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Aus der Neuen Solidarität Nr. 8/2008

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Technologie vernichtet Arbeitsplätze? Pustekuchen!

„Neue Politik“ in Bayern

Mit einer Aktionswoche beteiligte sich die LaRouche-Jugendbewegung an der Mobilisierung der BüSo für das Münchner Magnetbahnprojekt. Karsten Werner berichtet.

Um die aktuelle Transrapid-Debatte in München auf eine höhere, kompetente Ebene zu stellen, ist es hilfreich, das Augenmerk auf eine Bemerkung zu richten, die Dr. Nino Galloni, seines Zeichens Wirtschaftswissenschaftler und ehemaliges italienisches Regierungsmitglied, zu Ende der Transrapid-Konferenz machte (siehe Leitartikel dieser Ausgabe).

Er betonte ausdrücklich, daß es ohne Technologie gar keine Wertschöpfung gebe. Im Klartext: Nicht das Geld schafft die Technologie, sondern umgekehrt!

Ohne diesen zentralen Punkt zu verstehen, ist jede Debatte um die geplante Transrapidstrecke zwischen dem Münchner Hauptbahnhof und dem Flughafen genauso hoffnungslos wie das Unterfangen, einem Kind das Fahrradfahren ohne Fahrrad beizubringen! Man verliert sich in einem ewig andauerndem Schachspiel mit Pro- und Kontra-Argumenten wie den ach so hohen Kosten, dadurch fehlende Bildungsinvestitionen, die viel zu kurze Streckenlänge und der hanebüchenen Behauptung, der Transrapid sei eine veraltete Technik.

Zum Glück ist weder das wahre Leben noch der menschliche Geist so flach und logisch strukturiert wie ein Schachbrett.

Der Transrapid - eine Lektion in Wirtschaftswissenschaft…

Vereinfacht dargestellt, kann ein produktiv arbeitender Mensch, z.B. ein Landwirt, mit Hilfe neuer Technologie, man denke an die Einführung der Elektrizität, auf einen Schlag statt 10 Menschen 50 ernähren. Damit hat er, in realwirtschaftlichen Maßstäben gerechnet, nicht nur seine eigene Produktivität verfünffacht, sondern eben auch seinen „Kapitalwert“ immens gesteigert, denn er vereint nun in einer Person die Produktivkraft, die zuvor durch 5 Landwirte gestellt wurde. Derselbe Bauer ist also „mehr Geld wert“ - nicht, weil er seine Beschäftigten zu Hungerlöhnen bezahlt oder gar wie Leibeigene versklavt hat, sondern weil er seinen Kraftaufwand von reiner Handarbeit in den kognitiven Bereich verlegt hat. Es ist daher Aufgabe der Politik, Entwicklungen dieser Art so weit wie möglich zu unterstützen und Entgegengesetztes zu vermeiden. (Allein der Anblick der internationalen Heuschreckenplage durch Hedgefonds u.ä. schreit ja geradezu nach einem Kammerjäger!)

Unter den unzähligen dynamischen Effekten, die speziell „revolutionäre“ Technologien hervorrufen, gehört die Erleichterung der Arbeiterschaft und damit die Schaffung freier Energie („Freizeit“). Diese gibt den Freiraum und damit das Potential, wiederum neue Technologien zu erfinden, die auf Entdeckung und Anwendung universeller physikalischer Prinzipien beruhen. Wir haben es also mit einem sich selbst antreibenden Prozeß zu tun, bei dem zwei gesetzmäßige Vorgänge auftreten: einerseits kann ein immer größerer Prozentsatz der Weltbevölkerung an dem geschaffenen Wohlstand teilnehmen, und andererseits erhöht sich durch die steigende Produktivkraft das Potential der Menschheit selbst, wobei letzteres von Lyndon LaRouche als der meßbare Anstieg der relativen potentiellen Bevölkerungsdichte definiert wurde. Der zugrundeliegende Prozeß hierbei ist sowohl dynamisch als auch anti-entropisch.

Doch halt! Woher kommen eigentlich die Entdeckungen selbst? Natürlich nur vom kreativen Denkprozeß eines einzelnen, souveränen menschlichen Geistes. Demzufolge ist es Hauptaufgabe des Staates, jene Geisteskräfte in den Menschen herauszubilden, die der Bestimmung der Menschheit zuträglich sind.

Damit hat sich das Thema „lieber das Geld in Bildung investieren“ auch schon wieder verflüchtigt, denn ohne Ausbildung des menschlichen Geistes ist dem vorher Gesagten der Teppich unter den Füßen weggezogen - ohne Bildung keine ausgebildeten Facharbeiter, Produktivkräfte, Forschung, kurz - eine solche Gesellschaft wäre über kurz oder lang dem Untergang geweiht.

