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Von Matthew Ogden
Lyndon LaRouches Aktionskomitee LPAC hat am 7. August eine Videodokumentation über Rosa Luxemburg und ihre Einschätzung der Politik des Britischen Empire veröffentlicht. Wir bringen eine Übersetzung des Textes.
Am 27. Juni 2009 führte Lyndon LaRouche bei einem Internetforum eine Diskussion mit Leuten, die von Amerikas politischer Intelligenzia noch verblieben sind. In dieser Diskussion betonte LaRouche gegenüber diesen Führungspersönlichkeiten, daß sie sich selbst intellektuell darauf vorbereiten müssen, das Machtvakuum in Washington auszufüllen, das entstehen wird, wenn die Regierung Obama sich selbst zerstört. Dann müsse man die plötzliche Wende vollziehen, die notwendig ist, um die Welt aus der gegenwärtigen Zusammenbruchskrise des Weltwirtschaftssystems zu retten.
Die Charakterisierung des gegenwärtigen Wirtschaftskollapses als systemische Zusammenbruchskrise ist weder eine von LaRouche neu eingeführte Terminologie, noch eine Übertreibung. LaRouche machte sehr deutlich, daß diese Krise tatsächlich nichts anderes ist als eine generelle Zusammenbruchskrise des gesamten Systems auf unserem Planeten.
In einer Frage, die LaRouche von einem führenden amerikanischen Ökonomen gestellt wurde, wies dieser darauf hin, daß die kürzlich beschlossenen, billionenschweren Rettungsaktionen für die Banken eine hyperinflationäre Lage ankündigen, die an das erinnern wird, was in der Weimarer Republik in den zwanziger Jahren geschah. Aber gleichzeitig droht aufgrund des Kollapses der Produktion und der Beschäftigung eine schlimmere Deflation, als wir sie in der Großen Depression erlebten. Dies zusammen ergibt eine einzigartige Lage: Es scheint, als ob wir vor einer Kombination von Inflation und Deflation stünden, die anders ist als alles, was die Vereinigten Staaten bisher erlebt haben. Deshalb ist auch eine andere Reaktion notwendig.
LaRouche antwortete: „Nun, wie ich schon oft gesagt habe, wenn es um diese Frage ging: Das Problem ist, daß wir uns nicht in einer Depression befinden. Wir sind in einer generellen Zusammenbruchskrise des gesamten Systems unseres Planeten. Ende des 19. Jahrhunderts und zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde darüber als Hypothese diskutiert. Und jetzt geschieht es. Wir sind in einer generellen Zusammenbruchskrise, in der es tatsächlich gleichzeitig Inflation und Deflation gibt. Aber wenn sie meine Tripelkurve anschauen, dann sehen Sie, was das genau bedeutet. Es ist da. Das ist das Problem.
Es ist so: Wir müssen das als eine Zusammenbruchskrise definieren. Das bedeutet, daß es keine Lösung innerhalb des Rahmens gibt, in dem wir jetzt operieren. Mit anderen Worten, man kann nicht die Dimensionen der gegenwärtigen Lage als Parameter verwenden, und durch Anpassung der Parameter oder auch durch Einführung neuer Parameter wird man nicht verhindern können, daß das Ganze kollabiert.“
Die Möglichkeit einer solchen generellen Zusammenbruchskrise des Systems stammt als Hypothese ursprünglich aus dem Werk zweier brillianter Ökonomen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Diese beiden Ökonomen, Rosa Luxemburg aus Polen und Jean Jaurès aus Frankreich, überragen bei weitem die gegenwärtigen Ökonomen, Politiker und Akademiker. Lyndon LaRouche hat sich wiederholt auf Rosa Luxemburgs Buch Die Akkumulation des Kapitals (1913) bezogen, von dem er sagt, daß es den angemessenen Ausgangspunkt bietet, um den Ursprung der generellen globalen Zusammenbruchskrise zu verstehen, der sich heute vollzieht. Ihre Einsichten in diesem Buch bieten uns die Grundlage, von der aus wir die wahre Ursache des heute drohenden wirtschaftlichen Alptraums betrachten können.
