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Kommentar zum 7. Dezember 2008

Die Lehre des Pearl-Harbor-Tags

Von Lyndon H. LaRouche jr.

Ich war damals neunzehn, an jenem Sonntagmorgen vor 67 Jahren, als die Nachricht vom japanischen Angriff auf Pearl Harbor die Straßen von New York City erreichte. Plötzlich konnten Hitlers Sympathisanten an der mit London verbündeten Wall Street, wie der Großvater von Präsident George W. Bush, Prescott Bush, die öffentliche Meinung in Amerika nicht länger im Zaum halten. So wurde der unvermeidliche Sieg über die Hitler-Bande in Gang gesetzt.

Das sollte heute gewisse ausländische Mächte - und auch gewisse Politiker bei uns zuhause in Amerika - daran erinnern, daß es immer einen Punkt gibt, an dem eine Mehrheit unserer Bürger nicht mehr bereit ist, ihre Einstellung einer von oben inszenierten politischen Meinung zu unterwerfen - sei es nun die Meinung der Regierung, des Kongresses, unserer sog. Massenmedien, einer fremden Macht oder gar alles zusammen.

Die meisten denkenden und erfahrenen amerikanischen Patrioten werden diesen gerade von mir zu diesem Thema geäußerten Worten ziemlich bereitwillig beistimmen. Aber wenn eine Meinung zu einer solchen Frage weithin akzeptiert ist, wird sie, auch wenn sie als allgemeine Beobachtung mehr oder weniger wahr ist, gerade deshalb oft eine noch weit wichtigere Überlegung verhindern - und so es ist auch im gegenwärtigen Augenblick der Weltkrise.

Die Frage, die hier zu stellen ist, betrifft das Thema plötzlicher, scheinbar revolutionärer Veränderungen der Volksmeinung - insbesondere plötzliche massenhafte Veränderungen, die eine scheinbar unverrückbar herrschende Autorität umstürzen. Im Falle des Pearl-Harbor-Syndroms vom 7. Dezember 1941 hatte es so ausgesehen, als habe die rechte politische Opposition gegen einen Eintritt der Vereinigten Staaten in den Krieg gegen Hitler trotz der Appelle Präsident Roosevelts ziemlich fest im Sattel gesessen, besonders an der Wall Street, und das selbst noch, nachdem die maßgeblichen Kreise in Großbritannien dieselbe Sicht der Hitler-Gefahr bereits aufgegeben hatten.

Das ist keine tote Vergangenheit. Dieselben an London ausgerichteten, rechten und manchmal sogar faschistischen Kreise im Umfeld der Wall Street - oft versteckt hinter verschiedenen, sorgsam ausgewählten Etiketten -, sind auch heute vehemente Gegner einer wie auch immer gearteten Rückkehr zu Franklin Roosevelts Methoden für die Überwindung der weltweiten wirtschaftlichen und verwandten strategischen Krisen der Gegenwart.

Ernsthaft nachdenkende politische Kreise sollten auch heute noch diesen historischen strategischen Ironien allergrößte Aufmerksamkeit widmen. In der heutigen Krise stellt sich die Frage: Welches sind die gesetzmäßigen gesellschaftlichen Abläufe, durch die solche plötzlichen Ausschläge der öffentlichen Meinung gegen eine scheinbar fest etablierte Macht zustande kommen? Wie hat sich der Pearl-Harbor-Reflex in den USA entwickelt? Die Antwort mag zum Teil offensichtlich scheinen; es versteckt sich jedoch mehr dahinter, was für die heutige Realität von Bedeutung ist.

Eine Frage von Dynamik

Es gibt einen bestimmten grundsätzlichen Unterschied zwischen der tieferen politischen Philosophie und Soziologie der Vereinigten Staaten und der, die in West- und Mitteleuropa verbreitet ist. Dieser Unterschied zeigt sich ausdrücklich in den Kernaussagen der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung und Verfassung, seine Ursprünge reichen aber weiter zurück, in die Zeit der Gründung der englischsprachigen Kolonien in Neuengland, insbesondere der Kolonie an der Massachusetts Bay, von 1620-1688/89. Die Familien Winthrop und Mather, und insbesondere was Cotton Mather später über die Veränderungen ab 1689 schrieb, stehen beispielhaft dafür.

