Produktive Kreditschöpfung 
  Neues Bretton Woods
  Glass-Steagall
  Physische Wirtschaft
  Kernenergie
  Eurasische Landbrücke
  Transrapid
  Inflation
  Terror - Cui bono?
  Südwestasienkrise
  11. September und danach
  Letzte Woche
  Aktuelle Ausgabe
  Ausgabe Nr. ...
  Heureka!
  Das Beste von Eulenspiegel
  Erziehungs-Reihe
  PC-Spiele & Gewalt 
  Diskussionsforum
  Wirtschaftsgrafiken
  Animierte Grafiken
[an error occurred while processing this directive]
Neue Solidarität
Nr. 38, 16. September 2009

Der Arzt in der Krise zwischen Gewissen und politisch gewollter Zerstörung der ethischen Normen

Ich bin als Allgemeinmediziner mit überdurchschnittlich großer Landpraxis im deutsch-luxemburgisch-belgischen Grenzgebiet seit über 25 Jahren tätig.

Als ich mein Medizinstudium im Jahr 1972 begann, war meine Entscheidung zum Arztberuf vor allen Dingen auch geprägt von den hohen ethischen Anforderungen an die Ausübung der ärztlichen Tätigkeit, deren Aufgabe es ist, menschliches Leben zu retten, Krankheiten zu lindern oder zu heilen und Glück, Wohlstand und körperliche sowie seelische Unversehrtheit bei allen Patienten zu schaffen und zu fördern.

Mein Vater - Internist und lange Jahre Chefarzt eines großen Krankenhauses in Rheinland-Pfalz -, war und ist stets mein großes Vorbild gewesen. Sein ärztliches Handeln war nie ausgerichtet am „rein technisch Machbaren“, an „materialistisch geprägten Gesundheitssystemen“ oder am „Profitdenken im Gesundheitswesen“.

Er handelte stets nur seinem Gewissen folgend, streng orientiert an seinen christlich geprägten Wertvorstellungen und er war - ohne Wenn und Aber - dem Hippokratischen Eid verpflichtet. Diese Wertvorstellungen gab er mir als wichtigste Maximen meines ärztlichen Wirkens mit auf den Weg.

Als er Anfang der Siebziger Jahre zum ersten Mal die Versuche mancher Politiker erfahren mußte, die bis dahin weitestgehend frei praktizierende Ärzteschaft aufgrund angeblicher ökonomischer Zwänge im Gesundheitswesen zu korrumpieren, engagierte er sich berufspolitisch in den Gremien der Ärztekammer und der Kassenärztlichen Vereinigung und warnte vor den Folgen der damals u.a. erstmals von Ehrenberg und Geißler (RLP) geplanten Folgen tiefer regulierender Einschnitte und sog. „Kosten- und Sparreformen“ im Deutschen Gesundheitswesen.

Über „Ehrenberg“, „Geißler“, „Blüm“, „Seehofer“ und zuletzt über „Ulla Schmidt“ und ihren Staatssekretär „Lauterbach“ erfolgte die mittlerweile „fast perfekt gelungene Entmündigung“ der Ärzte, entstand der wirtschaftliche Niedergang der Arztpraxen und die völlige Umstrukturierung des einst blühenden deutschen Gesundheitswesens hin zu planwirtschaftlichen, politisch zentral aus Berlin gesteuerten und dort erlassenen Gesetzen und Vorschriften, mit denen man den einst freien Arzt immer mehr zum Erfüllungsgehilfen  von politischen Strömungen mit irrsinnigen und offensichtlich völlig jede „alte Ethik“ und „Wertvorstellung“ zerstörenden Gängelungen von Arzt und Patient degradierte.

Dies alles wurde und wird begründet mit der „Kostenexplosion“ im Gesundheitswesen, wobei es den „Machern“ in Berlin jedoch um ganz andere Zielrichtungen ging und geht:

Erstens:

Der ehemals frei praktizierende Arzt und seine Einbindung in christliche Wertvorstellungen sowie der von ihm geschworene „Eid des Hippokrates“ wurden und werden dahingehend „vergewaltigt“, daß jeder Mediziner nun „mit seinem Privatvermögen für ärztliche Leistungen und Verschreibungen“ haftet, wenn er bestimmte, statistisch willkürlich festgelegte Kosten-Grenzen im Vergleich mit den Durchschnittswerten der anderen Ärzte überschreitet.

