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Neue Solidarität
Nr. 47, 18. November 2009

Kein Turmbau zu Babel - wir brauchen eine Kultur der Nationalstaaten

An den Vortrag von Lyndon LaRouche schloß sich eine fast zweistündige Debatte an, in der LaRouche Fragen aus dem In- und Ausland beantwortete. Wir bringen eine Auswahl.

Frage (aus Rußland): Sie haben gesagt: „Ohne eine durchgreifende Wende vom jetzigen, britisch kontrollierten Weltwährungssystem zu einem Kreditsystem würden alle Währungen der Welt sehr bald wertlos werden.“ Diese Frage, so scheint mir, ist zumindest strittig.

Wenn man sich zum Beispiel die russische Wirtschaft ansieht, ist deutlich, daß sie keineswegs eine so riesige Verschuldung und so viele Finanzblasen wie die amerikanische hat. Selbst wenn der Dollar kollabieren sollte, bedeutete dies nicht unbedingt, daß das gleiche auch mit unserem Rubel geschieht. Um ein solches Szenario zu verhindern, müßten wir uns lediglich von den ausländischen Devisenmärkten fernhalten und damit beginnen, den Rubel im internationalen Handel einzusetzen. Wenn jemand Energielieferungen aus Rußland braucht, müßte er uns dafür etwas Nützliches anbieten - technische Ausrüstungen und moderne Industriegüter zum Beispiel. Könnten Sie dazu etwas sagen?

Zweitens sagen Sie: „Die Bindung des US-Dollars an die chinesische Wirtschaft bedeutet, daß eine Zunahme des Pro-Kopf-Werts und -Ertrags der chinesischen Wirtschaft im Rahmen des jetzt abgeschlossenen chinesisch-russischen Vertrags zu einer Wertsteigerung des jetzt kollabierenden Dollars führt, indem das Verhältnis der amerikanischen Verschuldung gegenüber der wachsenden Wirtschaft Chinas und Rußlands steigt.“ Ich möchte meine Frage an Sie in etwas anderer Form stellen. Sind Sie der Auffassung, daß Rußland und China dieses Projekt weiterführen könnten, selbst wenn der Dollar kollabiert?

LaRouche: Zu der letzteren Frage: Nein. Ohne die Vereinigten Staaten wäre die Zusammenarbeit zwischen China und Rußland nicht erfolgreich.

Die andere, tiefere Frage, die hier betrachtet werden muß, ist folgende: Es gibt heute nirgendwo auf diesem Planeten so etwas wie eine autonome Wirtschaft. Es gibt keine Autarkie, auch nicht von zwei Staaten als Paar. Wenn sich zwei Nationen für eine Kooperation entscheiden und den anderen sagen, sie sollen sich zum Teufel scheren, werden sie selbst als erste zum Teufel gehen. Sie wären schon am nächsten Tag ihrem Schicksal ausgeliefert.

Es gibt kein „geregeltes“ System, es gibt keine nationalökonomischen Systeme mehr. Sie verstehen nicht, was Globalisierung bedeutet. Das Problem in Rußland resultiert hauptsächlich daraus, daß Sie in Rußland die Gefahr der Globalisierung nicht erkennen. Es ist die Globalisierung, was Rußland angetan wurde. Rußlands Potential liegt nicht so sehr im Umfang seiner bestehenden Industrien. Und Handel mit einigen wenigen anderen Ländern wird nichts lösen können. Man muß die Produktivkräfte der Arbeit in allen Ländern steigern, und das geht wegen der Globalisierung nur durch Kooperation.

Nehmen wir das Beispiel Getreide. Meine Frau Helga ist bei ihrem Webcast-Vortrag vor ein paar Wochen auf diese Frage eingegangen (siehe Neue Solidarität 46/2009, d. Red.). Es gibt keine unabhängige Nation auf diesem Planeten. Wenn man nicht entschlossen ist, Cargill zu schließen, gibt es keine Unabhängigkeit. Wenn man nicht die Konzerne, die bei der Nahrungsmittelversorgung auf der Erde das Sagen haben, unter die Lupe nimmt und auf Vordermann bringt - wenn nötig sogar mit Truppen -, dann wird es keine Lebensmittelversorgung mehr geben. Man braucht eine autoritative internationale Kraft aus souveränen Nationalstaaten, die stark genug ist, um es mit Cargill aufnehmen zu können. Sonst haben wir keine Chance!

