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Neue Solidarität
Nr. 51, 16. Dezember 2009

Europa braucht kein Empire, sondern nationale Souveränität!

Von Helga Zepp-LaRouche

Im Wortlaut. Es folgen die Ausführungen von Helga Zepp-LaRouche auf der Konferenz „Rettet die Menschenwürde um der Menschheit willen!“ am 3.-4. Dezember 2009 in Moskau (als Video aufgenommen am 22. November 2009).

Liebe Freunde,

ich glaube, die meisten von Ihnen werden mir zustimmen, daß das System der Globalisierung heute um mehrere Größenordnungen bankrotter ist, als es die kommunistische Planwirtschaft zwischen 1989 und 1991 war. Diejenigen, die sagen, das Schlimmste sei schon vorüber, lügen. Was man jetzt sehen kann, ist lediglich das, was man im Englischen den „zweiten Wind“ nennt, d.h. wenn einem eigentlich schon die Puste ausgegangen ist, und man sich noch einmal zu einer allerletzten Anstrengung aufrafft.

28 Monate nach Ausbruch der Systemkrise Ende Juli 2007 ist die Kasinowirtschaft aggressiver als je zuvor. Durch Megafusionen verschiedener Finanzhäuser haben wir heute größere Banken als selbst vor dem Kollaps von Lehman Brothers. Das Hochrisikogeschäft ist in vollem Gang. Es wurden unheimliche Mengen von Liquidität gepumpt, um die Banken zu retten, was aber unmöglich ist, weil sie unrettbar bankrott sind. In Amerika sind alleine über 23 Billionen Dollar an Liquidität gepumpt worden, in Europa ähnliche Summen - und trotzdem ist die Realwirtschaft weltweit ungebremst im freien Fall.

Es haben sich neue Blasen gebildet: Der Geschäftsimmobilienmarkt und der sogenannte Credit-Default-Swap-Markt, also der Kreditversicherungsmarkt, stehen vor dem Kollaps. Eine ganz große neue Gefahr ist der neue Dollar-Carry-Trade. Somit ist der nächste Megacrash nur eine Frage der Zeit, und dann droht die Gefahr - wenn nicht etwas Maßgebliches geändert wird - eines Absturzes ins Chaos und die Gefahr einer Hyperinflation wie Weimar 1923, nur diesmal weltweit.

Wie mein Ehemann Lyndon LaRouche bereits in seiner Videorede ausgeführt hat, ist das Abkommen, das Anfang Oktober zwischen Rußland und China getroffen wurde, potentiell der Anfang eines neuen Kreditsystems. Und dem müssen sich andere, souveräne Nationen zuordnen. Wenn Rußland, China, Indien und hoffentlich bald die USA zusammenarbeiten, kann dies durchaus zu einem neuen Kreditsystem führen.

Ich möchte in meinen Bemerkungen auf die Rolle Europas in diesem Zusammenhang eingehen. Solange die europäischen Nationen im Korsett der EU gefangen sind, hat Europa keine Chance, diese Krise zu überwinden. Die EU-Bürokratie in Brüssel behauptet natürlich genau das Gegenteil, nämlich, daß die europäische Integration notwendig sei, damit sich Europa als regionale Macht gegen andere regionale aufsteigende Mächte in der Welt behaupten könne.

Es ist eine Unwahrheit, die von den Befürwortern dieser EU normalerweise verbreitet wird, wenn gesagt wird, daß jeder, der dieser EU kritisch gegenüber steht, europafeindlich sei. Das ist absolut nicht die Konsequenz, sondern man kann sehr wohl für Europa sein, und zwar im Sinne von de Gaulles Europa der Vaterländer.

Die EU als Imperium

Das Problem mit der gegenwärtigen EU ist, daß sie spätestens seit dem Vertrag von Maastricht auf dem Weg ist, sich zu einem wirklichen Empire zu entwickeln. Wenn man die Entwicklungen nach dem Fall der Mauer 1989 betrachtet - die Manipulation von Margaret Thatcher mit ihrer Viertes-Reich-Kampagne, von Mitterrand, der sogar Krieg androhte, falls Deutschland die D-Mark nicht aufgeben würde, und von Bush senior, der Deutschland durch Selbsteindämmung kontrollieren wollte -, dann kann man im Nachhinein sehen, daß alle diese Anstrengungen, das wiedervereinigte Deutschland in die EU einzubinden, im wesentlichen den Zweck hatten, die Rolle Deutschlands bei der wirtschaftlichen Entwicklung der damaligen Sowjetunion und dann Rußlands zumindest sehr stark einzuschränken.