Und welcher Arzt fühlt sich durch diese „staatlich aufgezwungene Erpressung mit sonst drohendem Regress und Rückzahlung ,des Schadens’ aus seinem Privatvermögen“ noch in der Lage, frei zu entscheiden, ob er einem Patienten ein „budget-sprengendes, teures, aber den Patienten möglicherweise heilendes Krebs-Medikament zum Preis von mehreren Zehntausend Euro“ verschreibt, oder ob er an seine Familie, seine Kinder und deren wirtschaftliche Existenz denkt, und das teure „Krebs-Medikament“ durch ein billigeres, wesentlich geringer wirksames Medikament ersetzt oder gar nichts verschreibt und den raschen Tod seines Patienten stillschweigend in Kauf nimmt, um seiner Familie jedweden finanziellen Schaden zu ersparen?

Zweitens:

In zentral von Berlin aus „erarbeiteten“ Richtlinien des „Gemeinsamen Bundesausschusses“ (G-BA) sowie des IQWiG (Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen) schreibt man dem niedergelassenen Arzt vor, was und in welcher Stufenfolge bei welcher Krankheit er überhaupt noch auf Kassenrezept verordnen darf.

Der Leiter des IQWiG, Prof. Peter Sawicki, antwortete auf die Frage, ob die marktüblichen Medikamente gegen Demenz (Antidemenzia) nicht doch überaus hilfreich und wirksam seien:

Bringen nichts –Stattdessen soll man lieber Pflegeheime bauen.

Und kurze Zeit später:

Bringen nichts, stattdessen soll man lieber Pflegekräfte einstellen!

(vgl. Beitrag von Presseagentur Gesundheit, 12. Januar 2007: http://www.haende-weg-von-aventis.de/frames/pdf/Kritik%20am%20IQWIG,%20Presseagentur%20Gesundheit.pdf).

Man könnte es noch drastischer formulieren: „Alte, Kranke und am Produktivvermögen der Gesellschaft nicht teilhabende Menschen gehören aufs Abstellgleis!“

Schon heute kommen viele ältere Patienten in meine Praxis und sagen - still vor sich hinweinend: „Lassen Sie mal, Herr Doktor, schreiben Sie uns bitte keine Medikamente mehr auf. Wir schämen uns, daß wir mit unserer Krankheit Schuld sind an der Kostenexplosion im Gesundheitswesen - so sagt ja Ulla Schmidt - und deshalb wollen wir nun lieber in Würde sterben!“

Den frei und nur seinem Gewissen verpflichteten, Medikamente verschreibenden Arzt gibt es schon lange nicht mehr.

Die Ärzte wurden durch die gesetzlichen Neuerungen der „Ulla Schmidt“ zu Handlangern der ganz andere Ziele verfolgenden, fast ausschließlich aus dem rot-grünen Lager kommenden Politiker, die mit Beginn der Kanzlerschaft von Gerhard Schröder nicht müde wurden, die Ärzte als „Spar-Gehilfen der Nation im Gesundheitswesen“ zu mißbrauchen und ihnen de facto die freie ärztliche Entscheidung nicht mehr zuzubilligen.

Nach den geltenden Bestimmungen darf ein Arzt lediglich das „gerade eben ausreichende und gebotene Medikament“ verordnen. „Gerade eben Ausreichend“ ist die Schulnote Vier Minus!

Man stelle sich vor: Der Vater eines Schülers verlangt von seinem Sohn, stets mit der Schulnote „Vier Minus“ nach Hause zu kommen, und droht ihm mit harten Strafen, wenn er einmal mit einer Vier oder einer besseren Schulnote heimkommt. Und er droht mit Strafe, wenn der Sohn in einer Arbeit versehentlich mal auf die Note „Fünf“ abrutscht!!!!

Aber genau das geschieht nun - gesetzlich verankert - mit den Ärzten in Deutschland durch die unter Schröder zentralistisch ausgearbeitete „Gesundheitsreform“, ein „perfekt funktionierendes Kontrollsystem des Staates gegen den ehem. „freien Arzt“, der nicht mehr das Beste, sondern nur noch „das gerade eben Ausreichende“ verordnen darf!