Wir leben in einem globalisierten System. Was ist das? Es ist ein Imperium! In Rußland haben Sie Cargill und ähnliche Firmen dieser Art geduldet. Sie haben die Globalisierung geduldet und hielten sich dabei für besonders schlau. In einem Land nach dem anderen haben sich die Verantwortlichen so verhalten. Man sprach von Globalisierung - eine Rückkehr zum Turmbau zu Babel, der ähnliche Ergebnisse für heute verspricht.

Was wir vielmehr brauchen, ist ein Konsens der Völker und Nationen. Es ist bekannt, daß Europa unter dem Euro derzeit keine Souveränität hat. Das kontinentale West- und Mitteleuropa hat keine wirkliche Souveränität mehr - kein einziges dieser Länder! Wir brauchen eine Gruppe von Nationen, die über genügend Macht verfügen, um wirkliche Souveränität zu verkörpern, und das sind im wesentlichen die Vereinigten Staaten, Rußland, China und Indien sowie einige angrenzende Länder, die deren Einstellung in der Hinsicht teilen. Das wird ein repräsentatives Organ der gesamten Menschheit bilden. Und dieses repräsentative Organ der gesamten Menschheit wird sich daran machen, die Imperialisten zu zerschlagen! Ich erkläre den Krieg! Wie schon Franklin Roosevelt sagte: „Ich hasse den Krieg! Aber deswegen muß ich ihn erklären.“

Darin liegt die Lösung. Wir müssen die Wirtschaft wieder aufbauen, denn nirgendwo auf der Erde gibt es noch eine souveräne Volkswirtschaft. Keine Nation auf diesem Planeten ist noch souverän, alle unterliegen der imperialen Globalisierung. Und das Imperium ist das Britische Empire; der Feind ist das Britische Empire. Dazu gehört auch der Buckingham-Palast, wofür es noch einen anderen Namen gibt, den ich hier aber nicht benutzen will. Sowie die Threadneedle Street (Sitz der Bank von England). Dieses Imperium ist international, es ist ein internationales monetaristisches System. Das System hinter den Globalisierern kontrolliert die Nahrungsmittelversorgung der Welt, es kontrolliert die Rohstoffversorgung der Welt, es kontrolliert die Industrien der Welt. Diese Lumpenkerle müssen ausgeschaltet werden, damit wir unsere nationale Souveränität zurückerhalten!

Weltweiter Aufbau

Wir brauchen einen Pakt zwischen den Nationen, die entschlossen sind, unsere nationale Souveränität zurückzuholen. Wir werden die Globalisierung eliminieren, wir werden wieder gleichberechtigte Vertragsabkommen zwischen den kooperierenden Nationen schaffen. Wir werden wieder im Rahmen von 50jährigen und in einigen Fällen sogar von einhundertjährigen Projekten denken. Die Entwicklung Nordsibiriens ist zum Beispiel ein hundertjähriges Projekt. Es erstreckt sich durch einen Tunnel unter der Beringstraße auch nach Alaska und Kanada bis hinunter in die Vereinigten Staaten. Wir werden die arktischen Regionen des Kontinents entwickeln, denn sie bergen wichtige Rohstoffe, und zumindest einige von uns wissen, wie man damit umgehen muß.

Wir werden uns um Afrika kümmern. Wir werden ein modernes Schienennetz bauen, das die gesamte Welt vereint. Wir haben die Planungen dafür fertig und haben wiederholt darüber berichtet. Wir können ein Hochgeschwindigkeits-Schienennetz schaffen, wozu auch Magnetbahnen mit einem hohen Automatisierungsgrad gehören. So könnte ein völlig neues Transportsystem für den gesamten Planeten entstehen. Auf einen Schlag ließe sich so ganz Eurasien mit Afrika und den Amerikas verbinden. Ein durchgehendes Schienennetz in Afrika wird diesen Kontinent transformieren. Ohne ein Bahnnetz wäre dies unmöglich.