1991 hätte die Chance bestanden, das Ost-West-Verhältnis auf eine völlig neue Basis zu stellen und eine wirkliche Friedensordnung für das 21. Jahrhundert zu organisieren, denn es gab ja keine Gegner mehr. Aber das Problem war, daß gerade zu dem Zeitpunkt die Neocons um Cheney, Shultz und Rumsfeld in der alten Regierung Bush die Doktrin des „amerikanischen Jahrhunderts“ etablieren wollten, und dabei sollte die Sonderbeziehung zwischen England und den USA praktisch als Beginn einer neuen Weltregierung dienen. Die Folge davon war der erste Golfkrieg.

Bei der Verwirklichung der Idee eines Weltreiches gab es in den acht Jahren der Clinton-Administration eine gewisse Unterbrechung, aber die Globalisierung in wirtschaftlicher und finanzieller Hinsicht breitete sich natürlich weiter aus. 1996 hatte z.B. Richard Perle durch den damaligen Premierminister Israels, Netanjahu, die Politik des sogenannten „clean break“ auf die Tagesordnung gesetzt, und diese Politik bestand im wesentlichen darin, alle Regierungen, die dieser neuen Weltregierung feindlich gegenüber stünden, durch Regimewechsel auf die eine oder andere Weise zu beseitigen.

Im Januar 2001 hat mein Mann Lyndon LaRouche gewarnt, daß die neue Bush-Administration mit so vielen wirtschaftlichen Schwierigkeiten konfrontiert sein würde, daß die Gefahr bestünde, daß sie einen neuen Reichstagsbrand inszenieren würde. Genau das ist neun Monate später, am 11. September 2001, passiert. Und schon einen Tag später stellte sich Vizepräsident Cheney vor die internationale Presse und behauptete, es sei eindeutig bewiesen, daß Saddam Hussein und der Irak am 11. September schuld seien. Das war der Vorwand für den Schlag gegen den Irak später und natürlich auch für den Afghanistankrieg.

Der Vertrag von Maastricht, der Europa in der Form der EU bestimmt hat, muß vor diesem Hintergrund gesehen werden, denn es ging nicht nur um die Eindämmung des wiedervereinigten Deutschlands durch EU-Integration, sondern es ging auch um die sogenannte Reformpolitik gegenüber Rußland, die in den neunziger Jahren zu dem bekannten wirtschaftlichen Kahlschlag geführt hat. Deutschland mußte die D-Mark aufgeben und der Währungsunion mit dem Euro zustimmen. Helmut Kohl sagte damals, er sei sich absolut sicher, daß eine Währungsunion ohne politische Union nicht funktionieren könnte. Doch er wurde durch verschiedene, sehr üble Manöver - dazu gehörte u.a. die Ermordung Alfred Herrhausens, des damaligen Chefs der Deutschen Bank - dazu gezwungen, dem Verzicht auf die D-Mark zuzustimmen. Heute muß man feststellen, daß die EU seitdem wirklich eine Substruktur der Globalisierung geworden ist.

Das Verhalten Brüssels und der EU-Kommission seit dem Ausbruch der Krise 2007 beweist, daß man in keinem Punkt vom neoliberalen Paradigma abgewichen ist. Die neue Außenministerin, Mrs. Ashton, hat jetzt einen Stab von 8.000 Mitarbeitern, die potentiell mehr Macht haben als alle EU-Mitgliedsregierungen, und diese werden bei der Außen- und Verteidigungspolitik eine sehr große Rolle spielen.

