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Aus der Neuen Solidarität Nr. 50/2008 |
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Frankreich. Aktivisten der Solidarité et Progrès mischten sich vor dem G20-Gipfel mit einer halben Million Flugblättern in die nationale Debatte über die Neuordnung des Finanzsystems ein.
Frankreich soll Katalysator für Lyndon LaRouches Perspektive eines Vier-Mächte-Bündnisses für ein Neues Bretton Woods werden. Das jedenfalls war das Ziel einer gezielten Kampagne der LaRouche-Bewegung in Frankreich, in deren Rahmen seit dem 6. November insgesamt rund eine halbe Million Flugblätter über den „Unverzichtbaren Bruch mit dem Finanzempire“ verteilt wurde, um Einfluß auf die französische Haltung beim G20-Gipfel zu nehmen und für LaRouches Internetforum vom 18. November zu werben. Zum Zeitpunkt der Internetveranstaltung zirkulierten in ganz Frankreich bereits 480.000 Exemplare des Flugblatts. Zwei Mitglieder der LaRouche-Jugendbewegung koordinierten die Mobilisierung im Pariser Zentrum der Solidarité et Progrès (S&P). Zusammen mit Unterstützern im ganzen Land wurden bis zu 60.000 Flugblätter pro Tag verteilt.
Um zu verstehen, was das bedeutet, muß man die heutige Stimmung in Frankreich kennen. Ein Beispiel: Vor einem Bahnhof, wo in der Regel Sicherheitsbeamte jegliches Flugblattverteilen unterbinden, duldeten die Wachleute diesmal unsere Aktion. Ein Sicherheitsmann sagte: „Ihr habt völlig recht. Ich habe einen Kredit mit variablem Zins aufgenommen, und jetzt kann ich mir das Leben nicht mehr leisten. Wißt ihr, was ich tun werde? Ich werde zu meiner Bank gehen und dem Bankier ins Gesicht treten. Dann wird er mir zuhören. Bisher tut er das nicht, er versteht gar nicht, was er mir angetan hat. Das werde ich ihm heimzahlen.“ Im Weitergehen sagte er noch: „Aber ich bin froh, Leute wie euch zu finden, und zu wissen, daß jemand kämpft.“ Das zeigt, wieviel Unterstützung wir erwarten können - aber auch, wie groß unsere Verantwortung ist, unsere Ideen in dieser existentiellen Krise unserer Gesellschaft sehr schnell zu verbreiten.
Zunächst wandten wir uns an die wichtigen staatlichen Institutionen, die Ministerien für Verteidigung, Wirtschaft und Äußeres, die Nationalversammlung und die Militärakademie. Aus dem Verteidigungsministerium kamen sehr polarisierte Reaktionen; entweder wurde die Autorität des S&P-Vorsitzenden Jacques Cheminades anerkannt oder abgelehnt. Ein Beamter des Wirtschaftsministeriums, der in den siebziger Jahren mit Cheminade zusammengearbeitet hatte, war erfreut über unsere Aktivitäten. Auch die Eliteschulen und die Universitäten wurden mit Flugblättern bedacht. Wir trafen viele Politiker und hohe Beamte, als wir die Flugblätter auf den Märkten in ihren Stadtvierteln verteilten. Ein langjähriger Unterstützer verschickte das Flugblatt an alle Abgeordneten, und ein Unterstützer in Lothringen schickte es an alle Kommunalvertreter seiner Region. Ein sechsköpfiges Team der LYM verteilte 3000 Flugblätter an die rund 4000 Teilnehmer des Parteitags der Sozialistischen Partei. Ein weiterer Teil der Kampagne waren persönliche Treffen, die Jacques Cheminade mit vielen Bürgermeistern hatte - alleine in den letzten zwei Monaten gab es rund 50 solcher Gespräche.
Um auch in der Bevölkerung eine Breitenwirkung zu entfalten, verteilten wir das Flugblatt an den Zugängen der fünf großen Pariser Bahnhöfe, die an das U-Bahn-Netz angeschlossen sind.
Diese Mobilisierung erfaßte sehr bald auch die übrigen Teile des Landes. Da wir eigene Büros der LYM in Rennes und Lyon haben, dienten diese als regionale Koordinierungszentralen, um die jeweiligen Unterstützernetzwerke zu mobilisieren und die gesamte Region zu erreichen. Von Paris aus planten wir Einsätze in den übrigen größeren Städten: in der nördlichen Metropole Lille, in Straßburg (samt Europaparlament), in der Alpenstadt Grenoble, einem Hochtechnologie- und Nuklearforschungszentrum, in der Hafenstadt Marseille am Mittelmeer, einem „Schmelztiegel der Kulturen“, in der Luft- und Raumfahrtstadt Toulouse und vielen anderen Städten. In vielen dieser Städte waren wir noch nie aktiv; es wurden kleine Teams oder sogar einzelne Aktivisten entsandt, die sich dort mit Unterstützern trafen, die wir von Paris aus dafür geworben hatten, bei der Aktion mitzumachen. Einige dieser Unterstützer wollen sich jetzt regelmäßig an unseren Aktionen beteiligen; in Marseille z.B. verteilten drei Unterstützer zusammen mit zwei Mitgliedern der LYM innerhalb von drei Tagen insgesamt 15.000 Flugblätter.