Afrika verfügt über reiche Mineralvorkommen, vor allem im südlichen Teil. Doch warum sind die Afrikaner nicht reich? Es gibt eine Studie, für die Hubschrauber bei Tag und Nacht Bilder verschiedener Teile Afrikas aufgenommen haben. Das Ergebnis zeigt, daß die Briten in Afrika ein Verbrechen an der ganzen Menschheit begangen haben. Afrika hat mit die größten landwirtschaftlichen Anbauflächen der Welt. Warum gibt es dort so wenige Bauernhöfe und so wenig zu essen? Warum gibt es in den meisten Teilen Afrikas nachts so wenig Licht? Warum hat Afrika keine Massentransportmittel? Warum gibt es keine Entwicklung? Warum wird Afrika seiner Rohstoffe beraubt und erhält keine Entwicklung? Warum sind die Wassersysteme Afrikas nicht entwickelt? Warum wird das Nilwasser nicht in vollem Umfang genutzt?

Kreativität

Wegen dieser Probleme brauchen wir neue Grundregeln. Unser Hauptanliegen sind die Nationalstaaten, denn Nationalstaaten haben etwas mit der Vorstellung von Kultur zu tun. Eine wichtige Rolle spielen dabei die schöpferischen Fähigkeiten, über die kein Affe, wohl aber die Menschen, ja sogar einige Politiker verfügen. Wirklich schöpferische Fähigkeiten hat nur die Menschheit.

Sämtliche Prozesse auf diesem Planeten und darüber hinaus sind kreativ. Selbst die unbelebte Natur ist kreativ. Schauen wir, was mit der Sonne geschehen ist. Die Sonne da draußen war einmal ganz allein; sie drehte sich ganz schnell um sich selbst und wußte nicht so recht wohin in diesem Abschnitt unserer Galaxis. Diese kleine Sonne schleuderte dann einiges Material von sich; einfach, indem sie sich drehte, ließ sie etwas entstehen. Sie erzeugte das vollständige Periodensystem, welches durch die Isotopen ständig weiter anwächst und sich weiterentwickelt. Einige davon entstehen durch das Eingreifen lebender Prozesse.

Auf diese Weise wurde aus der einsamen Sonne plötzlich ein ganzes Sonnensystem. Somit ist die Sonne selbst kreativ; das Universum insgesamt ist im Grunde kreativ. Das Tierleben ist kreativ, nur kann es nicht denken; es ist nicht fähig, das Universum willentlich zu transformieren. Nur der Mensch hat die geistigen Fähigkeiten, willentlich neue Organisationszustände des Universums zu schaffen. Deswegen brauchen wir mehr Menschen, die kreativ sind. Wir müssen uns von dem unkreativen Unsinn trennen, der in der Nachkriegszeit verbreitet wurde.

Die Menschen müssen entwickelt werden, und wir müssen erkennen, daß dabei die Sprachkultur eine wichtige Rolle spielt, die eine sehr komplexe Sache ist. Dazu gehört nicht nur die Sprache, sondern vieles weitere mehr. Bei jeder Sprachkultur hat man es mit einer bestimmten Qualität zu tun, die sich Ironie nennt. Sie drückt sich allgemein in der Musik, der Dichtung, der Kunst usw. einer Kultur aus. Wenn man also an die Aspekte rührt, die tief in der Nationalkultur verankert sind, kommt man den Bereichen nahe, wo die schöpferischen Fähigkeiten des Individuums liegen. Deswegen müssen unsere Ziele in einem Nationalstaat auf der Vorstellung einer nationalstaatlichen Kultur beruhen. Man muß das schöpferische Potential eines Volks durch seine Kultur ins Spiel bringen. Deshalb soll es sich zur Erfüllung und Bereicherung der eigenen Kultur selbst repräsentieren.

Wir brauchen also einen Konsens der Menschheit. Wir wollen keinen Konsens unter Sauställen, sondern wir wollen einen Konsens unterschiedlicher Kulturen, denn Kreativität liegt in der Kultur. Wir brauchen deshalb eine Versammlung von jeweils souveränen Völkern, um deren kulturelles Potential zu ihrer wahren Menschwerdung zu mobilisieren.

Wir müssen diesen Konsens souveräner Kulturen ins Spiel bringen, wenn wir das, was Franklin Roosevelt vorhatte, endlich umsetzen wollen. Als er die Idee der Vereinten Nationen aufgriff, wollte er sämtliche Elemente der Unterdrückung von diesem Planeten verbannen und eine Ordnung entwickelter, souveräner Nationalstaaten schaffen, welche sich auf dem gesamten Territorium dieses Planeten ausbreiten, so daß für Imperien und ähnliche Phänomene kein Platz mehr bliebe. Das zu erreichen, sollte unser Zweck sein. Deshalb brauchen wir einige Nationen, die zusammen stark genug sind, andere versklavte Nationen zu befreien. Unsere Aufgabe ist es, die Sklaven zu befreien.

