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Montagsdemonstrationen. Am 9. Oktober versammelten sich rund 100.000 Menschen in Leipzig, um an den 20. Jahrestag der ersten jener großen Montagsdemonstrationen zu erinnern, die schließlich dem ostdeutschen Regime unter Erich Honecker ein Ende bereiteten. David Faku berichtet.
Sie fesselten, sie verneinten, sie indoktrinierten, sie kommandierten, sie propagierten - doch sie alle scheiterten beim Versuch, den menschlichen Geist zu beherrschen und zu brechen. Lieber Herr Staatspräsident, welche Gesetzmäßigkeiten geben sie ihrem Universum? Sie erlassen Gesetze und Verordnungen, doch sie verstehen nicht die Naturgesetzmäßigkeiten. Denn die Gedanken sind frei, und jede Regierung, die nicht die kognitiven Fähigkeiten eines jeden Bürgers fördert, um so gesellschaftlichen Reichtum zu schaffen, wird über kurz oder lang untergehen.
Diese Rechnung bezahlte das DDR-Regime am 9. Oktober 1989, als die Bürger Leipzigs todesmutig auf die Straße gingen, um ihre unveräußerlichen Menschenrechte einzufordern. An diesem Tag haben die 70.000 Demonstranten unter anderem mit ihren Rufen „Wir sind das Volk!“ und „Stasi raus!“- Geschichte geschrieben, womit der Samen für eine friedliche Revolution gesät war.
Genau 20 Jahre später ist die „Heldenstadt“ Leipzig erneut Mittelpunkt eines revolutionären Ereignisses, das die Larouche-Jugendbewegung vom Zaum brach, die zum absoluten Focus der 20-Jahrfeier wurde. Ihr Chor löste beim Singen von Liedern wie „Ode an die Freude“ oder „Dona nobis pacem“ eine Reaktion der Besucher aus, wie ich sie noch nie gesehen habe. Die Menschen applaudierten, sangen mit brennenden Kerzen mit und rissen uns förmlich die Flugblätter aus den Händen.
Wir sahen in den Leipziger Bürgern einen lebenden Beweis der Unsterblichkeit, die der rote Faden der Geschichte der Menschheit geschenkt hat. Die Schatten der Gedanken eines Gottfried Wilhelm Leibniz, eines Felix Mendelssohn-Bartholdy oder eines Johann Sebastian Bach ließen nicht nur die Revolution von 1989 zu, sondern erhoben die Menschen aus dem Kleingeistigen. Wir sahen Menschen, die minutenlang mit gläsernem Blick unansprechbar die Geschichte Revue passieren ließen und einfach nur Mensch waren. Ich denke, jeder BüSo-Aktivist sah in der 20-Jahrfeier ein einzigartiges Ereignis: die Originalbilder und Originallautsprecherdurchsagen von 1989, die auf mehreren Leinwänden rauf und runterliefen, eine Menschenschlange, die in die Nikolaikirche wollte, und ein Orchester, das die 9. Symphonie spielte.
Mit einem vier mal zwei Meter großen Banner mit der Aufschrift, „Die Globalisierung in ihrem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf“, erzielten wir einen Effekt, der nicht nur auf die Realitätsverdrängung ehemaliger Staatsoberämter wie Honecker einging, sondern auch auf die der heutigen Politiker. Was ist von einem Staatsoberhaupt zu halten, der das schreckliche DDR-Regime anprangert, aber gleichzeitig einen EU-Vertrag unterschreibt, der ganz Europa knechtet und unter die imperiale Kontrolle Tony Blairs stellen würde. Was wir brauchen, sind nicht erneute geopolitische Attacken seitens eines dominierenden britischen Finanzimperiums, sondern Aufbaukonzepte, die den Menschen und seine Entwicklung in den Mittelpunkt stellen; wissenschaftliche Aufbaupläne in der Tradition eines Friedrich List oder Henry Carey, so wie es Helga Zepp-LaRouche 1989 mit dem Konzept des Produktiven Dreiecks Paris-Berlin-Wien präsentierte: Einen Investitionsplan, der die größte Ansammlung an Industriekapazitäten dieses Planeten einbindet und sie modernisiert für den Aufbau Eurasiens.
