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Aus der Neuen Solidarität Nr. 7/2008

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Ein Weltsystem im Zusammenbruch

Von Lyndon LaRouche
- 29. Januar 2008 -

Lyndon LaRouche beantwortete den nebenstehenden Artikel von General Iwaschow mit dem folgenden Aufsatz.

Die folgende Schrift richtet sich an ein breites internationales Publikum, ihr Anlaß ist aber eine Erklärung von Generaloberst Leonid Iwaschow, Präsident der Russischen Akademie für geopolitische Probleme, vom 26. Januar 2008.

Man muß betonen, daß die gesamte Erde derzeit von der Dynamik einer allgemeinen Zusammenbruchskrise erfaßt ist, einer Zusammenbruchskrise des gesamten Weltfinanz- und -wirtschaftssystems. Kurz gesagt, es gibt keine Volkswirtschaft, die letztlich nicht gleichermaßen von der jetzt heraufziehenden, schlimmsten Katastrophe der Weltgeschichte seit dem „finsteren Zeitalter“ im Europa des 14. Jahrhunderts bedroht wäre. Wenn eine der großen Wirtschaftsmächte der Erde untergeht, werden alle Volkswirtschaften der Welt im gleichen Sog untergehen. Lösungsmöglichkeiten für diese Situation sind verfügbar, vorausgesetzt, man kann sie in der sich dafür bietenden kurzen (und sehr heftigen) Periode erkennen und umsetzen.

Wenn heute den meisten Regierungen der Welt die Kompetenz fehlt, diese Lage zu beurteilen, liegt das vor allem an der Tendenz, die aktuellen Krisenerscheinungen aus Sicht ihrer früher übernommenen wirtschaftlichen und verwandten sozialen, politischen und kulturellen Dogmen falsch auszulegen. Wenn nicht wenigstens einige maßgebliche Regierungen diese verbreiteten, eingefahrenen Fehler des Urteils korrigieren, ist sehr bald der ganze Planet zum Absturz in ein neues finsteres Zeitalter verurteilt.

Der interessanteste und bedeutsamste Aspekt bei den Fehleinschätzungen der meisten maßgeblichen Regierungen und Institutionen auf der Welt ist die gängige Tendenz, alle im Weltmaßstab wichtigen Entwicklungen aus Sicht einer cartesisch-mechanistischen Mannigfaltigkeit zu analysieren, statt solche Entwicklungen auf die einzig kompetente Weise zu beurteilen, nämlich nach der anticartesischen, dynamischen Methode von Gottfried Wilhelm Leibniz, die Bernhard Riemann noch treffender weiterentwickelt hat.1 Es geht nicht um kinematische Wechselwirkung zwischen verschiedenen Nationen; vielmehr muß man die Krise im ganzen als Gegenstand Riemannscher Dynamik des gesamten globalen realwirtschaftlichen (nicht monetären) Systems betrachten. Wenn die Bedeutung dieses Unterschieds nicht begriffen wird, kann das für alle Nationen, die diese konzeptionelle Korrektur nicht vornehmen, ein fatales Versäumnis werden.

1. Definition der Krise

Der Weg in die systemische Weltkrise in ihrer jetzigen Form begann in der Zeit von 1865-77 mit der langfristigen Reaktion des britischen Empire auf den Sieg der Vereinigten Staaten unter Präsident Abraham Lincoln, der Lord Palmerstons Plan, die bewußt verräterischen sog. Konföderierten Staaten als britische Marionette zu schaffen und zu benutzen, zunichte gemacht hatte.2 Der Aufstieg der USA im Zuge des Baus eines transkontinentalen Eisenbahnnetzes usw. prägt die herrschende, globalstrategische sog. „geopolitische“ Doktrin seit damals, bis zum heutigen Moment der Weltgeschichte.

Der reale Hintergrund für Londons hysterische Reaktion auf Lincolns Sieg ist darin zu sehen, daß die weltweite Vorherrschaft der modernen europäischen Kultur in den wirtschaftlichen und verwandten strategischen Vorteilen maritimer Kulturen gegenüber landeingeschlossenen Wirtschaftsregionen wurzelte. Hier lag - bisher - der Vorsprung europäischer Kulturen, die auf antike, ozeanfahrende Seefahrerkulturen zurückgehen, von denen die Grundlage der europäischen Vormachtstellung herrührte. Die entscheidende Bedrohung des britischen imperialen Systems durch Lincolns Erbe lag in der Entwicklung der amerikanischen Wirtschaft als System transkontinentaler Eisenbahnen und Binnenwasserstraßen, vergleichbar dem Bau der europäischen Binnenwasserstraßen durch Karl den Großen früher.