Diejenigen Nationen, die dazu die Fähigkeit, die Macht und die Entschlossenheit haben, müssen sich im Namen der gesamten Menschheit zusammenschließen. Denn wir wollen noch weit mehr erreichen: Wir wollen zum Mars! Das wird nicht in dieser Woche gehen, aber wir müssen dorthin. Ich werde dann nicht mehr leben, aber ich werde im Geiste dabei sein, und wer weiß, was ich als Geist tun kann. Ich werde mein Bestes geben.

Die Menschheit hat einen klaren Auftrag. Die ganze Natur ist kreativ. Die unbelebte Natur ist kreativ, was deutlich wird, wenn man die unbelebten Prozesse der Physik studiert. Sämtliche lebenden Prozesse sind kreativ. Man denke an die Entstehung neuer Arten und Sorten, die sich im Zuge des Lebens auf diesem Planeten gebildet haben. Leben als solches ist kreativ. Der menschliche Geist ist kreativ, doch er ist die einzige willentliche kreative Kraft auf der Welt. Darin liegt unser Daseinszweck.

Als Menschheit müssen wir in die Zukunft schauen, und die Zukunft ist nicht, was nächste Woche geschehen wird. Die Zukunft ist das, was wir selbst bewirken, d.h. einen höheren Seinszustand der Menschheit, den es zuvor noch nicht gegeben hat. Aus diesem Grunde müssen wir auf den Mars, obwohl es dabei noch eine Menge Fragen gibt, wie wir dorthin gelangen sollen - einige Freunde und ich arbeiten daran. Wir meinen das absolut ernst; wir sind entschlossen, dorthin zu fliegen. Ich werde das in meiner Zeit auf der Welt nicht mehr erleben. Es wird wohl vier Generationen dauern, bis war alles geschafft haben, aber in dieser Zeit werden wir das Problem lösen können.

Unser Ziel ist es also, die Nationen wieder zusammenzubringen. Wir erkennen, daß derzeit keine Nation wirklich souverän ist. Aber wir brauchen auf diesem Planeten ein System souveräner Nationen, denn die menschliche Kultur verlangt danach. Deswegen haben unsere Nationen, die stark genug sind und über genügend Macht verfügen, die Verpflichtung, diese Macht gemeinsam zur Geltung zu bringen, um uns des Britischen Empires zu entledigen. Wir werden diesen Planeten verändern und ihm wieder Achtung verschaffen, so daß sich kein Land und kein anderer Planet seiner schämen muß.

Der Menschheit einen Sinn für die Zukunft geben

Frage von der australischen Organisation „Bewegung für tragfähige Entwicklung“: Wenn Rußland und China ihre vorhandenen Dollarreserven für massive Infrastrukturprojekte einsetzen, hat das nicht den gleichen Effekt, als würden sie den Dollar fallenlassen - wenn man diese Dollars ausgibt, sie nicht in die US-Wirtschaft zurückkommen, und so der Hyperinflationsdruck steigt? Ohne eine gegenseitige Vereinbarung zwischen diesen Nationen und den Nationen des Westens mit den USA als Dreh- und Angelpunkt, so scheint mir, gibt es immer noch keine Lösung für Wirtschaft und Finanzen weltweit, und der Niedergang wird sich nicht nur fortsetzen, sondern noch beschleunigen. Nach meinen Berechnungen mag das Handeln Chinas und Rußlands für sie isoliert sinnvoll sein, aber es wird nur den Dollar-Kollaps verschärfen und so die Weltwirtschaft näher an das Ende bringen. Für Ihre Meinung wäre ich Ihnen sehr dankbar.

 

LaRouche: Das ist eine ganz falsche Sicht der Lage. Vor allem muß man sich, wenn man über Menschen redet, erst vergewissern, daß man auch davon spricht, was den Menschen vom Tier unterscheidet. Menschen sind schöpferische Wesen. Sie sind „kreativ“ in dem Sinn, wie ich dieses Wort verwende.