Die einzige Möglichkeit, noch mehr Flugblätter zu verteilen, war, weitere Unterstützer als Mitverteiler zu gewinnen. Wir riefen potentielle Aktivisten an und forderten sie auf, etwas Großes zu tun und Einfluß auf den G20-Gipfel zu nehmen. Viele reagierten und kamen aus ihren Schneckenhäusern heraus. Ein langjähriger Leser der Nouvelle Solidarieté, der in seiner Stadt sehr bekannt ist, ließ sich mitreißen und sagte nach kurzem Bedenken, nachdem wir ihm erklärt hatten, wir bräuchten keine netten „Ein-Stunden-Helfer“ für die Kampagne: „Gut, gehn wir!“ Er hatte noch nie zuvor Flugblätter auf der Straße verteilt, und hatte viel Spaß daran.
Viele Unterstützer verteilten selbständig Flugblätter - an Universitäten, bei der Fahrt zur Arbeit oder auf dem Markt ihres Stadtviertels. Ein desillusionierter Ex-Sozialist nahm 500 Flugblätter, um sie in seiner Stadt zu verteilen. In Rennes kam es zweimal vor, daß Personen, die auf der Straße ein Flugblatt erhalten hatten, es sogleich lasen und sich dann am Verteilen der Flugblätter beteiligten. Andere Unterstützer nahmen sich ganze Tage, um Flugblätter zu verteilen, andere, die nicht so viel Zeit hatten, nahmen sich mehrmals ein bis drei Stunden dafür. Allein in Paris verschickten wir 10.000 Flugblätter an Unterstützer, damit diese sie verteilen konnten. Ein Unterstützer in Brüssel ließ 2500 Flugblätter drucken und verteilte sie zusammen mit einem weiteren Unterstützer an einer großen Bahnstation. Der Bürgermeister eines Dorfes mit 300 Einwohnern ließ sich 500 Flugblätter schicken, drei andere nahmen jeweils 200-300.
Das zweite Ziel war, auch in den Vorstädten von Paris eine Massenwirkung zu entfalten. Fast alle größeren Städte im Großraum Paris wurden erreicht. In Cergy-Pontoise beispielsweise, einer Stadt, in der viele Arbeiter, Studenten und Immigranten leben, verteilten vier Mitglieder der LYM innerhalb eines Tages 10.500 Flugblätter. In einem anderen Vorort nahm ein Mitglied der Sozialistischen Partei 300 Flugblätter, um alle Parteimitglieder in ihrer Stadt damit zu versorgen. Oft nahmen Passanten nicht nur ein Flugblatt für sich selbst, sondern auch gleich 10-30 für ihre Bekannten.
Gegen Ende der Kampagne zeigte sich die Wirkung: Die Zahl der täglichen Besucher auf unserer Internetseite www.solidariteetprogres.org wuchs auf etwa 5000, und immer öfter trafen wir Leute, die das Flugblatt schon anderswo erhalten hatten. Auf einer Demonstration von Polizisten sagte uns ein Teilnehmer, er habe es bereits in Nanterre erhalten, und in St. Etienne trafen wir Leute, die es schon in Paris, Nantes, Lyon oder Grenoble erhalten hatten. Ein Unterstützer traf einen anderen, der kein Flugblatt nehmen wollte, weil er schon 500 in seiner Tasche hatte, um sie zu verteilen.
Das Flugblatt löste verschiedenste Reaktionen aus. Zahlreiche Coupons wurden eingeschickt, und immer wieder erhalten wir Telefonanrufe oder E-Mails von Lesern des Flugblattes, die sich unsere Internetseite angesehen haben und jetzt aktiv werden wollen. Viele reagierten auf das Foto des Widerstandskämpfers Jean Moulin, eines radikalen Sozialisten, der als Nationalheld gilt, der während des Zweiten Weltkriegs von den Nazis umgebracht wurde - einige regten sich darüber auf, daß wir uns auf ihn beriefen, andere waren enthusiastisch. Ein Unterstützer meinte, Jacques Cheminade gehe ein bißchen zu weit, wenn er vor einer Wiederkehr von Schacht und Mussolini warne, „weil die Leute das nicht verstehen“, aber seine eigene Mutter und seine Schwiegermutter, die bei dem Gespräch dabei waren, widersprachen ihm energisch. Ein Dokumentarfilmer meldete sich, um ein Interview mit Cheminade zu machen.
Die Wirkung der Kampagne zeigte sich auch knapp zwei Wochen später in Rennes, einer Stadt mit 400.000 Einwohnern, in der wir insgesamt rund 50.000 Flugblätter verteilt hatten: Rund 70 Personen kamen zu einer Veranstaltung mit Jacques Cheminade - neben Lesern unserer Zeitung und Mitgliedern der Partei auch ein ehemaliger Bürgermeister und zahlreiche Personen, die die Einladung im Internet gefunden hatten. Auch in Lothringen kamen 25 Personen zu einer Veranstaltung mit Cheminade.
ACH/BB
Lesen Sie hierzu bitte auch: Frankreich als Katalysator des „wirklichen“ Neuen Bretton Woods - Neue Solidarität Nr. 45/2008 Cheminade diskutiert mit Berater des franz. Premierministers - Neue Solidarität Nr. 43/2008 Inspiration in Krisenzeiten - Neue Solidarität Nr. 12-13/2008 Damit Ihr Einkaufswagen wieder voll wird! - Neue Solidarität Nr. 10/2008 Internetseite der Solidarité et Progrès - in französischer Sprache |
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