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Aus der Neuen Solidarität Nr. 5/2009 |
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Bei den Anhörungen zur Bestätigung des neuen Finanzministers wurde immerhin mehrfach die rauhe Wirklichkeit der Krise angesprochen.
Im Laufe der Anhörungen vor dem Finanzausschuß des US-Senats über die Nominierung des als Finanzminister vorgesehenen Timothy Geithner kam es am 21. Januar zu einer Reihe wichtiger Interventionen, die einen Fortschritt bei der Debatte über die Natur des Finanzkrachs - wenn auch noch nicht über die Lösung - signalisieren. Geithner, der als Chef der Federal Reserve Bank von New York stark an der bisherigen Politik der Rettungsaktionen beteiligt war, blieb gegenüber den bohrenden Fragen allgemein und wollte sich nicht festlegen.
* Paul Volcker (ehemaliger Vorsitzender der Federal Reserve): Bei seiner Aussage für Geithner machte Volcker einige stichhaltige Bemerkungen zur Lage:
„Um es unumwunden zu sagen: Wir sind in einer schweren Rezession, deren Ende nicht absehbar ist. Das Finanzsystem ist kaputt. Das ist ein ernstzunehmendes Hindernis für eine Erholung. Es gibt kein Entrinnen aus der zwingenden Notwendigkeit, daß die Bundesregierung zu Hilfe kommen muß, um in Wirtschaft und Finanzen das Staatsschiff wieder in Ordnung zu bringen.
Mit der Zeit wird es eine unumgängliche Tatsache, daß mehrere Billionen Dollar notwendig sein werden, in einer Kombination von Haushaltsausgaben sowie verschiedenen Garantien und Versicherungsprogrammen und Ausweitung des Kredits der Federal Reserve.“
* Senator John Kerry (Demokrat aus Massachussetts): Kerry sagte zunächst, er stimme Volckers Aussage zu, daß das „Finanzsystem kaputt“ und dies „die Mutter aller Finanzkrisen“ sei, dann fuhr er fort:
„Ich fürchte, es kann durchaus sein, daß das Finanzpaket des Repräsentantenhauses und das Investitionspaket, so wie sie jetzt vorgeschlagen sind, schlicht vergeudet sein könnten und nicht die Auswirkung haben werden, die wir uns von unserem wirtschaftlichen Gesamterholungspaket wünschen - weil das System dahinter kaputt ist.
Die Leute reden gerne davon, daß wir eine Vertrauenskrise haben. Ich glaube nicht, daß wir eine Vertrauenskrise haben. Ich glaube, wir haben eine reale Krise. Wir haben eine reale Krise bei unseren Kreditinstituten. Und weil sie das alle wissen, sind sie alle wie erstarrt, und sie halten sich (mit Kreditvergabe) völlig zurück. Und solange wie wir das nicht in Ordnung bringen, werden wir nicht in der Lage sein, das Investitionspaket und die anderen Dinge, die wir tun müssen, zum Funktionieren zu bringen, wie sie es eigentlich müßten...
Wir brauchen ein Paket, dem wir zutrauen, die Bilanzen zu säubern... Paul Krugman hat gerade einen Artikel über die Gotham Bank geschrieben, vielleicht haben Sie ihn gesehen: 2 Mrd. $ an Vermögenswerten, 1,9 Mrd. $ an Verbindlichkeiten, aber 400 Mio.$ dieser Vermögenswerte sind Hypotheken und ähnliches, Sie wissen schon, ziemlich unsicheres... Er nennt es eine lebende Bankleiche.
Es gibt da draußen einfach zu viele lebende Bankleichen, und ich wüßte gerne, ob Sie und der Präsident einen umfassenden Plan haben, von dem wir sicher sein können, daß wir damit dem amerikanischen Volk und dem Markt die Botschaft vermitteln, die wir brauchen...“
* Senatorin Olympia Snowe (Republikanerin aus Maine): Snowe versuchte, Geithner auf Maßnahmen zur Kontrolle des Marktes für Kreditderivate festzulegen. Dabei führte sie auch dessen eigene Warnungen vor diesen Derivaten in den letzten Jahren von 2004 bis 2008 an. Geithner bestand darauf, daß seine Intervention für „Infrastruktur“ gesorgt habe, die das System besser vor Erschütterungen schütze.
