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Die Progressive Sozialistische Partei der Ukraine hat auf einem Sonderparteitag am 31. Oktober Natalja Witrenko als Präsidentschaftskandidatin nominiert. Witrenko versprach, im Falle eines Wahlsieges die ukrainische Mitgliedschaft in IWF und WTO zu kündigen. Sie fordert ein enges Bündnis mit Rußland und Weißrußland. Im Mittelpunkt ihres Programms stehen eine völlige Kurswende in der Innen- und Außenpolitik, eine Rückkehr zum Wiederaufbau der durch die IWF-Schocktherapie zerstörten Realwirtschaft, einschließlich der Förderung der Kernenergie, und die Stärkung des sozialen Netzes.
Bei ihrer Rede sprach Natalja Witrenko unter einem Banner mit dem Plakat ihres Präsidentschaftswahlkampfs im Jahr 2000. Darin weist sie auf die „Dreifachkurve“ von Lyndon LaRouche, die den Kollaps der Realwirtschaft dem hyperbolischen Anstieg von Finanzaggregaten und Geldmenge gegenüberstellt.
Witrenko hatte am 18.-19. Oktober in Deutschland an einem Seminar mit LaRouche und Helga Zepp-LaRouche teilgenommen und in ihrem Vortrag die dramatische Kollapssituation in ihrem Land dargestellt (siehe Neue Solidarität 45/2009). Sie beschrieb, wie die Ukraine nach dem Beitritt zum IWF 1992 und noch verstärkt nach der „orangenen Revolution“ 2004 wirtschaftlich verheert wurde. Im Anschluß an die Diskussionen formulierten Helga Zepp-LaRouche und Natalja Witrenko einen neuen internationalen Aufruf „Den LaRouche-Plan umsetzen!“ Beide hatten 1997 zusammen den ersten Aufruf des Schiller-Instituts für ein neues Bretton-Woods-Finanzsystem initiiert, das weltweite Unterstützung von prominenten Unterzeichnern fand.
In ihrem Vortrag hatte Witrenko darauf hingewiesen, daß die geplante Erhöhung des Mindestlohnes und der Minimalrente, die dann am 31. Oktober vom ukrainischen Parlament beschlossen wurde, nur eine geringe Erhöhung des monatlichen Einkommens für sozial Schwache von umgerechnet 75 auf 95 $ oder von 95 auf 115 $ bedeutet. Aber selbst dieser geringe Anstieg war für IWF-Direktor Dominique Strauss-Kahn schon zuviel, der sich „besorgt“ über die Lohnpolitik in der Ukraine äußerte. Und das trotz der verheerenden Notstandssituation aufgrund der Ausbreitung der Schweinegrippe! Der IWF droht, die vierte Tranche eines 16,4 Mrd. $-Kredits an die Ukraine in Höhe von 3,8 Mrd. $ deshalb eventuell zu blockieren. Und Standard & Poor’s stufte am Freitag letzter Woche die Bewertung der ukrainischen Staatsschulden herab.
Cristiana Muscardini, stellv. Vorsitzende des Handelsausschusses im Europaparlament und Mitglied der Fraktion der Europäischen Volkspartei, forderte am 30. Oktober von der EU-Kommission eine Stellungnahme zur Politik eines Vier-Mächte-Abkommens für die Schaffung eines neuen Kreditsystems. Auf Grundlage des neuesten Aufrufs der Vorsitzenden des Schiller-Instituts, Helga Zepp-LaRouche, schrieb Muscardini:
„Obwohl mit Ausbruch der Krise neue Regeln verlangt worden waren, um die unkontrollierte Entwicklung der spekulativen Blase zu verhindern, hat die Reorganisation des Systems noch nicht einmal begonnen, und die systemische Krise setzt sich weiter fort. Noch nicht einmal die Antworten (der Kommission) auf meine Anfragen zu diesem Thema (....) gingen auf die Ursachen ein, die dieses Erdbeben hervorgerufen haben. Und es ist unglaublich, daß noch keine tiefgreifende Ursachenanalyse durchgeführt wurde, trotz des Risikos, daß die Krise sich zu einem großen Unglück für viele Volkswirtschaften und viele Familien auswächst.
Angesichts einer immer noch negativen systemischen Situation wird die Kommission gefragt:
1. Wie schätzt die Kommission diese Lage ein?
2. Was kann sie zu einer tiefgreifenden Ursachenanalyse bezüglich der Gründe der Krise beitragen?
3. Wie steht sie zu der Hypothese eines Übereinkommens zwischen vier Mächten: USA, Rußland, China und Indien auf der Grundlage von Kreditvereinbarungen, wie sie kürzlich zwischen Rußland und China vereinbart wurden?
4. Denkt sie, daß solche Abkommen einen Schritt zu einem neuen Kreditsystem darstellen könnten?
5. Befürchtet sie nicht, daß die Rückkehr zum alten fehlgeschlagenen System den Hauptgrund für die nächste Krise darstellt?“
Der bahreinische Journalist Abdul-Jalil Al-Nuaimi erklärte am 1. November in seiner Kolumne in der Tageszeitung Al Waqt (Die Zeit) den Unterschied zwischen „physischer Ökonomie“ bzw. „natürlicher Ökonomie“ gegenüber dem jetzt dominanten oligarchisch-monetaristischen System. Die gegenwärtige Finanzkrise werde sich nie lösen lassen, ohne diesen Konflikt zu beseitigen. Als Vertreter der physischen Ökonomie bezeichnet er Wladimir Wernadskij, den Mann hinter der „Noosphären-Theorie“. Al-Nuaimi lobt Franklin D. Roosevelt und Alexander Hamilton, den ersten Finanzminister der USA, als erfolgreiche Vertreter einer richtigen Wirtschaftskonzeption. Winston Churchill und Harry Truman hingegen „kehrten gleich nach Roosevelts Tod zum System der Monetaristen zurück, um den Interessen der britischen Finanzoligarchie zu dienen.“
Al-Nuaimi kritisiert die bahreinische Regierung dafür, daß sie die Industrialisierung des Landes in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts beendete und sich statt dessen auf Rohstoffexporte (wie Aluminium) konzentrierte, denen dann Finanz- und Immobilienblasen folgten. Zum Schluß zitiert er Lyndon LaRouche mit den Worten: „Ich glaube, daß auf diesem Weg kein positiver Ausgang aus der Krise gefunden werden kann. Jetzt braucht man eine strukturelle Wende, hin zur physischen Ökonomie. Ansonsten kann man nichts vom gegenwärtigen Modell erwarten, als seine Erschöpfung bis zum letzten, selbst wenn man noch so große Mengen an Liquidität in ,freundliche [Finanz]-Institutionen’ pumpt.“
Al-Nuaimi: „Einen wirklichen Ausweg aus der Krise kann nur die Abkehr vom gegenwärtigen Finanz- und Währungssystem bieten. Dieses System bezeichnet der prominente amerikanische Ökonom und Staatsmann Lyndon LaRouche als ,Schwarze Pest unserer Zeit’. Um es loszuwerden, muß die souveräne Macht des Staates die Kontrolle übernehmen.“