Seit dem Sieg der amerikanischen Kolonien über das Britische Empire 1783 war die Welt in zwei Systeme aufgeteilt: Das alte System des Imperialismus, und das neugeschaffene System der Republik amerikanischen Stils. Alle Konflikte und alle Kriege seit jener Zeit waren weltweit verursacht von der Unmöglichkeit der Koexistenz dieser beiden entgegengesetzten und sich widersprechenden Systeme.
Rosa Luxemburg wurde im Jahr 1871 geboren, einige Jahre nach dem Sieg Abraham Lincolns über die von den Briten geförderte Konföderation der Südstaaten. Ihre Heimat war die polnische Stadt Zamosc, eine schöne Stadt aus dem 16. Jahrhundert im Osten des Landes mit einer vielseitigen Kultur, die bekannt ist als Heimat der jüdischen Renaissance in Polen. Zamosc war Heimat führender jiddischer Poeten, Mathematiker und Schriftsteller wie des berühmten I.L. Peretz, der als der Vater der Renaissance des Jiddischen gilt. Die jüdischen Intellektuellen waren zur Zeit Rosa Luxemburgs im sog. Jüdischen Bund organisiert, dessen Geheimtreffen oft von der zaristischen Polizei aufgelöst wurden, während seine Mitglieder ins Gefängnis geworfen oder ins Exil gezwungen wurden.
Eines der bekanntesten Mitglieder des Bundes in Zamosc war Abraham Luxemburg, Rosa Luxemburgs Vater. Da sie behindert war und als Außenseiterin behandelt wurde, verbrachte Rosa Luxemburg unter dem Einfluß der politischen Bewegung, der ihr Vater angehörte, ihre Kindheit damit, die Ideen Friedrich Schillers und anderer Schriftsteller der deutschen Klassik zu studieren. Schon mit 16 Jahren wurde sie politisch aktiv und stieg sofort in eine Führungsposition der politischen Bewegung auf, der sie sich angeschlossen hatte. Aber als ihre Partei von den Behörden zerschlagen und die Führer entweder inhaftiert oder gehenkt wurden, ging sie von Polen nach Zürich. Dort schrieb sie sich an der Universität ein und studierte Mathematik, Naturwissenschaft, politische Ökonomie und Recht.
Als Dissertation verfaßte sie eine umfassende Wirtschaftsstudie über ihr Heimatland, Die industrielle Entwicklung Polens. Unmittelbar nach Abschluß ihres Studiums beschloß sie, sich für ihre politischen und wirtschaftlichen Theorien einzusetzen. Sie ging nach Deutschland, wo die Arbeiterbewegung bereits gut organisiert war und Einfluß auf die Industriearbeiter gewonnen hatte. Aber als sie nach Deutschland kam, stellte sie fest, daß diese Bewegung durch eine Fraktion gespalten und desorganisiert worden war - von Leuten, die sich als die „Reformer“ bezeichneten und versuchten, die politische Identität der sozialdemokratischen Bewegung zu unterminieren. Diese Reformer befürworteten die Übernahme des britischen parlamentarischen Regierungssystems als politisches Modell für Deutschland. Luxemburg wußte, daß jeder Kompromiß mit dem britischen Regierungs- und Wirtschaftssystem der Existenz der Sozialdemokratischen Bewegung selbst die Daseinsberechtigung entziehen würde. Sie wußte, daß ein solcher Kompromiß tödlich sein würde, und daß die Sozialdemokratie einfach in genau jenem System aufgehen würde, das sie angeblich bekämpfte.
Als der Erste Weltkrieg ausbrach, bewahrheiteten sich ihre Befürchtungen über die Schwäche der Sozialdemokraten in Deutschland. Anstatt sich Deutschlands Beteiligung an diesem Krieg zu widersetzen, der durch die geopolitischen Manipulationen des Britischen Empire in Gang gebracht worden war, warf die Führung der Sozialdemokraten ihr ganzes Gewicht hinter die Kriegsanstrengungen! Die politische Identität der Sozialdemokratie ging verloren! Deutschland wurde ruiniert und zerstört und war auf dem besten Wege, nach dem Krieg durch den von den Briten organisierten Versailler Vertrag ausgenommen und zerschlagen zu werden.