Drittens:

Eine weitere Möglichkeit, „Kosten im Gesundheitswesen einzusparen“, wurde und wird in Berlin von den Planern im Gesundheitsministerium „erfolgreich“ praktiziert:

„Mache aus dem früher noch freien ,100-Meter-Lauf’ des Patienten von einst einen ,110-Meter-Hürdenlauf’. Stelle ihm derart viele bürokratische und unüberwindliche Hürden in den Weg, daß er nach dem Sturz an der zweiten, dritten Hürde seinen ,Lauf’ aufgibt und auf ihm eigentlich zustehende medizinische Leistungen verzichtet!

Die Gesundheitsreform der Ulla Schmidt überfrachtete Ärzte und Patienten mit unüberschaubar vielen und zeitraubenden bürokratischen Hindernissen und Hürden, daß das von Arzt und Patient angestrebte Ziel einer raschen und „mehr als nur ausreichenden“ medizinischen Versorgung massiv gefährdet wird, ja schlicht und einfach in den meisten Fällen unerreichbar ist.

Wenn diese bürokratischen Hürden nicht schleunigst abgebaut werden, ist das einst blühende deutsche Gesundheitssystem irreparabel zerstört!

Viertens:

Die Arzthonorare werden - streng planwirtschaftlich-sozialistisch - in sogenannten „Regelleistungsvolumina“ (RLV) für jedes Quartal festgelegt bei von der Regierung gedeckeltem Honorartopf, aus dem jeder Arzt sein immer weiter schrumpfendes Honorar erhält.

Große Praxen werden hierdurch de facto enteignet, kleinste und kleine Praxen erhalten durch diese „Honorarumverteilung von oben nach unten“ bis zu sieben Prozent mehr Honorar als im Vorjahr.

Den „Großen“ bleibt nichts weiter übrig, als irgendwelche „betriebswirtschaftlichen Kooperations-Gesellschaftsformen“ ausfindig zu machen, um überleben zu können.

Meist sind das GmbH-gestützte sog. „Medizinische Versorgungszentren“ - analog zu den Ambulatorien in der ehem. „DDR“, womit einmal mehr klar wird, daß die deutsche Wiedervereinigung auch zum Rückgriff geführt hat auf alte, gescheiterte, marxistische Ur-Formen des staatlich-zentral gelenkten und politisch kontrollierten Gesundheitswesens!

Kein Arzt wird weiter in seinem Beruf tätig sein wollen, wenn ein tüchtiger Taxifahrer monatlich ca. das Doppelte verdient. Und es wird auch keinen Arzt geben, der nachmittags „als Taxifahrer Geld hinzuverdient“, um sich am Vormittag den Luxus seiner Arztpraxis überhaupt noch leisten zu können!

Wenn ein Arzt, der erst im Alter von ca. 30 Jahren anfängt, das „erste Geld“ zu verdienen (und vorher den Staat und seine Eltern bis zu 500.000 Euro an Ausbildungsgeldern und Unterhalt gekostet hat!), nicht mit angemessen hohen Arzthonoraren für seine höchstverantwortliche Tätigkeit entlohnt wird, dann wird dieser Arzt „korruptionsanfällig“. Umso mehr, wenn man ihm permanent mit „Privathaftung“ droht für verschriebene Medikamente oder von ihm angeordnete, medizinisch dringend erforderliche Leistungen für seine schwerkranken Patienten.

Derzeit erhält der niedergelassene Allgemeinmediziner für eine streng begrenzte Anzahl von Patienten, eine staatlich limitierte „Fallzahl“, ca. 44 Euro pro Patient pro Quartal an Regelleistungsvolumen. Im Vorjahr waren dies noch ca. 80 Euro pro Patient pro Quartal - und zwar für jeden Patienten. Für jeden darüber hinaus behandelten Patienten gibt es nur noch „Cent-Beträge“, de facto gar kein Honorar mehr! Und das bei drastisch weiter steigenden Betriebskosten!

Bei vielen Ärzten liegen mittlerweile die Betriebskosten um ca. ein Drittel höher als das zu erwartende „Regelleistungsvolumen-definierte Honorar“. Viele Praxen stehen vor dem wirtschaftlichen Aus!

Es macht schon lange keinen „Spaß“ mehr, als Arzt in Deutschland tätig zu sein!