Dieser bis heute anhaltende weltstrategische Konflikt führte zu einer Folge großer Kriege, worauf indirekt schon die von London gesteuerte Ermordung Präsident Abraham Lincolns hindeutete.3 Die wichtigsten Beispiele sind die Kriege des von der britischen Monarchie ausgeschickten Japan gegen China 1895-1945, der russisch-japanische Krieg, der eine Ausdehnung dieser Kriege gegen China war, die Balkankriege, die als Hebel dienten, um ganz Europa in den großen Krieg 1914-18 hineinzuziehen,4 die britischen Machenschaften, um die faschistischen Regime von Mussolini und Hitler an die Macht zu bringen, der große Krieg 1939-45 und Bertrand Russells Plan für den Kernwaffenkonflikt 1946-89.

In den USA selbst sind die maßgeblichen wirtschaftspolitischen und anderen Kräfte gespalten, im wesentlichen in Form des noch andauernden Konflikts zwischen der patriotischen Fraktion, wie sie Präsident Franklin Roosevelt verkörpert, und auf der anderen Seite der Schicht anglo-holländischer liberaler Finanzinteressen, vertreten durch implizit verräterische Präsidenten des 20. Jahrhunderts wie Theodore Roosevelt, Woodrow Wilson, Harry Truman, Richard Nixon u.a.

Die gegenwärtige amerikanische Regierung - die unter wesentlicher Beteiligung desselben George Shultz entstand, der schon 1971-72 unter Präsident Nixon die Beteiligung der USA an der Zerschlagung des Weltwährungssystems organisierte5 - stand immer unter der Kontrolle Londons. Bush selbst ist praktisch eine Puppe der britischen Fabianer-Kreise um Premierminister Tony Blair, genauso wie Shultz’ Marionetten Lynne Cheney und Vizepräsident Cheney. Selbst eine frühere Entzugsbehandlung macht aus dem jetzigen Präsidenten George W. Bush nicht mehr als ein bemitleidenswertes Werkzeug der Londoner Kreise, die hinter der Regierung Bush-Cheney stehen und auch hinter dem Plan für die Regierung eines Präsidenten Bloomberg, wie das jetzt die Londoner Shultz-Kabale anstrebt.

Im Mittelpunkt des Konflikts steht die Rolle anglo-holländischer liberaler Finanziers als heutige Ableger einer Fraktion der Britischen Ostindiengesellschaft (etwa um Lord Shelburne), die im Februar 1763 mit dem Pariser Frieden für ihre Finanzinteressen imperiale Macht erlangte, nachdem die Briten zuvor die führenden kontinentaleuropäischen Mächte im sog. „Siebenjährigen Krieg“ aufeinander gehetzt hatten. Diese anglo-holländisch-liberale Inkarnation neovenezianischer Finanzinteressen - die gleichen Kreise, die Hitler aufbauten und auf die Welt losließen - ist der Hauptfeind der Menschheit seit Februar 1763 bis zum heutigen Tag. Die Rolle des Prinzen von Wales, Edward Albert, ist nur ein Beispiel in diesem langen, weltweiten Prozeß, der sich vom Februar 1763 bis heute hinzieht.

London und seine törichten Sympathisanten in Amerika und Kontinentaleuropa versuchen jetzt, die USA durch wirtschaftlich-finanzielle Kriegführung zu ruinieren, um die Vereinigten Staaten als weltweiten Faktor überhaupt auszuschalten. Sollten die Briten und ihre Hofnarren auf dem europäischen Kontinent damit Erfolg haben, würde die ganze Welt in eine allgemeine (d.h. globale) finanzielle und wirtschaftliche Zusammenbruchskrise stürzen - eine Finanz- und Währungskrise, die vergleichbar, aber in ihren Folgen schlimmer wäre als der Untergang des Lombard-Bankhauses der Bardi.

Die Wurzeln des Imperiums

Um dieses Phänomen zu verstehen, brauchen wir eine verbesserte Sicht der Geschichte des Imperialismus in Europa. Unter „Europa“ sollte man die europäische Zivilisation verstehen, wie sie auf ein Seebündnis von Ägypten (d.h. Cyrenaica), Ioniern und Etruskern gegen Tyros etwa im 7. Jahrhundert v.Chr. zurückgeht. Die damals in Tyros konzentrierten imperialen Kräfte, gegen die sich die aufkommende europäische Kulturströmung herausbildete, stützten sich von Beginn an auf das „persische“ (oder babylonische) Modell, wie es zur Zeit von Demosthenes hieß, oder einfacher: „das oligarchische Modell“. Die Grundzüge dieses oligarchischen Modells sind in Der gefesselte Prometheus aus Aischylos’ Prometheus-Trilogie dargestellt.

