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- Kommentar -
Der Kommentator Ambrose Evans-Pritchard vom Londoner Daily Telegraph ist in einer wütenden Reaktion auf die Kritik des deutschen Finanzministers Peer Steinbrück an der britischen Rolle bei den derzeitigen Leiden Deutschlands1 weit über die Grenzen des Anstands hinausgeschossen. Evans-Pritchards Reaktion ist möglicherweise auf ein schlechtes Gewissen zurückzuführen, wegen der Schuld, die die frühere britische Premierministerin Margaret Thatcher in Zusammenarbeit mit Frankreichs Francois Mitterrand und ihrem Komplizen, dem US-Präsidenten George H.W. Bush, auf sich lud, als sie die deutsche Wiedervereinigung in ein Chaos verwandelte, das im Wesentlichen verantwortlich ist für die ruinöse Lage, die sich in der gesamten seither vergangenen Zeit immer weiter und immer mehr verschlimmert hat.
Ich kann leider nicht sagen, ob dieser eselhafte Ausbruch des Kommentators Evans-Pritchard das Ergebnis seiner Unschuld (aufgrund von Unwissenheit) ist, oder die Frucht einer emotionalen Reaktion. Vielleicht ein bißchen von beidem? Vielleicht sollte man diese Schuld auch zurückführen auf das Rennen in den später sogenannten „Ersten Weltkrieg“ als einem, wie es Bismarck so treffend formulierte, „neuen Siebenjährigen Krieg“, den der damalige Prinz Edward Albert plante, oder einen ähnlichen Plan für einen „Zweiten Weltkrieg“, der aus dem Ruder lief, als eine pro-faschistische französische Regierung Chamberlains Pläne verpfuschte, indem sie die Tore für einen schnellen Sieg der Wehrmacht an der Westfront öffnete? Die britische Neigung zu einem „neuen Siebenjährigen Krieg“ war die Quelle der meisten Scheußlichkeiten, die gegen Kontinentaleuropa eingesetzt wurden, seit den Tagen, als sich Lord Shelburne mit solchen Mitarbeitern wie Adam Smith und Jeremy Bentham austobte.
Ich würde lieber den Punkt hervorheben, daß sich das imperialistische Austoben der britischen Führung als nicht sehr vorteilhaft für die Bevölkerung des Vereinigten Königreichs selbst erwiesen hat. Vielleicht sollte Evans-Pritchard sich seine Energien und Wut für eine dringend notwendige Reform der Machenschaften aufsparen, welche seit den Tagen Benthams und Palmerstons mit dem britischen Außenamt verbunden sind. Eine solche Reform wäre äußerst hilfreich für die Betroffenen in aller Welt, einschließlich - nach Abschluß dieser Verbesserungen - einer (abgesehen von diesem oder jenem Tony Blair) weit glücklicheren und vernünftiger ernährten Bevölkerung mit einer segensreicheren Gesundheitspolitik im Vereinigten Königreich selbst.
In der Zwischenzeit, bitte, etwas weniger Haß auf die Vertreter eines übel behandelten Deutschland, und etwas mehr Respekt statt der Unfreundlichkeiten, mit denen man Deutschland im Lauf der letzten beiden Jahrzehnte behandelt hat!
Anmerkung
1. „Germany declares economic war“ („Deutschland erklärt den Wirtschaftskrieg“), Daily Talegraph, 23. September 2009, siehe http://blogs.telegraph.co.uk/finance/ambroseevans-pritchard/100001043/germany-declares-economic-war/
Evans-Pritchard bezieht sich
dort auf ein Interview Steinbrücks im Magazin Stern: