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Aus der Neuen Solidarität Nr. 3/2009 |
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Buchbesprechung. Jeffrey D. Sachs, “Common Wealth. Economics for a Crowded Planet”, dt: „Wohlstand für viele. Globale Wirtschaftspolitik in Zeiten der ökologischen und sozialen Krise“, Siedler, München, 2008, 480 S., 24,95 Euro.
Da ein Ökonom heutzutage gute Chancen auf den Wirtschaftsnobelpreis hat, wenn seine Theorien völlig inkompetent sind und wenn er dabei möglichst noch für wirtschaftlichen Massenmord wirbt, dürfte Jeffrey Sachs ein aussichtsreicher Kandidat sein. Auch wenn er sich in letzter Zeit als „mitfühlender Liberaler“ gibt, erfüllt der derzeitige Chef des „Earth Institute“ sämtliche Voraussetzungen. Das fängt an bei seiner maßgeblichen Rolle bei der Umwandlung Boliviens in eine Kokain-Wirtschaft in den achtziger Jahren und bei der Durchsetzung der mörderischen „Schocktherapie“ in Rußland und Polen in den neunziger Jahren. Die Inkompetenz der Theorien in seinem neuesten Buch rundet das Bild ab.
Beginnen wir mit seinem folgenden, offenbar ernst gemeinten Vorschlag aus dem Schlußkapitel „Globale Problemlösung“ dieses Buchs:
„Mit der jüngsten Veröffentlichung der Liste der reichsten Menschen der Welt im Forbes-Magazin wird das Augenmerk auf eine neue Aussicht gelenkt. Forbes zufolge gibt es jetzt auf der Welt etwa 950 Milliardäre, mit einem Vermögen von insgesamt 3,5 Billionen Dollar... Selbst wenn alle Yachten, Villen und Luxusleben, das man für Geld kaufen kann, mehrfach bezahlt sind, werden diese Milliardäre jährlich immer noch fast 3,5 Billionen Dollar haben, um die Welt zu ändern. Gesetzt, sie würden ihr Vermögen zusammenlegen... Nach den üblichen, konservativen Prinzipien der Stiftungsverwaltung würde ein Stiftungsvermögen von 3,5 Billionen bei einer Verzinsung von 5% einen Ertrag von etwa 175 Mrd. Dollar abwerfen, eine Summe, die ausreichen würde, allen Armen der Welt eine Mindestkrankenversorgung zu bieten, die riesigen AIDS-, TB- und Malaria-Pandemien zu bekämpfen, eine Grüne Revolution in Afrika in Gang zu setzen, die Digitale Kluft zu überwinden und sich um den schreienden Bedarf an sauberem Trinkwasser für eine Milliarde Menschen zu kümmern.“ (Eigene Übersetzung aus dem englischen Original)
Dieser Mann ist offensichtlich nicht ganz bei Trost.
Erstens: Hat Sachs denn nicht bemerkt, daß sich das ganze Finanzsystem, mit allen seinen Milliardären, gerade in Luft auflöst? Diese Kernschmelze hat, konservativ geschätzt, bereits mehrere Billionen Dollar an Papierwerten vernichtet und verheert jetzt auch die Realwirtschaft der Welt, weil produktive Aktivitäten in aller Welt eingestellt werden müssen. Nicht nur Sachs’ Milliardäre verschwinden derzeit, auch die Güter und Dienstleistungen, die man bräuchte, um den Ärmsten und allen übrigen aus ihrer Not zu helfen. Diese Not greift immer weiter um sich, selbst wenn mehr „Geld“ im Umlauf ist, wobei es sich größtenteils ohnehin um ungedeckte Schulden handelt.
Sachs’ blinder Glaube an das „Geld“ ist ein fundamentaler Fehler in seiner Analyse - nicht nur bei diesem Don-Quixote-artigen Vorschlag. Er mißt Fortschritt immer nur in Begriffen von Geld, und wenn er Umverteilung fordert, denkt er auch nur an Geld. So meint er beispielsweise, man könne die wirtschaftliche Aktivität messen, indem man „das Durchschnittseinkommen pro Person mit der Anzahl der Menschen multipliziert“! Was eine Wirtschaft tatsächlich erfolgreich macht, davon hat er offenbar keine Ahnung.
Zweitens: Warum sollte man reichen Privatpersonen ein Recht geben, über ihre Stiftungen Regierungen und Völkern Vorschriften zu machen? Sein Vorschlag wäre im Grunde ein Rückfall in den Feudalismus, besonders in einer Zeit, in der unter dem grassierenden Monetarismus eine Menge Geldpiraten durch Spekulation und andere schädliche Aktivitäten reicher wurden als viele Regierungen. Sachs will souveräne Regierungen abschaffen und durch Nichtregierungsorganisationen (NGOs) ersetzen - und das bedeutet faktisch eine Diktatur des privaten Kapitals, das diese NGOs finanziert.