Der wichtigste Ausdruck dieser Geschichte ist das Menschenbild, das von den christlichen Aposteln Johannes und Paulus als das Prinzip der Agape (Nächstenliebe) bekräftigt wurde. Auf der einen Seite steht das menschliche Individuum - „Mann und Frau“, wie es in der Schöpfungsgeschichte heißt -, das der mythische Prometheus in Schutz nahm. Auf der anderen Seite steht der erniedrigte Mensch, wie die Heloten in Lykurgs Sparta, die auf Geheiß des Apollo-Dionysos-Kults von Delphi, wie ihn der olympische Zeus in Aischylos’ Gefesseltem Prometheus verkörpert, entmenschlicht wurden.

Der große Feind des europäischen Imperialismus in allen seinen relevanten Formen seit dem Peloponnesischen Krieg war und ist die Vorstellung des souveränen Nationalstaates, wie sie in moderner Form in Nikolaus von Kues’ Concordantia Catholica zum Ausdruck gebracht und im Frankreich Ludwigs XI. und England Heinrichs VII. praktisch umgesetzt wurde. Das ist die Idee des Bürgers, die sich allgemein auf das Bild von Mann und Frau in der Schöpfungsgeschichte zurückverfolgen läßt. Das gleiche Menschenbild kommt grundsätzlich im Westfälischen Frieden von 1648 zum Ausdruck, und es ist auch das besondere Kennzeichen des amerikanischen Verfassungsrechts, was sich darin zeigt, daß man sich an Gottfried Leibniz’ Begriff des „Strebens nach Glückseligkeit“ hielt statt an die bösartige Lehre John Lockes, und daß Leibniz’ Prinzip als Grundsatz jeder legitimen Regierung in der Präambel der amerikanischen Verfassung verankert wurde.

Warum Amerikas Feinde und Verräter Roosevelt hassen

Diese konzeptionellen historischen Vorläufer wurden für heute in eine streng wissenschaftliche Form für das Völkerrecht zwischen Nationen gebracht, als US-Präsident Franklin Roosevelt seine Absicht beteuerte, am Ende des Kriegs alle Kolonien und Halbkolonien zu befreien. Er wollte die gewaltige Kriegsmaschine des Kampfes gegen Hitler umrüsten für den Aufbau einer weltweiten Ordnung souveräner Nationalstaaten, wodurch jeder Imperialismus verschwände - eingeschlossen der britische Imperialismus, wie Roosevelt Churchill offen erklärte.6 Unter Roosevelts Nachfolger, dem Churchill-Bewunderer Harry Truman, diente die US-Regierung jedoch den Interessen des britischen Imperialismus, und das blieb - der gegenteiligen Ausrichtung einiger US-Präsidenten wie Eisenhower zum Trotz - seither der vorherrschende politische Einfluß, in Form der führenden anglo-amerikanischen und mächtigen nominell „amerikanischen“ Finanzinteressen.

Franklin Roosevelt wußte, daß man die imperiale Hauptkraft - die anglo-holländischen liberalen Finanzinteressen, die das eigentliche „britische Imperium“ ausmachen - vernichten muß, um die USA zu befreien und wieder zu ihren eigenen Verfassungsgrundsätzen zu führen. Will man unter führenden US-amerikanischen Politikern einen Verräter oder auch nur ausgemachten Hohlkopf finden, so suche man nach denjenigen, die Präsident Franklin Roosevelts Werk bedauern oder den europäischen, besonders britischen Parlamentarismus dem amerikanischen Präsidialsystem, wie es sich unter Roosevelt bewährte, vorziehen würden.

Die verbreitete, ziemlich dümmliche Meinung, Imperien entstünden aus Nationalstaaten, war eine bedeutende Ursache großer Tragödien in der modernen wie auch der mittelalterlichen Geschichte Europas. Die Frage, wer oder was vermeintliche nationale Regierungen steuert, wird selbst in führenden Regierungs- und Akademikerkreisen kaum verstanden.

Es gibt heute nur ein Imperium von Weltrang: Das ist das britische Imperium; aber dieser Begriff ist nur richtig gebraucht, wenn man erkennt, daß dieses brutale Imperium nur das Gewand ist, das sich eine höhere, noch mächtigere Einrichtung umhängt - sozusagen eine bestimmte Art von „Schleimpilz“, den wir auch als globales finanzoligarchisches System bezeichnen. Der heutige Name für ein solches Weltimperium lautet „Globalisierung“ - der neue Turmbau zu Babel -, manchmal auch „Weltregierung“.