Rosa Luxemburg veröffentlichte Die Akkumulation des Kapitals 1913, kurz vor dem Ersten Weltkrieg, ihre berühmte Nachfolgeschrift, die sog. Anti-Kritik, erschien kurz nach Beginn des Krieges. In diesen beiden Schriften präsentierte sie einen einzigartigen, wissenschaftlichen Ansatz zur Frage des modernen Imperialismus: Luxemburg identifiziert über die konkreten Fälle hinaus das Prinzip des Empires, in einer Weise, die es uns erlaubt, die „genetische“ Vorgeschichte solcher Systeme zurückzuverfolgen, wie man es mit einer Krankheit tun würde: vom heutigen Britischen Empire bis zurück zu seinen Wurzeln in Venedig, im alten Rom, im antiken Reich von Babylon und darüber hinaus.
Dies ist der Punkt, wo unser Verständnis der heutigen systemischen Zusammenbruchskrise durch das Werk Rosa Luxemburgs bereichert wird. Ihre Arbeiten über den Finanzimperialismus wurden in einigen politischen und Geheimdienstkreisen in Amerika verstanden, etwa von dem bekannten Wirtschaftshistoriker Herbert Feis, der als Wirtschaftsberater für internationale Angelegenheiten im Außenministerium unter Präsident Roosevelt arbeitete. Herbert Feis dokumentierte die Argumente für den Fall des modernen Imperialismus in seinem Buch Europe, the World’s Banker 1870-1914 („Europa, Bankier der Welt 1870-1914“), das 1930 erschien, und zeigt, daß Rosa Luxemburg in ihrer Analyse des Imperialismus völlig richtig lag.
Auch wenn sie im heutigen akademischen und politischen Leben fast vergessen ist, ist es für uns als amerikanische Patrioten heute wichtig, uns an Rosa Luxemburg zu erinnern, weil sie eine einzigartige und richtige Abhandlung über den britischen Imperialismus als Ausdruck eines allgemeinen Prinzips des Imperialismus verfaßte.
Das Wesen des Imperiums zeigt sich vor allem auf finanziellem Gebiet: ein wucherisches System internationaler Anleihen, das von supranationalen, oligarchischen Interessen gesteuert wird, um die natürlichen und geistigen Ressourcen der kolonisierten Länder und unterworfenen Völker auszubeuten. Von diesem Standpunkt aus verbreiten sich übliche, aber unrichtige Vorstellungen vom Imperium. Das Imperium ist nicht, wie viele fälschlicherweise meinen, eine logische Stufe des Nationalismus. Es ist kein unvermeidliches Produkt einer ehrgeizigen Nation, die von einer allgemeinen Gier nach weitreichender Macht über andere Nationen getrieben ist. Es ist nichts, was durch das maßlose Verlangen eines verrückten Diktators oder Tyrannen nach Macht entstünde. Selbst die traditionelle Sicht des Imperiums als vor allem eine globale militärische Besatzungsmacht wird von Luxemburg als eine bloß sekundäre Konsequenz der Notwendigkeit für das Finanzempire beschrieben, sein System des wirtschaftlichen Kolonialismus und der internationalen Kredite durchzusetzen.
In ihrem Buch Die Akkumulation des Kapitals widmet sie ein ganzes Kapitel dem Thema „das moderne System der internationalen Anleihen. Diese sind unentbehrlich zur Emanzipation der aufstrebenden kapitalistischen Staaten und zugleich die sichersten Mittel für alte kapitalistische Staaten, die jungen zu bevormunden, die Kontrolle ihrer Finanzen und den Druck auf ihre auswärtige Politik, Zoll- und Handelspolitik auszuüben.“ Um den unverständigen Sozialdemokraten in Deutschland die wahre Natur des imperialistischen Systems zu enthüllen, das die Krise und den Weltkrieg herbeiführte, dokumentiert sie das Verhalten des Britischen Empire, das große Teile des Planeten durch ein System internationaler Anleihen kontrollierte, und nutzt dafür als Fallstudie die wirtschaftlichen Ereignisse in den zwanzig Jahren vor der britischen Besetzung Ägyptens 1882.
