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Neue Solidarität
Nr. 49, 2. Dezember 2009

Das Schillersche Menschenbild in der Politik

Von Helga Zepp-LaRouche

Helga Zepp-LaRouche, die Vorsitzende des Schiller-Instituts und der Bürgerrechtsbewegung Solidarität, hielt beim Berliner Schillerfest am 21. November die folgende kurze Ansprache.

Liebe Schillerfreunde, es ist mir ein wirklich großes Vergnügen, diesen Schillergeburtstag mit Ihnen zu feiern. Denn Schiller ist trotz seines stattlichen Alters von 250 Jahren und der Tatsache, daß er im Bewußtsein vieler Leute vielleicht nicht so brisant ist: Er ist trotzdem der jüngste von uns allen. Ich denke, er ist der größte Deutsche, der je gelebt hat. Ich denke, daß er ein Menschenbild entworfen hat, das eigentlich unerreicht ist und das wichtig ist für heute. Warum das so ist, warum Schiller nichts an Aktualität eingebüßt hat, trotz dem, was Wolfgang eben gesagt hat: gestatten Sie mir, daß ich ganz kurz ein bißchen weiter aushole, um die Bedeutung von Schiller in der Welt heute zu situieren.

Es gibt eigentlich in der strategischen Lage nur eine positive Entwicklung, und das ist ein Abkommen, was Anfang Oktober zwischen Rußland und China geschlossen wurde, wo es zu einer sehr umfangreichen Kooperation in zwölf Bereichen kam. Die Chinesen helfen den Russen bei der Entwicklung der Eisenbahnen in Rußland, die Russen helfen den Chinesen bei der Entwicklung der Kernenergie, beide zusammen haben unbemannte Raumfahrtprojekte beschlossen, die Entwicklung des Fernen Ostens und Sibiriens. Und das ist sehr, sehr wichtig, denn das ist potentiell der Ausweg aus der Systemkrise, in die die Welt hineingestürzt ist und die ja keineswegs überwunden ist. Das ist das Positive, da ist der Beginn der Überwindung der Krise im großen Maßstab zu sehen.

Und das steht im totalen Gegensatz zu dem, was wir in Europa sehen, wo die Krise ungebremst weitergeht, entgegen allen Nachrichten in den Medien, daß das „Ende des Tunnels“ schon erreicht sei. Denn wir haben in Europa ein großes Problem, und das ist, daß wir mit der Unterzeichnung des Lissaboner Vertrages jegliche Souveränität verloren haben, und damit unsere Regierungen auch keine Möglichkeiten haben, Maßnahmen zu ergreifen, die die Wirtschaftskrise bekämpfen könnten.

Ähnlich sieht es in Lateinamerika aus, und deshalb hat mein Ehemann, Lyndon LaRouche, vorgeschlagen, daß nur wenn die vier stärksten Nationen der Welt zusammenarbeiten, nämlich die USA, Rußland, China und Indien, daß man dann wirklich ein neues - nicht noch einmal ein Währungssystem, sondern ein neues Kreditsystem an die Stelle der jetzigen Globalisierung setzen könnte.

Das will ich jetzt nicht weiter ausführen, das können sie mit unserer Literatur vertiefen oder im Gespräch, aber das würde wirklich bedeuten, daß die Welt einen Ausweg hätte, wenn z.B. Rußland, China und Indien zusammenarbeiten bei der Entwicklung der Entwicklungsländer. Aber es würde auch erfordern, daß Amerika sich einem solchen Bündnis anschließt, und das ist auf gutem Wege, weil im Augenblick die amerikanische Bevölkerung in einer Revolte ist gegen den Versuch der Wall Street, die Auswirkungen der Krise auf die Bevölkerung abzuwälzen, durch massive Sparpolitik. Diese Revolte der Bevölkerung in Amerika ist sehr wichtig. Sie können so gut wie nichts darüber in den Medien lesen, aber sie ist heute der wichtigste Faktor in der Politik.