2. Globalisierung: Das tierische englische Empire

Aus der normalen Sicht kompetenter Naturwissenschaft liegt das Unterscheidungsmerkmal, das die menschliche Gattung von allen anderen niederen Lebensformen abhebt, im schöpferisch-geistigen Potential jedes einzelnen Menschen. Der soziale Austausch unter Menschen, die soziale Erfahrungen schöpferischer Beiträge einzelner Mitgliedern der Gesellschaft teilen, definiert die Kultur der menschlichen Gattung (allgemein) und auch jede spezifische Entwicklungsstufe einer aktiven Sprachkultur als etwas absolut anderes als alle Eigenschaften niederer Gattungen oder ihrer Unterarten.

Aus Sicht kompetenter moderner Naturwissenschaft ist eine solche spezifisch menschliche, soziale Form sich entfaltender Kultur Ausdruck eines physikalischen Prinzips des Universums, in einem ähnlichen Sinne wie das von Johannes Kepler entdeckte universelle Prinzip der Gravitation. Allerdings ist das natürliche Potential der menschlichen Gattung im Unterschied zu festen Modalitäten universeller Gesetzmäßigkeiten schöpferisch-kreativ, in dem Sinne, daß experimentell bestätigte universelle Naturprinzipien die wissenschaftliche Praxis antientropisch in einen höheren physischen Daseinszustand verwandeln.

Die Gesamtwirkung einer solchen naturwissenschaftlichen oder vergleichbaren Anhebung der Kultur auf einen höheren physischen oder kulturellen Zustand drückt sich hauptsächlich als Evolution der angesammelten kulturellen Erfahrung aus, verkörpert im Erbe einer Sprachkultur. Anders gesagt, es wäre mehr als absurd, und auch grausam, anzunehmen, man könne Wörterbücher unterschiedlicher Sprachkulturen einfach gleichschalten, indem man auf mechanistische Weise die Bedeutung einzelner Begriffe und Redewendungen definiert. So mögen die Ideen, die Völker unterschiedlicher Sprachkulturen entwickeln, zwar manchmal im Endeffekt zu den gleichen Grundideen führen, aber der Prozeß, wie sich Ideen in einer bestimmten Sprachkultur ausbilden, ist nicht der gleiche wie in einer anderen Sprachkultur. Für diejenigen, die sich kompetent mit dem Gebrauch der Sprache befaßt haben, definiert die gesamte eingebettete Geschichte der Entwicklung und Zusammenhänge des Sprachgebrauchs, wie man die ironischen Bedeutungen einer gebildeten zu äußern hat. Leute, die übertrieben viel „googeln“, bewegen sich eher auf einen tierischen als auf einen menschlichen Geisteszustand zu.7

Das wesentliche weitere Merkmal einer zivilisierten Sprachkultur liegt insbesondere darin, daß sie als Medium der Wechselwirkung mit anderen Kulturen dient. Nur durch die Entwicklung funktioneller Beziehungen unter den Benutzern verschiedener Sprachen läßt sich die menschliche Gattung vereinen, um gemeinsame Ziele zu erreichen. Wenn die souveräne Rolle einer spezifischen Sprachkultur nicht geschützt wird, wäre eine solche Entwicklung von Beziehungen unter den Kulturen nicht in vernünftiger Form möglich.

Die eben dargelegten Bemerkungen haben eine ganz besondere wissenschaftlich-funktionelle Bedeutung.

Die Fähigkeit der gesellschaftlichen Organisation, in der sich das menschliche Individuum befindet, das Äquivalent von Entdeckungen gültiger universeller Prinzipien zu erzeugen - zum Beispiel physikalische Prinzipien -, die es der menschlichen Gattung (oder einer bestimmten Gesellschaft) ermöglichen, ihre potentielle relative Bevölkerungsdichte qualitativ zu erhöhen, bezeichnet eine Abfolge geistiger Ereignisse, die grundsätzlich antientropisch sind. Dieses Verhalten, über das die sog. „tierische Intelligenz“ nicht verfügt, ist das Wesensmerkmal der menschlichen Gattung. Es ist die Erzeugung von Ideen, deren Wirkung in diesem Sinne antientropisch ist, was die menschliche Gattung vor allen anderen bekannten Arten unterscheidet. Die Art und Weise, wie sich Sprachen unter der Wirkung dieses antientropischen Prinzips entwickeln, ist die entscheidende Überlegung, um gesetzmäßig erstrebenswerte Beziehungen unter den jeweils souveränen Sprachkulturen der Menschheit zu definieren.