Der Wesensunterschied zwischen der politischen Philosophie der parlamentarischen Traditionen Europas und den Vereinigten Staaten, ausgehend von dieser Zeit 1620-89, kommt beispielhaft darin zum Ausdruck, daß die führenden amerikanischen Patrioten etwa in der Unabhängigkeitserklärung und in der Präambel der amerikanischen Bundesverfassung den Standpunkt von Gottfried Leibniz übernahmen und sich damit gegen den Sklaverei befürwortenden Liberalismus von John Locke wandten, wie ihn die Marionetten des Briten Lord Palmerston, die Konföderierten Staaten, vertraten.

Die Unterschiede zwischen den beiden gegnerischen englischsprachigen Strömungen sind in dem Maße axiomatisch geworden, daß man die beiden englischsprechenden Gruppen so definieren kann: „Sie sind getrennt durch die Verwendung einer gemeinsamen Sprache.“ Vom Tod der englischen Königin Anne bis zum Pariser Frieden von 1763, der die Britische Ostindiengesellschaft als Weltreich in Privatbesitz hervorbrachte, vertiefte sich die axiomatische kulturelle Divergenz zwischen diesen beiden Kulturen, der amerikanischen und der britischen, auf eine Weise, die in der Zeit des Krieges 1941-44 vorübergehend wieder deutlich zutage trat.

Die Partnerschaft zwischen Präsident Franklin Roosevelt und Winston Churchill im Zweiten Weltkrieg war ein Bündnis zweier grundsätzlicher Gegner, die vorübergehend für eine dringende gemeinsame Sache aufeinander angewiesen waren. Churchill war ganz dem Empire verschrieben; Roosevelt wollte hingegen alle Imperien auf der Erde abschaffen. Präsident Truman hat in dieser Hinsicht unsere Republik verraten, und wir haben das, was Truman zerstört hat, bis auf den heutigen Tag nicht ganz wiedergewonnen.

Nehmen wir als Beispiel meine persönlichen Erfahrungen; meine frühesten amerikanischen Vorfahren kamen um 1665 nach Nordamerika (Neuengland bzw. Quebec). Meine persönliche Familientradition reicht bis zu den Großeltern meiner Großeltern am Ende der siebziger Jahre des 18. Jahrhunderts zurück. Es gab zwar in einer durchaus sehr ausgedehnten Großfamilie in Nordamerika seit den sechziger Jahren des 17. Jahrhunderts allerlei unterschiedliche Meinungsströmungen, trotzdem weiß ich auch aus dieser persönlichen Erfahrung heraus, daß die quasi axiomatischen Grundeigenschaften der Amerikaner sich ganz systematisch insbesondere von denen der Engländer, aber auch der schottischen Richtung unterscheiden. Beim Hauptmerkmal dieses Unterschiedes klingt der Gegensatz zwischen Leibniz und Locke an.

Obwohl ein großer Teil meiner Familie schon sehr lange hier lebt, haben die meisten Familien, die später in die Vereinigten Staaten kamen, ihr europäisches oder asiatisches kulturelles Erbe an die Axiomatik des Amerikanischen Systems der politischen Ökonomie angepaßt. Tatsächlich waren diese Einwanderer für uns eine Bereicherung, besonders die Deutschen (bis zu dem Südstaaten-Präsidenten Theodore Roosevelt, der die Deutschen haßte und die Briten liebte).

Den meisten Menschen wird die Bedeutung der hier von mir zusammengestellten Fakten entgehen, selbst wenn sie sonst mit den angeführten Fakten vertraut sind, solange sie nicht die Prinzipien der Dynamik kennen. Es gibt zwischen Amerikanern und Europäern wichtige Ähnlichkeiten, aber auch Unterschiede, die im wesentlichen mit dem entscheidenden Vorteil des amerikanischen Präsidialsystems gegenüber den Torheiten der liberalen Philosophie europäischer Parlamentssysteme zusammenhängen - die Bedeutung dieser Unterschiede wird aber erst klar, wenn man diese Fakten aus der Sicht des Prinzips der Dynamik untersucht.