Wenn Europa aus der Krise herauskommen will, müssen wir zurückkehren zu einem Europa der Vaterländer, so wie de Gaulle das sich vorgestellt hat, d.h., eine Allianz von souveränen Republiken, die aber trotzdem für ein gemeinsames Ziel zusammenarbeiten und im Sinne von de Gaulle ein Europa vom Atlantik zum Ural baut. Und dann könnte gerade auch Deutschland eine sehr, sehr positive Rolle spielen mit seinem Mittelstand, der genau die industriellen Kapazitäten hat, die für die Entwicklung Eurasiens, Afrikas und Lateinamerikas vonnöten sind.

Wir brauchen also ein neues Weltwirtschafts- und -finanzsystem, das nicht mehr dem Profit dient, sondern wirklich dem Allgemeinwohl, und das ist viel mehr in der Diskussion, als das von Ihnen durch die Medien wahrgenommen werden kann, weil die darüber nichts berichten.

D.h., wir reden eigentlich davon, ein anderes System als die Globalisierung zu verwirklichen, und dann ist natürlich die Frage: Was ist das einende Prinzip, das die verschiedenen Nationen Europas, Asiens, Afrikas verbindet? In der Globalisierung haben wir gesehen, es ist der Gott, oder besser gesagt Götze, Mammon, der zur Zeit in London thront. Den wollen wir nicht haben, sondern wir wollen ein Prinzip, was die verschiedenen Nationen verbindet, das das beste ihrer Kultur repräsentiert.

Und das hat jetzt unmittelbar mit dem Menschenbild von Schiller zu tun. Das wichtigste am Menschenbild von Schiller ist ja, daß er die Konzeption hat des Menschen als „schöne Seele“, d.h., der Mensch, der voller Freude seine Pflicht tut, der mit Leidenschaft seine Pflicht tut, der seine Freiheit in der Notwendigkeit findet: das nennt Schiller eine „schöne Seele“. Die schöne Seele ist ihm zufolge eigentlich nur der Mensch, der ein Genie ist, d.h., der Mensch, der gesetzmäßig die Gesetze erweitert. D.h., es ist der Mensch, der ein kognitiver Mensch ist, ein kreativer Mensch.

Und das ist in gewisser Weise die Idee, daß wir, wenn wir eine neue Welt bauen - dann muß das gemeinsame Prinzip sein, daß wir in jedem Land die Kreativität der Bevölkerung stärken, also in jedem Land die Kapazitäten, die jetzt gewissermaßen in der Bevölkerung schlummern und die doch leider weitgehend zu kurz kommen - daß dies das Verbindende wird.

Nikolaus von Kues, der in gewisser Weise ganz ähnlich gedacht hat wie viele Jahrhunderte später Schiller, sagte, daß die Welt sich nur deshalb verständigen kann, weil es in jedem Land Weise gibt - Künstler, Komponisten, Dichter -, und diese untereinander überhaupt kein Problem haben, weil sie über universelle Gedanken sprechen, die sie miteinander verbinden.

Und das ist ganz wichtig. Denn wir werden diese Existenzkrise der Menschheit, die wir im Augenblick haben und die wirklich zur schlimmsten Krise der Menschheit werden kann, nur überwinden, wenn wir die notwendige Überwindung der Wirtschaftskrise verbinden mit einer kulturellen Renaissance. Und das wird in Deutschland absolut nicht gehen ohne die Wiederbelebung der Klassik, und da ist der Friedrich Schiller wirklich der vielleicht schönste Geist.