Als die von den Briten geförderte Konföderation der Südstaaten der USA sich von der Union lossagte und so den amerikanischen Bürgerkrieg der1860er Jahre in Gang setzte, begann eine Hyperinflation des Preises der Baumwolle, des wichtigsten Agrarprodukts der Südstaaten, der bis Ende des Krieges um fast 1000% anstieg. Als die Lieferungen aus Amerika unterbrochen wurden, richteten die Briten ihre Augen auf Ägypten. Dort begann eine fieberhafte Spekulation mit Baumwolle, mit riesigen Krediten aus England, um ihren Anbau zu finanzieren. Ägypten stürzte sich kopfüber in diese Blase, und schon bald wurde fast auf der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche Ägyptens Baumwolle angebaut.
Wie Luxemburg beschreibt, baute jeder Baumwolle an, sogar der Vizekönig von Ägypten. Sein Besitz vergrößerte sich dadurch, daß Land der Bauern ohne jede Berechtigung mit Gewalt enteignet wurde. Innerhalb unglaublich kurzer Zeit wurde auf allen Farmen Ägyptens Baumwolle angebaut. Aber im folgenden Jahr platzte die Blase, der Preis der Baumwolle fiel in wenigen Tagen auf die Hälfte, bis sie schließlich, als der Amerikanische Bürgerkrieg zuende ging, fast jeden Wert verlor. Die Baumwollblase war so schnell vorüber, wie sie entstanden war.
Aber schon breitete sich ein neues Spekulationsfieber aus: Rohrzucker. „Die ägyptische Landwirtschaft wurde zum zweitenmal auf den Kopf gestellt... Fellachen wurden zu Tausenden auf die Plantagen getrieben...“
Für den Zucker mußten Fabriken und Verkehrsmittel geschaffen werden. Das Geld für diese Baumaßnahmen kam von britischen Banken, die 1872 Kredite dafür gaben. Aber es erwies sich einfach als unmöglich, genug Zuckerrohr und genug Arbeitskräfte bereitzustellen, um diese Blase aufrecht zu erhalten. „Die Arbeitskräfte waren völlig ungeeignet, da die Bauern Zwangsarbeit gewohnt waren und der Fronfellah mit der Karbatsche nicht plötzlich in einen modernen Industriearbeiter verwandelt werden konnte. Das Unternehmen brach zusammen, viele gelieferte Maschinen wurden gar nicht erst aufgestellt.“ Die Zuckerspekulation brach ebenso schnell in sich zusammen, wie vor ihr die Baumwollproduktion.
„Wer lieferte das Kapital zu diesen Unternehmungen?“ Die internationalen Anleihen, sagt Rosa Luxemburg. Die erste dieser Anleihen wurde 1865 von der Anglo-Ägyptischen Bank aufgelegt. Als diese und andere Anleihen fällig wurden, kollabierte die Baumwollblase. Um diese Schulden zu konsolidieren, die nun nicht bezahlt werden konnten, wurde 1868 eine weitere Anleihe aufgelegt. Die Zuckerspekulation erforderte 1870 eine weitere Anleihe, zwei weitere Anleihen folgten 1872 und 1873, aber keine von ihnen konnte zurückgezahlt werden. Schließlich, 1874, waren Ägyptens öffentliche Schulden innerhalb von 13 Jahren von 3 Mio. Pfund Sterling auf 94 Mio. Pfund angewachsen, und wie Rosa Luxemburg schreibt: „Der Zusammenbruch stand vor der Tür.“
„Auf den ersten Blick stellen diese Kapitaloperationen den Gipfel des Wahnwitzes dar. Eine Anleihe jagte die andere, die Zinsen alter Anleihen wurden mit neuen Anleihen gedeckt, und riesige Industriebestellungen bei dem englischen und französischen Industriekapital wurden mit englischem und französischem geborgten Kapital bezahlt.