Was die meisten Leute heutzutage „kreativ“ nennen, ist nicht kreativ - es ist nur schmutziges, verwirrtes, chaotisches Zeug. Die Menschen denken da nur an Neuerung um ihrer selbst willen. Sie erwarten doch wohl nicht, daß Menschen, die ein Rockkonzert besuchen, noch ein Gehirn haben, wenn sie hinterher wieder gehen? Wer sich an dem orientiert, was heute als populäre Unterhaltung gilt, der ist nicht kreativ. Er hat keine Schöpferkraft, er hat sie irgendwann zwischen Kindheit und Jugend verloren...

Das Wesen der Menschheit liegt im Schöpferischen, in der wahren Kreativität. Und die wahre Macht in Rußland, wie ich sie kenne, liegt bei Einrichtungen wie dem Wernadskij-Institut, das in Moskau beim Roten Platz seinen Sitz hat. Die Leute dort verstehen, wie man den Planeten kreativ entwickelt. Unser Job ist nicht das Geld - nicht „hachem machem“, wie man in Israel sagt. Es geht nicht um Geld. Auch nicht um Handel. Handel ist nichts. Handel ist heutzutage wie Schachern auf dem Scheidungsgericht.

Wissen Sie, was das Wernadskij-Institut in Moskau verkörpert? Wissen Sie, was Wernadskij für die Wissenschaft in Rußland und auf der Welt bedeutet? Wissen Sie, was wir erreichen können, wenn wir alle die Technologien, die jetzt unterdrückt werden, entfesseln? Wissen Sie, was wir damit aus der Erde machen können?

Dazu werden wir viel Kernenergie brauchen. Man wird alles brauchen, was mit Kernkraft zusammenhängt. Es bedeutet, die Kernfusion zu entwickeln. Es bedeutet, die Raumfahrt als „Motor“ zu benutzen: ein systematisches Programm, die menschliche Technik im Sonnensystem voranzutreiben...

Leider wissen die meisten Menschen auf der Welt heute nicht mehr, was Kreativität ist. Sie denken, es ist vielleicht, in der Öffentlichkeit seine Hose herunterzulassen oder ähnliches. Tatsächlich werden heutzutage Dinge, die kaum besser sind als das, als „kreativ“ bezeichnet! Denken Sie an die Rockmusik. Will jemand das ernsthaft „kreativ“ nennen? Ein menschlicher Geist, der so etwas betreibt, ist nicht kreativ. Vielleicht ist er völlig ohne Hirn.

Man muß immer an Ziele denken. Bei der echten Kreativität in der klassischen Kunst und in der Wissenschaft definiert man Ziele. Diese Ziele gehen über das, was wir heute tun können, hinaus, trotzdem kann man definieren, welches Ziel man erreichen will - oft auch durch Negation.

Ziel: Mars

Wovon sollte man daher für die Weltwirtschaft heute ausgehen? Wir fliegen zum Mars! Wann? Nun, es wird eine Weile dauern. Wie kommen wir dorthin? Derzeit haben wir da ein kleines Problem, über das wir in meinen Kreisen viel diskutieren. Als die Astronauten zum zweitenmal auf dem Mond landeten, entdeckten sie ein Rohstofflager, das die Sonne dort hinterlassen hat, sogenanntes Helium-3. Und Helium-3 ist der nützlichste, am besten zugängliche und wünschenswerte Treibstoff für die Kernfusion.

Wenn man nun zum Mars will, muß man so denken und sich folgendes fragen: Wir wollen zum Mars? Was braucht man dazu? Wie wurde die Kernfusion überhaupt entwickelt? Wie wurden Waffen im Zweiten Weltkrieg entwickelt? Ganz neuartige Waffensysteme - wie hat man das gemacht? Zuerst hat jemand gefragt: „Wie können wir das machen?“ Während andere behaupteten: „O nein, das ist unmöglich. Das steht in keinem Lehrbuch.“

Wir werden zum Mars fliegen. Ich gebe das hier ganz bewußt als indirekte Antwort auf diese Frage und auf andere Fragen, die noch folgen werden. Wir sagen: Wenn Sie wissen wollen, wie Sie über die Menschheit denken sollen, dann reden Sie über Reisen zum Mars und zurück. Denn wenn Sie sich die Aufgabe stellen, alle Fragen und Antworten durchzudenken, die dadurch aufgeworfen werden, dann geben Sie der Menschheit einen Sinn für die Zukunft, für ihr künftiges Schicksal. Und man zwingt sich, in sich selbst die schöpferischen Kräfte zu finden, um zu entscheiden, wie man das schaffen kann. Und man arbeitet dann über Generationen hinweg zusammen. Die Menschen begeistern sich dafür. Junge Leute begeistern sich heute wieder dafür, daß wir zum Mars fliegen. Dabei wissen wir, daß wir kurz davor stehen, die entsprechenden Fähigkeiten zu verlieren, weil die Menschheit vielleicht wieder zum Affen wird, wenn wir so weitermachen.

