|
Aus der Neuen Solidarität Nr. 48/2008 |
|
Lebensmittelbestrahlung in Deutschland und EU
Die Lage der Lebensmittelbestrahlung in der EU (und erst
recht in Deutschland) entspricht der Verunsicherung durch technischen
Fortschritt, wie es ihn in der Menschheitsgeschichte immer wieder gegeben hat.
Dabei ist es tröstlich zu wissen, daß das Abkochen von Lebensmitteln, bei
seiner Einführung in der Steinzeit äußerst umstritten, sich mittlerweile
vollständig durchgesetzt hat - wie auch die Hitzepasteurisierung von Milch, die
bei ihrer Einführung mit ähnlichen Argumenten bekämpft wurde wie heute die Bestrahlung.
Im Widerspruch zu den Empfehlungen aller internationalen
(und nationalen) Fachgremien war die Lebensmittelbestrahlung in Deutschland bis
Ende des Jahres 2000 verboten (in der DDR durften einige Lebensmittel mit
ionisierenden Strahlen behandelt werden). Seitdem ist die deutsche Rechtslage
dem EU-Recht angeglichen worden, d.h. getrocknete aromatische Kräuter und
Gewürze dürfen bestrahlt werden. Einige Staaten in der EU (z.B. Frankreich und
Belgien) haben eine nationale Rechtslage, mit der sie noch weitere Lebensmittel
bestrahlen dürfen. Von der EU ist zu hören, daß die diesbezüglichen nationalen
Gesetze erst erlöschen, wenn sie eine komplette Regelungsliste aufstellen kann
(nach der es bisher bei weitem nicht aussieht).
In Deutschland ist die Lage, wie auch bei anderen
„Umweltthemen“, von einer extremen Hirnrissigkeit gekennzeichnet. 1989 sprachen
sich Bundestag und Bundesrat in gleichlautenden Entschließungen gegen die
Lebensmittelbestrahlung aus und forderten, daß zunächst einmal alle anderen
Verfahren, auch wenn sie sich bisher als ungeeignet erwiesen haben, zur
Praxisreife geführt werden müssen. Damit soll die Bestrahlung überflüssig
gemacht werden. Das heißt also: eine vorhandene und effiziente Methode - die
Lebensmittelbestrahlung - soll nicht benutzt werden, solange es noch andere, aber
ineffiziente Methoden gibt.
hpm