In Wirklichkeit machte das europäische Kapital, unter allgemeinem Kopfschütteln und Stöhnen Europas über die tolle Wirtschaft Ismails, beispiellose, märchenhafte Geschäfte in Ägypten, Geschäfte, die dem Kapital in seiner weltgeschichtlichen Laufbahn nur einmal als eine phantastische, modernisierte Auflage der biblischen fetten ägyptischen Kühe gelingen sollten. Vor allem bedeutete jede Anleihe eine wucherische Operation, bei der ein Fünftel bis ein Drittel und darüber hinaus der angeblich geliehenen Summe an den Fingern der europäischen Bankiers kleben blieb. Die wucherischen Zinsen mußten aber so oder so schließlich bezahlt werden. Wo aber sollten die Mittel dazu herkommen?“
Sie kamen von den Bauern - von ihrem Land, von ihrer Arbeit. Sie arbeiteten auf den Baumwollplantagen und dann in den Zuckerfabriken, ohne dafür bezahlt zu werden, „sie wurden nach Bedarf von einer Arbeit zur anderen geworfen und maßlos ausgebeutet. Je größer die Schulden gegenüber Europa wurden, desto mehr mußte aus den Bauern herausgeholt werden... Die Dörfer in Oberägypten begannen sich zu entvölkern, Hütten wurden eingerissen, man ließ das Land unbebaut, um den Steuern zu entgehen... 1879 sollen 10.000 Fellachen oberhalb Siuts vor Hunger umgekommen sein, da sie die Steuer für die Bewässerung ihrer Felder nicht mehr erschwingen konnten und ihr Vieh getötet hatten, um der Viehsteuer zu entgehen.“
Zeitungsberichte von Augenzeugen über die damalige Lage in Ägypten sprachen davon, daß Menschen ‚am Straßenrand sterben, große Landstriche nicht bearbeitet werden, die Bauern ihr Vieh verkaufen, Wucherer das Hypothekenamt mit ihren Anleihen und die Gerichte mit ihren Pfändungsanträgen füllen.’
Luxemburg fährt fort: „Jetzt war der Fellache bis auf den letzten Blutstropfen ausgesogen. Der ägyptische Staat hatte seine Funktion als Saugapparat in den Händen des europäischen Kapitals vollendet und war überflüssig geworden. Der Khedive Ismail wurde verabschiedet.“ Nun ging die britische Kommission zur Regulierung der Finanzen von Ägypten an die Arbeit. Seltsamerweise war das europäische Kapital überhaupt nicht abgeschreckt vom verzweifelten Zustand des zahlungsunfähigen Landes, und bot immer neue gigantische Anleihen an, um Ägypten zu retten. Das Land und alle seine Produktivkräfte wurden zur Beute des europäischen Kapitals.
Im Oktober 1878 kamen Vertreter der europäischen Räuber nach Alexandria. Britisches und französisches Kapital errichtete eine doppelte Überwachung der Finanzen und führte neue Steuern ein, die Fellachen wurden geschlagen und unterdrückt, sodaß die Zinszahlungen an die Banken, die aufgrund des Mangels an Einnahmen ein lang Jahr ausgesetzt worden waren, im folgenden wieder aufgenommen werden konnten. Nun wurden die Forderungen des europäischen Kapitals zum Dreh- und Angelpunkt des wirtschaftlichen Lebens und zur einzigen Sorge des Finanzsystems. 1879 kamen die ägyptischen Finanzen unter dauernde Kontrolle des europäischen Kapitals.
Schließlich lieferten eine Meuterei in der ägyptischen Armee, die unter der finanziellen Aufsicht der Europäer ausgehungert wurde, und ein provozierter Aufstand der ausgebluteten Massen in Alexandrien einen geeigneten Vorwand für den entscheidenden Schlag: Das britische Militär besetzte 1882 Ägypten. Diese militärische Besatzung war nur der ausführende Arm zur Eintreibung der internationalen Anleihen. Der Militarismus, schreibt Luxemburg, sei nur der „Vollstrecker der Kapitalakkumulation“ der hinter den Anleihen lauert. Dieses war der letzte Schritt im Prozeß der Liquidierung der ägyptischen Fellachenwirtschaft durch und für das internationale Kapital.