Nach dem Vorbild des erfolgreichen Wiederaufbaus der Nachkriegsgeschichte, sollte die KfW entsprechende staatliche Kreditlinien für wohldefinierte Investitionen zur Verfügung stellen, um das Produktivitätsniveau der neuen Bundesländer deutlich zu erhöhen. Der Bau von neuen, inhärent sicheren Kernkraftwerken vom Typ des Hochtemperaturreaktors und von Transrapidstrecken hätte einen Wissenschafts- und Aufbauboom in Gang gesetzt, wie ihn die Welt noch nicht gesehen hat.
Auf diese Pläne wurde damals auch die Bundesregierung aufmerksam, die vom Chef der Deutschen Bank Alfred Herrhausen beraten wurde. Die Pläne Helmut Kohls, nicht nur die nationale Einheit wieder zu erringen, sondern auch eine souveräne Wirtschaftspolitik durchzusetzen, brachten das Faß zum Überlaufen, worauf das britisch dominierte Finanzempire mit seinen Schoßhündchen wie Margaret Thatcher, George Bush und Francois Mitterrand reagierte. Nur zwei Tage, nachdem Helmut Kohl sein „10-Punkte-Programm“ im Bundestag vorgetragen hatte, wurde Alfred Herrhausen bei einem Bombenanschlag umgebracht, und das Empire diktierte dann die Bedingungen für die zukünftige Politik.
Die Wiedervereinigung Deutschlands wurde mit der Aufgabe der Währungssouveränität verbunden, die Helmut Kohl selbst als eine Frage von Krieg oder Frieden bezeichnete. Statt Aufbauplänen kamen nun der Vertrag von Maastricht und die Politik der Treuhandanstalt, welche nach der Ermordung von Detlev Rohwedder 1991 unter der Führung der Bankierstochter Birgit Breuel stand und den kompletten Ausverkauf und die Privatisierung der ostdeutschen Produktionsbetriebe beschloß. Das Motto „Sanieren statt Privatisieren“, das noch unter Rohwedder galt, wurde aufgegeben, und die Finanzmafia plünderte nach dem Vorbild der Reformen des IWF sämtliche Industriekapazitäten der ehemaligen Comecon-Nationen.
Die Warnungen Helga Zepp-LaRouches davor, Osteuropa nach dem Kollaps des sozialistischen Systems ein ebenso bankrottes Freihandelssystem überzustülpen, wurden ignoriert, statt dessen wurde die Casinowirtschaft ausgeweitet und der Tod des Systems der „freien Marktwirtschaft“ nur herausgezögert.
Allein die Industrieproduktion Ostdeutschlands, welche die zehnthöchste Produktivität aller Nationen hatte, sank von 1989 (100%) bis zum Jahr 1992 auf 31%. Die Treuhandanstalt verfügte über 40% der Fläche der DDR und führte damit das größte Flächenprivatisierungsprogramm der Geschichte durch: sie verschacherte bis 1993 nicht weniger als 94% aller privatisierten Betriebe an internationale Investoren. Nur 6% des Vermögens ging an Ostdeutsche. Wir sahen vor 20 Jahren einen Kampf zwischen der LaRouche-Politik und der Politik der internationalen Finanzinteressen, die sich über die Interessen der Regierung und der Menschen stellte. Damals gewannen sie diesen Kampf und stellten damit die Weichen für das Desaster, das wir heute erleben.
Den Krieg aber werden sie verlieren. Heute ist es kein Systemkollaps, bei dem nur eines unter mehreren Systemen kollabiert, es ist das Weltwirtschaftssystem insgesamt, welches sich verabschiedet, und der Einsatz in diesem Krieg ist die gesamte menschliche Zivilisation.
David Faku