Deshalb sucht man sich ein Ziel, das schwieriger ist als alles, was man bisher für möglich hielt, und man sagt sich: Vielleicht schaffen wir zumindest einen Teil davon, warum nicht? Dann denkt man an Reisen zum Mars.

Um mit den herkömmlichen Methoden zum Mars zu fliegen, braucht man 200-300 Tage. Wenn wir ein entsprechendes Raumschiff zum Mars schicken wollen, sollten wir aber versuchen, das in etwa 3-6 Tagen zu schaffen. Wir würden Helium-3 als Brennstoff verwenden und einen Fusionsantrieb bauen mit einer potentiellen Schubkraft, die der Schwerkraft auf der Erde entspricht. Damit, mit 1 G Beschleunigung, kann man die Reise wahrscheinlich in 3-6 Tagen unternehmen. Ob ein Mensch eine solche Behandlung überleben würde, ist eine andere Frage. Wahrscheinlich ja. Aber das ist nur eine Frage von vielen. Wir wissen, daß wir auf diese Weise Dinge zum Mars schicken können. Vielleicht auch ein paar überflüssige Politiker. Dann kann man schauen, in welchem Zustand sie zurückkommen, das wäre vielleicht ein interessanter Test. Doch Spaß beiseite: Wir müssen uns selbst die Aufgabe stellen, solche Fragen zu untersuchen - Dinge, die unsere Vorstellungskraft bis aufs äußerste herausfordern -, und herausfinden, welche davon wir lösen können. Das ist der kreative Prozeß. So ist es in der klassischen Kunst und der klassischen Dichtung wie bei allem, was irgendwie wichtig ist. Wir müssen immer weiter blicken als das, was wir und was unsere Nationen jetzt tun können, und uns das als Ziel setzen.

Das ist aber kein Selbstzweck. Man zwingt sich dadurch selbst, in sich das hervorzubringen, was spezifisch menschlich ist: bewußte Kreativität. Wahre Schöpferkraft! Wie macht man eine wirkliche Entdeckung? Man muß sich sozusagen selbst in den Hintern treten und sich sagen: Das muß irgendwie möglich sein! Was wissen wir darüber? Können wir es verwirklichen? Welche Fragen müssen wir uns stellen, um dieses Problem zu lösen? Alle Errungenschaften der Menschheit, ob in der Kunst, der Dichtung, der Naturwissenschaft usw., kommen so zustande. Deshalb müssen wir auch hier so herangehen. Wir müssen sagen: Unser Ziel ist der Fortschritt, und das muß man formulieren.

Rußland und seine Nachbarn

Denken wir dann an einen Faktor in Rußland, einen, den ich besonders mag: das Wernadskij-Institut in Moskau, und was es verkörpert - die Bedeutung der unvollendeten Arbeit von Wernadskij und einigen anderen, die mit ihm verbunden waren. Wenn ich über Rußland, über Sibirien usw. rede, um was geht es da? Ich sage dann: Was für Fragen haben Wernadskij und seine Leute gestellt? Nehmen wir an, wir untersuchen einige Dinge, die möglich werden, wenn wir Wernadskijs Fragen berücksichtigen. Ich orientiere die Gesellschaft in diese Richtung. Wir wollen junge Leute ausbilden, aber nicht, um sie auf einen bestimmten Beruf vorzubereiten. Sie sollen zwar ein Übungsprogramm durchlaufen, aber, um ihnen ein Ziel zu geben. Wir wollen ihnen eine Aufgabe geben, eine Mission, die über sie persönlich hinausgeht. Wir wollen nicht, daß jemand nur einen Arbeitsplatz bekommt, um irgendwas zu produzieren. Wir wollen, daß er selbst Maschinen erfinden kann, daß er ein Wissenschaftler oder ähnliches wird. Eine solche Sicht der Gesellschaft ist das Geheimnis der Lösung. Wir werden nicht immer und immer wieder das gleiche machen. Wir inspirieren unsere jungen Leute mit der Idee, was aus ihnen werden kann. Nicht was die US-Army den Rekruten zu unrecht verspricht: „Mach was aus dir.“