„Hier zeigte sich, daß der bei oberflächlicher Betrachtung abgeschmackten Transaktion zwischen dem europäischen Leihkapital und dem europäischen Industriekapital ... ein vom Standpunkt der Kapitalakkumulation aus betrachtet sehr rationelles und ,gesundes’ Verhältnis zugrunde lag“, schrieb Luxemburg. „Dieses läuft, nach Weglassung aller maskierenden Zwischenglieder, auf die einfache Tatsache hinaus, daß die ägyptische Bauernwirtschaft in gewaltigem Umfang vom europäischen Kapital aufgezehrt wurde: Enorme Strecken Grund und Boden, zahllose Arbeitskräfte und eine Masse Arbeitsprodukte, die als Steuern an den Staat entrichtet wurden, sind in letzter Linie in europäisches Kapital verwandelt und akkumuliert worden.“
Allen Finanzimperien liegt das Prinzip des Wuchers und der Erpressung zugrunde. Und was sagt uns dies über die Natur eines generellen Zusammenbruchs eines solchen imperialen Systems? In seinem Internetforum vom 27. Juni sagte LaRouche: „Wir sind tatsächlich in einer allgemeinen Zusammenbruchskrise eines Empire-Systems genau dieser Art, einer Krise, in der wir gleichzeitig mit Inflation und Deflation konfrontiert sind. Wenn Sie meine Tripel-Kurve betrachten, werden Sie genau sehen, was ich meine.“ LaRouches Identifikation der in der Tripel-Kurve dargestellten Kollapsfunktion als unvermeidlicher Konsequenz dieses Empire-Modells ist klar, angesichts Rosa Luxemburgs Erläuterung zum Charakter der Zusammenbruchskrise.
LaRouches Analyse der Tripel-Kurve wurde erstmals in den neunziger Jahren in graphischer Form veröffentlicht, als pädagogisches Mittel zur visuellen Darstellung der Wirtschaftsprognose, die LaRouche damals publizierte. Diese Prognose findet heute wegen ihrer einzigartigen Richtigkeit in Bezug auf die gegenwärtige Krise zunehmend Aufmerksamkeit unter Ökonomen und Politikern. Aber das Konzept, das sie illustriert, das Konzept der typischen Kollapsfunktion, wie er sie nannte, findet man schon seit den sechziger und siebziger Jahren in LaRouches Schriften - z.B. in seinem Aufsatz „Zur Verteidigung Rosa Luxemburgs“ von 1973:
„Im imperialen System ersetzt der Begriff des monetären Wertes das Konzept des realwirtschaftlichen, produktiven Wertes. Schulden, Besitz, Geld, Besitztitel, alle Papiere, die einen nominellen Wert besitzen, fangen an, das Kapital zu überschatten, das einen wirklichen Wert besitzt, der wiederum durch das Maß der sozialen Reproduktion für die Nation als Ganzes bestimmt ist. Wenn sich der nominelle Wert in den Händen dessen ansammelt, der diese Papiere hält, muß er entweder in der Lage sein, diese Schulden als Sicherheit für weitere Schulden zu nutzen, oder er muß die Papiere zu Geld machen. Da diese Schulden neue Schulden erzeugen, außerhalb jeden Wachstums des realen produktiven Kapitals im System, ist bald der Punkt erreicht, an dem keine direkte Übereinstimmung zwischen den beiden Größen mehr möglich ist.
Um die Krisengefahr für ein solches System einzuschätzen, stellen wir die Frage, ob diese Masse nominellen Wertes, den der Gesamtpreis dieser Besitztitel darstellt, in irgendeiner Weise in realen Reichtum sozial produktiver oder reproduktiver Form umgewandelt werden kann.
