie sich gegenseitig. Wir haben keine Wahl. Wenn das nicht gezielt eingeschränkt wird, wird es ungezielt eingeschränkt werden durch die Ausbreitung von Krankheit, Hunger und Krieg.”3

Der 1968 gegründete malthusianische Club von Rom propagierte Bevölkerungskontrolle, um die „begrenzten Rohstoffe der Erde zu bewahren“, wobei bewußt unterschlagen wurde, daß man mit moderner Technik neue Rohstoffe schaffen kann.

In Amerika wurde diese menschenfeindliche Botschaft u.a. durch Paul Ehrlichs 1968 veröffentlichtes Buch Die Bevölkerungsbombe populär. Er verbreitete die Propaganda an den amerikanischen Hochschulen: der Mensch vergewaltige die Erde, und die Weltbevölkerung müsse um zwei Drittel schrumpfen. Der Biologe Ehrlich, dessen Horrorvorhersagen sich über die letzten 40 Jahre als Hirngespinste herausgestellt haben, war der Ziehvater vieler „Wissenschaftler” der Ökologiebewegung wie dem Wissenschaftsberater der neuen US-Regierung, Dr. John Holdren, der eines von Ehrlichs Büchern mit herausgab.

Ein anderes einflußreiches Buch war das 1972 erschienene Die Grenzen des Wachstums, verfaßt von einer Gruppe von Malthusianern am MIT (Massachusetts Institute of Technology), die auch große Katastrophen voraussagten, falls das Bevölkerungswachstum nicht beendet würde. Auch hier wurde nie erwähnt, daß wir mit neuen Technologien Grenzen des Wachstums überwinden können.

Für diese Malthusianer war die Atomkraft der Feind schlechthin, nicht weil sie zu teuer oder gefährlich wäre, sondern weil sie wußten, daß diese die Menschheit von den Fesseln von Armut, Krankheit und Not befreien könnte. Die Anführer der Anti-Kernkraftbewegung wissen alle, daß es so ist. Die Panikmache über gefährlichen atomaren Abfall, Strahlung und zu hohe Kosten dient nur dazu, wohlmeinende und leichtgläubige Menschen in die Irre zu leiten. Im Grunde geht es um Bevölkerungskontrolle.

Dr. Seltsam erfindet den „Atommüll”

Einer der wichtigsten Männer, die hinter den Kulissen die zivile Nutzung der Atomkraft hintertrieben, war Albert Wohlstetter, der als ein reales Vorbild für den verrückten „Doktor Seltsam“ in dem bekannten Film Dr. Seltsam oder wie ich lernte, die Bombe zu lieben gilt. Wohlstetter, ein Mathematiker/Logiker von der Universität Chicago und Berater der Rand Corporation, stieg zum führenden Nuklearstrategen der USA auf und beriet fünf Präsidenten. Er spezialisierte sich auf makabre Schreckensszenarien über Atomkriege, die er nach der Anzahl der Toten bemaß. Er bildete auch einige der heute führenden Neocons aus, darunter Richard Perle, Paul Wolfowitz und Zalmay Khalilzad.4

Wohlstetter spielte eine Schlüsselrolle dabei, das zivile Atomkraft-Programm zu hintertreiben und politisch Anti-Atom-Stimmung zu schüren. Er setzte ganz bewußt zivile Kernkraftwerke mit Bomben gleich, bezeichnete benutzten Atombrennstoff als „Müll” und machte Front gegen die Wiederaufbereitung, weil die nur zu mehr Atomkraftwerken führe. Er behauptete, die Kernenergie sei nichts für Entwicklungsländer, und auch die USA sollten aussteigen, damit es keine Weiterverbreitung atomarer Waffen gäbe - auch dieser Begriff „Proliferation” stammt von ihm. Er gab zwar zu, daß Kernkraft die billigste Energie liefert, behauptete aber, billige Energie sei für das Wirtschaftswachstum nicht so wichtig!

Wohlstetter war wesentlich daran beteiligt, in Kalifornien ein Gesetz durchzusetzen, das den Bau neuer KKWs verbot, solange es keine nationale Endlagerstätte für „hochradioaktiven Müll” gäbe. Dann organisierten Wohlstetters Freunde in der Umweltbewegung Kampagnen gegen alle Pläne für Endlager vom „Atommüll” im ganzen Land - und dieser Kampf läuft noch heute.

Gleichzeitig sabotierten Wohlstetter und andere die Wiederaufbereitung. Es war nicht, wie meist angenommen wird, in erster Linie der demokratische Präsident Carter, der diese Politik betrieb, sondern Wohlstetter und die Neocons - unter ihnen Dick Cheney. Als Stabschef von Präsident Ford leitete Cheney ein Beratergremium des Präsidenten, das aus den von Wohlstetter erklärten Gründen ein Ende des amerikanischen Wiederaufbereitungsprogramms empfahl. Ford ging im Wahlkampf 1976 mit dieser Politik gegen die Wiederaufbereitung an die Öffentlichkeit. Jimmy Carter, der in der Frage der Wiederaufbereitung ähnliche Pläne hatte, gewann die Wahl. Wohlstetter schrieb dann in seiner Eigenschaft als Berater des Verteidigungsministeriums einen wichtigen Bericht, in dem er Carters Politik gegen die Wiederaufbereitung unterstützte.5

Was kommt zuerst?