Das Entstehen einer spezifisch europäischen Kultur im Rahmen des Bündnisses von Ägypten, Ionien und Etrurien etwa im 7. Jahrhundert v.Chr. verdeutlicht diesen Punkt am passendsten.

Der eigentliche Ursprung Europas

Die Hauptkulturen der Menschheit am Ende von etwa 200.000 Jahren Vergletscherung großer Teile der Nordhalbkugel unseres Planeten waren Seefahrerkulturen, die mit Hilfe einer sich entwickelnden Astronavigation über die damals etwa hundert Meter niedrigeren Weltmeere zogen. Die wichtigsten ganz oder fragmentarisch überlieferten Kalender - aus der Zeit vor über 20.000 Jahren oder auch deutlich jünger - belegen die maßgebliche Rolle dieser Seekulturen. Als die Polkappen schmolzen, zogen die Kulturen der Seevölker in Küstenregionen und Mündungsgebiete großer Flüsse, so wie auch die ägyptische Kultur auf diese Weise aus dem Meer hervorging.

Dieses Wirken von Seekulturen auf Landgebiete nach der Gletscherschmelze bildete den speziellen kulturellen Rahmen, in dem die Hauptelemente der späteren wissenschaftlichen Kultur entstanden. Die Abhängigkeit von Erkenntnissen, wie sich das Universum über uns verhält, als Astronavigation und in anderer Form, machte die Vorstellung eines absolut universellen Systems möglich. Auf diesem Konzept, das mit ägyptischer Hilfe in der Tradition von Thales, Heraklit, den Pythagoräern und Platon zum Ausdruck kam, gründeten dann alle großen Errungenschaften der bekannten antiken, mittelalterlichen und modernen Zivilisation. Nikolaus von Kues’ damit zusammenhängende Entdeckung des großen ontologischen Irrtums nicht nur im Sophismus Euklids, sondern auch in Archimedes’ Quadratur des Kreises, ermöglichte dann die gesamte erfolgreiche Entwicklung der modernen Naturwissenschaft mit Leonardo da Vinci, Johannes Kepler, Fermat, Leibniz, Riemann u.a.8 Ohne eine Vorstellung des Universellen in diesem Sinn hätte eine wirkliche Naturwissenschaft nicht entstehen können.

Leider ist heute der Großteil dieser modernen Errungenschaft selbst in den entsprechenden wissenschaftlichen Lehreinrichtungen in Vergessenheit geraten.

Schuld am Verlust des Erbes der früheren kulturellen Entwicklung des Wissenschaftsbegriffs heute sind vor allem die Reibungseffekte des anglo-holländischen Liberalismus als imperialistische Kulturhoheit in der besonderen Form, die über den Einfluß des Venezianers Paolo Sarpi durchgesetzt wurde. Auf Sarpi geht die obszöne Praxis zurück, die im 17. und 18. Jahrhundert als Liberalismus oder Empirismus im aufstrebenden anglo-holländischen Liberalismus und Cartesianismus Einzug hielt.

Insbesondere seit den Napoleonischen Kriegen und dem Aufstieg des britischen Imperialismus zur Weltmacht wurde alles getan, das Wissen um die Grundlagen der modernen Naturwissenschaft, wie sie beispielhaft mit dem Werk von Nikolaus von Kues, Leonardo, Kepler, Fermat, Leibniz, Gauß und Riemann verbunden sind, zu unterdrücken. Der Anteil kompetenter Wissenschaftler unter Hochschulabsolventen und anderen wurde immer weiter gedrückt, hauptsächlich durch die Verbreitung immer radikalerer Formen des modernen liberalen Sophismus, wie etwa des Positivismus und der noch größeren geistigen Dekadenz, die sich Existentialismus nennt.

Für die Antwort auf die von General Iwaschow gestellten Fragen ist der entscheidende politisch-strategische Aspekt dessen, was ich eben zusammenfassend dargestellten habe, der folgende: Man kann das Problem des Imperialismus heute nicht kompetent behandeln, ohne zu bedenken, wieviel Absurdität sich in die Arbeit strategischer Denker eingeschlichen hat, weil sie nicht berücksichtigen, daß die meisten verantwortlichen Politiker heute nicht einmal mehr die Idee wirksamer Prinzipien des Universums kennen. Daher schafft die mythische, funktionell absurde Vorstellung vom Imperialismus als Produkt einer bestimmten nationalen Sprachengruppe ein Umfeld in maßgeblichen politischen Kreisen, in dem die Diskussion über entsprechende Fragen in eine tödliche Form selbstverschuldeter strategischer Torheit abdriftet.