In dem Maße, wie es hier keine Übereinstimmung gibt, sehen wir, daß der Anteil der Gesamtmasse der akkumulierten Schulden in einem solchen System, für den es keinen entsprechenden realen Reichtum gibt, das repräsentiert, was man als eine Masse fiktiver Schulden betrachten sollte. Oder die Forderungen der Halter dieser Papiere sind tatsächlich nur fiktiver Besitz.
Das ist der wichtigste Punkt, den ernsthafte Ökonomen heute berücksichtigen müssen. Jeder Versuch, diese Forderungen zu honorieren, wird zu einer Plünderung der produktiven Wirtschaft durch die parasitäre Finanzklasse führen, die keinen legitimen Anspruch auf den Reichtum hat. Nur hierin, was man als einen ständigen Prozeß der Plünderung betrachten sollte, können wir die funktionale Beziehung zwischen der hyperinflationären Finanzkurve und der Deflation bei den Arbeitsplätzen und der Produktion finden.“
Um LaRouches Autorität als Wirtschaftsprognostiker hervorzuheben, sollten Ökonomen heute beachten, daß die Beschreibung der typischen Kollapsfunktion wie wir sie heute erleben von Lyndon LaRouche in dieser sehr klaren Form schon 1973, als er bereits die Möglichkeit einer solchen Zusammenbruchskrise prognostizierte, veröffentlicht wurde.
„Da die Schulden selbst eine Form selbstexpandierender Werte darstellen, muß die Expansion des monetären Kreditsystems für den künftigen Zuwachs dieses fiktiven Kapitals sorgen. Die Schuldenform des fiktiven Kapitals baut eine Pyramide weiteren fiktiven Kapitals auf, während gleichzeitig neue Schulden der gleichen Art aufgebaut werden. In dem Maße, wie das fiktive Kapital im Verhältnis zur realen Produktion wächst, wird das Maß an Kreditexpansion mit einem ebenso wachsenden Maß der Arbeitslosigkeit verbunden sein.“
Die Tripel-Kurve zeigt: Je länger dieser Prozeß fortgeführt wird, desto mehr Potential für eine dramatische Entladung zwischen diesen beiden zunehmend auseinanderlaufenden Kurven baut sich auf. Diese Funktion des Krisenpotentials umfaßt das gesamte System, sowohl das finanzielle wie auch das produktive. Der Zusammenbruch irgendeines Teils bedeutet den Zusammenbruch des Ganzen. Das Ganze kann den Zusammenbruch eines Teils nicht überleben. Und jeder Versuch, nach den alten Regeln zu investieren, wird zu entgegengesetzten und zerstörerischen Resultaten führen.
Der Prozeß der zunehmenden potentiellen Illiquidität des gesamten Systems schreitet unter dem Deckmantel inflationärer Prosperität voran, bis die Beziehung zwischen dem tatsächlichen Maß an produktiver Akkumulation und der Gesamtakkumulation einen kritischen Punkt erreicht. Dieser Punkt liegt, grob gesagt, dort, wo die weiteren Versuche, durch Kreditexpansion annähernde Vollbeschäftigung aufrecht zu erhalten, zu einer steigenden Rate der Inflation führen muß, einer Beschleunigung der Inflation von einer Art, die zu einem baldigen allgemeinen Kollaps des gesamten Systems führt.“
Wie haben nun den Endpunkt dieses Modells erreicht. Wir befinden uns in der Inflations-/ Deflationsphase einer generellen Zusammenbruchskrise des gesamten Systems dieses Planeten. Wie Rosa Luxemburg gezeigt hat, ist eine Krise dieser Art das unvermeidliche Ergebnis eines imperialen Systems. Der Imperialismus führt unvermeidlich zu einer wirtschaftlichen Zusammenbruchskrise, wie wir sie heute erleben.
Dieses antike Modell des Imperialismus arbeitete schon immer nach genau dem gleichen System. Das Empire wird, um die Illiquidität seiner akkumulierten fiktiven Schulden auszugleichen, versuchen, diese Schulden durch die Plünderung der Ressourcen und der Produktion des unterentwickelten Sektors zu bedienen, die Volkswirtschaften dieser faktischen Kolonien in Fabriken von Liquidität zu verwandeln, um die Masse der fiktiven Schulden zu retten. Indem es das tut, wird das Empire den gesamten verbliebenen produktiven Reichtum aufbrauchen und ihn in die Rettung der inflationierten Schulden lenken, weg von den notwendigen Reinvestitionen in die Mittel zur Reproduktion der Quellen dieses materiellen Reichtums.