Wenn man den Transrapid von diesem Winkel her neu beleuchtet, wird klar, daß wir es hier nicht mit einer linearen Verbindung von A nach B zu tun haben, sondern einem Element, welches potentiell die gesamte (Real-)Wirtschaft auf ein höheres Niveau katapultieren könnte, indem zunehmend von dem unterlegenen Rad-Schiene-System auf das größtenteils verschleißfreie Magnetschwebesystem umgestellt wird, welches schon rein technisch gesehen schneller, raumsparender und auch leiser ist als herkömmliche ICE-Züge.

„Ja ja! Das weiß doch jeder vernünftige Mensch, aber die Masse ist doch gegen den Transrapid in München!“

Falls Ihnen das gerade durch den Kopf geschossen ist, dann kann ich Sie getrost beruhigen: dem ist nicht so! Die Bevölkerung verlangt geradezu nach jemanden, der das verhaßte Schachbrett, in dem nur statisches Für und Wider existiert, über den Haufen wirft.

...hinein in die Praxis

Diese Erfahrung machten ein Dutzend Mitglieder der LaRouche-Jugendbewegung, die sich vorgenommen hatten, in den Tagen vor der BüSo-Konferenz Bayerns Landeshauptstadt in Fahrt zu bringen. Zwar war die meistgehörte unmittelbare Reaktion tatsächlich „Seid's ihr für oder gegen den Transrapid?“, jedoch war die Ablehnung gegenüber dem Münchner Projekt nur oberflächlich. Nahezu alle bekundeten ihre Unterstützung der Magnetschwebebahntechnik im Allgemeinen, winkten aber dann mit den bereits oben genannten Argumenten ab.

Als beste Methode, eine offene und wahrheitsgetreue Debatte herbeizuführen, erwies sich wieder einmal der Chor, der im Dreiklang die Herzen öffnete: „Entwicklung mit dem Transrapid! Mit dem Transrapid fliegt Deutschland über die Merkel hinweg - wir brauchen keine kleinen Schritte mehr!“ Gassenhauer dieser Art und klassische Lieder sorgten für einige Lacher und erstaunten die Zuhörer. Zur besseren Erkennbarkeit trugen wir die aus der dänischen Kampagne importierten Magnetbahn-Hüte.

Natürlich hatten wir es vor allem auf die jüngere Generation abgesehen, die uns mit einiger Skepsis entgegentrat. So etwas hatten sie schließlich noch nicht gesehen - Schilder, auf denen Botschaften wie „Was ist schlimmer als Bush/Cheney? Schwarzenegger & Bloomberg!“ prangten. Nicht wenige kamen mit der zehntausendfach verteilten Broschüre „Bauen wir die Weltlandbrücke“ zurück, um uns konkrete Fragen zu stellen, ohne sich jedoch der eigenen historischen Verantwortung im Klaren zu sein. Das liegt größtenteils an den Illusionen, die die Studenten über ihr Studium und die Folgezeit angesammelt haben, in denen für weltbewegende Themen wie Finanzkrach, Faschismusgefahr und die Eurasische Landbrücke kein Platz ist. Als Antwort darauf bewies sich dann die Schlagkraft des LYM-Dossiers „Steckt der Teufel in deinem Laptop?“, welches den Grund für die politische Apathie in der jungen Generation mehr als deutlich macht.

Doch der tatsächliche Durchbruch kam einen Tag vor der Konferenz - mit einer Kundgebung auf dem Marienplatz, direkt vor dem Rathaus. Ausgerüstet mit einer Bühne inklusive Lautsprechern und passendem Transrapid-Modell, frei nach dem Motto „Von München nach Peking“, hielten wir eine mehrstündige Veranstaltung ab, die alles andere als ordnungsgemäß verlaufen sollte. Chorgesang und kurze Redebeiträge wechselten sich ab, wobei sich das „wandernde Mikrofon“ als der Clou erwies; hier konnte nun der Bürger nicht nur seinen Senf zur obligatorischen Weißwurst geben, sondern mußte auch damit rechnen, daß sein Nachbar ihm das Gegenteil beweisen würde. So kam es zu einigen herrlichen Dialogen, die zu beschreiben mir leider schwerfallen würde. Als die Redner auf der Bühne gleichzeitig Rede und Antwort standen, konnte man eine konzentriert zuhörende Menge beobachten, die dann auch beim nebenan befindlichen Büchertisch ankamen. So kam es zeitweilig zur totalen Überflutung des Informationsstandes, wobei wiederum Diskussionen unter den Bürgern entstanden.

Das ist die „neue Politik“, die nur in existentiellen Krisen möglich wird: Menschenmengen, die nach Ideen lechzen, mit selbigen zu versorgen.

Karsten Werner

Lesen Sie hierzu bitte auch:
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