Niemand mag „Müll“, und so wurde Wohlstetters Kampagne gegen den „Atommüll” schnell zu einem zentralen Thema der Umweltbewegung. Die Umweltschützer sind geradezu besessen von der Müllfrage, weil Müll für sie die böse Industriegesellschaft an sich verkörpert. Man mißt Menschen heute danach, wieviel physischen Müll sie pro Jahr produzieren. Im amerikanischen „Umweltalmanach” wird hochfeierlich gewarnt, jeder Amerikaner produziere jedes Jahr eine Dreiviertel Tonne Abfall! Die Lösung ist offensichtlich, den Menschen nicht länger vom falschen Ende her zu betrachten: Konzentriert euch auf den Kopf, nicht auf das Gegenteil. Denkt daran, wie der menschliche Geist neue Lösungen für Probleme finden kann!

Hier sind einige dieser Lösungen:

Wir wissen, wie man nukleare Reststoffe wieder aufbereiten kann, und zwar sicher, wir haben es jahrelang getan. Wir wissen auch, daß neue Technologien entwickelt werden, mit denen die langlebigen radioaktiven Isotope in den 4% des abgebrannten Brennstoffs, die nicht wieder aufbereitet werden können, neutralisiert werden können. Neue Technologien könnten viele dieser Isotope zur Verwendung in der Medizin und Industrie gewinnen.

Wir können die Kernfusion entwickeln, wo die Temperaturen so hoch sind (Millionen von Grad), daß wir nukleare Reststoffe, aber prinzipiell auch jede Form der Materie einschließlich von Abfall oder Gestein, in ihre chemischen Grundbestandteile zerlegen können. Die Fusionsfackel war eine Idee, die in den sechziger Jahren patentiert wurde, aber ihre Entwicklung wurde von den oben beschriebenen Kernkraftfeinden sabotiert. Plasmafackeln mit geringeren Temperaturen, als sie bei der Kernfusion auftreten, werden heute in verschiedenen Industriebereichen angewandt, z.B. bei der Stahlerzeugung.

Die Grundidee ist dabei das Gegenteil von der grüner Ideologen: daß man gerade durch die moderne Technik Umweltverschmutzung verhindert. Für jedes Problem gibt es eine Lösung.

Die Kernkraftgegner wissen, daß Wiederaufbereitung möglich ist. Ihr nächstes Argument ist die „Sicherheit”. Sie behaupten, der Mensch sei nicht fähig, sicher mit Hochtechnologie umzugehen. Natürlich ist alles im Leben mit Risiko verbunden, aber erst durch die Schöpferkraft des Menschen findet man Schutz vor Gefahren. Wieder schauen die Gegner auf das falsche Ende des Menschen!

Dann kommt das Argument: „Was ist mit dem Terrorismus? Was passiert, wenn böse Menschen radioaktives Material in die Hand bekommen?“ Die Antwort ist, daß die USA in der Vergangenheit erfolgreich und sicher benutzten Kernbrennstoff wiederaufbereitet haben und es wieder tun können.

„Ja, aber das kostet doch viel zu viel”, hört man von den Kernkraftgegnern, etwa den gelehrten Vertretern der „Vereinigung besorgter Wissenschaftler“ und anderen. Sie zeigen einem dann eine buchhalterische Aufstellung von „Kosten und Nutzen“, um zu beweisen, daß es billiger sei, nicht wieder aufzubereiten. Aber die Wirklichkeit ist anders als diese Buchhalterrechnung. Wir werden aus dieser zivilisationsbedrohenden Finanzkrise nicht herauskommen, wenn wir nicht massiv in Infrastrukturprojekte investieren - auch in Kernkraftwerke, die eine ausreichende Energieversorgung für zukünftige Generationen sicherstellen. Wenn wir das nicht tun, müssen Menschen unnötig sterben. Die Kosten-Nutzen-Rechnung ist eine tödliche Falle.

Die Anführer der weltweiten Antiatombewegung finden das gut, weil sie vier Milliarden oder mehr Menschen weghaben wollen. Die Frage lautet: Wie viele der gutgläubigen Umweltschützer, die auf das Argument vom „Atommüll“ hereingefallen sind, werden aufwachen und ihren Kopf gebrauchen?

Marjorie Mazel Hecht


Anmerkungen

1. Siehe auch „The Beauty of the Nuclear Fuel Cycle“, in: 21st Century Science and Technology, Winter-Ausgabe 2005-06. www.21stcenturysciencetech.com/2006_articles/NuclearFuel.W05.pdf

2. Für weitere Details über Huxley, Prinz Philip und Prinz Bernhard siehe den EIR-Sonderbericht, „The True Story Behind the Fall of the House of Windsor“, September 1997.

3. People Magazin, 21. Dezember 1981

4. „Albert Wohlstetter’s Legacy: The Neo-cons, Not Carter, Killed Nuclear Energy”, 21st Century Science and Technology, Frühjahr-Sommer Ausgabe 2006, www.21centurysciencetech.com/2006_articles/spring%202006/Special_Report.pdf

5. Mehr Hintergründe zum Thema Wiederaufbereitung in Clinton Bastin, „We Need to Reprocess Nuclear Fuel ”, 21st Century Science & Technology, Sommer-Ausgabe 2008, www.21stcenturysciencetech.com/Articles%202008/Summer_2008/Reprocessing.pdf.

 

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