Aus diesem wirtschaftlichen Kreislauf gibt es keinen Ausweg - außer dem Untergang.
Wie Lyndon LaRouche in seinem Internetforum am 1. August hervorhob: „Wir hatten ein Hochschießen der Menge der finanziellen Zahlungsverpflichtungen. Wir hatten auch eine Steigerung der Finanzaggregate. Nun sind wir in eine Periode eingetreten, in der, wie Sie sehen, diese Werte, diese Finanzaggregate zu fallen beginnen. Dieser Rückgang der Finanzaggregate, der erst in letzter Zeit begonnen hat, ist der Beginn der Zusammenbruchskrise... Entweder bringen wir dieses Problem in Ordnung, wie ich es beschrieben habe, oder wir werden als Nation nicht überleben...
Sehen Sie: Hier sind wir. Gehen Sie zurück ins Jahr 2007, als ich meine Vorschläge für eine Reform machte. Ich sagte, wir schlagen eine Reform vor auf der Basis der Autorität der Verfassung der Vereinigten Staaten. Das hätte funktioniert. Jeder, der intelligent ist, der das System versteht, weiß, daß das, was ich damals vorgeschlagen habe, funktioniert hätte. Wir wären heute nicht in diesem Schlamassel!
Wer zum Teufel hatte diese Idee? Daß man die USA für Verpflichtungen, die sie gar nichts angehen, in Schulden stürzt? Um London zu retten, um das internationale Währungssystem zu retten? Auf Kosten der USA! Für ein internationales Geldkartell die USA und ihren Staatsschatz zu plündern! Was heißt ,Bailout’? Wer soll gerettet werden? Haben wir unsere Industrie gerettet? Haben wir unsere Autoindustrie gerettet, sie für andere nützliche Produktion umgerüstet? Haben wir die amerikanischen Farmer gerettet? Haben wir die Infrastruktur und die Städte gerettet? Wer war es denn, dem wir aus der Patsche geholfen haben?
Wir haben den Londoner Bankern und ihren Zweigstellen in New York aus der Patsche geholfen. Wir schulden ihnen gar nichts. Wir haben nur zufällig eine Regierung, die so etwas behauptet.
Dies ist unsere Nation. Und das Konkursgesetz unserer Nation ist unsere Autorität. Wenn ich Präsident wäre, würde ich dem gleich jetzt ein Ende setzen. Und ich bin mir sicher, daß ich dafür die Unterstützung der großen Mehrheit der amerikanischen Bürger bekommen würde, sehr schnell, einfach, indem ich deutlich mache, was ich zu tun beabsichtige: nämlich das Ganze einem Konkursverfahren zu unterziehen. Sie werden weiterleben. Wir werden Sie nicht umbringen, wie es Obama tut. Wir werden ihnen nicht die Krankenversorgung wegnehmen, wir werden nicht versuchen, Ihren Tod zu beschleunigen, wir werden nicht versuchen, Sie dazu zu bringen, daß Sie sich selbst umbringen. Sie werden leben. Sie werden Arbeit haben. Wir werden unsere Industrien wieder aufbauen. Wir werden diese Drecksschulden streichen! Die wir von vornherein gar nicht schuldeten. Nur einige Landesverräter und andere Abtrünnige haben uns diese Schulden aufgehalst. Sie sind nicht real. Wir schulden sie nicht. Wir werden zu einem Kreditsystem zurückkehren...
Kommen wir gleich zum Kern dieser Frage. Was ist die Zukunft für die Menschheit? Was ist unsere Beziehung zur Zukunft der Menschheit? Was muß sie sein? Und nehmen Sie das als Ausgangspunkt. Ich bin mir sicher, daß dies der einzig gangbare Weg ist.“