Wie das britische Empire tötet

Um die wahre Identität und Natur des wahren brutal-britischen Imperiums aufzudecken, muß betont werden, daß die Finanzoligarchen gewöhnlich selbst keine Kriege führen; sie organisieren und finanzieren sie. Wie bereits im Krieg der Lombard-Banken im 14. Jahrhundert finanzieren die Banker gewöhnlich beide Seiten, um den Verlierer zu schröpfen und den Sieger in Schulden zu stürzen. So hat auch (vor allem) London Mussolini und Hitler an die Macht gebracht, und London versuchte auch die USA daran zu hindern, den Krieg gegen Hitler für Churchills Geschmack „zu früh“ zu gewinnen.

So haben, wie ich in früheren Veröffentlichungen betont habe, nach der Landung der Alliierten in der Normandie Churchills Leute den Sieg um Monate hinausgezögert - wie der lächerliche, aber brutale General Montgomery mit seinem Possenstück mit der Ersten Armee. So organisierten die Londontreuen rechten Finanziers und ähnliche Banden in den USA einen harten Vorstoß der Rechten gegen Franklin Roosevelt, und dieser Trick machte den Schurken Truman zum amerikanischen Präsidenten.

So zerstörte der Delphi-Kult das klassische Griechenland mit dem Peloponnesischen Krieg der Sophisten, genauso wie London in den 60er Jahren den Weg zur Zerstörung der USA durch den Mord an Präsident John F. Kennedy und den langen Krieg in Indochina von 1964-75 ebnete. Und ich habe auch Anfang 2001, Tage vor der offiziellen Amtseinführung von Präsident George Bush junior, öffentlich gewarnt, Bush sei völlig unfähig, mit der bereits beginnenden neuen Wirtschaftskrise fertig zu werden, und man müßte bald mit einem großen Terroranschlag rechnen, der einen ähnlichen Zweck hätte wie Görings Reichstagsbrand (nämlich, Hitlers Ernennung zum Diktator nach Carl Schmitts Gnaden zu ermöglichen). Die Reichstagsbrand-artigen Ereignisse vom 11. September 2001 ebneten den Weg für eine neue Phase des permanenten Krieges in Südwestasien, der inzwischen Pakistan erreicht hat, während dasselbe England, das über den MI-5 den Mau-Mau-Aufstand inszenierte, jetzt in Kenia wieder voll eingestiegen ist.

Wenn alle diese relevanten Einzelheiten der jüngsten Geschichte in Rechnung gestellt sind, können wir unsere Aufmerksamkeit dem Prinzip hinter solchen Ereignissen zuwenden.

Krieg als solcher ist nicht das wesentliche Mittel, mit dem die Oligarchen herrschen. Er ist ein Hilfsmittel. Das eigentliche Ziel des Oligarchen ist es, den Geist und die Leidenschaften der Bevölkerung zu steuern, indem er zwischen den Kräften, die sich sonst gegen die Oligarchie zusammenschließen würden, heftige Konflikte schürt. Wie in dem verlogenen Krieg, den die Regierung des (stets zu Glaubensänderungen bereiten) fabianischen britischen Premiers Tony Blair in Gang setzte, wird die „öffentliche Meinung“ so manipuliert, daß sich Teile der Bevölkerung gegenseitig an die Kehle gehen. Dadurch läßt sich die Bevölkerung leichter steuern und ausbeuten, und das ist das Wesen des Imperiums, wie es sämtliche Richtungen pro-oligarchischer Finanziers seit den alten Tagen delphischer Geldgeschäfte des Apollo-Dionysus-Kults erfüllt.

3. Eine dynamische Gruppe von Nationalstaaten

Leute, die sich zum Irrglauben an sogenannte „deduktive“ und „induktive“ Methoden haben hinreißen lassen, mißverstehen universelle Prinzipien als bloßen mechanistischen Ausdruck von „Wiederholbarkeit“. Wie Keplers Entdeckung der Gravitation als solcher, aber auch seine Entdeckung der harmonischen Ordnung hinter den quantifizierbaren Gravitationsgrößen zwischen den Planeten zeigen, liegt das Gravitationsprinzip „außerhalb“ der meßbaren Planetenbahnen. Es ist ein Prinzip, welches die Umlaufbahn in jedem kleinsten überhaupt vorstellbaren Intervall vorantreibt.

