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Neue Solidarität
Nr. 21, 20. Mai 2009

Lettland wehrt sich gegen die Heuschrecken

Der lettische Premierminister Valdis Dombrovskis lieferte am 8. Mai mit seinen Angriffen auf die rüden Methoden der schwedischen Banken Material für eine Pecora-Kommission zur Untersuchung der Hintergründe der Finanzkrise. Diese Banken beherrschen heute den lettischen Finanzmarkt und nutzen diese Vormachtstellung aus, um rücksichtslos Konten von Unternehmen zu sperren oder verpfändete Häuser zu enteignen. „Fast alle Geldflüsse werden in die Rückzahlung von Schulden gelenkt, ohne irgendwelche Rücksicht auf Steuerzahlungen und ähnliche Dinge“, sagte Dombrovskis gegenüber der nationalen schwedischen Nachrichtenagentur TT. Am 11. Mai wiederholte er seine Kritik an den schwedischen Banken in Stockholm. Die lettische Finanzaufsicht untersucht die Methoden der Banken und geht weiteren Beschwerden nach.

In einer Pressekonferenz zusammen mit dem schwedischen Premierminister Fredrik Reinfeldt sagte Dombrovskis: „Damit sich jemand unverantwortlich Geld leihen kann, muß ihm jemand unverantwortlich Geld borgen, und da kommen die schwedischen Banken ins Spiel.“

Lettland wird derzeit einem brutalen Sparprogramm des IWF unterzogen. Das Ziel des Programms ist es, die Bindung des Lat an den Euro aufrecht zu erhalten, denn mehr als 80% der Inlandsschulden sind in Euro ausgewiesen. Eine Abwertung des Lat würde daher zu massiven Ausfällen und Verlusten führen und wahrscheinlich die schwedischen Banken ruinieren. Die schwedische Regierung hat bereits 1 Mrd. $ ausbezahlt und auch den größten Teil des 8 Mrd. $ schweren IWF-Pakets getragen. Dieses Paket verlangt, daß die Gehälter der Staatsbediensteten um 35% gekürzt werden, daß bis 2013 die Hälfte aller Krankenhäuser geschlossen werden, und ähnliches. Dafür erlaubt der IWF ein Defizit von 7% (gegenüber bisher 5%), und für diese „Hilfe“ mußte sich Dombrovskis bei den Schweden noch bedanken.

Im ersten Quartal kollabierte die lettische Wirtschaft um 18%, die Industrieproduktion brach um 22% ein und der Einzelhandel um 34%. Diese Zahlen veranlaßten einen Vertreter einer weiteren „Heuschrecke“, den Chefanalysten der Danske Bank Lars Christensen, zu der Bemerkung: Das ist schlimmer, als wir es uns in unseren schlimmsten Phantasien vorstellen konnten. Lettland wird keine Chance haben, sein Defizit auf 7% des BIP zu begrenzen - wir glauben, es wird eher bei 15% liegen.“ Dagens Nyheter zitierte Christensen zum gegenwärtigen Programm des IWF: „Es ist nicht genug. Sie müssen alles völlig neu mit dem IWF aushandeln.“

Die Zeitung erwähnte dabei weder den Aufruf zu „Pecora“-Anhörungen des schwedischen Parlaments, den Mitglieder der LaRouche-Bewegung in Schweden an alle schwedischen Medien verbreiteten, noch die unverantwortlichen Praktiken der schwedischen Banken in den baltischen Staaten oder den heutigen Verbleib des strukturierten und verbrieften Schulden.

Die skandinavischen Medien versäumten es auch, über die vernünftigere Haltung der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel in dieser Frage zu berichten. Als Premierminister Dombrovskis am 30. April Merkel in Berlin aufsuchte, brachte sie nach Angaben der offiziellen Presseerklärung der lettischen Regierung „ihre Position zum Ausdruck, daß angesichts der derzeitigen wirtschaftlichen Lage, in der sich die Rezession auf 12% des BIP gegenüber der am Ende des vergangenen Jahres erwarteten Rezession von 5% beläuft, es ziemlich unmöglich erscheine, daß Lettland die Ende letzten Jahres in der Vereinbarung mit seinem internationalen Kreditgeber übernommenen Verpflichtungen erfüllen kann. Die deutsche Kanzlerin betonte, die obige Vereinbarung sei unrealistisch und man könne von Lettland nicht verlangen, sie zu erfüllen, ohne die Änderungen der wirtschaftlichen Lage Lettlands zu berücksichtigen. Dr. Merkel bemerkte, Deutschland werde eine vernünftige Lösung und eine Änderung der Bedingungen für einen internationalen Kredit an Lettland unterstützen.“

Die rüden Methoden der schwedischen Banken in Lettland wurden vom schwedischen Fernsehen in einem Dokumentarfilm mit dem Titel „Die Banken-Falle“ gezeigt. Darin berichtete ein weinender ehemaliger Bauer, wie die Bank ihm befohlen habe, seine Kühe zu schlachten, weil er seinen Kredit nicht zurückzahlen konnte. Nun steht der neugebaute Stall des Bauern leer und nützt niemandem - weder dem Bauern, der seine Kühe verlor, noch der Bank, noch einem potentiellen Käufer des Hofes.

Ulf Sandmark