Menschliche Dynamik

Die meisten Menschen in Europa und Nord- und Südamerika verstehen nicht, wie soziale Prozesse wirklich ablaufen, und schuld daran ist im wesentlichen der Einfluß von Paolo Sarpis Liberalismus auf die atlantischen Seefahrerkulturen ab dem 16. Jahrhundert. Folgender Punkt sollte beachtet werden: Das besondere Kennzeichen von Kulturen, die unter dem Einfluß des anglo-holländischen Liberalismus von Sarpis wichtigsten Anhängern standen, war einerseits, daß sie das moderne aristotelische Erbe als Hindernis für den Fortschritt abschafften. Aber obwohl Sarpi einige praktische Neuerungen erlaubte, die den Aristotelikern verhaßt waren, war der bösartige Sarpi fest entschlossen, zu verhindern, daß solche Neuerungen zur Erkenntnis wirklicher universeller Prinzipien in der Naturwissenschaft oder anderen Bereichen führten.

Von hier rührt der typische Unterschied zwischen mathematischem Formalismus und physikalischer Wissenschaft und daraus folgend die Ersetzung physikalische Naturgesetze durch mathematische Formulierungen. Aus dem gleichen Grund hat Großbritannien keine Verfassung, die diesen Namen wirklich verdiente: das bloße Prinzip der Herrschaftsberechtigung dient den Briten als Ersatz für eine Verfassung, und alles andere wird dem überlassen, was die aktuellen Trends in den allgemeinen Gewohnheiten gerade tolerieren.

Die Vorstellung einer bewußt ausgearbeiteten Verfassung wie in den USA ist der Praxis des west- und mitteleuropäischen Liberalismus im allgemeinen und dem britischen System im besonderen ein Greuel. Nichts verkörpert diese typisch europäischen Fehler von Regierungen besser als die von vielen übernommene monetaristische Ideologie des zeitweise offen pro-faschistischen John Maynard Keynes.

Somit ist im gegenwärtigen Augenblick der exemplarische und entscheidende Punkt der: Wenn man versuchte, die dringend notwendigen Währungsreformen im Rahmen sogenannter Keynesianischer Grundannahmen auszuhandeln, würde der gesamte Planet mit Sicherheit rasch in ein langes neues finsteres Zeitalter mit schlimmeren Folgen als in Europa im 14. Jahrhundert abstürzen. Ich habe entsprechend gewarnt, daß die gesamte gegenwärtige Weltzivilisation zu einem raschen Absturz in ein planetares neues dunkles Zeitalter verurteilt wäre, wenn nicht die USA, Rußland, China und Indien ein passendes, klar antimonetaristisches Abkommen schließen, das britischen Einfluß von vornherein ausschließt. Unter einem Abkommen auf der Grundlage Keynesianischer Ideen ließe sich eine Bevölkerung von mehr als sechs Milliarden Menschen nicht versorgen. Es wäre dann wahrscheinlich, daß die Bevölkerung auf das von Prinz Philip mit seinem World Wildlife Fund erklärte Ziel von weit weniger als zwei Milliarden zusammenschrumpft, und das schon sehr bald. Nur ein Abkommen auf der Grundlage des Vorbilds des Amerikanischen Systems kann unter den gegenwärtig drängenden Umständen Abhilfe bieten.

Die soziale Dynamik in den USA

Die Verfassung einer Gesellschaft, die wirklich auf einem Prinzip (Naturgesetz) gründet, wird dem Leibnizschen Prinzip folgen, welches das Kernstück der Amerikanischen Unabhängigkeitserklärung von 1776 bildet und in der Präambel der US-Bundesverfassung ausgearbeitet ist. Trotz aller Zusätze (guter wie schlechter), die dieser Verfassung in der Zwischenzeit hinzugefügt wurden, bleibt ihr zentrales Prinzip unverändert, und es wartet sozusagen nur darauf, sich in jeder Krise erneut durchzusetzen, so wie damals unter Präsident Franklin Roosevelt.