Ich möchte hier sagen, daß ich Friedrich Schiller wirklich unendlich viel verdanke. Ich würde wirklich sagen: Mein ganzes Leben wäre ohne Friedrich Schiller völlig anders verlaufen. Ich habe lange an diesen Gedanken gearbeitet, und irgendwann bin ich dann 1984 zu dem Schluß gekommen, das Schiller-Institut zu gründen, was ja inzwischen eine weltweite Institution ist und sich darum bemüht, das Werk von Schiller nicht nur bekannt zu machen, sondern eben auch, daß es in die Politik einfließt, denn ich glaube, daß es nichts mehr bedarf, als des Menschenbildes von Schiller in der Welt.

Und deshalb möchte ich nun mit einer Hommage an Schiller zu seinem 250. Geburtstag schließen.

 

Hommage an Friedrich Schiller

zu seinem 250. Geburtstag

 

Nie dachte in Deutschland ein Dichter
größer über der Menschheit erhabenes Ziel,
auf dem Parnaß wohnst Du als Richter,
an Dir mißt sich unsres Lebens Spiel.
Göttlich ist, was Du als Weisung gegeben,
der politischen Freiheit zu verhelfen zum Sieg,
dies größte Kunstwerk, den freien Staat, anzustreben,
die Sache der Menschheit erfechten, im Freiheitskrieg.

Du warfst mir den Funken ins kindliche Herz,
gabst den Sinn für das Schöne und Wahre,
Du schenktest Thalia mir und den Scherz,
Euterpe erschloß mir das Wunderbare.
Den wachen Geist für alles Spätere im Leben,
die Freiheit des Geistes und der Menschen Würde
hat Dein edler Geist mir vorgegeben,
und ward so zur selbstgewählten Bürde.

Leidvoll ich heute mit Deinen Augen blicke,
seh’ unser Volk gebeutelt, unfrei und kläglich,
von feindlichen Kräften ist sein Geschicke
beherrscht, die Schmach ist unerträglich.
Seelenlose Bürokraten - Lakaien - fordern
im Auftrag ihrer Herrn Profit, den Zoll,
und den armen, kleinen Mann sie ordern,
soll mit seinem Leben zahlen, demutsvoll.

Im Tell heißt es: Der Vogt kann nicht ertragen,
daß die freien Bauern Häuser bauen
und frei leben, sie sollen es nicht wagen
Herren zu sein, voll Gottvertrauen.
Man kann ja doch nichts machen, lauten heute
der Menschen traurige Gedanken.
Es schallt der Freiheit Grabgeläute,
wenn die Mehrheit wählt des Geistes Schranken.

Doch habet Mut! Mit ach so welken Fürsten
sinkt die morsche Ordnung schnell danieder.
Nach Freiheit und Glückseligkeit zu dürsten,
stolz singen davon unsre Dichter Lieder.
Die Zeitgenossen muß man tadeln,
sie frönen niedrigen Gelüsten,
doch leicht wär’ es, ihr Herz zu adeln,
wenn sie um ihre Schätze wüßten.

Unser Volk liegt jetzt im Staube,
mit Dir lernt es denken herrschaftlich,
empor gehoben von Deinem Wunderglaube,
lernt es zu fühlen königlich.
Wir müssen die Perlen nur ergreifen,
die Du uns hinterlassen hast,
laßt sie in Eurem Busen reifen,
die Schöpferkraft habt ihr erfaßt.

Seid Könige von Millionen
Königen! Und es kommt die wahre Wende.
In einer neuen Ära sollt ihr wohnen,
die Oligarchie kommt an ihr Ende.
Du Engel der Menschheit! Über Generationen
liebt die Menschheit Deinen fesselfreien Mut,
Wenn alle Völker folgen den Visionen,
dann bin ich für die Menschheit wohlgemut!

Lesen Sie hierzu bitte auch:
Schiller als Impfstoff gegen kulturellen Pessimismus
- Neue Solidarität Nr. 32/2009
Die Geschichte des guten Samariters
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Stellungnahmen und Reden der BüSo-Vorsitzenden
- Internetseite der Bürgerrechtsbewegung Solidarität (BüSo)
Schiller lebt!
- Internetseite des Schiller-Instituts