Anders gesagt, das Gravitationsprinzip besteht in einem Wirkprinzip, das jedes kleinste denkbare Intervall in Anspruch nimmt. Leibniz’ gesamte Entdeckung des Kalkulus gründet sich auf dieses Keplersche Konzept des ontologisch Infinitesimalen. Ähnlich hat jedes gültige universelle physikalische Prinzip - entgegen dem berühmten Betrug von Leonhard Euler u.a. in dieser Frage - immer die gleiche Qualität als ein universelles, ontologisches Infinitesimal. In Einsteins Begriffen umschließt ein wahres, physikalisch wirksames universelles Prinzip das Universum der Erfahrung, so daß wir uns das Universum antieuklidisch vorstellen müssen: ein Universum, das von allen Seiten endlich ist, weil es sich durch eine Vielzahl entdeckbarer universeller Prinzipien selbst begrenzt.

Alle annähernd gültigen Vorstellungen universeller Prinzipien (auch Universalien oder Typen) haben eine vergleichbare Qualität wirkender Existenz. Somit ist unser Universum, wie Einstein betont, endlich, indem die universellen Prinzipien, die seiner wirksamen Existenz zugrunde liegen, es gleichzeitig auch begrenzen.

Das gleiche Prinzip erscheint in besonderer Form in Wernadskijs Konzept von Biosphäre und Noosphäre. Dies sind universelle Prinzipien, wie Wernadskij das systemisch für die Chemie lebender Prozesse und für die Noosphäre beweist.

Diese Überlegungen aus dem naturwissenschaftlichen Bereich gelten auch auf noch umfassendere Weise für den Bereich der Ideen von Prinzipien. Diese Qualität von Ideen definiert die wahre Bedeutung einer Kultur. Wir müssen solche Ideen davor bewahren, von dem analogen Modus, in dem sie von Natur aus existieren, auf einen digitalen Modus herabgestuft zu werden, nur so lassen sich die mit der Kreativität einhergehenden menschlichen Geistesprozesse gegen Entmenschlichung verteidigen. Man muß diese wertvollen, empfindsamen Fähigkeiten, die den spezifischen Unterschied zwischen Mensch und Tier ausmachen, schützen, indem man statt digitaler analoge Funktionen fördert, denn sie sind der Ort jener Prozesse, die das natürliche schöpferische Potential des individuellen menschlichen Geistes ausmachen.

Schützen wir die Erfahrung, durch die in der praktizierten Kultur einer Gesellschaft Gedanken geboren werden, wie sie nur in den analogartigen, antientropischen Bereichen der Artefakte einer Sprachkultur wohnen.

Die Einheit scheinbarer Gegensätze

Die Dynamik, wie eine Gesellschaft sich selbst kulturell erfährt, ist der geeignete Schwerpunkt, um die Kultur einer Nation zu definieren. Das müssen wir verteidigen und seine Entwicklung fördern, um die Vielfalt kultureller Erfahrungen in einer bestehenden oder sich entwickelnden nationalen Kultur zu integrieren. Letztlich müssen die Ideen sämtlicher nationaler Kulturen so miteinander in Einklang gebracht werden, daß sie sich immer mehr einer gemeinsamen kognitiven Erfahrung annähern, aber das kann nur geschehen, indem die Einrichtungen der jeweiligen souveränen nationalen Kulturen das gemeinsame Interesse daran befördern.

Ohne einen solchen Ansatz hinsichtlich der Beziehungen in und zwischen den Kulturen kann es keine wirklich ökumenische Interessengemeinschaft unter den Nationen geben. Ohne eine solche Interessengemeinschaft sind die schöpferischen Fähigkeiten aller Teile der Menschheit beeinträchtigt oder gar aufgehoben, wie in dem Turm zu Babel namens „Globalisierung“.

Daraus ergibt sich für die Praxis folgendes:

Die jetzt in Gang befindliche globale Zusammenbruchskrise erfordert, daß wir unter einer effektiven Mehrheit von Nationen, die entweder souveräne Nationalstaaten im strengen Sinne des Wortes oder Anwärter auf wirkliche Souveränität sind, ein weltweites System der Zusammenarbeit errichten.

Die jetzt heraufziehende, umfassende, weltweite Zusammenbruchskrise verlangt vor allem von vier wichtigen souveränen Nationalstaaten eine initiierende Rolle: USA, Rußland, China und Indien; andere kommen hinzu. Unmittelbares Ziel ist ein System vertraglicher Vereinbarungen, wodurch die Verhältnisse zwischen den nationalen Währungen etwa auf dem gegenwärtigen Stand ganz oder annähernd eingefroren werden.

