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Neue Solidarität
Nr. 38, 16. September 2009

Das große Geschäft mit dem Tod

Nach einem Bericht der New York Times lassen sich die Investmentbanken wieder so einiges einfallen, um erneut, frisch bestückt mit Steuergeldern, das große Geld zu machen. Eines der Finanzinstrumente, auf die man nun an der Wall Street verstärkt setzt, ist der Handel mit „Lebensabfindungen“, d.h. Lebensversicherungen, die beispielsweise kranke oder alte Menschen verkaufen, um an Bargeld (etwa für teure Medikamente) zu kommen. Die Banken bündeln dann Hunderte oder gar Tausende Versicherungen zu Anleihen, welche dann an Investoren weiterverkauft werden, die beim Ableben der Versicherten die Auszahlungen erhalten sollen.

Die Wall Street verspricht sich dem Bericht zufolge mehrfachen Gewinn, weil die Banken für Bündelung, Weiterverkauf und Handel mit den Anleihen saftige Gebühren verlangen. Gegenwärtig würden neun Vorschläge für Lebensversicherungs-Wertpapiere von privaten Investoren und Finanzinstituten, darunter Credit Suisse, geprüft. Bei einer Summe von 26 Bio. Dollar derzeit laufender Lebensversicherungen in den USA gebe es einen „riesigen Markt“. Credit Suisse hat ein Unternehmen übernommen, das Lebensabfindungen ausgibt, und eine Gruppe eingesetzt, um entsprechende Abschlüsse zu strukturieren, sowie eine weitere Gruppe, um diese Produkte zu verkaufen.

Das Finanzhaus Goldman Sachs, dafür bekannt, sich nie ein lukratives Geschäft durch die Lappen gehen zu lassen, hat einen handelbaren Lebensabfindungs-Index entwickelt, damit Investoren darauf wetten können, ob die Menschen länger oder kürzer leben als erwartet. Der Index ist vergleichbar mit handelbaren Börsenindizes, wo Investoren auf die Gesamtentwicklung des Aktienmarktes wetten, ohne selbst Aktien zu kaufen.

Die schon länger existierende Lebensabfindungs-Industrie, an der sich auch deutsche „Investoren“ massiv beteiligen, muß sich mit Betrugsvorwürfen herumschlagen. Aufsichtsbehörden verschiedener US-Bundesstaaten kritisierten Händler, sie würden kranke und alte Menschen zum Abschluß von Versicherungen drängen, nur um diese an Händler weiterzuverkaufen. Letzten April sagte der Mitautor eines Buchs über Lebensabfindungen, Stephan Leimberg, in Washington vor dem Senats-Sonderausschuß für Altersfragen aus. Er erklärte, diese „Räuber im Lebensabfindungs-Geschäft“ hätten „das Motiv, die Mittel und wenn sie nicht daran gehindert werden die Möglichkeit..., zu ihrem Vorteil die Rentner auszunutzen“.

Ein „großes Potential“ sieht in diesem Markt dagegen Andrew Terrel, der frühere Vizechef der Bear-Stearns-Abteilung für Langlebigkeit und Sterblichkeit, die unbewertete Portfolios von Lebensabfindungen handelte. Später arbeitete er für Institutional Life Companies von Goldman Sachs bei einem Projekt, das eine Handelsplattform für Lebensabfindungen eingeführt hatte.

Das einzige „Risiko“ ist, daß Menschen länger leben als erwartet. Der englische Ausdruck „to make a killing“ für „satten Profit machen“ läßt sich in diesem Zusammenhang buchstäblich mit „über Leichen gehen“ übersetzen.

BüSo