Drittens betrachte man einmal die Einstellung und den Charakter dieser Leute, an die Sachs appelliert, „die Armen zu retten“. Ein Beispiel ist George Soros, der sich nicht dafür schämt, daß er in seiner Jugend mit den Nazis bei der Judenverfolgung kollaborierte. Ein anderes ist die Rockefeller-Stiftung, in der Sachs die großartigste Nichtregierungsorganisation des 20. Jahrhunderts sieht. Es stimmt zwar, daß von der Rockefeller-Stiftung unterstützte Wissenschaftler zur „Grünen Revolution“, die in den siebziger Jahren die landwirtschaftliche Produktivität stark verbesserte, wesentlich beigetragen haben. Die Stiftung war und ist aber auch eine der treibenden Kräfte hinter der unablässigen und leider ziemlich erfolgreichen Kampagne für eine neue, malthusianisch-menschenfeindliche Ethik in aller Welt.
Über einen Großteil seines Buches hinweg gibt Sachs sich ausgesprochen menschenfreundlich: Er verurteilt die reine Freihandels-Ideologie und den Unilateralismus, er fordert Hilfe für die Armen durch Medikamente gegen AIDS und andere Maßnahmen, und er fordert eine Wiederbelebung der „globalen Zusammenarbeit“. Aber er geht von Grundannahmen aus, die auf das Gegenteil hinauslaufen, und Inkompetenz ist dafür keine Entschuldigung.
Sachs sieht die Menschheit bedroht durch vier Krisen, und die ersten beiden davon zeugen unmittelbar von einer malthusianischen Sichtweise.
Nummer eins ist die Behauptung, daß die Menschen die Ökosysteme der Welt zu sehr belasten und so eine verheerende globale Erwärmung verursachen. Tatsächlich ist die anthropogene Erklärung der globalen Erwärmung (falls das Phänomen überhaupt existiert) wissenschaftlich betrachtet völliger Unsinn, und sie dient nur als Vorwand, wissenschaftlichen und technischen Forschritt zu verhindern, was mörderische Folgen hat. Der Mensch ist für die Erde keine Zumutung, sondern ihr rechtmäßiger Besitzer, und er hat Zugang zu wissenschaftlichen Erkenntnissen, um sie immer besser zu beherrschen und ihre Bedingungen für die kommenden Generationen zu verbessern.
Würde der Mensch versuchen, die Umwelt immer weniger zu beeinflussen, wie es Sachs und sein Oberclaqueur Al Gore fordern, so wäre das ein todsicheres Rezept für Rückschritt für den Planeten und die gesamte Menschheit.
Die zweite Krise, die Sachs aufzählt, ist die malthusianische Schlußfolgerung aus der ersten: Er sagt, die Weltbevölkerung wachse zu schnell, insbesondere in den ärmeren Teilen der Welt. Da er sich liberal gibt, vertritt Sachs die Linie, man müsse das Bevölkerungswachstum durch „freiwillige“ Maßnahmen beschränken, damit die Weltbevölkerung sich bei etwa acht Milliarden Menschen „einpendelt“. Aber die wirtschaftlichen Bedingungen, die seine Methoden der Weltwirtschaft aufzwingen würden, bedeuteten einen dramatischen Anstieg der Sterberate, der alles andere als „freiwillig“ wäre.
Daß die mögliche Bevölkerungsdichte von der Fähigkeit des Menschen bestimmt ist, sein Wissen und seine Herrschaft über das Universum auszuweiten, das scheint Sachs niemals in den Sinn gekommen zu sein. Deshalb hält er Afrika, das in Wirklichkeit massiv unterbevölkert ist, für „überbevölkert“. Daß Afrika nur deshalb in Not ist, weil dem Kontinent die erforderliche moderne Technik und Infrastruktur zur Versorgung einer wachsenden Bevölkerung vorsätzlich verweigert wird, das verschweigt er.
Sachs behauptet auch, ein schnelles Bevölkerungswachstum führe zu Kriegen, weil es angeblich zu einem „Überhang“ junger Männer komme, die dann - dies erinnert an Samuel Huntingtons Logik vom Kampf der Kulturen - Kanonenfutter für extremistische Bewegungen werden, welche den Frieden zerstören.
Das ist alles Unsinn. Hätte Sachs die Bevölkerungszunahme beispielsweise in den Vereinigten Staaten im 19. Jahrhundert richtig verstanden, dann wüßte er, daß ein rasches Bevölkerungswachstum und wirtschaftlicher Fortschritt einander keineswegs ausschließen. Der Unterschied zu heute ist, daß den schnell wachsenden Nationen die Möglichkeit genommen wird, ihre Technologie und ihre Bevölkerungen zu entwickeln - und zwar von eben jenen Finanzinteressen, an deren Philanthropie Sachs so eifrig appelliert.
Ist Jeffrey Sachs nur naiv oder bösartig, oder beides? Es lohnt nicht, darüber zu diskutieren. Um die verheerende Armut auf der Welt zu beheben, brauchen wir vielmehr weltweit ein Kreditsystem schaffen mit souveränen Nationalstaaten, die dem Gemeinwohl der Menschheit verpflichtet sind. Dieser Vorschlag LaRouches liegt auf dem Tisch, und alles andere ist gefährliche Ablenkung.
Nancy Spannaus
Lesen Sie hierzu bitte auch: George Soros und die zwangsoffene Gesellschaft - Neue Solidarität 28/2008 Dr. Liu über das Versagen der IWF-Schuldenpolitik - Neue Solidarität 45/2002 |
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