Und dies drückt sich im Deutschen Ärzteblatt unter der Rubrik: „Stellengesuche/Stellenangebote“ noch drastischer aus:

Auf 129 Seiten befinden sich Stellenangebote, während die bundesweit geltende Rubrik „Stellengesuche“ nur eine einzige Seite umfaßt.

Vom „Patienten als Menschen mit unantastbarer Würde“ und dem „Recht auf Unversehrtheit des Körpers und der Seele“ ging es in „Sieben-Meilenschritten“ zum neuen politischen Leitbild der „Ware Patient,“ zum Betriebskostenfaktor des kranken Menschen, zum „die Alterspyramide und den Staatsbankrott verursachenden, ,bösen’ chronisch Kranken und Schwachen“.

Norbert Blüms Zitat vom „ohne Apparatemedizin in jüngeren Jahren glücklicher sterbenden Menschen“ klingt uns allen noch in den Ohren.

Das sind die „feinen Nuancen“ im Sprachgebrauch, die bereits vor nicht allzu langer Zeit zu Begriffen wie „Unwertes Leben“ u.ä. geführt hatten - gefolgt von den uns allen schmachvoll noch gut bekannten Euthanasie-Gesetzen des Hitler-Regimes!

Deshalb rufe ich alle diejenigen Mitbürger, denen das Gemeinwohl und die Solidarität der Menschen untereinander am Herzen liegt, auf, die Freiheit ärztlicher Handlungsmöglichkeiten zurückzufordern und die politisch massiv mit Füßen getretenen Grundwerte ärztlichen Handelns - die christlich-ethischen Normen, die Freiheit der ärztlichen Gewissensentscheidung und die Möglichkeit der Einhaltung des Hippokratischen Eides von den wechselnden Regierungen in Berlin gesetzlich unverrückbar zu entscheiden und zu garantieren!

Der Arzt hat seinem Patienten nicht die „gerade eben ausreichende“ Behandlung zukommen zu lassen, sondern die beste, die effektivste, die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen folgende und schnellstens zur Heilung führende Behandlung!

Deshalb darf der Arzt nicht miteingebunden werden in die Frage, wer das alles bezahlen soll. Die Kostenfrage ist eine reine politische Prioritätenfrage!

Bei „knapper Kasse“ muß ich als Politiker Prioritäten im Handeln setzen und notfalls auf teure, „unerfreuliche und vom Volk ungewünschte Kriegsbeteiligungen in Afghanistan“ verzichten, muß den Bau der ein oder anderen sechsspurigen Straße in Leipzig, Dresden oder Berlin hintanstellen, muß meine 250-Milliarden-teuren Bankengarantien überdenken und muß endlich wieder den Menschen, jeden einzelnen Menschen und seine Gesundheit, das höchste Gut, in den Mittelpunkt des politischen Handelns stellen!

Jeder Mensch besitzt in unterschiedlichen Bereichen und unterschiedlichem Ausmaß eine große Sozialfähigkeit, aber er ist auch - in bestimmten Phasen seines Lebens- in unterschiedlichem Maße sozialbedürftig und auf die Hilfe der Mitmenschen und des Gemeinwesens dringend angewiesen, z.B. als Kind, als Kranker, Schwacher, Behinderter usw.

Aus diesem Spannungsfeld zwischen Sozialfähigkeit und Sozialbedürftigkeit erwächst der Grundwert der Solidarität.

Der Beruf des Arztes spielt sich vorwiegend in diesem gesellschaftspolitischen Bereich der Solidarität ab.

Aber: Nur der freie Arzt, der nicht zu korrumpierende Arzt, der den christlichen Wertvorstellungen und dem Hippokrates-Eid verpflichtete Arzt,  kann „wahrer Arzt und Helfer“ sein für alle in Not und Krankheit ihn aufsuchenden Patienten und Mitmenschen.

Das zwischen Arzt und Patient entstandene Vertrauensverhältnis ist für politische Machenschaften ebenso tabu wie das Beichtgeheimnis, dem jeder katholische Priester bei der Beichte unterliegt!

Nur ein Land mit freien Ärzten hat das Recht, zu behaupten, daß es sich an christlich-abendländischen Grundwerten orientiert. Und nur in einem solchen Land, das diese Grundwerte heiligt, ist es erstrebenswert zu leben!

he