Die Wirkung dieser Präambel auf die Entwicklung der immer weiter überlieferten Einstellung der US-Bevölkerung als dynamischer Prozeß (im Sinne von Leibniz’ oder später Bernhard Riemanns Auffassung von Dynamik) ist tief in den sozialen Prozessen der Vereinigten Staaten verwurzelt. Wenn dieser Nerv einmal in seinen Grundüberzeugungen getroffen wird, entsteht ein Aufruhr, der jeden Angreifer zurückschlägt, so wie es der große englische Dichter Percy B. Shelley, der dies verstanden hatte, am Ende seiner Schrift Zur Verteidigung der Poesie beschrieben hat.

Jeder Mensch ist von Geburt an mit einer Fähigkeit ausgestattet, die sich in einer Kreativität äußert, wie sie in keiner niederen Lebensform vorkommt. Wie sehr auch eine Bevölkerung verroht sein mag, dieses Potential ruht trotzdem in ihr, und wird wie ein sprungbereiter Leopard losschlagen, wenn ein entsprechender Anlaß entsteht. Solange diese Schöpferkraft nicht durch Verrohung praktisch ganz ausgerottet wird, schwelt sie in der Bevölkerung mehr oder weniger weiter - je nach Kultur und Entwicklung des einzelnen in dieser Kultur in unterschiedlichem Maße und mit unterschiedlich hohen Schwellen für ihren erneuten Ausbruch. Sie wird nach einer Art Resonanzprinzip plötzlich neu erweckt, selbst wenn nur einen Augenblick zuvor nichts in dieser Richtung vorhanden war. Sie erwacht wie ein Schlafender, der durch etwas Alarmierendes plötzlich hellwach wird - sie erkennt, was sie in ihrem Schlummer gestört hat, und wird nun mehr oder weniger entsprechend handeln.

Dieses Erwachen der zuvor meist schlafenden schöpferischen Kräfte wird je nach Kultur und Entwicklungsstandes ihrer Fähigkeit, richtig zu reagieren, unterschiedlich sein. Ein Volk, das einmal ein wirkliches Verfassungsprinzip gekannt hat, wird besser in der Lage sein, angemessen zu reagieren, als ein Volk, dem die kulturelle Erfahrung eines solchen Prinzips als grundlegendes Menschenrecht fehlt.

Seit Beginn der Kolonisierung Nordamerikas trieben die Abscheu gegen europäische oligarchische Kulturen und das Verlangen nach wissenschaftlichem und verwandtem Fortschritt die Entwicklung der US-Republik voran, sowohl aus sich heraus als auch in ihrer Fähigkeit und Begierde, auf der Grundlage eines gemeinsamen amerikanischen Prinzips andere Kulturen zu assimilieren. Jetzt haben wir einen verzweifelten Punkt erreicht, an dem der Fortbestand zivilisierten Lebens überall auf diesem Planeten unmittelbar in Zweifel steht. So sind wir Amerikaner auf die Probe gestellt: Werden wir dem Ruf des Prinzips unserer Nation folgen und erwachen, um das Land rechtzeitig von den noch andauernden Torheiten der jüngsten Angewohnheiten zu befreien?

Es liegt etwas von Pearl Harbor in der Luft; in der Bevölkerung herrscht Unruhe - wie die Vorahnung eines kurz bevorstehenden Erwachens. Die Narren, die das Volk dieser Republik ausrauben und quälen wollen, sollten auf der Hut sein. Wenn wir aufgerüttelt werden, sind wir als Volk sehr wohl fähig, unsere Verfassung zu verteidigen, so wie in früheren schweren Krisenzeiten. Wir sind die Republik von Benjamin Franklin, Washington, Hamilton, John Quincy Adams, Lincoln und Franklin Roosevelt, die auch in der Vergangenheit erwacht ist, wenn andere schon dachten, wir seien am Ende.

So wie sich die Zusammensetzung der neuen Regierung jetzt abzeichnet, liegt dieses Erwachen in der Luft: Wir dürfen bald wieder mit großen Durchbrüchen für die Gerechtigkeit auf dem ganzen Planeten rechnen.

Lesen Sie hierzu bitte auch:
Schriften von Lyndon H. LaRouche 1981-2006
- Internetseite des Schiller-Instituts
Was Lyndon LaRouche wirklich sagt
- Internetseite der Bürgerrechtsbewegung Solidarität (BüSo)
Internetseite des LaRouche-Aktionskomitees
- in englischer Sprache

 

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