* Senatorin Maria Cantwell (Demokratin aus dem Bundesstaat Washington): Sie griff Snowes Frage nach Kreditderivaten auf und wollte wissen: „Haben Sie vielleicht die wachsende Bedrohung des Marktes für Kreditderivate übersehen? Das war doch zur selben Zeit...“ Geithner reagierte defensiv und sagte, er habe das System gestärkt. Später kam Cantwell auf die Derivate zurück. Der frühere Vorsitzende der Wertpapieraufsicht SEC, Leavitt, habe das CMFA-Wertpapiergesetz als „Fehler“ bezeichnet.
Geithner mochte dem nicht beipflichten, forderte aber Regulierung mit „weniger Risiko für das System als ganzes“.
Sie machte Druck und wollte von ihm wissen, warum es kein Fehler gewesen sei und ob man nicht doch „umfassende Regulierung“ brauche. Er nahm daraufhin das System der Hedgefonds in Schutz. Er habe das gleiche Ziel wie sie, sei aber gegen ihre Ideen, weil er es „richtig machen“ wolle. Hierauf erwiderte Cantwell:
„Wogegen ich bin: Ich habe genug von diesen exotischen Finanzinstrumenten. Was mit unserer Volkswirtschaft passiert, ist überhaupt nicht exotisch. Für die, die ihren Arbeitsplatz verloren haben, hat das gar nichts exotisches. Das ist dieses exotische Finanzinstrument des Tages: Kreditderivate. Was wird morgen das Instrument sein, das jemand anders benutzen wird?...
Die außer Kontrolle geratenen Finanzmärkte und die Tatsache, daß sie schneller exotische Instrumente erfinden, als wir sie regulieren können, sind ein enormes Problem für unsere Wirtschaft. Und ich würde gerne wissen, wie wir das in den Griff bekommen können, statt zu warten, bis das nächste Finanzinstrument kommt.“
Am Nachmittag, während der Bestätigungs-Hearings für Hillary Clinton, griff Senator Bob Corker (Republikaner aus Tennessee) das Finanzthema des Vormittags auf. Seine Botschaft war einfach: Das Bankensystem ist zahlungsunfähig, und bevor dieses Problem nicht gelöst ist, wird kein müder Dollar, der dem System zugeführt wird, etwas ausrichten. Corker, sonst ein „finanzpolitisch Konservativer“, der gegen jeden Staatseingriff ist, argumentierte folgendermaßen:
„Wir geben zahlungsunfähigen Banken Kapitalspritzen. Sie horten dieses TARP-Geld [Troubled Assets Relief Program; das 700 Mrd.$-Programm, das der Kongreß im Herbst 2008 nach quasi Nötigung durch Finanzminister Henry Paulson verabschiedet hatte] - denn sie wissen, daß ihre kommenden Verluste viel größer sind als das, was sie besitzen. Sie kündigen Kredite, weil sie das Geld brauchen.
Uns geht das Pulver zum Lösen der Probleme aus. Auf den Kreditmärkten werden Billionen an Dollars verloren gehen; es wird ein System von Zombie-Banken geschaffen.
Großbanken, Banken, die wir alle respektieren, sind zahlungsunfähig und müssen unter Staatsaufsicht gestellt werden. Es müssen Abschreibungen vorgenommen werden. Je länger wir warten, desto weiter entfernt werden wir davon sein, das eigentliche Problem anzupacken.
Das eigentliche Problem ist, daß ein Großteil unseres Bankensystems zahlungsunfähig ist. Wertpapiere müssen auf ihren realen Wert abgeschrieben werden...
Herr Präsident, Sie haben dieses Problem nicht geschaffen. Aber wir müssen unserer Bevölkerung sagen, daß ihr Bankensystem zahlungsunfähig ist.“
Corker stimmte den Ausführungen von Senator John Kerry in der Vormittagssitzung des Finanzausschusses zu.
„Ich rede mit Bankiers von der Wall Street. Sie wissen, daß sie zahlungsunfähig sind. Dem müssen wir uns stellen wie erwachsene Menschen. Der Insolvenz ins Auge sehen. Diesen hohen Verlusten ins Auge sehen. Als erstes müssen wir dagegen etwas tun, bevor wir andere hilfreiche Dinge tun können.“
eir
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