Diese Übereinkunft muß durch bestimmte weitere Maßnahmen gestützt und erweitert werden:

- ein neues internationales System fester Wechselkurse, das sich weitgehend mit den Absichten von Präsident Franklin Roosevelt für die Nachkriegszeit deckt;

- die Schöpfung umfangreicher internationaler Staatskredite für spezifische große Entwicklungsprojekte in und zwischen Nationen, nach Maßgabe ineinander geschachtelter Verträge mit Laufzeiten von einem Viertel- bis einem halben Jahrhundert, in manchen Fällen sogar länger. Der Titel einer solchen Kombination von Abkommen wäre „Die gemeinsamen Ziele der Menschheit“.

Viele dieser Projekte sind bereits direkt oder indirekt in der Diskussion. Davon sollten wir ausgehen und den Schwerpunkt auf grundlegende wirtschaftliche Infrastruktur legen. Nur ein solches Bündnis, das sich auf solche gemeinsamen wirtschaftlichen Ziele von Fortschritt und Sicherheit gründet, kann es uns ermöglichen, das heute bankrotte Weltfinanz- und -währungssystem in geordneter Weise zu reorganisieren. Unter den momentan herrschenden Bedingungen ist dies die einzige funktionierende Herangehensweise an die internationale Sicherheit.


Anmerkungen

1. Die Betonung liegt auf Riemanns Habilitationsschrift von 1854, so wie Albert Einstein diese und auch Keplers Hauptentdeckungen gewürdigt hat. Auf einer noch höheren Ebene wird dies in der Behandlung der Begriffe Biosphäre und Noosphäre durch das russische Akademiemitglied W.I. Wernadskij deutlich.

2. US-Präsident Abraham Lincoln unterschied zwischen den Verrätern unter den Agenten des britischen Außenamts in der Südstaatenführung und den Nachläufern, die aus „Loyalität“ zu ihrem Bundesstaat in den Konflikt hineingezogen wurden.

3. Die Morde an den US-Präsidenten McKinley und John F. Kennedy haben hinsichtlich der Betrachtungen in diesem Aufsatz eine verwandte globalstrategische Bedeutung.

4. Das Geheimabkommen des Reichskanzlers Bismarck mit Zar Nikolaus II., wonach sich Deutschland nicht in Machenschaften des einfältigen alten österreichischen Kaisers gegen Rußland in einem Balkankrieg hineinziehen lassen würde, war ein entscheidendes Motiv, warum Wilhelm II., der beschränkte Neffe des Prinzen von Wales, Bismarck entließ.

5. Und ebenso die Errichtung der faschistischen Pinochet-Diktatur in Chile, die nazistischen Massaker in Südamerika Anfang der 70er Jahre, der lange Krieg in Südwestasien (eingefädelt unter Leitung des britischen fabianischen Premiers Tony Blair) und der von den Briten gedeckte Coup, den Sohn eines österreichischen Nazis, Arnold Schwarzenegger, zum kalifornischen Gouverneur zu machen und 2009 den New Yorker Bürgermeister Bloomberg als Mussolini-artigen Präsidenten der USA einzusetzen.

6. Es sei daran erinnert, daß es mit dem Tod seines Hauptkomplizen, des erklärten Faschisten H.G. Wells, Bertrand Russell überlassen blieb, 1946 den Plan für einen „vorbeugenden Atomkrieg“ gegen die Sowjetunion anzustoßen, wozu sich Russell in der Ausgabe des Bulletin of the Atomic Scientists vom September 1946 selbst bekannte. Ende der 50er Jahre bestätigte Russell wiederholt diese Politik und arbeitete zusammen mit bestimmten zweifelhaften Sowjets und anderen Leuten an der Einfädelung der sog. „Raketenkrise“ 1962. Die erklärte Absicht Russells (und auch Wells’) war dabei die „Globalisierung“, die Russell damals als „Weltregierung“ bezeichnete.

7. Siehe: Is the Devil in Your Laptop?, LaRouche Political Action Committee, 2007, deutsch: Steckt der Teufel in deinem Laptop?, Broschüre der Bürgerrechtsbewegung Solidarität, 2007.

8. Siehe Nikolaus von Kues, De docta Ignorantia.

Lesen Sie hierzu bitte auch:
General Leonid Iwaschow: Ein Hoch auf die globale Krise!
- Neue Solidarität Nr. 7/2008
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- Neue Solidarität Nr. 5/2008
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Schriften von Lyndon H. LaRouche 1981-2006
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