Die EU hat auch klargemacht, daß sie am weiteren Ausbau des Freihandels festhalten wolle. Sie insistiert auf dem Abschluß der Doha-Runde. Sie hat auch zugegeben, daß die EU-Politik im Gesundheitsbereich die britische Methode der QALY ist, d.h. quality adjusted life years, die eine Priorisierung von Gesundheitsmaßnahmen für Leute bedeutet, die sehr schnell wieder ins Berufsleben integriert werden können, während Kinder und alte Leute dann durch das Raster fallen und weniger medizinische Versorgung bekommen werden. Das geht in die Richtung der Politik, die damals „Tiergarten 4“ (T4) hieß und zur Grundlage für die Definition von lebensunwertem Leben wurde.

Welch ein Monster die EU-Struktur im Augenblick ist, sieht man nirgendwo besser als in der Landwirtschaftspolitik, wo z.B. in Deutschland bereits ein Drittel aller Milchbauern ihre Existenz verloren haben und viele weitere in Gefahr sind, in den nächsten Wochen und Monaten bankrott zu gehen, weil die Preispolitik der EU ganz offensichtlich darauf hinausläuft, den landwirtschaftlichen Familienbetrieb durch sogenannte agroindustrielle Komplexe zu ersetzen.

Ich wage die Prognose, daß es, wenn die EU bei ihrer gegenwärtigen neoliberalen Politik bleibt, bei der weiteren Zuspitzung der Krise zu einer Revolte gegen die EU kommen wird - nicht nur von einzelnen Mitgliedsstaaten, sondern auch von betroffenen Berufsgruppen, die durch diese Politik nicht mehr überleben können.

Wenn Europa bei der gegenwärtigen EU-Politik bleibt, dann gibt es kein Instrumentarium, das es erlauben würde, die Industrie oder das Gemeinwohl zu beschützen, denn der Stabilitätspakt und der Wahnsinn der sogenannten Schuldenbremse, die jetzt sogar im deutschen Grundgesetz verankert wurde, nimmt den Regierungen jegliches Mittel, etwa durch staatliche Kreditschöpfung die Maßnahmen zu ergreifen, die für die Überwindung der Wirtschaftskrise notwendig sind. Wenn Europa bei dieser Politik bleibt, wird Europa - ganz egal was im Rest der Welt passiert - in ein neues dunkles Zeitalter abstürzen.

Auf der anderen Seite gibt es eine Alternative. Wenn ein Vier-Mächte-Bündnis zwischen Rußland, China, Indien und hoffentlich den USA zustande kommt, dann können einzelne europäische Nationen als souveräne Staaten Teil dieses neuen Kreditsystems werden. Dann sehe ich auch eine sehr positive Rolle für Deutschland, für Frankreich, für Italien und die anderen europäischen Staaten. Der deutsche Mittelstand verfügt beispielsweise über industrielle Kapazitäten, die bei der Entwicklung Eurasiens dringend gebraucht werden.

Ich denke, das ist der Weg, den wir gehen müssen, denn alle Nationen Eurasiens, Afrikas, Lateinamerikas müssen sich individuell als souveräne Nationen auf die bestmögliche Weise entwickeln können. Das ist im übrigen der von Nikolaus Kusanski [Nikolaus von Kues] entwickelte Gedanke, daß eine Konkordanz im Makrokosmos nur möglich ist, wenn sich alle Mikrokosmen auf die bestmögliche Weise entwickeln.

Gerade hat die FAO in ihrem neuen Jahresbericht festgestellt, daß insgesamt 1,2 Mrd. Menschen täglich hungern. Ich denke, das ist die Schande des Systems der Globalisierung. Deshalb muß es zu den neuen Aufgaben der Zusammenarbeit souveräner Republiken gehören, die Überwindung von Hunger, von Armut - vor allem in Afrika und in Lateinamerika - auf die Tagesordnung zu setzen.

Wir müssen uns gemeinsame Ziele geben. Herr LaRouche hat schon darauf hingewiesen, daß die bemannte Raumfahrt die nächste Stufe ist, die die Menschheit auf einer höheren Ebene vereinigen kann. Diese Entscheidung, in welche Richtung wir gehen - Chaos, Absturz oder eine neue gerechte Weltwirtschaftsordnung -, ist eine Entscheidung, die aller Voraussicht nach in den nächsten Wochen und Monaten auf uns zukommt. Und ich denke, wir sollten uns dieser historischen Herausforderung mit Mut und Zuversicht stellen.

Vielen Dank!

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