Wir wollen keine Routineausbildung. Ich sage den Leuten: „Schluß mit der Mathematik! Ihr bleibt in der Routine stecken. Ihr denkt nicht, nicht kreativ. Ihr stellt keine Fragen zu Prinzipien, um sie im eigenen Geist zu überprüfen.“ Erst wenn sie das tun, fangen sie an zu denken. Jedenfalls wenn man es mit begabten jungen Menschen zu tun hat.

Wenn man die Routine durchgeht, die Mathematik durchnimmt und sagt: „Lern dies, lern das“ - das ist nichts wert. Es bringt nichts...

Wir müssen verstehen, was wir tun. Da sind Menschen, die verdummt werden, die ehrlich gesagt durch Routine quasi unter Drogen gesetzt werden, die keine Zukunft haben. Sie haben einen Beruf gelernt - vielleicht besser als ihr Großvater, vielleicht auch nicht. Wenn man ihnen dann nur einen Job gibt, um mit irgendwas zu „handeln“ - was zum Teufel ist das wert? Nichts!

Man muß sie dazu auffordern, die schöpferischen Fähigkeiten aus sich herauszuholen, und diese steigern sich dann aus sich selbst heraus. Man will neue Technologien, neue Grenzen überschreiten. Das ist die Antwort. Man tut das, indem man in die Kultur des Volkes hineingeht und versucht, die Kreativität, die in dieser Kultur eines Volkes liegt, zu fördern. Man muß diese Kultur provozieren, herausfordern, die Menschen zur Zusammenarbeit um solche kulturellen Chancen bewegen, dadurch erhöht man die Arbeitsproduktivkräfte.

Redet nicht von Handel. Diese Ideen über Handel, Dollars, Währungen oder Preise sind falsch! Vergeßt es! Es ist irrelevant. Wir müssen die Zukunft bauen. Wir müssen die Zukunft formen, statt irgendeine alte Routine auszugraben.

Gegenwärtig ist Rußland tot, jedenfalls ohne die Anregungen durch das, was Rußland erreichen kann in Hinsicht auf einige seiner wichtigen Menschen, seine Wissenschaftstradition, seine kulturelle Tradition, sein Wissen über die Ressourcen auf seinem Territorium.

Denken wir an die Mongolei. Sie hat keine Ozeanküsten, aber sie verfügt über große Rohstoffvorkommen. Denken wir an China, wo zwei Drittel der Bevölkerung immer noch unter erbärmlichen Umständen leben. Wir können diese Nationen zur Zusammenarbeit bewegen, um zu neuen Grenzen und neuen Technologien mit höherer Energieflußdichte vorzustoßen. Durch diese Zusammenarbeit können wir den Lebensstandard und den Produktionsstandard erhöhen.

Darum geht es bei einer Gesellschaft. Es ist eine Kultur. Es ist keine Handelsorganisation. Vergeßt die Handelsorganisationen, vergeßt die Geschäftsleute. Die russischen Geschäftsleute würde ich am liebsten in Käfige stecken, denn die sind für Rußland der schlimmste Fluch seit Gorbatschow.

Wo wollen Sie in 50 Jahren sein?

Freeman: Wir sind jetzt ziemlich am Ende angelangt und haben gerade noch Zeit für eine Frage. Sie kommt von einem unserer Freunde, der im allgemeinen auf einem ziemlich hohen Niveau denkt, aber doch manchmal in eine etwas pragmatische Phase gleitet und den ich gestern etwas zurechtgestutzt habe, deshalb will ich heute seine Fragen stellen. Ich möchte auch sagen, daß ich in der letzten Stunde viele Fragen bekommen habe, die ziemlich gereizt klangen. Manche waren an LaRouche gerichtet, manche an mich. Da hieß es: Warum erwähnen Sie Brasilien grundsätzlich nicht? Oder Japan, Korea, Argentinien, Mexiko usw.? Meine Antwort darauf ist: Die Leute sollten sich schämen für solche Fragen, wenn man bedenkt, was wir gerade diskutiert haben.

Also Lyn, jetzt kommt die letzte Frage. Ich denke, daß du sie schon angesprochen hast, aber vielleicht möchtest du noch etwas mehr dazu sagen. Der Fragesteller schreibt: „Wir wissen, die Vereinigten Staaten sind ein großes und mächtiges Land. Sie sind finanziell das wohl mächtigste Gebilde auf der Welt, und ich denke, das einmal vorausgesetzt, könnten wir unsere Arbeitskraft sehr nützlich anwenden, wenn wir nur wollten. Ich sage das, weil ich nicht wirklich glaube, daß die Haupthindernisse, die vor uns stehen, ökonomischer Natur sind. Wir haben zwar in der Tat schwerwiegende wirtschaftliche Probleme, aber ich glaube, daß die Wirtschaftskrise lösbar ist, wenn wir sie nur lösen wollen.

Ich glaube, die wichtigere Frage ist eine fast moralische Frage. Es ist die Frage, welches unsere übergeordneten Ziele sind: Wo wir in 30 Jahren sein wollen, wo in 40 Jahren, oder in 50 Jahren. Und wie wir dahin kommen.

Wir müssen zwar jetzt die unmittelbaren Probleme lösen: die Arbeitslosigkeit, Probleme in bezug auf das Gesundheitswesen und andere Kernfragen. Doch ich denke, die eigentliche Aufgabe ist nicht, wie wir in fünf Jahren wieder Vollbeschäftigung schaffen, sondern wie wir die noch grundlegenderen Probleme so lösen, daß es einen stetigen Fortschritt über zwei oder drei Generationen gibt. In dem Zusammenhang möchte ich Sie fragen - denn ich glaube, es wäre nützlich für Menschen, die verstehen wollen, was Sie vorschlagen und warum: Wo möchten Sie in 30, 40 oder 50 Jahren sein?“

LaRouche: Ich? Einige von Ihnen werden wissen, daß ich 87 Jahre alt bin, und obwohl ich eine ziemlich energische Sichtweise habe und ziemlich weit blicke in Bezug auf das, was die Menschheit in den kommenden Jahren tun muß, weiß ich nicht, wie lange ich dabei sein werde. Aber ich freue mich sehr über diese Frage. Wo sollten wir sein? ...

Nehmen wir noch einmal das Programm zur Marsbesiedlung. Wie ich schon gesagt habe, ist das Kolonisationsprogramm für den Mars eine ganz praktische Aufgabe für die Menschheit. Aber der große Spaß liegt darin, wie wir dorthin kommen. Das ist auch eine Frage der Moral, denn wir sind dadurch gezwungen, uns schöpferisch zu betrachten und herauszufinden, welche Hindernisse uns bei der Erreichung dieses Zieles im Weg stehen.

Zum Beispiel: Hält es ein Mensch für kürzere Zeit in einem Gefährt mit einer solchen Beschleunigung aus, wie ich sie beschrieben habe - vielleicht einen kurzen Hin- und Rückflug zwischen Erdumlaufbahn und Marsumlaufbahn in ein paar Tagen? Wenn wir das als Anregung nehmen und sagen, wir müssen die Weltwirtschaft so mobilisieren, daß diese Mission im Mittelpunkt steht und wir alles andere um sie herum ausrichten - dann, so denke ich, haben wir eine wirklich moralische Herausforderung. Denn dann haben wir ein Problem und einen Lösungsvorschlag formuliert, der ein großes Problem für die Menschheit lösen würde. Was ist die Zukunft der Menschheit im Universum? Das ist ein sehr gutes Ziel. Es ist ein ziemlich allgemeines Ziel und es umfaßt eine Menge anderer Fragen. Aber das wichtigste ist die Geisteshaltung, die es einem abverlangt. Denn es treibt uns dazu, eine kreative Geisteshaltung einzunehmen, die versinnbildlicht, was ein Mensch ist. Und das ist eine konkrete Art zu sagen: Ich bin ein Mensch. Und ich selbst werde auch nach meinem Tod noch dabei sein, weil ich daran beteiligt war.

Lesen Sie hierzu bitte auch:
Schriften von Lyndon H. LaRouche 1981-2006
- Internetseite des Schiller-Instituts
Was Lyndon LaRouche wirklich sagt
- Internetseite der Bürgerrechtsbewegung Solidarität (BüSo)
Internetseite des LaRouche-Aktionskomitees
- in englischer Sprache